Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnungsfähigkeit. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Homöopathische Arzneimittel. Binnenanerkennung. Privilegierung. Arzneimittel-Richtlinie. OTC-Übersicht. Vertigoheel(r). Schwindelzustände. Therapiestandard. Feststellungsklage
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des BSG vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB V § 2 Abs. 1 S. 2, § 34 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 6, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 2 Sätze 5-6, Abs. 3a; EWGRL 105/89 Art. 6 Nr. 2; AMRL § 12 Abs. 3-4, 6; AMRL § 12 Anl. 1; SGG § 29 Abs. 4 Nr. 3, § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 136 Abs. 1 Nr. 6; GG Art. 19 Abs. 4; GKV-WSG
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Aufnahme von zwei homöopathischen Komplexarzneimitteln zur Behandlung rheumatischer Gelenkbeschwerden in die Anlage I (OTC ≪= over the counter = über den Tresen verkäuflich≫ -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR).
Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Zeel® comp. N Tablette und Zeel® comp. N flüssige Verdünnung zur Injektion in den Verkehr. Die arzneimittelrechtliche Zulassung für die apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparate") erfolgte jeweils für die von den homöopathischen Arzneimittelbildern abgeleiteten Anwendungsgebiete, dazu gehören "rheumatische Gelenkbeschwerden". Beide Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Rhus toxicodendron (= Giftsumach), Solanum dulcamara (= Bittersüßer Nachtschatten), Sulfur (= Schwefel), Arnica montana (= Bergwohlverleih) und Sanguinaria canadensis (= Kanadische Blutwurzel). Der GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I der AM-RL aufgenommen.
Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation rheumatische Gelenkbeschwerden und zu deren Behandlung Zeel® comp. N als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Mit Beschluss vom 4.4.2005 erfolgte eine Verweisung an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der zwei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Rheumatische Gelenkbeschwerden stellten keine schwerwiegende Erkrankung dar. Die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises würden in der Medizin den drei großen Gruppen, nämlich entzündliche rheumatische Erkrankungen, degenerative Rheumaerkrankungen (Arthrosen) und Weichteilrheumatismus zugeordnet. Ausgehend von dem Grundtatbestand des Krankheitsbegriffs im SGB V könnten allein entzündliche Rheumaerkrankungen als schwerwiegende Erkrankungen eingestuft werden, arthrotische Gelenkerkrankungen hingegen nicht, weil es sich hierbei um degenerative Gelenkerkrankungen handle, die nicht notwendig zu erheblichen Beschwerden führen müssten. Die Beschwerdesymptomatik sei in der Regel erst im Endstadium so erheblich, dass es zu nachhaltigen Beeinträchtigungen der Lebensqualität kommen könne. Anders sei dies bei entzündlichen Gelenkerkrankungen, die schon frühzeitig zu schmerzhaften, geschwollenen Gelenken mit Bewegungseinschränkungen und fortschreitender Gelenkzerstörung führen könnten. Eine andere Bewertung ergebe sich nicht aus den von der Klägerin vor dem SG Berlin vorgelegten Unterlagen. Selbst wenn aber davon ausgegangen würde, dass Zeel® comp. N zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen eingesetzt würde, stelle es nicht den Therapiestandard bei deren Behandlung dar. Therapiestandard seien nichtsteroidale Antirheumatika, was auch die von der Klägerin vorgelegte gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. F. bestätige. Durch seine weitere Aussage, dass "die Therapie mit Zeel® comp. N bei Arthrose eigentlich Therapie der Wahl sein müsste" bringe er zum Ausdruck, dass gerade kein Konsens über den Nutzen von Zeel® comp. N bestehe.
Das SG Berlin erhob hierauf Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D. zu der Frage, ob das Arzneimittel Zeel® comp. N bei der Behandlung von rheumatischen Gelenkbeschwerden, welche die Lebensqualität des Patienten auf Dauer nachhaltig beeinflussen, im Bereich der Homöopathie als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.
Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Zeel® comp. N könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass das Arzneimittel für die Behandlung von schweren Formen von Gelenkbeschwerden zugelassen sei. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stelle in einem Kriterienpapier "Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie" vom 9.10.2002 fest, dass die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch Zeel® comp. N zugelassen worden sei, als alleiniges Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Erkrankungen gehe. In diesem Fall seien vielmehr die Methoden des sogenannten schulmedizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns zu berücksichtigen, der Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels also durch die Vorlage von mindestens einer einwandfrei geführten klinischen Prüfung bereits auf der Zulassungsebene zu erbringen. Hier lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Zeel® comp. N zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Formen der Arthrose zugelassen sei, geschweige denn, dass der therapeutische Nutzen als nachgewiesen angesehen werden könne. Dass Zeel® comp. N einen Therapiestandard zur Behandlung der Arthrose darstelle, ergebe sich weder aus dem Gutachten von Prof. Dr. F. noch aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. Gleiches gelte im Hinblick auf die vom Sachverständigen Prof. Dr. D. angeführten Studien und die von ihm zitierte Literatur.
Die hiergegen erhobene Klage hat das LSG mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handle es sich bei "rheumatischen Gelenkbeschwerden" in dieser Allgemeinheit um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Zeel® comp. N verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und beide Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer rheumatischer Gelenkbeschwerden zugelassen seien.
Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der seitens des BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Rheumatische Gelenkbeschwerden allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie bei den vom BSG als schwerwiegend angesehenen Erkrankungen werde bei rheumatischen Gelenkbeschwerden nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht beschränkt auf "schwere rheumatische Gelenkbeschwerden" beantragt habe, und dieser Antrag nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.
Unabhängig davon sei Zeel® comp. N nicht der Therapiestandard zur Behandlung von rheumatischen Gelenkbeschwerden. Diese Voraussetzung könne nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO bejaht werden, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Maßgeblich für die Beurteilung des (therapeutischen) Nutzens sei das Ausmaß der Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte, insbesondere Morbidität, Mortalität und Lebensqualität (§ 6 Abs 1 und 2 4. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe. Es könne offenbleiben, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang § 12 Abs 6 AM-RL zukomme, wonach für die in Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnet werden dürfen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für die Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.
Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der sogenannten Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen. Die von der Klägerin für ihre Auffassung herangezogenen wissenschaftlichen Stellungnahmen litten insbesondere daran, dass sie entweder nicht das zugelassene Anwendungsgebiet von Zeel® comp. N in den Blick nähmen, sondern nur Arthrosen im Allgemeinen oder bestimmte Arten der Arthrose, oder sich nicht mit der Frage des Therapiestandards befassten. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. sei in diesem Zusammenhang nicht verwertbar, weil es nicht um die sachverständige Beurteilung eines einzelnen Behandlungsfalles gehe, sondern um eine auf genereller Ebene angesiedelte Beurteilung.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das LSG benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch rheumatische Gelenkbeschwerden hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Die Patienten litten unter starken körperlichen Einschränkungen, insbesondere Gelenkschmerzen und Funktionsverlust der betroffenen Gelenke sowie Bewegungseinschränkungen. Dies schränke die Patienten in ihren Alltagsaktivitäten ein. Den Anspruch auf rechtliches Gehör habe das LSG verletzt, weil es sich nicht hinreichend mit dem klägerischen Vortrag auseinandergesetzt habe.
Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.
Das LSG habe rheumatische Gelenkbeschwerden unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, dass die Lebensqualität auf Dauer durch die Gesundheitsstörungen nachhaltig beeinträchtigt werde. Die Behinderung von Alltagsaktivitäten durch rheumatische Gelenkbeschwerden sei erheblich. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa den Erkrankungen der Eisenmangelanämie, Schilddrüsenerkrankungen und angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen. Rheumatische Gelenkbeschwerden führten regelmäßig zu starken Schmerzen und einer eingeschränkten Beweglichkeit. Entsprechend werde auch schon bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten mit geringen Auswirkungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 bis 40 zuerkannt. Zudem habe das Bundesversicherungsamt die "rheumatoide Arthritis und entzündliche Bindegewebserkrankungen" sowie die "Osteoarthrose der großen Gelenke" für das Ausgleichsjahr 2011 in die Liste der Krankheiten nach § 31 Abs 4 Satz 1 Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) aufgenommen. Diese Krankheiten seien gemäß § 31 Abs 1 Satz 3 RSAV per se schwerwiegend.
Selbst wenn dieser Auffassung nicht gefolgt werde, habe der Beklagte Zeel® comp. N jedenfalls in der Indikation "schwere rheumatische Gelenkbeschwerden" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.
Zeel® comp. N stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "rheumatische Gelenkbeschwerden" als auch in der Indikation "schwere rheumatische Gelenkbeschwerden" dar. Das LSG lasse außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei im Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht ganz verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.
Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln seien in der Homöopathie geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Die im Kriterienpapier der Kommission D formulierten Anforderungen könnten nicht übertragen werden, weil die Kommission das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V beurteile. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.
Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das LSG habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Zeel® com. N Tablette" und "Zeel® comp. N flüssige Verdünnung zur Injektion" als Therapiestandard zur Behandlung rheumatischer Gelenkbeschwerden in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "rheumatische Gelenkbeschwerden" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Das LSG habe diese Begrifflichkeit ausgehend von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use zutreffend bestimmt und vor diesem Hintergrund ausgeführt, dass wissenschaftlich anerkannte Kriterien, unter welchen Voraussetzungen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises im Allgemeinen schwerwiegend seien, nicht existierten. Die Klägerin bewerbe die in Rede stehenden Arzneimittel als zur Anwendung bei "abnutzungsbedingten rheumatischen Beschwerden der Gelenke - Arthrose" geeignet und habe daher offenbar die Arthrose vorrangig im Blick. Diese stelle aber nicht in jedem Stadium eine schwerwiegende Erkrankung dar. Eine weitere Kategorie der nicht degenerativen Gelenkerkrankungen sei die rheumatoide Arthritis, die ebenfalls neben einem schwerwiegenden auch einen milden Verlauf nehmen könne.
Zeel® comp. N stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung rheumatischer Gelenkbeschwerden dar. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es sei im SGB V keine Freistellung der besonderen Therapierichtungen von den allgemeinen Bewertungsmaßstäben nach Maßgabe des umfassenden Wirtschaftlichkeitsgebots erfolgt. Den besonderen Therapierichtungen sei zwar ein besonderer Stellenwert dahingehend eingeräumt worden, dass sie nicht per se aus der Versorgung ausgeschlossen seien, dies gelte jedoch nur, soweit angesichts ihrer spezifischen Wirkweise eine uneingeschränkte Übertragung der schulmedizinischen Grundsätze nicht möglich sei.
Den notwendigen Nachweis habe die Klägerin hier nicht erbracht. Einen Therapiestandard bezüglich der Behandlung aller Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis gebe es nicht. Zeel® comp. N diene nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung. Homöopathische Arzneimittel hätten in diesem Bereich nach den Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, degenerative Gelenkerkrankungen, und der vorgenannten Leitlinie nur eine untergeordnete Bedeutung. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Zeel® comp. N zur Behandlung schwerwiegender rheumatischer Gelenkbeschwerden zu ermöglichen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Zeel® comp. N in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.
I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA (§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.
II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.
1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der zwei mit Zeel® comp. N bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits unmittelbar nach der Bestimmung des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 ≪Pohl-Boskamp≫) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).
2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der zwei unter der Bezeichnung Zeel® comp. N laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält (vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Die Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt und damit auch berücksichtigt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D. und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.
Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Zeel® comp. N in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere rheumatische Gelenkbeschwerden" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.
2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zu Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.
a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff ≪Gelomyrtol forte≫). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungswegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.
b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.
Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V idF des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung der Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie der Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht (§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung ≪Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz≫ vom 22.12.2010 ≪BGBl I 2262≫ mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.
Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.
Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch einen Blick auf die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 ≪Pohl-Boskamp≫). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6 (vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.
c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Die Zulassung von Zeel® comp. N Tablette wurde durch Bescheid vom 16.8.2001 ausgesprochen und mit Bescheid vom 7.5.2013 verlängert, die Zulassung von Zeel® comp. N flüssige Verdünnung zur Injektion wurde durch Bescheid des BfArM vom 19.10.2009 verlängert, jeweils ohne Befristung. Gemäß § 31 Abs 1a Arzneimittelgesetz (AMG) in der mit Wirkung vom 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Die Zulassungen gelten daher hier unbefristet. Sie sind allgemein für "rheumatische Gelenkbeschwerden" ausgesprochen und damit nicht auf einen bestimmten Ausprägungsgrad beschränkt.
bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "rheumatische Gelenkbeschwerden" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".
(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 ≪Linola≫; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 ≪Linola≫ mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25 ≪Linola≫; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).
(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL (idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1 (§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a ≪Beilage≫ vom 10.6.2009 - aF) 4.Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26 ≪Linola≫). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).
Dass "rheumatische Gelenkbeschwerden" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.
Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "rheumatische Gelenkbeschwerden" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9 ≪Linola≫), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).
Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "rheumatischen Gelenkbeschwerden" in der Regel nicht erreicht. Als rheumatische Gelenkbeschwerden werden diverse Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie bezeichnet. Unterschieden werden zum einen entzündlich-rheumatische Erkrankungen, bei denen sich Immunreaktionen im mesenchymalen Gewebe, zT mit Autoimmunphänomenen, zeigen; im weiteren Sinne sind es degenerative Erkrankungen der Gelenke und Wirbelsäule. Hierzu zählen insbesondere die chronische Polyarthritis (= rheumatioide Arthritis), Spondyloarthritiden sowie Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen) und Vaskulitiden (Gefäßentzündungen). Zum anderen wird nach degenerativ-rheumatischen Erkrankungen unterschieden, die durch primär regressive Veränderungen an Knorpeln und Zwischenwirbelscheiben sowie durch reparativen Knochenumbau gekennzeichnet sind (etwa Arthrosen). Schließlich gibt es die Gruppe der extraartikulären rheumatischen Erkrankungen (sog Weichteilrheumatismus), worunter verschiedene Symptome des periartikulären Bewegungsapparates zusammengefasst werden, die durch degenerative, funktionelle und teilweise entzündliche Prozesse oder metabolische Gelenkerkrankungen verursacht sind (vgl Pschyrembel, 263. Aufl 2011, "Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises","Weichteilrheumatismus"; ebenso Faltblatt der Deutschen Rheuma-Liga "Was ist Rheuma", abrufbar unter https://www.rheuma-liga.de/mediencenter/publikationen/merkblaetter/, letzter Abruf am 2.9.2014). Bisweilen werden Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden (etwa Gicht und Osteoporose) als vierte Gruppe angeführt (Faltblatt der Deutschen Rheuma-Liga "Was ist Rheuma" abrufbar unter https://www.rheuma-liga.de/mediencenter/publikationen/merkblaetter/, letzter Abruf am 2.9.2014). Diese Einteilungen der ätiologisch heterogenen und in ihrer Erscheinung höchst unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen werden durch den im gerichtlichen Verfahren vom SG Berlin gehörten Sachverständigen Prof. Dr. D. bestätigt, dessen Gutachten ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann. Er führt aus, dass "nach heutigem Stand der Medizin" mehr als 200 Einzelerkrankungen existieren, die sich in Beschwerdebild, Verlauf und Prognose für den Patienten sehr unterscheiden.
Ausführungen zu der Schwere rheumatischer Erkrankungen sind damit naturgemäß nicht pauschal möglich. Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur rheumatoiden Arthritis, die als häufigste entzündlich-rheumatische Krankheit genannt wird, handelt es sich um eine meist über viele Jahre langsam voranschreitende Erkrankung, die aber auch schubweise auftreten kann. In der Regel sind mehrere Gelenke dauerhaft entzündet und können sich dadurch allmählich verformen und versteifen, die Muskelkraft nimmt zudem mit der Zeit ab. Bei fortgeschrittenem Rheuma können einfache Tätigkeiten wie die Körperpflege oder das Essen mit Messer und Gabel schwer fallen. Hinzu kommen Schmerzen und Abgeschlagenheit (http://www.gesundheitsinformation.de/rheumatoide-arthritis.2222.de.html, letzter Abruf am 2.9.2014). Weiter wird vom IQWiG ausgeführt, dass Rheuma in der Regel zunächst an den Finger-, Hand- oder Zehengelenken, manchmal auch an den Ellbogen, Knöcheln oder Knien auftritt, wobei meistens beide Seiten des Körpers betroffen seien. Nach einer - nicht näher bezeichneten - Studie, an der Menschen mit rheumatoider Arthritis teilgenommen hätten, hätten zehn Jahre nach Beginn der Erkrankung knapp 50 % der Teilnehmenden von leichten Einschränkungen durch die rheumatoide Arthritis, gut 40 % von mittelschweren Einschränkungen und etwa 10 % von erheblichen Einschränkungen im Alltag berichtet.
In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie "Handlungsempfehlungen zur sequenziellen medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis 2012: adaptierte EULAR Empfehlungen und aktualisierter Therapiealgorithmus" (abrufbar unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-004.html, letzter Abruf am 2.9.2014) handelt es sich bei der rheumatoiden Arthritis um eine schwerwiegende Erkrankung, die bei nicht ausreichend wirksamer Therapie einen progredient-zerstörerischen Verlauf nimmt und mit zahlreichen Komorbiditäten, erhöhter Mortalität sowie fortschreitender Invalidisierung verbunden ist (S 4 der S1-Leitlinie). Nach der S3-Leitlinie "Management der frühen rheumatoiden Arthritis" der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie führt die rheumatoide Arthritis zu schmerzhaften, geschwollenen Gelenken mit Bewegungseinschränkungen und fortschreitender Gelenkzerstörung (abrufbar unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-002.html, letzter Abruf am 2.9.2014).
Aus den Informationen des IQWiG zur Arthrose ergibt sich, dass diese zu Steifheit, vor allem nach längerer Ruhe, aber auch Spannungsgefühlen im Gelenk und Bewegungseinschränkungen führen kann. Zudem können Wetterfühligkeit sowie Empfindlichkeit gegenüber Nässe und Kälte auftreten. Schmerzen werden bei Fortschreiten der Arthrose in der Regel häufiger (http://www.gesundheitsinformation.de/arthrose.2700.de.html, letzter Abruf am 2.9.2014).
Je nach Ursache und Art der rheumatischen Erkrankung und deren Stadium können demnach Auswirkungen in sehr unterschiedlichem Maß auftreten. In dem Anfangsstadium einer Arthrose wird eine nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensqualität in der Regel nicht überschritten sein, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Hingegen ist es jedenfalls nachvollziehbar, dass die Auswirkungen einer rheumatoiden Arthritis im Endstadium durchaus schwerwiegend sind. Hieraus ergibt sich aber, dass "rheumatische Gelenkerkrankungen" nicht generell den hier maßgeblichen Schweregrad erreichen. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen der rheumatischen Gelenkbeschwerden in anderen Rechtsbereichen, etwa des Bundesversorgungsgesetzes, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich. Dies gilt auch für die Berücksichtigung einzelner Erkrankungen nach § 31 Abs 4 RSAV.
cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Zeel® comp. N als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer rheumatischer Gelenkerkrankungen" in die Anlage I der AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.
Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Zeel® comp. N als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer rheumatischer Gelenkbeschwerden" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Zeel® comp. N nur zur Behandlung von leichten Formen rheumatischer Gelenkbeschwerden als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Zeel® comp. N Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Zeel® comp. N für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe rheumatischer Gelenkbeschwerden nicht zugelassen sei. Es werde zwar nicht verneint, dass rheumatische Gelenkbeschwerden eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könnten, Zeel® comp. N sei indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen nicht Therapiestandard.
Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, unter welchen Voraussetzungen "rheumatische Gelenkbeschwerden" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls im Hinblick auf das vorliegende Studienmaterial nachvollziehbar entschieden, dass Zeel® comp. N nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster rheumatischer Gelenkbeschwerden darstellt.
(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL (Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1 (§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 ≪Linola≫; jüngst BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" Anwendung findet. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 (§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 ≪Buscopan≫ zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL (Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37 ≪Mistel≫). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.
Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12 ≪Mistel≫) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In dieser Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.
(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL (Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1 (§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2007, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37 ≪Mistel≫; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33 ≪Monapax≫). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39 ≪Mistel≫; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33 ≪Monapax≫). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33 ≪Monapax≫; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39 ≪Mistel≫; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff ≪Monapax≫; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).
Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt (vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).
Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN ≪Linola≫). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.
Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.
Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.
Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.
(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Zeel® comp. N Therapiestandard für schwere rheumatische Gelenkerkrankung ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 (§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.
Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D. auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Zeel® comp. N zur Behandlung von rheumatischen Gelenkbeschwerden mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten rheumatischen Gelenkbeschwerden" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.
Folge der dargelegten, zahlreichen Ursachen rheumatischer Gelenkbeschwerden ist es, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen. So wird zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis die Gabe von krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (S 3 der S1-Leitlinie "Handlungsempfehlungen zur sequenziellen medikamentösen Therapie der rheumatoiden Arthritis 2012: adaptierte EULAR Empfehlungen und aktualisierter Therapiealgorithmus"), insgesamt aber eine multidisziplinäre Behandlung (etwa auch Physio-, Hydro-, Thermo- und Ergotherapie) empfohlen (vgl S 21 f der bereits erwähnten S3-Leitlinie "Management der frühen rheumatoiden Arthritis"). Im Falle einer Arthrose stehen etwa auch operative Therapiemethoden zur Verfügung (http://www.gesundheitsinformation.de/arthrose.2700.de.html, letzter Abruf am 5.9.2014). Bereits vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Therapieansätze und -kombinationen kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung rheumatischer Gelenkbeschwerden mit Zeel® comp. N generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, bestehen keine Anhaltspunkte dahingehend, dass Zeel® comp. N hier den Therapiestandard darstellen würde.
Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D. Zwar ist Zeel® comp. N nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung rheumatischer Gelenkbeschwerden zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die Entscheidung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Die von dem Sachverständigen angeführten Studien haben nicht gezielt die hier maßgeblichen Patienten mit schweren rheumatischen Gelenkbeschwerden berücksichtigt. Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Zeel® comp. N als Therapiestandard zur Behandlung von schweren rheumatischen Gelenkbeschwerden im Allgemeinen anzusehen wäre. Soweit die Klägerin gerügt hat, das LSG habe sich nicht mit den Publikationen von Birnesser et al und Maronna et al auseinandergesetzt, obwohl es sich hierbei um solche handele, die den Standards der evidenzbasierten Medizin entsprächen, hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Untersuchung von Birnesser et al 2003 Patienten mit Arthrose der Stadien III und IV gerade ausgeschlossen hat und auch in die Studie von Maronna et al 2000 nur Patienten mit einer Gonarthrose leichter bis mittlerer Ausprägung einbezogen worden sind. Bei der Studie von Jäggie et al 2004, die nach Auffassung der Klägerin die entzündungshemmende Wirkung von Zeel® comp. N bestätige, handelt es sich um eine in-vitro-Studie zur potentiell entzündungshemmenden Wirkung von Zeel® comp. N und seiner Einzelbestandteile, die keine Rückschlüsse auf klinische Ergebnisse bei der Behandlung von Patienten zulässt. Die Literaturrecherche von Bellamy et al 2006 bezieht sich allein auf die Effekte einer Viscosupplementation im Allgemeinen, lässt aber keinen Bezug speziell zum Einsatz von Zeel® comp. N bei schweren rheumatischen Gelenkbeschwerden erkennen. Die Studie von Hielm-Björkman et al ist eine tierexperimentelle Studie. Auch Prof. Dr. D. räumt ein, dass die jetzige Studienlage noch nicht umfassend genug sei.
|
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). |
|
|
|
Fundstellen