Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung. berufliche Stellung. Wartezeiterfüllung
Orientierungssatz
1. Eine berufliche Stellung verdient im Rahmen der Prüfung der Berufsunfähigkeit nach RKG § 35 dann keine Beachtung mehr, wenn sie der Versicherte - freiwillig oder erzwungenermaßen - hatte aufgeben müssen, noch bevor er die für den geltend gemachten Anspruch in der knappschaftlichen Rentenversicherung erforderliche Mindestbeitragszeit zurückgelegt hatte.
2. Auf die Wartezeit für die Knappschaftsrente sind Ersatzzeiten nicht anzurechnen, wenn der letzte Beitrag vor Beginn der Ersatzzeit nicht im diesem Versicherungszweig, sondern zur Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten erbracht worden ist.
3. Auf das Privileg der Wartezeitfiktion nach RKG § 52 Nr 1 und 2 kann sich nur berufen, wer im Zusammenhang mit einem Kriegsleiden oder infolge eines Arbeitsunfalls berufsunfähig geworden ist.
Normenkette
RKG § 35; KnRVNV § 3; RKG § 51 Nr. 1, § 50 Abs. 3, § 52 Nrn. 1-2; RVO § 1252
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 13.10.1960) |
SG Münster (Entscheidung vom 18.06.1957) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 1960 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Mit der Klage erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Knappschaftsrente gemäß § 3 der Verordnung über die Neuregelung der Rentenversicherung im Bergbau vom 4. Oktober 1942. Diese Leistung hatte er am 30. November 1955 beantragt. Die Beklagte hat die Leistungsbewilligung abgelehnt (Bescheid vom 4. April 1956; Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1956). Die auf nervenfachärztlichem und innermedizinischem Gebiet angestellten Ermittlungen hatten ergeben, daß der im Jahre 1920 geborene Kläger als Astheniker bei ausreichendem Allgemeinzustand an einer erheblichen vegetativen Übererregbarkeit, an einem Fehlen von freier Salzsäure im Magensaft leide und, wie aus seiner ganzen Art hervorgehe, zur Hypochondrie neige. Entgegen den Behauptungen des Klägers hatte sich weder für eine latente Tetanie noch für einen krankhaften Befund der Leber ein positiver Anhalt ergeben. Beginnende Steinstaubveränderungen waren von einem aktiven spezifischen Prozeß nicht begleitet. - Die Beklagte ging bei ihrer Beurteilung von dem Beruf eines Grubenlokomotivführers (Lohngruppe II unter Tage der Lohnordnung für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau vom 15. Februar 1956) als der bisher von dem Kläger verrichteten knappschaftlichen Tätigkeit aus und wies darauf hin, daß dieser Berufsstellung alle unselbständigen Erwerbszweige im Bergbau, selbst die leichtesten Aufgaben im Übertagebetrieb, gleichartig und wirtschaftlich gleichwertig seien (§ 35 des Reichsknappschaftsgesetzes - RKG - aF).
Der Kläger hatte eingewandt, daß seine höchstentlohnte Position nicht die des Grubenlokführers, sondern die des Lehrhauers gewesen sei, und daß er mehr als drei Jahre hindurch unter den Bedingungen des Gedingelohns gearbeitet habe. Diesem Umstand begegnete die Beklagte mit dem Argument, daß der Kläger nur nach derjenigen Tätigkeit eingestuft werden könne, die er bei und nach Erfüllung der gesetzlichen Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung ausgeübt habe, nicht aber nach einem Berufsstand, den er längst vorher wieder verloren habe.
Die Klage blieb im ersten und zweiten Rechtszuge ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Münster vom 18. Juni 1957; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 1960). Die Instanzrichter teilten die Auffassung der Beklagten, daß als der eigentliche Beruf des Klägers die Gedingearbeit auszuscheiden habe. Sie ließen sich ebenfalls von dem Gesichtspunkt leiten, daß eine vor Vollendung der gesetzlichen Wartezeit beendete Berufsentwicklung und Berufsstellung für die Frage der Berufsunfähigkeit i. S. des § 35 RKG aF nicht ins Gewicht falle. In diesem Zusammenhang setzte sich der Berufungsrichter eingehend mit der Möglichkeit auseinander, daß die Wartezeit auch ohne eine hinreichende durch Beiträge belegte Versicherungszeit als gegeben angesehen werden könnte. Er gelangte jedoch zu der Erkenntnis, daß die mindestens zu fordernde Versicherungszeit im vorliegenden Fall nicht durch Ersatzzeiten aufgefüllt werden könne. Der Kläger habe wohl Jahre des Arbeits- und Kriegsdienstes sowie eine längere Zeit der Kriegsgefangenschaft aufzuweisen. Die Ersatztatsachen seien indessen der Angestelltenversicherung des Klägers, nicht aber der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzurechnen. Vor seinem Arbeits- und Kriegsdienst habe der Kläger lediglich der Angestelltenversicherung angehört. Er könne ferner nicht so behandelt werden, wie wenn sein knappschaftliches Versicherungsleben lange genug gedauert habe. Die Voraussetzungen der sog. Wartezeitfiktion des § 52 RKG verwirkliche er nicht. Er habe sich zwar bei einem Arbeitsunfall im Mai 1950 eine rezidivierende Schleimbeutelentzündung des rechten Knies zugezogen; berufsunfähig sei er deswegen aber nicht geworden. Vielmehr habe er auch weiterhin dem Lehrhauerberuf wesentlich gleichartige und wirtschaftlich gleichwertige bergmännische Arbeiten, wie die eines Schachtanschlägers, Wettermannes und Grubenlokomotivführers auf Benzol- und Diesellokomotiven (Lohngruppe I unter Tage) ausüben können.
Dieses am 24. November 1960 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Dezember 1960 mit der von dem LSG zugelassenen Revision angefochten; begründet hat er das Rechtsmittel nach Fristverlängerung mit dem am 21. Februar 1961 eingegangenen Schriftsatz.
Die Revision wendet sich gegen die Ausführungen des Berufungsurteils, daß dem Kläger in der knappschaftlichen Rentenversicherung keine Ersatzzeiten gutgebracht werden könnten. Sie meint, daß die Ansicht des Berufungsgerichts zu einer empfindlichen Schlechterstellung der Wanderversicherten führe; denn die Ersatzzeit werde - unterstelle man die Richtigkeit dieser Ansicht - nur in demjenigen Versicherungszweig angerechnet, in welchem sie die geringere Wirkung habe. Darin werde eine Konsequenz offenbar, die einer erkennbaren Tendenz des Gesetzes zuwiderlaufe. Tatsächlich habe auch der Kläger, wie er bereits während des zweiten Rechtszuges vorgetragen habe, seine bergmännische Arbeit nicht, wie das Berufungsgericht annehme, erst im Jahre 1947, sondern schon im Mai 1945 aufgenommen. Er sei damals von Tschechen gezwungen worden, in Friedenshütte/Oberschlesien vor Ort zu arbeiten. Dabei habe es sich um einen Arbeitszwang auf ziviler Ebene gehandelt. Zu diesem Sachvortrag äußere sich der Berufungsrichter mit keinem Wort.
Ferner wirft die Revision dem Berufungsrichter einen Verstoß gegen den eindeutigen Akteninhalt vor. Aus einer von dem LSG eingeholten Auskunft der Arbeitgeberfirma Bergwerksgesellschaft H. Aktiengesellschaft in Recklinghausen habe das Berufungsgericht entnehmen müssen, daß der Kläger an einer Weiterarbeit im Gedinge wie schließlich überhaupt an der Arbeit in einem bergbaulichen Betriebe wegen eines Unfalls, nämlich seiner Knieverletzung im Jahre 1950, gehindert worden sei.
Zum anderen sei er wegen eines Leberleidens, das er sich als Soldat im Kriege zugezogen habe, berufsunfähig geworden. Dieser Tatsachenzusammenhang sei dem LSG gleichfalls vorgetragen worden. Auf die rechtliche Erheblichkeit dieses Sachverhalts (§ 52 Nr. 2 RKG) sei das Berufungsgericht indessen nicht eingegangen, so wie es auch eine von ihm bereits eingeleitete Beweisaufnahme durch Befragung des Dr. A bzw. des Dr. Sch ohne erkennbaren Grund abgebrochen habe.
Mit der Revision greift der Kläger schließlich abermals die bereits früher aufgestellte Rechtsbehauptung auf, seine Lehrhauertätigkeit während des Monats Oktober 1954 müsse mit der im Juli 1950 beendeten Lehrhauerstellung in Verbindung gebracht werden. Er meint, es sei wegen dieser vorübergehenden Rückkehr in den alten Beruf unrichtig, anzunehmen, er habe den Beruf bereits vor Vollendung der Wartezeit gewechselt. Tatsächlich könne auch allein von einer Fortsetzung oder Wiederaufnahme der früheren Berufsarbeit gesprochen werden, denn ohne eine derartige Rückanknüpfung sei der gegebene Sachverhalt undenkbar; werde doch als Lehrhauer immer nur derjenige beschäftigt, der - wie der Kläger - die übliche Berufsentwicklung zu dieser Funktion durchlaufen habe.
Mit der Revision beantragt der Kläger,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Bescheide vom 4. April 1956 und 17. Mai 1957 das Vorliegen von Berufsunfähigkeit i. S. der knappschaftlichen Bestimmungen zu bejahen und die Gewährung von Knappschaftsrente anzuordnen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist in rechter Frist und Form eingelegt; sie ist von dem LSG zugelassen und daher statthaft. In der Sache selbst hat sie keinen Erfolg.
Das LSG hat zutreffend erkannt, daß dem Kläger die beanspruchte Knappschaftsrente gemäß § 3 der Verordnung vom 4. Oktober 1942 nicht zusteht. Die genannte Vorschrift und der Begriff der Berufsunfähigkeit i. S. des § 35 RKG aF sind maßgebend, weil der Anspruch vor dem Inkrafttreten des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes (KnVNG) geltend gemacht und auf einen vordem (1. Juni 1957) eingetretenen Versicherungsfall gestützt worden ist (Art. 5 § 6 Abs. 1 Satz 2 KnVNG; BSG 14, 20).
Gemäß § 35 RKG aF richtet sich die Berufsunfähigkeit eines Versicherten nach der "von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Tätigkeit". Als solche hat das LSG das Arbeitsfeld eines einfachen Grubenlokomotivführers bezeichnet, der eine besondere handwerkliche Vorbildung nicht aufzuweisen habe. Ausdrücklich abgelehnt hat es das Berufungsgericht dagegen zutreffenderweise, von der Tätigkeit des Klägers als Gedingearbeiter auszugehen.
Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Jahre 1950 freiwillig, oder ob er aus gesundheitlichen Gründen auf die schlechter entlohnten Schichtlohnschlepper- und Grubenlokomotivführertätigkeiten übergegangen ist. In keinem Fall kann auf den Beruf des Lehrhauers oder Gedingeschleppers abgestellt werden. Diese Tätigkeiten haben für die Versicherung des Klägers insoweit ihre ausschlaggebende Bedeutung verloren, weil sich der Kläger bereits vor Vollendung der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit einem minder entlohnten und sozial geringer eingestuften Tätigkeitsbereich hatte zuwenden müssen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des früheren Reichsversicherungsamts - RVA - (Revisionsentscheidung Nr. 5470 Amtl. Nachrichten 1942, 203), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat - Urteil vom heutigen Tage in der Sache 5 RKn 48/60 -, verdient eine berufliche Stellung dann keine Beachtung mehr, wenn sie der Versicherte - freiwillig oder erzwungenermaßen - hatte aufgeben müssen, noch bevor er die für den geltend gemachten Anspruch in der knappschaftlichen Rentenversicherung erforderliche Mindestbeitragszeit zurückgelegt hatte. Diese Auffassung wird daraus hergeleitet, daß der Versicherte nur vermöge der neuen, anders gearteten Erwerbsarbeit die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch verwirklichen konnte. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt - wie es der Kläger möchte -, auf die vor der Wartezeiterfüllung ausgeübte Tätigkeit zurückzugreifen.
Daß der Kläger im Jahre 1950 die Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt hatte, versucht er indessen vergeblich zu leugnen.
Die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger bis zum Berufswechsel im Juli 1950 eine knappschaftliche Versicherungszeit von 38 Monaten zurückgelegt hat, kann nicht beanstandet werden. Die Feststellung, daß der Kläger im Bergbau erstmalig im Juni 1947 angelegt worden ist, stimmt mit seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren und während der ersten beiden Rechtszüge überein. Davon, daß er nach dem 8. Mai 1945 in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung verbracht worden sei (Fremdrentengesetz - FRG - § 1 c), ist zum ersten Mal in der Revisionsinstanz die Rede. Hier kann aber dem neuen tatsächlichen Vorbringen keine Folge gegeben werden. Vielmehr hat für das Revisionsgericht als feststehend zu gelten (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), daß der Kläger während seiner Kriegsgefangenschaft, also aus fremdem Gewahrsam heraus, zur Arbeit in einem oberschlesischen Bergwerk gezwungen worden ist. Im Vordergrund der damaligen Lebensverhältnisse des Klägers stand aber nicht die zu erbringende Arbeitsleistung, sondern die Tatsache der Kriegsgefangenschaft. Diese kann jedoch, auch wenn sie mit Zwangsarbeit irgendwelcher Art verbunden war, nicht unter den Tatbestand des § 1 Buchst. c FRG gebracht werden, sondern verwirklicht die Voraussetzungen einer Ersatzzeit i. S. des § 51 Nr. 1 RKG (vgl. Schroeter/Kintzl in RVO-Gesamtkommentar, Anm. 10 zu § 1 FRG).
Nebenbei bemerkt würde auch selbst dann, wenn die Gesamtzeit der Kriegsgefangenschaft vom Mai 1945 bis Oktober 1946 als Fremdrentenzeit anzurechnen wäre, die bis zum Juli des Jahres 1950 zurückgelegte knappschaftliche Versicherungszeit insgesamt etwa 56 Monate betragen, also immer noch nicht die Wartezeitgrenze erreichen.
Die Überlegungen, welche die Revision in Verbindung mit der Tatsache anstellt, daß der Kläger im Oktober 1954 für einen Monat zur Lehrhauertätigkeit zurückgekehrt war, sind ebenfalls nicht dazu angetan, die Gründe des angefochtenen Urteils zu erschüttern. Eine unmittelbar auf die Punkte ausgerichtete Aufklärungsrüge hat die Revision nicht erhoben. Dann ist jedoch davon auszugehen, daß es sich während jener Zeit nur um einen "mißglückten Arbeitsversuch" gehandelt hat, der nicht geeignet ist, jene Zeit bei der Frage nach dem für die Rentengewährung maßgeblichen Beruf in dem vom Kläger gewünschten Sinne anzurechnen.
Mit Ersatzzeiten läßt sich die knappschaftliche Versicherungszeit nicht ausfüllen und ergänzen, weil der Kläger während der als Ersatzzeiten in Frage kommenden Zeiten nicht der knappschaftlichen Rentenversicherung, sondern der Angestelltenversicherung angehörte. Diese Rechtsfolge ergab sich nach dem bis zum 31. Dezember 1956 geltenden Recht aus § 1263 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Verbindung mit § 43 RKG aF und § 31 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF. Seit der Rentenrechtsreform des Jahres 1957 folgt dies aus der Vorschrift des § 50 Abs. 3 RKG, die der erkennende Senat in BSG 18, 42 dahin erläutert hat, daß auf die besondere Wartezeit für die Bergmannsrente - und für die Knappschaftsrente alten Rechts gilt das gleiche - Ersatzzeiten nicht anzurechnen sind, wenn der letzte Beitrag vor Beginn der Ersatzzeit nicht in diesem Versicherungszweig, sondern zur Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten erbracht worden ist. Das hat der Senat auch für den Fall angenommen, daß eine knappschaftlich versicherungspflichtige Beschäftigung zwar der Ersatzzeit nicht vorausging, wohl aber innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung der Ersatzzeit aufgenommen wurde. An dieser Auslegung wird festgehalten. Nur dann, wenn es vor dem Anfang der Ersatzzeit an jeder beständigen Beziehung zu irgendeiner gesetzlichen Rentenversicherung fehlte, wäre es denkbar, daß der Kläger die knappschaftliche Rentenversicherung mit Ersatzzeiten begonnen hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.
Endlich vermag sich der Kläger auch nicht auf das Privileg der Wartezeitfiktion (§ 52 Nr. 1 und 2 RKG) zu berufen. Die gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts, der Kläger sei weder im Zusammenhang mit einem Kriegsleiden noch infolge des Arbeitsunfalls im Mai 1950 berufsunfähig geworden, gerichteten Revisionsangriffe sind nicht durchschlagend.
Das Berufungsgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 11. Mai 1950 gehindert wurde, weiterhin die einem Lehrhauer und Gedingeschlepper abverlangte oder eine artverwandte Arbeit zu tun. Das Berufungsgericht vermißt in seinen ausführlichen Darlegungen vielmehr jeden tatsächlichen Anhalt, daß der Kläger durch seine Knieverletzung überhaupt über eine längere Zeitspanne hinweg beeinträchtigt gewesen sei. Dem Inhalt der Akten über das bei der Bergbau-Berufsgenossenschaft durchgeführte Verwaltungsverfahren entnimmt der Berufungsrichter, daß der Kläger zunächst sogar selbst dem Unfallereignis und seinen Auswirkungen nur eine geringe Aufmerksamkeit geschenkt habe; in der Tat hat der Kläger einen Antrag auf Verletztenrente erst nach mehr als zehn Jahren am 3. April 1961 gestellt. Als objektiv verwertbare Gegebenheit ergab sich für das LSG lediglich eine Entzündung des Schleimbeutels vor der rechten Kniescheibe nach Hautrißwunde. Diese Entzündung bedingte nach ärztlicher Auffassung zuerst eine Arbeitsunfähigkeit von einer Woche, und veranlaßte den behandelnden Arzt Dr. A, nachdem sich die Entzündung wiederholt hatte, im Juli 1950 bloß zu der Anregung, den Kläger "nach Möglichkeit mit kniefreien Arbeiten zu beschäftigen". Auf das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem schonungsbedürftigen Knie ist das LSG durchaus eingegangen. Es hat gemeint, der Kläger habe trotzdem die einem Lehrhauer zumutbaren Funktionen des Ersten Schachtanschlägers, Wettermanns und Grubenlokomotivführers für Benzol- und Diesellokomotiven auszufüllen vermocht. Gegen diese Feststellung sind von der Revision keine erheblichen Anstände erhoben worden. Wieso, aus welchem Anlaß heraus und mit welcher Fragestellung der Vorderrichter sich aber sonst zu weiterer Sacherforschung hätte gedrängt fühlen müssen, ist nicht ersichtlich. Gerade auch die Auskunft der Arbeitgeberfirma, auf welche die Revision das besondere Augenmerk lenken möchte, lieferte keinen Fingerzeig, der hinsichtlich des Geschehens aus dem Jahre 1950 eine zusätzliche Beweiserhebung als nötig erscheinen ließ. Im Gegenteil, dort ist davon die Rede, daß der Kläger erst in einer Mitteilung vom 5. April 1956 für gedingeuntauglich gehalten worden sei, ohne daß das LSG aus jener Mitteilung irgendeinen Anhalt dafür hätte entnehmen müssen, daß jene spätere Gedingeuntauglichkeit noch eine Folge des bereits 6 Jahre zurückliegenden Unfalls sein könnte.
Was ferner die Revisionsrüge betrifft, der Kläger habe das Berufungsgericht vergeblich auf das Vorhandensein eines Leberleidens als Ursache für sein eingeschränktes Leistungsvermögen hingewiesen, so ist dem entgegenzuhalten, daß sich bereits der Erstrichter mit der entsprechenden Behauptung des Klägers auseinandergesetzt hat. In dem Urteil des SG wird hierzu ausgeführt: die befragten Fachärzte hätten einen diesbezüglichen, ernst zu nehmenden Krankheitsbefund nicht wahrnehmen können. Auf die Ergebnisse der zu Beweiszwecken ausgewerteten ärztlichen Gutachten nimmt das Berufungsgericht in dem Tatbestand seines Urteils ausdrücklich Bezug. Es hat sich damit offenbar auch die einschlägigen Darlegungen des Erstrichters zu eigen gemacht, ebenso wie es den beigezogenen Akten der Versorgungsverwaltung entnehmen konnte, daß eine von dem Facharzt Dr. K vorgenommene Leberspiegelung normale Verhältnisse der Leber ergeben hatte.
Diesem Beweisergebnis versucht die Revision vergeblich mit dem Vorwurf zu begegnen, das LSG habe es pflichtwidrig unterlassen, aus den Krankenunterlagen des verstorbenen Dr. A weitere Einzelheiten auszukundschaften. Die Revision übersieht dabei, daß der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz behauptet, Dr. A und dessen Vertreter Dr. K hätten positive Belege für die Existenz eines Leberleidens zutage gefördert. In den früheren Instanzen hat der Kläger eine derartige Behauptung nicht aufgestellt. In diesem Rechtszuge kann aber ein solches Tatsachenvorbringen nicht beachtet werden.
Insgesamt gesehen konnte dem LSG somit der Sachverhalt als genügend geklärt erscheinen, um zu dem Schluß zu kommen, daß der Kläger weder infolge eines Arbeitsunfalls noch im Zusammenhang mit einem Kriegsleiden berufsunfähig geworden ist. Ein Tatbestand, der die Rechtswohltat der Wartezeitfiktion rechtfertigen könnte, ist demnach ebenfalls nicht realisiert.
Da die Revision mithin aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt durchzudringen vermag, muß das angefochtene Urteil bestehen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen