Orientierungssatz
Fiktives Arbeitseinkommen nach RVO § 571 Abs 1 S 1 - erhebliche Unbilligkeit nach RVO § 577:
1. Mit der Neufassung (vgl SGB 4 Art 2 § 1 Nr 2 Buchst d), wonach es jetzt anstatt "das Arbeitseinkommen", "der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen" heißt, ist RVO § 571 Abs 1 S 1 in seinem sachlichen Inhalt nicht geändert worden. Die neue Wortfassung ist nur eine Angleichung an die Begriffsbestimmungen der SGB 4 §§ 14 (Arbeitsentgelt) und 15 (Arbeitseinkommen).
2. Der Jahresarbeitsverdienst erfaßt jegliches im Jahr vor dem Arbeitsunfall erzieltes Arbeitseinkommen, gleichgültig, ob es aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten herrührt oder aus einer Haupt- und einer Nebentätigkeit. Es wird aber grundsätzlich nicht fingiert, daß der Verletzte bei durchgehendem Erwerbs- und Arbeitseinkommen den im Laufe des Jahres vor dem Arbeitsunfall erzielten Höchstverdienst während des ganzen Jahres erzielt hätte. Hat der Verletzte im Jahre vor dem Arbeitsunfall seine Beschäftigung oder Tätigkeit gewechselt, so ist ein damit verbundener Mehr- oder Minderverdienst grundsätzlich nicht auszugleichen.
3. Eine, mit einem Arbeitsplatzwechsel verbundene vorübergehende Einbuße an Arbeitsentgelt führt nicht zu einer erheblichen Unbilligkeit.
4. Der mit einer Nebentätigkeit erzielte Verdienst kann nicht auch für die Zeit fingiert werden, in der der Versicherte zunächst in seinem ursprünglichen Beschäftigungsverhältnis stand und für die Zeit der anschließenden Arbeitslosigkeit, für die der vorhergegangene Verdienst fingiert wurde.
5. Der Jahresarbeitsverdienst bemißt sich nach dem Bruttoarbeitseinkommen (so jetzt ausdrücklich SGB 4 § 14 Abs 1 iVm Abs 2). Zu dem Nettoentgelt sind also die darauf entfallenden Steuern und die Arbeitnehmeranteile der entsprechenden Sozialversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge hinzuzurechnen.
Normenkette
RVO § 571 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1976-12-23, § 577 S. 1 Fassung: 1963-04-30; SGB 4 § 14 Abs. 1 Fassung: 1976-12-23; SGB 4 § 15 S. 1 Fassung: 1976-12-23; SGB 4 Art. 2 § 1 Nr. 2 Buchst. d Fassung: 1976-12-23
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 21.09.1978; Aktenzeichen L 7 U 2039/76) |
SG Reutlingen (Entscheidung vom 28.10.1976; Aktenzeichen S 7a U 639/76) |
SG Reutlingen (Entscheidung vom 28.10.1976; Aktenzeichen S 7a U 1646/75) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. September 1978 aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist im Revisionsverfahren nur, ob die Beklagte der Berechnung der Verletztenrente des Klägers einen höheren Jahresarbeitsverdienst (JAV) zugrunde zu legen hat.
Wegen eines Arbeitsunfalles, den der Kläger am 16. August 1971 erlitten hat, gewährte ihm die Beklagte Verletztenrente nach einer MdE von 70 vH und seit dem 1. Januar 1974 nach einer MdE von 60 vH. Während einer Umschulung bewilligte ihm die Beklagte zunächst die Vollrente bis zum 30. Juni 1974 und anschließend Übergangsgeld bis zum 25. Juni 1975.
Einen weiteren Antrag des Klägers, ihm ab 26. Juni 1975 wiederum die Vollrente gemäß § 587 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewähren, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 12. November 1975). Die Klage hat das Sozialgericht Reutlingen (SG) abgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 1976). Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat die Berufung als unzulässig verworfen (Urteil vom 21. September 1978). Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Der Kläger hatte vom 16. August 1970 bis 30. September 1970 bei dem Unternehmen ... gearbeitet und 1.725,00 DM verdient. Vom 1. Oktober 1970 bis 9. November 1970 war er arbeitslos und hätte in dieser Zeit, wenn er seine Beschäftigung fortgesetzt hätte, 1.518,00 DM verdient. Vom 10. November 1970 bis 15. August 1971 hatte der Kläger in dem Unternehmen G... gearbeitet und in dieser Zeit ein Bruttoentgelt von 11.835,00 DM erzielt.
Die Beklagte hatte die Verletztenrente des Klägers zunächst im Bescheid vom 5. Juli 1972 sowie auch in den nachfolgenden Bescheiden nach einem JAV von 15.078,00 DM berechnet. Im April 1974 machte der Kläger geltend, er habe in den Monaten Mai bis Juli 1971 an den jeweiligen Samstagen in dem Unternehmen W...-Möbel als Aushilfsverkäufer gearbeitet und eine Vergütung, die prozentual aus den erbrachten Umsätzen errechnet worden sei, von netto 1.091,60 DM erhalten. Mit ihrem Bescheid vom 16. März 1976 stellte die Beklagte daraufhin den JAV von dem Tage des Beginnes der Unfallrente an mit 16.169,60 DM neu fest.
Mit dem gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch, den die Beklagte als Klage an das SG leitete, hat der Kläger die Neuberechnung seines JAV auf insgesamt 24.902,40 DM begehrt. Es müsse einerseits davon ausgegangen werden, daß er während des ganzen Jahres vor dem Arbeitsunfall Einkünfte aus dem zweiten Beschäftigungsverhältnis gehabt hätte und andererseits sei nicht das Netto-, sondern das Bruttoeinkommen zugrunde zu legen.
Das SG hat mit demselben Urteil vom 28. Oktober 1976 auch diese Klage abgewiesen. Das LSG hat mit dem Urteil vom 21. September 1978 die Berufung insoweit zurückgewiesen. Wegen dieses Anspruchs ist die Revision von dem erkennenden Senat zugelassen worden.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 571 und 577 RVO.
Er vertritt weiterhin die Auffassung, neben dem im Jahr vor dem Unfall tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt müsse auch das Bruttoentgelt berücksichtigt werden, das er erzielt hätte, wenn er die in den Monaten Mai bis Juli 1971 verrichtete Nebenbeschäftigung während des ganzen Jahres vor dem Arbeitsunfall ausgeübt hätte.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. September 1978 und des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Oktober 1976 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. März 1976 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Jahresarbeitsverdienst des Klägers vom Tage des Beginns der Unfallrente an mit 24.902,40 DM neu festzustellen und eine entsprechend höhere Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als es die Berufung zurückgewiesen hat. Der Rechtsstreit ist an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden. daß der angefochtene Neufeststeilungsbescheid vom 16. März 1976 insoweit nicht rechtswidrig ist, als die Beklagte damit für die Berechnung des JAV des Klägers nur das tatsächlich in dem Jahr vor dem Arbeitsunfall (16. August 1970 bis 15. August 1971) erzielte Arbeitseinkommen und das Entgelt berücksichtigt hat, das der Kläger während seiner Arbeitslosigkeit vom 1. Oktober 1970 bis 9. November 1970 mit seiner davor ausgeübten Beschäftigung erzielt hätte.
Als JAV gilt das Arbeitseinkommen des Verletzten im Jahre vor dem Arbeitsunfall (§ 571 Abs 1 Satz 1 RVO, in der bis zum Inkrafttreten der Gemeinsamen Vorschriften des Sozialgesetzbuches - SGB 4 - am 1. Juli 1977 geltenden Fassung). Mit der Neufassung (vgl Art II § 1 Nr 2 d SGB 4), wonach es jetzt anstatt "das Arbeitseinkommen", "der Gesamtbetrag aller Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen" heißt, ist § 571 Abs 1 Satz 1 RVO in seinem sachlichen Inhalt nicht geändert worden. Die neue Wortfassung ist nur eine Angleichung an die Begriffsbestimmungen der §§ 14 (Arbeitsentgelt) und 15 (Arbeitseinkommen) SGB 4 (Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Stand Januar 1979, § 571 Anm 2a; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl, Stand März 1979, Band II, S. 574 b). Für Zeiten, in denen der Verletzte im Jahre vor dem Arbeitsunfall kein Arbeitseinkommen bezogen hat, bestimmt § 571 Abs 1 Satz 2 RVO, daß das Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen zugrunde gelegt wird, das durch eine Tätigkeit erzielt wird, die der letzten Tätigkeit des Verletzten vor dieser Zeit entspricht. Ist er früher nicht tätig gewesen, so ist die Tätigkeit maßgebend, die er zur Zeit des Arbeitsunfalles ausgeübt hat (§ 571 Abs 1 Satz 3). Da nach der Grundvorschrift des § 571 Abs 1 Satz 1 sich der JAV nach dem Arbeitseinkommen bemißt, das der Verletzte "im Jahre vor dem Arbeitsunfall" bezogen hat und es sich dabei um einen Gesamtverdienst handelt, der auf einen bestimmten Zeitraum (ein Jahr) bezogen ist, können Zeiten ohne Arbeitseinkommen nicht unberücksichtigt bleiben. Für solche Zeiten ist daher ein - fiktives - Arbeitseinkommen zugrunde zu legen (BSGE 43, 204, 205). Damit soll verhindert werden, daß der niedrigere Lebensstandard, der während der Zeit des Ausfalles von Arbeitsentgelt im allgemeinen besteht und in der Regel nicht lange anhält, zum Maßstab für die gesamte Laufzeit der Rente gemacht wird (vgl BT-Drucks IV 120 S. 57). Der Verletzte soll also grundsätzlich so behandelt werden, als ob er die gegen Unfall versicherte Tätigkeit während des gesamten, seinem Unfall vorausgehenden Jahres ausgeübt und das ihm hierfür zustehende Entgelt bezogen hätte. Die Zweckbestimmung des § 571 Abs 1 RVO erfordert, daß zum Beispiel für Zeiten der Krankheit und ebenso auch der Arbeitslosigkeit ein Ausgleich nach § 571 Abs 1 Satz 2 RVO erfolgt. Aber auch in Fällen, in denen die zur Zeit des Unfall ausgeübte Tätigkeit sich nicht auf das gesamte Jahr vor dem Unfall zurückerstreckt, sondern eine Tätigkeit überhaupt erst im Verlauf des Jahres vor dem Arbeitsunfall aufgenommen worden ist, wird im Interesse der gleichmäßigen Entschädigung der Verletzte so behandelt, als habe er die zur Zeit des Arbeitsunfalls ausgeübte Tätigkeit bereits ein Jahr vor dem Unfall ausgeübt. Aus dieser Regelung wird erkennbar, daß § 571 RVO mit seiner Ausrichtung auf dem - notfalls fingierten - JAV im Jahre vor dem Unfall der Ermittlung des vom Verletzten im Unfalljahr erreichten Lebensstandard dient. Maßgebend hierfür sind alle Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, die der Verletzte im Jahre vor dem Unfall erzielt hat oder bei einer sich auf das gesamte Jahr vor dem Unfall erstreckenden Tätigkeit erzielt hätte. Der erkennende Senat hat daher bereits entschieden, daß dem JAV auch das Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen hinzuzurechnen ist, das dem Verletzten innerhalb des Jahres vor dem Unfall durch Kurzarbeit entgangen ist, weil für eine derartige ungünstigere Behandlung gegenüber Arbeitnehmern, die aus anderen Gründen - etwa wegen Strafvollzuges (§ 571 Abs 2 RVO) - Zeiten ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen aufweisen, kein sachlicher Grund besteht (Urteil vom 30. April 1979 - 8a RU 56/78).
Für den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich daraus jedoch nicht, daß auch für den JAV des Klägers ein weiteres fiktives Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist. Zwar erfaßt der JAV jegliches im Jahr vor dem Arbeitsanfall erzieltes Arbeitseinkommen, gleichgültig, ob es aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten herrührt oder aus einer Haupt- und einer Nebentätigkeit. Es wird aber grundsätzlich nicht fingiert, daß der Verletzte bei durchgehendem Erwerbs- und Arbeitseinkommen den im Laufe des Jahres vor dem Arbeitsunfall erzielten Höchstverdienst während des ganzen Jahres erzielt hätte. So hat der erkennende Senat in der obengenannten Entscheidung ua ausgesprochen, daß fiktives Arbeitseinkommen nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Verletzte durchgehend die normale Arbeitszeit gearbeitet hat, aber deshalb in seinem Arbeitseinkommen Verluste hat hinnehmen müssen, weil er etwa aus strukturellen oder konjunkturellen Gründen in dieser Zeit nur weniger gut bezahlte Tätigkeiten erhalten konnte als früher. Ein Ausgleich findet nicht statt, soweit es sich um Ausfälle in der Höhe des Arbeitsentgelts für die volle Arbeitszeit handelt. Für solche Fälle hat der Gesetzgeber nur begrenzte Ausgleichsregelungen vorgesehen, so etwa in § 573 RVO für Verletzte, die zur Zeit des Arbeitsunfalles noch in einer Ausbildung standen oder in § 576 RVO für Zeitsoldaten und Wehrpflichtige. Hat der Verletzte daher im Jahre vor dem Arbeitsunfall seine Beschäftigung oder Tätigkeit gewechselt, so ist ein damit verbundener Mehr- oder Minderverdienst grundsätzlich nicht auszugleichen.
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat in seinem Urteil vom 27. April 1960 (BSGE 12, 109) zu § 565 RVO aF allerdings ausgesprochen, für den Durchschnittsverdienst sei nur das zuletzt bezogene höhere Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, wenn der JAV nach dem Dreihundertfachen des durchschnittlichen Tagesverdienstes im Unternehmen festzusetzen sei (§ 563 Abs 2 Satz 1 RVO aF) und der Versicherte im Laufe des Jahres vor dem Unfall infolge seiner betrieblichen Stellung in dem Unternehmen ein höheres Arbeitsentgelt erzielt habe. Er hat dies ua damit begründet, der grundlegende Gedanke des § 563 Abs 2 Satz 1 RVO aF sei darauf gerichtet, dem Verletzten seinen sozialen oder wirtschaftlichen Aufstieg, den er vor dem Versicherungsfall erreicht hatte, in vollem Umfang zugute kommen zu lassen. Allerdings könne nicht jede finanzielle Verbesserung eines Arbeitnehmers, etwa wenn sie in einer bloßen Lohnsteigerung bestehe, dazu führen, nur das zuletzt bezogene höhere Arbeitsentgelt für die Ermittlung des Durchschnittsarbeitsverdienstes zu berücksichtigen. Vielmehr müsse es sich um Fälle handeln, in denen der Versicherte im Laufe des Jahres vor dem Unfall ein höheres Arbeitsentgelt infolge Änderung seiner betrieblichen Stellung in dem Unternehmen erzielt habe. Eine solche Änderung sei jedenfalls dann gegeben, wenn sie durch den Abschluß einer Berufsausbildung herbeigeführt werde. Ob und gegebenenfalls in welcher Weise diese Erwägungen auch zu gelten haben, nachdem die §§ 571 ff RVO mit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) vom 30. April 1963 neu gefaßt worden sind, kann hier dahinstehen; denn nach § 575 RVO nF kommt für die Berechnung des Mindestjahresarbeitsverdienstes jetzt das Dreihundertfache des Ortslohnes, der zur Zeit des Arbeitsunfalles für den Beschäftigungs- oder Wohnort des Verletzten festgesetzt ist, in Betracht, was für den Kläger ungünstiger wäre. Im übrigen hat der Kläger, wie er mit der Revisionsbegründung klargestellt hat, seine zu Anfang des Jahres vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit selbst aufgegeben und nach kurzer Arbeitslosigkeit eine neue Beschäftigung aufgenommen, neben der er in den letzten zwei oder drei Monaten vor dem Unfall eine Nebentätigkeit ausgeübt hat. Bei dieser Sachlage können nach § 571 Abs 1 RVO nur die tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste und die Zeit der Arbeitslosigkeit für die Berechnung des JAV zugrunde gelegt werden.
Für eine erhebliche Unbilligkeit dieser Berechnung (§ 577 RVO) bietet der Sachverhalt keinen Anlaß. Der JAV ist weder durch die fiktive Anrechnung eines Arbeitsentgelts besonders hoch noch besonders niedrig. Eine, mit einem Arbeitsplatzwechsel verbundene vorübergehende Einbuße an Arbeitsentgelt führt jedenfalls nicht zu einer erheblichen Unbilligkeit. Nur zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß entgegen der Auffassung des Klägers der mit der Nebentätigkeit erzielte Verdienst in keinem Falle auch für die Zeit fingiert werden kann, in der er zunächst in seinem ursprünglichen Beschäftigungsverhältnis stand und für die Zeit der anschließenden Arbeitslosigkeit, für die der vorhergegangene Verdienst fingiert wurde.
Der angefochtene Neufeststellungsbescheid ist aber insoweit rechtswidrig, als die Beklagte den tatsächlich erzielten und fiktiven Bruttoentgelten für die Nebenbeschäftigung des Klägers von Mai bis Juli 1970 nach den Feststellungen des LSG das Nettoentgelt hinzugerechnet hat. Der JAV bemißt sich Jedoch nach dem Bruttoarbeitseinkommen (so jetzt ausdrücklich § 14 Abs 1 iVm Abs 2 SGB 4). Zu dem Nettoentgelt sind also die darauf entfallenden Steuern und die Arbeitnehmeranteile der entsprechenden Sozialversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge hinzuzurechnen (Krause, von Maydell, Merten, Meydam, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung § 14 Anm 19), es sei denn, die Nebentätigkeit war versicherungsfrei.
Da die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlen, vom Revisionsgericht aber nicht getroffen werden können, ist der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen. Die fehlenden Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben.
Die Kostenentscheidung bleibt dem den Rechtsstreit abschließenden Urteil Vorbehalten.
Fundstellen