Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbildungsmaßnahme. Gruppenleiter in Werkstatt für Behinderte. sonderpädagogische Zusatzausbildung. Betrieb. überwiegendes Interesse des Betriebes. besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse. unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum. Konkretisierung, hinreichende
Leitsatz (amtlich)
- Der Begriff des Betriebes iS des § 43 Abs 2 S 1 AFG ist weit zu verstehen und umfaßt auch eine Werkstatt für Behinderte.
- Das in § 43 Abs 2 S 2 AFG enthaltene Merkmal des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses ist ein unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum, der von der Bundesanstalt für Arbeit durch § 13 Abs 2 AFuU vom 29.4.1993 nicht in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgefüllt worden ist.
Normenkette
AFG § 43 Abs. 2 Fassung: 1975-12-18; SchwbWV § 11 (Fassung: 13.8.1980); AFuU 1993 § 9 Fassung: 1993-04-29, § 13 Fassung: 1993-04-29
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. September 1995 (L 6 Ar 68/94) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt – unter Rücknahme eines bestandskräftig gewordenen Ablehnungsbescheides – die Förderung der Teilnahme an einem “Sonderpädagogischen Lehrgang” für Gruppenleiter. Nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen in den Vorinstanzen geht es ihm um die Erstattung von Lehrgangsgebühren, Prüfungsgebühren und Fahrkosten.
Der 1969 geborene Kläger ist von Beruf Maschinenschlosser und seit dem 1. August 1991 als Gruppenleiter in der Werkstatt für Behinderte (WfB) in M.… beschäftigt. Im Mai 1993 beantragte er die Förderung der Teilnahme an einer Sonderpädagogischen Zusatzausbildung für Gruppenleiter in Werkstätten und Mitarbeiter in sonstigen Einrichtungen für Behinderte, die vom Caritasverband für die Diözese Sp. e.V. in der Zeit vom 31. August 1993 bis Mai 1995 durchgeführt wurde. Die Beklagte lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, die Teilnahme an der Maßnahme liege im überwiegenden Interesse des Betriebes; ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse für die Teilnahme bestehe nicht (Bescheid vom 9. Juni 1993; Widerspruchsbescheid vom 27. August 1993). Diese Entscheidung wurde bestandskräftig. Ab 31. August 1993 nahm der Kläger an der vorgesehenen Bildungsmaßnahme teil. Er wurde hierfür vom Arbeitgeber bei vollem Lohnausgleich freigestellt. Der Unterricht fand jeweils freitags statt; viermal während der zweijährigen Ausbildung wurde ein Blockunterricht von je einer Woche durchgeführt. Die Lehrgangsgebühren beliefen sich auf 3.900,-- DM; die Prüfungsgebühr betrug 500,-- DM. Am 21. Oktober 1993 stellte der Kläger Antrag auf Neufeststellung (§ 44 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – ≪SGB X≫). Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, eine andere Sachentscheidung sei nicht möglich; ein überwiegendes Interesse des Betriebes liege insbesondere darin, daß Werkstätten für Behinderte verpflichtet seien, pädagogisch geeignete Fachkräfte, die über eine Sonderpädagogische Zusatzausbildung verfügten, zu beschäftigen; dementsprechend werde eine WfB nur mit der Auflage anerkannt, für entsprechendes Fachpersonal Sorge zu tragen; ggf hätten Werkstätten für Behinderte dem Fachpersonal Gelegenheit zur Teilnahme an (den erforderlichen) Fortbildungsmaßnahmen zu geben (Bescheid vom 29. Oktober 1993; Widerspruchsbescheid vom 18. November 1993). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung von Leistungen für die Teilnahme an der Maßnahme “Sonderpädagogische Zusatzausbildung für Gruppenleiter in Werkstätten für Behinderte” begehrte, abgewiesen (Urteil vom 11. Mai 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat – nach Einholung einer Auskunft bei der Behindertenhilfe K.… e.V. – die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 15. September 1995).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, eine Förderung sei – trotz Vorliegens aller sonstigen Voraussetzungen – gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausgeschlossen. Die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme liege überwiegend im Interesse der WfB. Der Begriff des Betriebes sei weit auszulegen und umfasse auch eine WfB. Wann eine Maßnahme auf “die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes” ausgerichtet sei, ergebe sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus der Auswahl des Teilnehmerkreises, dem Inhalt der Schulung und dem besonderen Ausbildungsziel sowie unter Gesamtwürdigung der einander überschneidenden und ergänzenden Merkmale. Starkes Indiz für Interessengebundenheit seien Trägerschaft und etwaige finanzielle Hilfen für die Teilnehmer. Schließlich sei zu berücksichtigen, inwieweit die Förderung der Aus- und Fortbildung dem betreffenden “Betrieb oder Verband” als Aufgabe übertragen und bisher schon von ihm wahrgenommen worden sei und ob eine Entsendung des Arbeitnehmers oder die Vermittlung betriebseigener Spezialkenntnisse erfolge. Vorliegend habe nach Auskunft der Behindertenhilfe K.… e.V. etwa die Hälfte der Kursusteilnehmer als Gruppenleiter in einer WfB gearbeitet. Ziel der Maßnahme sei es nach einem Runderlaß des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Umwelt des Landes Rheinland-Pfalz vom 10. August 1979, den Teilnehmern Grundkenntnisse über körperliche, geistige und seelische Beeinträchtigungen zu vermitteln; außerdem sollten sie die Förder- und Hilfsmöglichkeiten der Sonderpädagogik erkennen und umsetzen lernen. Zu den Zugangsvoraussetzungen gehöre – neben einer abgeschlossenen Berufsausbildung – eine hauptberufliche Tätigkeit in einer Einrichtung für Behinderte während des Lehrgangs für mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Im übrigen sei der Kurs allein auf Personen ausgerichtet, die Behinderte in entsprechenden Einrichtungen betreuten. Für Tätigkeiten in anderen Bereichen seien die in der Fortbildungsmaßnahme vermittelten betrieblichen Spezialkenntnisse kaum verwertbar. Schließlich müsse beachtet werden, daß die Fachkräfte einer WfB in der Regel Facharbeiter, Gesellen oder Meister mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie oder Handwerk sein sollten, die pädagogisch geeignet sein und über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen müßten (§ 9 Abs 3 Satz 3 der Dritten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes ≪Werkstättenverordnung Schwerbehindertengesetz – SchwbWV≫). Aus all dem ergebe sich eindeutig, daß die Teilnahme an der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung überwiegend im Interesse des Arbeitgebers des Klägers gelegen habe. Die Teilnahme an der Maßnahme könne auch nicht deshalb gefördert werden, weil dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse iS des § 43 Abs 2 Satz 2 AFG bestanden habe. Ein solches Interesse sei für die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen zu bejahen, die ein Betrieb bei einer besonders ungünstigen Beschäftigungstage aus strukturellen oder konjunkturellen Gründen für seine Arbeitnehmer, die deshalb von Arbeitslosigkeit bedroht seien, durchführe oder durchführen lasse und die nicht länger als sechs Monate dauerten (§ 13 Abs 2 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit ≪BA≫ über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung ≪AFuU≫). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, die ermächtigungskonform sei, seien hier nicht erfüllt.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung von § 43 Abs 2 AFG iVm § 9 Abs 3 SchwbWV. Es handele sich bei der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung, an der er teilgenommen habe, nicht um eine Maßnahme, die “überwiegend im Interesse des Betriebes” gelegen habe. Eine WfB sei eine Einrichtung zur Eingliederung Behinderter in das Arbeitsleben (§ 54 Abs 1 Schwerbehindertengesetz ≪SchwbG≫), nicht ein auf Erwerbswirtschaft ausgerichteter “Betrieb” im herkömmlichen Sinne. Die Teilnahme an einer Sonderpädagogischen Zusatzausbildung liege zudem nicht “überwiegend im Interesse” einer WfB. Sie sei zwar Voraussetzung für die Anerkennung als Fachkraft in einer WfB (§ 9 Abs 3 Satz 5 iVm Abs 2 Satz 3 SchwbWV). Doch diene sie nicht nur Gruppenleitern in Werkstätten für Behinderte, sondern auch den Mitarbeitern im Heimbereich zur Fortbildung. Schließlich sei die Ausbildung von Behinderten in einer WfB nicht betriebliche Berufsausbildung iS des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), weshalb auch eine Sonderpädagogische Zusatzausbildung, die auf Förderung der Rehabilitation von Behinderten ziele, nicht als “im überwiegenden Interesse des Betriebes” liegend angesehen werden könne.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 9. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1993 zurückzunehmen und seine Teilnahme an der Maßnahme “Sonderpädagogische Zusatzausbildung” zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG); mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen vermag der Senat keine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Neufeststellungsantrages zu treffen.
Als Rechtsgrundlage für die vom Kläger erstrebte Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 9. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1993 (§ 95 SGG) und zur Förderung seiner Teilnahme an der Maßnahme “Sonderpädagogische Zusatzausbildung” kommt § 44 Abs 1 Satz 1 und – wegen eines möglichen Beurteilungsspielraumes bei der ggf zurückzunehmenden Verwaltungsentscheidung (vgl dazu unten) – § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X in Betracht. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei seinem Erlaß das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Gemäß § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X kann im übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Vorschrift des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X wird durch § 152 Abs 1 AFG für die Zeit bis zum 31. Dezember 1993 und für die Zeit danach in unterschiedlicher Weise modifiziert. Eine Entscheidung darüber, welche Bestimmungen hier ggf Anwendung zu finden haben, hält der Senat derzeit für nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG); denn mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen läßt sich schon nicht beurteilen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 44 SGB X überhaupt erfüllt sind.
Für die Frage, ob bei Erlaß des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 9. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1993 das Recht unrichtig angewandt worden ist (§ 44 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB X), kommt es auf die materielle Rechtslage an; denn es ist nicht Sinn des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, dem Antragsteller mehr zu gewähren, als ihm nach materiellem Recht zusteht. Demgemäß kann nicht allein darauf abgestellt werden, ob dem bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt die erforderliche Begründung gefehlt hat (vgl dazu §§ 35 Abs 1, 41 Abs 1 Nr 2 und Abs 2, 42 SGB X sowie das Urteil des BSG vom 28. November 1956 – 7 RAr 58/56 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) was vorliegend der Fall gewesen sein dürfte (vgl insoweit auch BSG Urteil vom 13. Juli 1988 – 5/4a RJ 7/87 –, unveröffentlicht, sowie BSG SozR 1300 § 44 Nr 38).
Anknüpfungspunkt für die materiell-rechtliche Rechtslage ist im vorliegenden Rechtsstreit § 43 Abs 2 AFG (idF des Art 1 Nr 6 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes ≪HStruRtG-AFG≫ vom 18. Dezember 1975 – BGBl I 3113). Danach gilt für berufliche Fortbildungsmaßnahmen folgende Ausschlußklausel: Liegt die Teilnahme eines Antragstellers an der Maßnahme überwiegend im Interesse des Betriebes , dem er angehört, so wird die Teilnahme nicht gefördert; dies gilt insbesondere, wenn der Antragsteller an einer Maßnahme teilnimmt, die unmittelbar oder mittelbar von dem Betrieb getragen wird oder im überwiegenden Interesse des Betriebes liegt (Satz 1). Die Teilnahme wird jedoch gefördert, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht (Satz 2). Diese Regelungen werden durch § 13 AFuU vom 29. April 1993 (ANBA – Sondernummer 1993 S 1), in Kraft seit dem 10. Mai 1993 (§ 30), die ihrerseits auf § 39 AFG fußt, wie folgt konkretisiert: Die Teilnahme an einer Maßnahme liegt iS von § 43 Abs 2 AFG insbesondere dann im überwiegenden Interesse eines Betriebes, wenn der Arbeitgeber nach Gesetz oder Tarifvertrag oder aufgrund betrieblicher oder vertraglicher Vereinbarungen zur Durchführung einer beruflichen Bildungsmaßnahme oder zur Entsendung in eine solche Maßnahme verpflichtet ist (Abs 1). Ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht an der Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen, die ein Betrieb bei einer besonders ungünstigen Beschäftigungslage aus strukturellen oder konjunkturellen Gründen für seine Arbeitnehmer, die deshalb von Arbeitslosigkeit bedroht sind, durchführt oder durchführen läßt und die nicht länger als sechs Monate dauern (Abs 2 Satz 1). Eine Förderung ist nur dann zulässig, wenn die Teilnahme nicht mit betrieblichen oder vertraglichen Bindungen oder Vereinbarungen verbunden ist (Abs 2 Satz 2).
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Teilnahme des Klägers an der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung überwiegend im Interesse des Betriebes lag, dem er angehört (§ 43 Abs 2 Satz 1 AFG iVm § 13 Abs 1 AFuU).
Die Anwendung des § 43 Abs 2 Satz 1 AFG iVm § 13 Abs 1 AFuU ist vorliegend nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei einer WfB nicht um ein auf Gewinnerzielung gerichtetes Unternehmen handelt. Der Begriff des “Betriebes” iS der vorerwähnten Bestimmungen ist weit auszulegen; er umfaßt nach allgemeiner Auffassung alle Einrichtungen, die Arbeitnehmer beschäftigen (Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1996, § 43 Rz 9; Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand Dezember 1996, § 43 Rz 13; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, Komm zum AFG, Stand Dezember 1996, § 43 Anm 8.1; Knigge/Schmidt/Marschall/Wissing, Komm zum AFG, 3. Aufl 1993, Stand 7. Ergänzungslieferung 1996, § 43 Anm 10; Niesel, Komm zum AFG 1995, § 43 Rz 8; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, 2. Aufl, Stand September 1996, § 43 Rz 5). Das ergibt sich insbesondere aus der rechtsgeschichtlichen Entwicklung des § 43 Abs 2 AFG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG.
Nach der bis zum Inkrafttreten des HStruktG-AFG ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung des § 43 Abs 2 AFG wurde die “Teilnahme an Maßnahmen, die auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet” waren, “nur gefördert, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse” bestand. Aus dieser Formulierung folgerte das BSG, daß eine Förderung nur dann ausgeschlossen sei, wenn die Maßnahme als solche interessengebunden sei, nicht jedoch schon dann, wenn der Teilnehmer mit der Teilnahme lediglich Interessen eines Betriebes verfolge (BSG SozR 4100 § 43 Nr 15). Mit der Neufassung des § 43 Abs 2 AFG am 1. Januar 1976 ergab sich eine gewisse Verschiebung der Interessengebundenheit; seither ist nicht mehr der (objektive) Charakter der Maßnahme ausschlaggebend. Es reicht vielmehr aus, wenn die Teilnahme selbst überwiegend im Interesse des Betriebes liegt, dem der Antragsteller angehört (§ 43 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 AFG), wenn auch die Trägerschaft des Betriebes oder sein überwiegendes Interesse an der Maßnahme kraft gesetzlicher Fiktion (§ 43 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 AFG) das Interesse des Betriebes an der Teilnahme belegt (BSG, Urteil vom 20. März 1984 – 7 RAr 56/82 –, DBIR Nr 2990 zu § 43 AFG). Im übrigen hat die Vorschrift, durch die eine ungerechtfertigte Verlagerung von Kosten der beruflichen Bildung von der Wirtschaft auf die BA ausgeschlossen werden sollte (BT-Drucks 7/4243 S 8 zu Art 20 § 1 Nr 5a), keine inhaltliche Änderung hinsichtlich ihres Zwecks und ihrer Bedeutung erfahren (BSG aaO). Das gilt auch, soweit sie – anstelle der früheren Wendung “Betrieb oder Verband” – nur noch den Begriff des “Betriebes” verwendet. Damit folgte der Gesetzgeber der Rechtsprechung des BSG, die die Doppelbezeichnung “Betrieb oder Verband” nicht als Alternativen, sondern als allgemeinen Sammelbegriff für alle Einrichtungen angesehen hatte, die überhaupt als Träger von Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kamen. Der Begriff des “Betriebes” war somit schon nach § 43 Abs 2 AFG aF im weitesten Sinne zu verstehen (BSG SozR 4100 § 42 Nr 5 und § 43 Nrn 2, 8, 9, 10, 16 und 18; BSG, Urteil vom 20. März 1984 – 7 RAr 56/82 –, DBIR Nr 2990 zu § 43 AFG).
Die WfB, der der Kläger angehört, erfüllt den aufgezeigten weiten Begriff eines “Betriebes” iS des § 43 Abs 2 Satz 1 AFG. Dem läßt sich nicht mit dem Argument begegnen, eine WfB sei – von ihrer gesetzlichen Zielsetzung her – eine Einrichtung zur Eingliederung Behinderter in das Arbeitsleben (§ 54 Abs 1 SchwbG); ihre Aufgabe liege – im Unterschied zu einem Betrieb im herkömmlichen Sinne – darin, der unterschiedlichen Art der Behinderung und ihren Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Bildung besonderer Gruppen im Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich, Rechnung zu tragen (§ 1 Abs 2 SchwbWV); deshalb sei zB die Klage einer WfB gegen eine Auflage der BA, die die Höhe des an Behinderte im Arbeitsbereich zu zahlenden Arbeitsentgelts betrifft, keine Streitigkeit zwischen Arbeitgebern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts iS des § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 3 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO), so daß eine Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren nach Gegenstandswert nicht erfolgen dürfe (BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 5). Dem steht – abgesehen vom Gesetzeswortlaut – bereits entgegen, daß die Bestimmungen des § 116 Abs 2 Satz 1 BRAGebO und des § 43 Abs 2 Satz 1 AFG völlig verschiedene Zielsetzungen verfolgen. Während § 116 Abs 2 Satz 1 BRAGebO auf der Erwägung beruht, daß nur in den ausdrücklich aufgeführten Fällen die für den niedrigeren Gebührenrahmen des § 116 Abs 1 BRAGebO sprechenden sozialpolitischen Gründe nicht eingreifen, geht es bei § 43 Abs 2 AFG, wie angesprochen, um Unterbindung einer ungerechtfertigten Verlagerung von Kosten der beruflichen Bildung von der Wirtschaft auf die BA. Diese Frage kann sich sowohl bei einem auf Gewinnerzielung gerichteten Betrieb als auch bei einem in einer WfB beschäftigten Arbeitnehmer stellen.
Auch die Schlußfolgerung des LSG, die Teilnahme des Klägers an der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung habe “überwiegend im Interesse” der WfB gelegen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Insoweit kann offenbleiben, ob die sowohl vom Gesetzgeber als auch vom Anordnungsgeber herausgestellten Beispiele, bei deren Vorliegen die teilnahmebezogene durch eine maßnahmebezogene Interessengebundenheit fingiert wird, hier eingreifen, nämlich, ob die vom Kläger durchlaufene Bildungsmaßnahme unmittelbar oder mittelbar von der WfB (finanziell) getragen wurde (§ 43 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 Alt 1 AFG) oder die Maßnahme (objektiv) im überwiegenden Interesse des Betriebes lag (§ 43 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 Alt 2 AFG), bzw ob die WfB (nach Gesetz oder Tarifvertrag oder aufgrund betrieblicher oder vertraglicher Vereinbarungen) zur Durchführung der Maßnahme oder zur Entsendung des Klägers in die Maßnahme verpflichtet war (§ 13 Abs 1 AFuU); denn ungeachtet solcher möglichen Fallkonstellationen lag die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme aus anderen Gründen “überwiegend im Interesse” der WfB. Entscheidend ist nach § 43 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 AFG, daß das Interesse der WfB das des Klägers übertraf (vgl BT-Drucks 7/4243 S 8 zu Art 20 § 1 Nr 5a). Die Frage nach dem Überwiegen des betrieblichen Interesses beantwortet sich auf diese Weise systemgerecht ausschließlich mittels Vergleichs zwischen Betrieb und Arbeitnehmer; denn die Interessen des Arbeitsmarktes als eines weiteren (denkbaren) Vergleichsobjekts gewinnen durch das Kriterium des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses eine eigene normative Bedeutung.
Daß die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme überwiegend im Interesse der WfB lag, folgt vornehmlich aus § 9 SchwbWV, auch wenn der Sonderpädagogische Lehrgang nach den Feststellungen des LSG nicht nur Gruppenleitern in Werkstätten für Behinderte, sondern auch Mitarbeitern in sonstigen Einrichtungen für Behinderte eröffnet war und die in ihm erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in allen Behinderteneinrichtungen verwertbar waren.
Nach § 9 SchwbWV muß die Werkstatt über Fachkräfte verfügen, die erforderlich sind, um ihre Aufgaben entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen der Behinderten, insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer individuellen Förderung von Behinderten, erfüllen zu können (Abs 1). Die Fachkräfte sollen in der Regel Facharbeiter, Gesellen oder Meister mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie oder Handwerk sein; sie müssen pädagogisch geeignet sein und über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen (Abs 3 Satz 3). Entsprechende Berufsqualifikationen aus dem pädagogischen oder sozialen Bereich reichen aus, wenn die für eine Tätigkeit als Fachkraft erforderlichen sonstigen Kenntnisse und Fähigkeiten für den Arbeitstrainings- und Arbeitsbereich anderweitig erworben worden sind (Abs 3 Satz 4). Die sonderpädagogische Zusatzqualifikation kann in angemessener Zeit durch Teilnahme an geeigneten Fortbildungsmaßnahmen nachgeholt werden (Abs 3 Satz 5 iVm Abs 2 Satz 3), weshalb die WfB dem Fachpersonal in entsprechenden Fällen Gelegenheit zur Teilnahme an (den erforderlichen) Fortbildungsmaßnahmen zu geben hat (§ 11 SchwbWV), und zwar selbst dann, wenn einige überörtliche Sozialhilfeträger für die entsprechenden zusätzlichen Kosten nicht aufkommen sollten. Unterbleibt der Erwerb einer notwendigen Sonderpädagogischen Zusatzausbildung, riskiert die WfB den Verlust ihrer Anerkennung (§ 57 SchwbG idF vom 26. August 1986 iVm § 17 Abs 1 Satz 1 SchwbWV). Daß das LSG bei seiner Interessenabwägung den vorgenannten rechtlichen Gesichtspunkten – insbesondere der Notwendigkeit, Gruppenleiter mit Sonderpädagogischer Zusatzqualifikation zu beschäftigen – Vorrang vor den Interessen des Klägers an der Durchführung der Fortbildungsmaßnahme eingeräumt hat, steht mit der Zielsetzung des § 9 Abs 1 und 3 SchwbWV voll in Einklang.
Hinzu kommt ein Kriterium, dem der erkennende Senat sogar für die Frage der (objektiven) Interessengebundenheit der Maßnahme selbst iS des § 43 Abs 2 Satz 1 AFG schon früher Gewicht beigemessen hatte, nämlich das des Teilnehmerkreises (BSG, Urteil vom 20. März 1984 – 7 RAr 56/82 – GBIR Nr 2990 zu § 43 AFG mwN). Der Kreis der Teilnehmer an dem vom Kläger durchlaufenen Sonderpädagogischen Lehrgang war von vornherein auf aktiv tätige Fachkräfte aus dem Bereich der Behindertenbetreuung beschränkt; denn Zugangsvoraussetzung für eine Sonderpädagogische Zusatzausbildung war nach den Feststellungen des LSG neben einer abgeschlossenen (bestimmten) Berufsausbildung eine hauptberufliche Tätigkeit in einer Einrichtung für Behinderte während des Lehrgangs, und zwar für mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Damit stimmt die Feststellung des LSG überein, daß die Teilnehmer (des seinerzeitigen Kurses) ausschließlich aus dem Arbeitsbereich der Behindertenbetreuung kamen; etwa die Hälfte arbeitete als Gruppenleiter in einer WfB.
Gegenüber dem Ergebnis, seine Teilnahme an der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung habe “überwiegend im Interesse” der WfB gelegen, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, die Ausbildung von Behinderten in einer WfB sei keine betriebliche Berufsausbildung iS des § 1 Abs 5 BBiG und des § 5 Abs 1 BetrVG. Richtig ist, daß berufliche Rehabilitanden iS des § 56 AFG nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) keine Arbeitnehmer iS von §§ 5 Abs 1, 60 Abs 1 BetrVG eines Berufsbildungswerkes nach § 23a der Anordnung des Verwaltungsrats der BA über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (hier idF der 17. Änderungsanordnung vom 8. Juli 1993 – ANBA S 1675, 1680) sind (BAG NZA 1994, 713 ff; NZA 1995, 120 ff). Der Kläger verkennt jedoch, daß es vorliegend nicht um den Begriff der betrieblichen Ausbildung von Behinderten, sondern um den des Betriebs geht. Es handelt sich insoweit um rechtlich nicht vergleichbare Problemkreise.
Damit stellt sich die Frage, ob die Beklagte die Teilnahme des Klägers an der Fortbildungsmaßnahme trotz Vorliegens eines überwiegenden Interesses des Betriebes zu fördern hatte, weil dafür ein “besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse” bestand (§ 43 Abs 2 Satz 2 AFG iVm § 13 Abs 2 AFuU). Eine Antwort hierauf ist dem Senat mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht möglich.
Wann ein “besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse” zu bejahen ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemeinverbindlich definieren. Vielmehr hat sich jede einzelne Entscheidung an den Zielen des § 2 AFG iVm § 1 AFuU auszurichten. Dabei reicht die in § 36 Nr 3 AFG bezeichnete Zweckmäßigkeit nicht aus, sondern es müssen die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes dazu drängen, weitere Anreize für die Teilnahme von Arbeitnehmern an der betreffenden Bildungsmaßnahme zu schaffen (Gagel, aaO, § 43 Rz 14). Bei dem “besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesse” handelt es sich damit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, für dessen Anwendung der BA ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (BSGE 38, 138, 143 f = SozR 4100 § 43 Nr 9; BSGE 39, 194, 198 = SozR 4100 § 41 Nr 19; BSG SozR 4100 § 43 Nr 18; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, aaO, § 43 Anm 8.3; Schieckel/Grüner/Dalichau, Komm zum AFG, Stand Juli 1996, § 43 Anm III 2). Dies ergibt sich für die nach 1975 geltende Regelung aus der gesetzgeberischen Zielsetzung, wonach “auch in Zukunft bei Vorliegen eines besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses eine Förderung möglich sein” sollte (BT-Drucks 7/4243 S 8 zu Art 20 § 1 Nr 5a). Die Bedarfsgerechtigkeit einer Förderung muß sich dann aber auch an den Zielen des § 2 AFG messen lassen, selbst wenn dies in § 43 Abs 2 Satz 2 AFG – anders als etwa in § 36 Nr 3 AFG – nicht unmittelbar zum Ausdruck kommt (vgl insoweit zu § 34 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG: BSG, Urteil vom 28. November 1996 – 7 RAr 58/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Konsequenz der Annahme eines Beurteilungsspielraumes ist, daß der Beklagten zum einen ein gewisser Freiraum bei der gemäß § 39 AFG zulässigen Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben zuzubilligen ist. Zum anderen verbleibt ihr – ähnlich wie bei der Anwendung der §§ 34 Abs 1 Satz 2 Nr 4, 36 Nr 3 AFG – auch bei der Einzelentscheidung über das besondere arbeitsmarktpolitische Interesse ein Beurteilungsspielraum, wenn dieser nicht bereits ermächtigungskonform durch die AFuU selbst beschränkt worden oder wenn nicht im Einzelfall nur eine einzige Entscheidung möglich, also der Beurteilungsspielraum auf Null reduziert ist (BSG, Urteil vom 28. November 1996 – 7 RAr 58/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, mwN).
Die Beklagte hat durch § 13 Abs 2 AFuU eine Konkretisierung des Begriffs des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses vorgenommen. Ob die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, vermag der Senat aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen, selbst wenn Zweifel bestehen, daß sie verwirklicht sind. In diesem Zusammenhang mag das LSG – was bislang wohl nicht geschehen ist – insbesondere auch § 13 Abs 2 Satz 2 AFuU überprüfen, für dessen Vorliegen gegenwärtig allerdings keine Anhaltspunkte erkennbar sind.
Sollte das LSG einen Anspruch auf Förderung der Teilnahme an der Sonderpädagogischen Zusatzausbildung wegen Fehlens der in § 13 Abs 2 AFuU genannten Voraussetzungen verneinen, wird es zu beachten haben, daß die BA den Begriff des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses in § 13 Abs 2 AFuU nicht in einer dem Zweck des § 43 Abs 2 Satz 2 AFG entsprechenden Weise ausgefüllt hat (so im Ergebnis wohl auch: Specke/Kronberg/Picard/Wachtberg, Komm zum AFG, 5. Aufl 1995, § 43 Anm 1; vgl auch Gagel, aaO, § 43 Rz 16); denn § 13 Abs 2 AFuU stellt in Zusammenhang mit dem besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesse schwerpunktmäßig auf die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen ab, die ein Betrieb bei einer “besonders ungünstigen Beschäftigungslage aus strukturellen oder konjunkturellen Gründen” für seine Arbeitnehmer durchführt oder durchführen läßt. Unberücksichtigt bleibt jedoch, daß sich ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse auch mit Rücksicht auf die Interessen besonderer Personengruppen begründen läßt. Das gilt vor allem für Behinderte, die unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes (GG) stehen und wegen ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden dürfen (Art 3 Abs 3 Satz 2 GG; vgl auch BT-Drucks 12/8165 S 28 f zu Art 1 Nr 1b); Behinderte in einer WfB sind in das Arbeitsleben einzugliedern (§ 54 Abs 1 Satz 1 SchwbG). Von daher ist einem Mangel an entsprechenden Fachkräften auch durch die BA entgegenzuwirken (§ 9 Abs 1 SchwbWV), was auf seiten der BA ggf sogar zu einer Schrumpfung des Beurteilungsspielraumes auf Null führen kann. Den Interessen der besonderen Personengruppe der Behinderten wurde nach Auffassung des Senats § 9 Abs 1 Satz 1 AFuU idF der 19. Änderungsanordnung vom 8. März 1991 (ANBA S 454, 455) eher gerecht. Darin hieß es hieß: “Ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse im Sinne des § 43 Abs. 2 AFG besteht, wenn die Teilnehmer an der Maßnahme für Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen fortgebildet oder umgeschult werden, die (1) für die Sicherung oder Bereitstellung von anderen Arbeits- oder Ausbildungsplätzen notwendig sind, (2) benötigt werden, um arbeitsmarkt- und strukturpolitisch erwünschte Betriebsansiedlungen oder -erweiterungen durchführen zu können, und Fachkräfte mit beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten, die durch die Teilnahme an der Maßnahme vermittelt werden, nicht oder nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen”. Ob auf den Rechtsgedanken dieser mit Wirkung ab 10. Mai 1993 ersatzlos gestrichenen Vorschrift (vgl § 30 Abs 1 AFuU) für den der BA verbliebenen Beurteilungsspielraum zurückgegriffen werden kann (vgl dazu das Urteil des Senats vom 23. Januar 1997 – 7 RAr 36/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen), wird das LSG ggf zu prüfen haben. In diesem Zusammenhang wird es auch zu bedenken haben, ob bei Annahme eines arbeitsmarktpolitischen Interesses aus anderen als den in § 13 Abs 2 Satz 1 AFuU genannten Gründen gleichwohl noch § 13 Abs 2 Satz 2 AFuU zur Anwendung gelangt.
Im übrigen wird das LSG bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung auf folgendes zu achten haben: Es genügt für ein zusprechendes Urteil nicht, daß alle besonderen Voraussetzungen der beruflichen Fortbildung (§§ 41 ff AFG) bejaht werden. Zu prüfen sind auch die allgemeinen Voraussetzungen (§§ 33 ff AFG), insbesondere die des § 34 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG iVm § 10 Abs 5 AFuU und des § 36 AFG (vgl dazu BSG, Urteil vom 28. November 1996 – 7 RAr 58/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Zudem scheint der Kläger nach Aktenlage schon einmal als Teilnehmer einer Bildungsmaßnahme (ab 1. April 1991) gefördert worden zu sein, was eine erneute Förderung – mangels Zurücklegung einer hinreichenden erneuten beruflichen Tätigkeit – ausschließen könnte (§ 42 Abs 2 AFG). Ferner könnte, weil die Maßnahme zwischenzeitlich beendet sein dürfte, eine Spezifizierung der Einzelansprüche des Klägers möglich sein; das könnte für die Antragstellung von Bedeutung sein. Schließlich wird das LSG über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen