Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildung zum Facharzt für Nerven- und Geisteskrankheiten nach Abbruch der Ausbildung zum Facharzt für innere Medizin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeiten in AVG § 28 Abs 2 Buchst a ist nicht anders auszulegen als in AVG § 36 Abs 1 Nr 4. Mit dem Wort "durch" ist der ursächliche Zusammenhang zwischen dem späteren Beginn oder der Unterbrechung der Ausbildung und den Ersatzzeiten gekennzeichnet.

2. Es hat sich um 2 verschiedene Ausbildungen gehandelt.

 

Normenkette

AVG § 28 Abs. 2 S. 2 Buchst. a Fassung: 1957-02-23; RVO § 1251 Abs. 2 S. 2 Buchst. a Fassung: 1957-02-23; AVG § 36 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1259 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 10. Mai 1962 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind den Klägern nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Die Kläger sind die Witwe und die Kinder des am 22. Oktober 1958 verstorbenen Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W G (geboren am 18. Juli 1920).

Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) besuchte Dr. G (G.) die Schule bis 4. März 1938 (Reifeprüfung),

leistete anschließend Reichsarbeitsdienst (RAD) und Dienst bei der Wehrmacht bis 30. Dezember 1939,

studierte sodann Medizin bis 30. April 1941,

war anschließend Angehöriger der Studentenkompanie Göttingen bis 30. November 1944,

erhielt die Bestallung als Arzt zum 11. November 1944,

war anschließend Sanitätsfeldwebel und Truppenarzt bis 20. März 1945,

befand sich sodann im Lazarett und in Gefangenschaft bis 5. Juni 1945,

war vom 1. August 1945 bis 31. Dezember 1947 als Assistent und Assistenzarzt auf der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses A beschäftigt, damals in der Absicht, Facharzt für innere Medizin zu werden,

unterzog sich vom 1. Januar 1948 bis 1. Juli 1948 als Volontärarzt (ohne Entgelt) einer chirurgischen Ausbildung im Städtischen Krankenhaus W,

war nach kurzer Vertretung eines Landarztes vom 15. Juli 1948 bis 15. März 1949 Gastarzt in der Neurologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses H,

vom 23. Mai 1949 bis 15. August 1949 Assistenzarzt und Vertreter eines Lungenfacharztes,

vom 15. August 1949 an zunächst Volontärassistenzarzt und ab 1. März 1955 Assistenzarzt an der Städtischen Nervenklinik B bis 30. April 1955.

Das LSG stellte weiter fest, G. habe nach der Bestätigung des Niedersächsischen Sozialministers den Vorschriften der Bestallungsordnung für Ärzte vom 17. Juli 1939 über die Pflichtassistentenzeit und das Land-Vierteljahr mit dem 31. Oktober 1946 entsprochen; die Facharztanerkennung für Neurologie und Psychiatrie habe er am 28. September 1953 erhalten; am 1. Mai 1955 habe er eine eigene Praxis für Neurologie und Psychiatrie eröffnet; der Angestelltenversicherung habe er seit 1. September 1952 angehört.

Die Beklagte gewährte den Klägern mit Bescheid vom 12. Februar 1959 Witwen- und Waisenrenten vom 1. Oktober 1958 an. Mit der Klage begehrten die Kläger höhere Renten, weil die Beklagte zu Unrecht Schul-, Studien-, Kriegsdienst- und Gefangenschaftszeiten und Zeiten der Ausbildung zum Facharzt nicht als Ausfall- bzw. Ersatzzeiten angerechnet und die Zurechnungszeit nach § 37 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht berücksichtigt habe; sie vertraten ferner die Auffassung, die Beklagte habe nach § 140 Abs. 3 AVG die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 15. Januar 1951 bis 31. August 1952 zuzulassen. Das Sozialgericht (SG) Bremen wies die Klage ab (Urteil vom 5. Dezember 1961). Die Berufung der Kläger wies das LSG Bremen zurück (Urteil vom 10. Mai 1962): Die Berücksichtigung der nach Vollendung des 15. Lebensjahres liegenden Schulausbildung und des Medizinstudiums als Ausfallzeit (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG) scheitere daran, daß G. nicht im Anschluß daran oder nach Beendigung einer an die Hochschulausbildung anschließenden Ersatzzeit innerhalb von zwei Jahren eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen habe; während der in die Zweijahresfrist fallenden Assistenzarztzeit sei G. nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 AVG aF, in der britischen Zone nach § 172 Abs. 1 Nr. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei gewesen. G. habe auch nicht innerhalb von zwei Jahren "nach Beendigung einer durch die Ersatzzeit aufgeschobenen oder unterbrochenen Ausbildung" eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen, seine Ausbildung als Arzt sei am 11. November 1944 abgeschlossen gewesen, die Ausbildung zum Facharzt sei zwar wissenschaftliche Ausbildung, aber keine Berufsausbildung, sondern Weiterbildung gewesen. Die RAD- und Wehrdienstzeiten seien keine Ersatzzeiten, weil es an den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Buchst. a AVG fehle. Eine Zurechnungszeit komme nicht in Betracht, weil für G. in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles nicht 36, sondern nur 17 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Ob für die Zeit vom 15. Januar 1951 bis 31. August 1952 die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zuzulassen sei, könne dahingestellt bleiben, jedenfalls seien bisher Versicherungsbeiträge für diese Zeit nicht entrichtet worden, sie könnten deshalb auch nicht berücksichtigt werden. Das LSG ließ die Revision zu. Das Urteil wurde den Klägern am 27. Juni 1962 zugestellt.

Am 25. Juli 1962 legten die Kläger Revision ein, sie beantragten,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Bremen und des Urteils des Sozialgerichts Bremen die Bescheide vom 12. Februar 1959 dahin abzuändern, daß den Klägern ab 1. Oktober 1958 höhere Hinterbliebenenrenten unter Berücksichtigung von Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten gewährt werden.

Am 24. August 1962 begründeten sie die Revision: Die Tätigkeit des G. als Volontär- und Assistenzarzt in der Zeit vom 1. August 1945 bis 31. August 1952 sei notwendiger Bestandteil der Berufsausbildung zum Facharzt und sonach "Ausbildung" im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a AVG gewesen; damit seien die Schulzeit nach Vollendung des 15. Lebensjahres und das Studium als Ausfallzeiten, die RAD- und Wehrdienstzeit als Ersatzzeiten zu berücksichtigen. Das LSG habe auch zu Unrecht nicht darüber entschieden, ob für die Zeit vom 15. Januar 1951 bis 31. August 1952 die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zuzulassen sei; dies sei zu bejahen, G. sei während seiner Facharztausbildung nur bis zur Höchstdauer von fünf Jahren versicherungsfrei gewesen, die Voraussetzungen für die "Halbdeckung" und damit für die Berücksichtigung der Zurechnungszeit (§ 37 AVG) seien deshalb erfüllt; das LSG habe hierüber entscheiden müssen, weil die Kläger die Berücksichtigung der Zurechnungszeit schon im Verfahren des SG ausdrücklich beantragt hätten und diese Frage auch eingehend in den Vorinstanzen zwischen den Beteiligten erörtert worden sei.

Die Beklagte beantragte,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trug vor, die Tätigkeit des G. als Volontär- und Assistenzarzt sei nicht mehr "Ausbildung" gewesen; über die rein beitragsrechtliche Frage der Zulassung der Nachentrichtung von Beiträgen in Härtefällen könne nicht in dem anhängigen Leistungsstreit entschieden werden, insoweit bedürfe es auch eines Vorverfahrens.

Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 165, 154 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

II

Die Revisionen sind zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie sind jedoch nicht begründet.

Streitig ist, welche Zeiten für die Berechnung der Witwenrente (§ 45 Abs. 2 AVG) und der Waisenrenten (§ 46 Abs. 1 AVG) anrechnungsfähig sind (§§ 35, 30 AVG). Die Kläger begehren

1) über die bereits nach Art. 2 § 14 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) angerechneten Ausfallzeiten (zwei Monate) hinaus nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG weitere Zeiten als Ausfallzeiten anzurechnen,

2) bestimmte Zeiten als Ersatzzeiten (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 AVG) zu berücksichtigen und

3) eine Zurechnungszeit (§ 37 AVG) zu berücksichtigen.

Zu 1) Als Ausfallzeiten kommen im vorliegenden Fall Zeiten der Schulausbildung nach Vollendung des 15. Lebensjahres, also ab 18. Juli 1935, und der Hochschulausbildung in Betracht. Das LSG hat die Berücksichtigung dieser Zeiten als Ausfallzeiten zu Recht abgelehnt. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG könnten diese Zeiten nur dann Ausfallzeiten sein, wenn G. im Anschluß an sie oder nach Beendigung einer sich daran anschließenden Ersatzzeit (i. S. des § 28 AVG) innerhalb von zwei Jahren eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen hätte. Diese Voraussetzung hat das LSG zutreffend verneint. Berücksichtigt man, daß die Hochschulausbildung von G. spätestens mit der am 11. November 1944 erteilten Bestallung abgeschlossen und die folgenden Ersatzzeiten im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG - Wehrdienst, Gefangenschaft und sich möglicherweise noch anschließende Krankheit oder unverschuldete Arbeitslosigkeit - spätestens am 31. Juli 1945 beendet gewesen sind, so muß die Zweijahresfrist des § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG hier spätestens am 1. August 1945 begonnen haben. Innerhalb von zwei Jahren nach diesem Zeitpunkt hat G. aber keine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen. Die Tätigkeit als Assistent und Assistenzarzt im Städtischen Krankenhaus A von August 1945 bis Dezember 1947, die in die Zweijahresfrist fällt, ist keine "rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit" gewesen. Abgesehen davon, daß das LSG zutreffend diese Zeit als eine Tätigkeit angesehen hat, in der G. nach dem hier maßgebenden alten Recht in der britischen Besatzungszone (§ 1 Abs. 6 AVG aF, 1228 der Reichsversicherungsordnung - RVO - aF, § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO) versicherungsfrei gewesen ist, handelt es sich bei dieser Tätigkeit auch deshalb nicht um eine "rentenversicherungspflichtige" Beschäftigung oder Tätigkeit, weil für diese Zeit unstreitig Beiträge nicht entrichtet worden sind; als "rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit" im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG können nämlich nur solche Beschäftigungen oder Tätigkeiten angesehen werden, für die zugleich Beiträge entrichtet sind oder als entrichtet gelten (vgl. BSG 11, 274, 276; 16, 284, 286).

Zu 2) Zu Recht hat das LSG ferner die Anrechnung von Ersatzzeiten verneint. Als Ersatzzeit kommen hier die Zeiten des militärischen Dienstes, der Kriegsgefangenschaft und einer anschließenden Krankheit oder unverschuldeten Arbeitslosigkeit in Betracht (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AVG). Da eine Versicherung vorher nicht bestanden hat (§ 28 Abs. 2 Satz 1 AVG), können diese Zeiten als Ersatzzeiten hier nur angerechnet werden, wenn G. (§ 28 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a AVG) "innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung der Ersatzzeit (1. Alternative) oder einer durch sie aufgeschobenen oder unterbrochenen Ausbildung (2. Alternative) eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen hat". Die Voraussetzungen der 1. Alternative dieser Vorschrift sind aus den bereits oben unter 1) genannten Gründen nicht gegeben, da der Begriff der "versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit" in § 28 Abs. 2 a AVG nicht anders auszulegen ist als in § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG (vgl. die Urteile des BSG vom 10.2.1960, BSG 11, 274, 276, vom 29.3.1962, BSG 16, 284, 286, und vom 18.2.1964, BSG 20, 184 ff, zu der gleichlautenden Vorschrift des § 1251 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a RVO, ferner die Urteile des BSG vom 3.3.1964, BSG 20, 231 ff und vom 23.6.1964, SozR Nr. 24 zu § 1248 RVO).

Das LSG hat aber im Ergebnis auch zu Recht verneint, daß G. innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer durch die Ersatzzeit "aufgeschobenen Ausbildung" eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen hat (2. Alternative). Auch wenn entgegen der Auffassung des LSG - was hier nicht entschieden zu werden braucht - zur Ausbildung im Sinne des § 28 Abs. 2 a AVG die ärztliche Tätigkeit rechnet, die für die Anerkennung als Facharzt erforderlich ist, kann die hier in Betracht kommende Zweijahresfrist jedenfalls nicht später als am 1. Juli 1948 (nach Beendigung der chirurgischen Ausbildung im Städt. Krankenhaus W) begonnen haben. Eine Ausbildung ist nämlich nach § 28 Abs. 2 a AVG nur dann bedeutsam, wenn (insoweit, als) sie "durch die Ersatzzeit aufgeschoben oder unterbrochen" worden ist. Dabei ist mit dem Wort "durch" der ursächliche Zusammenhang zwischen dem späteren Beginn oder der Unterbrechung der Ausbildung und den Ersatzzeiten gekennzeichnet. Für diesen ursächlichen Zusammenhang kommt es auch in der Rentenversicherung darauf an, ob ein Ereignis oder ein Zustand die alleinige oder doch die wesentliche Bedingung für ein weiteres Ereignis oder einen anderen Zustand gewesen ist (vgl. die Urteile des BSG vom 13.3.1958, SozR Nr. 5 zu § 1263 RVO aF, und vom 1.12.1964, 11/1 RA 280/63), im vorliegenden Fall also darauf, ob die Ersatzzeit die alleinige oder doch die wesentliche Bedingung für den späteren Beginn oder die Unterbrechung der Ausbildung gewesen ist. Das ist hier aber nicht mehr der Fall, soweit es sich um die Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie handelt, die G. erst nach dem 1. Juli 1948 begonnen hat. Daß G. diese Facharztausbildung erst so spät aufgenommen hat, hängt damit zusammen, daß er sich zunächst im Anschluß an die Zeit des Kriegsdienstes und der Gefangenschaft fast 2 1/2 Jahre lang der Ausbildung zum Facharzt für innere Medizin unterzogen, diese Ausbildung dann aber spätestens im Juli 1948 aus eigenem Entschluß abgebrochen hat, um sich nun einer anderen Ausbildung, nämlich der Ausbildung zum Facharzt für Nerven- und Geisteskrankheiten zuzuwenden; diese neue Ausbildung ist aber nicht mehr eine "durch" den Kriegsdienst und die Gefangenschaft "aufgeschobene" Ausbildung gewesen. Es hat sich auch nicht, wie die Kläger meinen, um eine einheitliche "Facharztausbildung", sondern um zwei verschiedene Ausbildungen gehandelt.

Innerhalb von zwei Jahren nach dem 1. Juli 1948 hat G. überdies auch nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne von § 28 Abs. 2 a AVG aufgenommen. In dieser Zeitspanne ist er zunächst Gastarzt im Kreiskrankenhaus H (bis März 1949) gewesen, dann Assistenzarzt und Vertreter einen Lungenfacharztes (bis August 1949) und schließlich Volontärarzt in der Städtischen Nervenklinik B. Für alle diese Tätigkeiten sind bis zum Fristablauf (1. Juli 1950) keine Beiträge entrichtet.

Zu 3) Das LSG hat ferner zu Recht auch die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Zurechnungszeit nach § 37 AVG abgelehnt. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit bei der Berechnung von Hinterbliebenenrenten eine Zeit vom Tode des Versicherten bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er das 55. Lebensjahr vollendet hätte, überhaupt als Zurechnungszeit angerechnet werden kann. Auch wenn dies möglich ist, wäre diese Zeit als Zurechnungszeit nur anrechenbar, wenn von den letzten 60 Kalendermonaten vor dem Tode mindestens 36 (1. Alternative) oder wenn die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Tode mindestens zur Hälfte (2. Alternative) mit den Beiträgen im Sinne des § 37 AVG "belegt" wäre. Beides ist nicht der Fall. Die letzten 60 Monate vor dem Tode beginnen mit dem Oktober 1953. In dieser Zeit kann G. Beiträge im Sinne des § 37 AVG allenfalls bis zum Beginn seiner eigenen Praxis (1. Mai 1955) entrichtet haben, so daß keinesfalls 36 Kalendermonate mit solchen Beiträgen belegt sind. Auch die 2. Alternative ist nicht gegeben. G. ist am 1. September 1952 in die Versicherung eingetreten. Die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Tode beträgt somit 72 Monate. Hiervon sind 17 mit Pflichtbeiträgen belegt. Hinzu kommen allerdings - was das LSG nicht geprüft hat - auch hier möglicherweise noch freiwillige Beiträge im Sinne des § 37 Abs. 2 AVG bis zum Beginn der eigenen Praxis. Alle zusammen können indes die Zahl 32 nicht überschreiten.

Da sonach die geltend gemachten Ersatz- und Ausfallzeiten und die Zurechnungszeit bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre des G. in den angefochtenen Bescheiden zu Recht nicht berücksichtigt sind, hat das LSG zu Recht die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Soweit die Kläger Pflichtbeiträge für die Zeit von Januar 1951 bis August 1952 nachentrichten wollen, ist hier nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte die Nachentrichtung nach § 140 Abs. 3 AVG zuzulassen hat. Diese Frage ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Der Revisionsantrag und die Sachanträge der Kläger beziehen sich nur auf die Rentenberechnung; die Höhe der Hinterbliebenenrente wird aber durch eine bloß beabsichtigte Nachentrichtung nicht beeinflußt. Im übrigen kann eine vollzogene Nachentrichtung hier allenfalls dazu führen, daß daraufhin möglicherweise die 2. Alternative in § 37 Abs. 1 AVG erfüllt ist; die Anrechnung von Ersatz- und Ausfallzeiten können die Kläger damit keinesfalls erreichen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2149316

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