Leitsatz (amtlich)
Die BA kann sich gegenüber dem Ersatzanspruch eines Sozialhilfeträgers wegen der Kosten berufsfördernder Maßnahmen, für deren Durchführung sie nach AVAVG § 39 Abs 3 und 4 zuständig war, auf eine gleichzeitig in Betracht kommende Leistungspflicht eines Trägers der Rentenversicherung jedenfalls dann nicht berufen, wenn dieser ihr gegenüber allenfalls gleichrangig leistungspflichtig gewesen wäre.
Normenkette
AVAVG § 39 Abs. 3 Fassung: 1957-04-03, Abs. 4 Fassung: 1957-04-03; RVO § 1244 Fassung: 1957-02-23, § 1236 Abs. 3 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Dezember 1967 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten, die dem Kläger durch berufsfördernde Maßnahmen sowie durch Anschaffungen für G Sch (S.) entstanden sind.
S., geboren am 4. November 1930, war nach abgebrochener Automechanikerlehre bis 1952 als Hilfsarbeiter tätig. In diesem Jahre erkrankte er an Querschnittmyelitis mit schweren Lähmungserscheinungen an beiden Beinen; er war danach längere Zeit arbeitsunfähig und bezog Fürsorgeunterstützung. Seit Juli 1958 war er beim Arbeitsamt (ArbA) Landshut als Arbeitsuchender gemeldet. Nach dem Beratungsergebnis des Arbeitsberaters vom 26. August 1958 war er auf sitzende Beschäftigung angewiesen; ein Anlernen zum Metallhilfsarbeiter (leichte Montagearbeit) wurde als lohnend angesehen. Das ArbA übermittelte dieses Beratungsergebnis dem Wohlfahrtsamt mit dem Hinweis, daß die Voraussetzungen für eine Umschulung oder ein Anlernen gegeben seien. Dem Landesfürsorgeverband (LFürsVerb) teilte das ArbA am 26. Januar 1959 unter Bezugnahme auf das Beratungsergebnis mit, daß bei der Umschulungswerkstätte P in W am 2. März 1959 ein Lehrgang beginne. Nach den Anträgen des Regierungsmedizinalrats Dr. ... am Staatlichen Gesundheitsamt L vom 22. Oktober 1958 und 15. Januar 1959 auf Einleitung von Maßnahmen nach dem Körperbehindertengesetz (KBG) war eine Umschulung notwendig, weil S. eine Tätigkeit, die längeres Stehen und Gehen erfordere, nicht mehr ausüben könne; dagegen könne er eine Tätigkeit im Sitzen ohne weiteres verrichten.
Am 12. Februar 1959 beantragte S. beim ArbA unter Bezugnahme auf das Beratungsergebnis die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen und die Übernahme der Kosten seiner Umschulung in der vom ArbA vorgeschlagenen Umschulungswerkstätte. Mit Schreiben vom 24. Februar 1959 teilte ihm das ArbA mit, seine Meldung als Arbeitsuchender begründe keinen Rechtsanspruch auf irgendwelche Maßnahmen zur Berufsförderung; es verwies ihn dieserhalb an den LFürsVerb, der nach dem KBG hierfür zuständig sei.
Durch Schreiben vom 16. Februar, 6. und 20. April 1959 teilte der LFürsVerb dem ArbA mit, daß er für S. die anteiligen Kosten eines Selbstfahrers, eines Stützapparates und orthopädischer Schuhe sowie die Kosten der Umschulung bei P vorläufig übernehme und die Ansprüche des S. gegen die Beklagte auf Berufsförderung gemäß § 21 a der Verordnung über die Fürsorgepflicht (FürsPflVO) auf sich überleite. Unter dem 30. Juli 1960 forderte er erfolglos Erstattung entstandener Aufwendungen in Höhe von 9.202,43 DM.
Mit der am 18. Januar 1961 beim Sozialgericht (SG) Landshut eingelegten Klage hat der Kläger Erstattung seiner Aufwendungen in Höhe von zunächst 9.872,27 DM begehrt; später hat er den Klageantrag um einen für S. in der Zeit vom 11. April bis 30. Juni 1960 als Anlernzuschuß an die Firma D gezahlten Betrag auf 10.370,07 DM erweitert. Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger die im Zusammenhang mit Umschulungsmaßnahmen des S. entstandenen Kosten von 10.370,07 DM als zuständiger Kostenträger zu erstatten.
Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) die Landesversicherungsanstalt (LVA) N gemäß § 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen. Es hat durch Urteil vom 6. Dezember 1967 die Berufung der Beklagten unter Zulassung der Revision zurückgewiesen.
Das LSG hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Beklagte sei gemäß § 39 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) verpflichtet, die Kosten der Berufsförderung für S. zu tragen. Es handle sich insoweit um Pflichtleistungen, nicht nur um Kann-Leistungen. Die Berufsförderung, die der Kläger für S. durchgeführt habe, sei notwendig gewesen; das ergebe sich nicht nur aus den Anträgen des Regierungsmedizinalrats Dr. K, sondern auch aus dem Eingliederungsplan des Landesarbeitsamts S vom 22. August 1958 und aus den Hinweisen des ArbA an die Fürsorgebehörden, wonach bei S. die Voraussetzungen für eine Umschulung gegeben seien und die Umschulungswerkstätte P hierfür in Betracht komme. S. sei auch beim ArbA als Arbeitsuchender gemeldet gewesen; dieser Eigenschaft stehe nicht entgegen, daß sein Leistungsvermögen eingeschränkt gewesen sei.
Ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger sei nicht zu ermitteln; der Kläger selbst scheide hierbei von vornherein aus, da er allen anderen Trägern solcher Leistungen gegenüber absoluten Nachrang habe. Die beigeladene LVA, bei der S. versichert gewesen sei, scheide als vorrangiger Leistungsträger aus, weil S. den nach § 1545 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erforderlichen Antrag auf Gewährung einer Berufsförderungsmaßnahme nach §§ 1236 ff RVO bei ihr nicht gestellt habe. Selbst wenn ein solcher Antrag noch möglich wäre, würde sich die Beigeladene dagegen mit Erfolg auf die inzwischen eingetretene Verjährung (§ 29 Abs. 3 RVO) berufen. Demgegenüber könne die Beklagte nicht einwenden, der fehlende Antrag sei ihr nicht anzulasten; nach § 39 Abs. 4 AVAVG sei sie nämlich verpflichtet gewesen, mit der LVA zusammenzuwirken.
S. habe daher gegen die Beklagte einen Rechtsanspruch auf Gewährung der notwendigen Berufsförderung gehabt. Da der Kläger diesen Anspruch auf Grund des § 6 KBG i. V. m. § 21 a FürsPflVO auf sich übergeleitet habe, sei er berechtigt, von der Beklagten die Erstattung der Aufwendungen zu verlangen, die er für die Berufsförderung des S. gemacht habe. Das sei, wie schon das SG festgestellt habe, der Gesamtbetrag von 10.370,07 DM, weil auch die Aufwendungen für die Anschaffung eines Selbstfahrers, eines Stützapparates und orthopädischer Schuhe sowie der Anlernzuschuß zur Durchführung und zum erfolgreichen Abschluß der Berufsförderungsmaßnahmen notwendig gewesen seien. Gegenüber der Forderung des Klägers könne die Beklagte sich auch nicht auf die den Aufwand für den Einzelfall einschränkenden Durchführungsvorschriften ihres Verwaltungsrats vom 27. März 1958 berufen; sie dürfe nämlich die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung nicht durch Verwaltungsbestimmungen von der Kostenfrage abhängig machen. Schließlich stehe dem Anspruch auch nicht entgegen, daß der den Antrag des S. ablehnende Bescheid des ArbA vom 24. Februar 1959 bindend geworden sei; die Bindungswirkung erstrecke sich nur auf die Beteiligten, zu diesen gehöre der Kläger aber nicht.
Mit der Revision rügt die Beklagte unrichtige Anwendung materiellen Rechts, nämlich der §§ 39, 137, 139 AVAVG, mit folgendem Vorbringen:
Voraussetzung für ihre Leistungspflicht nach § 39 AVAVG sei zunächst das Vorliegen eines echten Arbeitsgesuches, das wiederum die Fähigkeit voraussetze, eine Tätigkeit auszuüben, für die Arbeitskräfte eingestellt zu werden pflegen. Im vorliegenden Falle erscheine es aber fraglich, ob S. als ein auf Stützapparat und Krücken angewiesener Körperbehinderter noch zu dem Personenkreis gerechnet werden könne, der als grundsätzlich vermittlungsfähig anzusehen sei. Das LSG habe lediglich ausgeführt, es sei unschädlich, daß das Leistungsvermögen eingeschränkt gewesen sei; es habe nicht festgestellt, in welchem Umfang es eingeschränkt gewesen sei und ob die Einschränkung noch eine Vermittlung in Arbeitsstellen zugelassen habe, in die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung Arbeitskräfte vermittelt werden könnten. Hierauf komme es aber entscheidend nicht an. Weitere Voraussetzung ihrer Leistungspflicht nach § 39 AVAVG sei nämlich, daß dem Rehabilitanden die erforderlichen Mittel nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung gestanden hätten. Da sie - die Beklagte - nur subsidiär einzutreten habe, könne sie nur herangezogen werden, wenn für S. keine Rehabilitationsmaßnahmen auf anderer gesetzlicher Grundlage in Betracht gekommen wären. Dabei sei es unerheblich, ob die Mittel von einem Dritten tatsächlich zur Verfügung gestellt worden seien; es genüge, daß ein entsprechender Anspruch gegen einen Dritten bestanden habe. Hier habe ein solcher Anspruch nach § 1236 RVO gegen den beigeladenen Träger der Rentenversicherung bestanden. Wenn es sich nach dem Wortlaut dieser Vorschrift auch nur um eine Kann-Leistung handele, so sei ein Anspruch doch gegeben, wenn der Versicherungsträger die Leistung nicht verweigern könne, ohne die Grenzen seines Ermessens zu überschreiten. S. sei auf jeden Fall als Versicherter im Sinne des § 1236 RVO anzusehen, da er 58 Beitragsmonate habe nachweisen können und in seinem Alter auch durchaus in der Lage gewesen sei, die nach § 1246 Abs. 3 RVO noch fehlenden Beiträge in Zukunft zu entrichten. S. habe daher gegen die Beigeladene Anspruch auf Durchführung der notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen gehabt. Es schade nicht, daß ein Antrag auf diese Leistung nicht gestellt worden sei, weil der Antrag nicht zu den materiellen Anspruchsvoraussetzungen gehöre. Um ihre - der Beklagten - Verpflichtung auszuschließen, genüge es, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 1236 RVO erfüllt seien. Außerdem könne das Fehlen des Antrags nicht zu ihren Lasten gehen, da es Aufgabe des Klägers gewesen wäre, für eine Antragstellung zu sorgen.
Selbst wenn man aber ihre Verpflichtung zur Durchführung der Rehabilitationsmaßnahmen dem Grunde nach bejahen wolle, müßten zumindest die Kosten für orthopädische Versorgung und sonstige Hilfsmittel in Höhe von 2.853,06 DM von der Erstattung ausgeschlossen bleiben. Im Rahmen der Gesamtaufgabe der Rehabilitation Behinderter beschränke sich die Zuständigkeit der Beklagten auf Grund ihres gesetzlichen Auftrags und entsprechend ihren Aufgaben auf den beruflichen Bereich innerhalb ihrer Vermittlungstätigkeit. Bei den Hilfsmitteln, die der Behinderte zur Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Tätigkeit oder Ausbildung benötige, sei zu unterscheiden zwischen solchen, die allgemein der Lebenshilfe dienen und überwiegend dazu bestimmt sind, körperliche Mängel und Beeinträchtigungen im allgemeinen Lebensbereich auszugleichen, ferner solchen, die der Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Ausbildung oder Tätigkeit dienen, und schließlich solchen, die Ausbildungsmittel (Lehr- und Lernmittel) darstellen und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung einer Berufsförderungsmaßnahme nach § 39 Abs. 3 AVAVG stehen oder zur Herrichtung und Gestaltung des Arbeitsplatzes benötigt werden. Sie - die Beklagte - könne mangels einer Rechtsgrundlage keine Kosten für die zum medizinischen Bereich gehörenden Hilfsmittel der erstgenannten beiden Gruppen bei Durchführung berufsfördernder Maßnahmen übernehmen. Bei der Ausstattung mit den im vorliegenden Fall in Rechnung gestellten Hilfsmitteln handle es sich um eine Leistung im Rahmen der Lebenshilfe; zumindest gehöre sie nur in das Vorfeld der beruflichen Rehabilitation, da ohne sie der Behinderte gar nicht in der Lage gewesen wäre, irgendeine Arbeit zu verrichten oder an einer Ausbildung teilzunehmen. Er wäre daher nicht vermittlungsfähig und somit auch nicht Arbeitsuchender gewesen, hätte also ohne diese Hilfsmittel überhaupt nicht zu dem von der Beklagten nach § 39 Abs. 3 AVAVG zu betreuenden Personenkreis gehören können. Für diese orthopädische Versorgung und Ausstattung sei daher auf jeden Fall der Kläger selbst nach § 7 Abs. 2 KBG leistungspflichtig gewesen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des SG Landshut vom 20. Dezember 1962 die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für richtig. S. sei nicht nur beim Arbeitsamt gemeldet, sondern auch zu einer beruflichen Wiedereingliederung geeignet gewesen. Nach Beendigung seiner Umschulung sei er auf einen Dauerarbeitsplatz vermittelt und dort noch zusätzlich in schwierigen Arbeitsverfahren ausgebildet worden. Daraus ergebe sich bereits, daß er hinreichend tauglich gewesen sei, ein echtes Arbeitsvermittlungsgesuch zu stellen und zum Personenkreis des § 39 Abs. 3 AVAVG zu zählen; insoweit habe es daher keiner weiteren Aufklärung bedurft. Die beigeladene LVA halte sich in diesem Falle zur Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen nicht für sachlich zuständig, weil S. nicht "Versicherter" i. S. der §§ 1236 ff RVO gewesen sei. Da sie außerdem die Auffassung vertreten habe, Eingliederungsmaßnahmen nach dem KBG seien gegenüber dem Anspruch des Behinderten auf Durchführung berufsfördernder Maßnahmen nach diesen Vorschriften vorrangig, würde auch ein rechtzeitig gestellter Antrag bei der Beigeladenen erfolglos geblieben sein. Im übrigen sei die Beklagte auch - entsprechend ihrer Monopolstellung nach § 35 AVAVG - verpflichtet gewesen, mit der LVA zusammenzuwirken.
Auch die beigeladene LVA hält die Revision für unbegründet. Sie bringt vor: Leistungen nach §§ 1236 ff RVO könnten nur auf Antrag gewährt werden, der vor Beginn der Maßnahmen gestellt werden müsse. Ein nachträglich von S. gestellter Anspruch auf Kostenübernahme wäre inzwischen verjährt. Auch habe S. die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 1236 ff RVO nicht erfüllt. Als Versicherte im Sinne dieser Vorschriften seien nach den Richtlinien des Verbandes der Deutschen Rentenversicherungsträger nämlich nur solche Personen anzusehen, die in den der Antragstellung vorausgehenden 24 Kalendermonaten Beiträge für wenigstens 12 Kalendermonate aus rentenversicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet oder die die Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt hätten; beides treffe bei S. nicht zu. Ferner seien die nach den §§ 1236, 1237 RVO möglichen Kann-Leistungen den nach dem KGB zustehenden Pflichtleistungen nachrangig.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muß.
Bei dem von dem klagenden Fürsorgeträger gegen den Träger der Arbeitslosenversicherung erhobenen Erstattungsanspruch handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. des § 51 Abs. 1 SGG, für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG 16, 151, 152). Da es sich um eine reine Leistungsklage auf Ersatz einer öffentlich-rechtlichen Leistung unter gleichrangigen Versicherungsträgern handelt, bedurfte es im vorliegenden Fall keines Vorverfahrens.
Nach § 39 Abs. 3 AVAVG hat die Beklagte, soweit zur Eingliederung von Arbeitsuchenden und Berufsanwärtern Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit geistig oder körperlich behinderter Personen erforderlich werden, die notwendigen Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung zu veranlassen. Sie kann derartige Maßnahmen selbst durchführen; sie kann ferner Einrichtungen fördern, die solche Maßnahmen durchführen. Nach Abs. 4 der Vorschrift hat sie die zur Durchführung der genannten Aufgaben nach Abs. 3 erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und hierbei, soweit notwendig, mit anderen Leistungsträgern zusammenzuwirken. Diese Vorschriften ergänzen das allgemeine Gebot des § 39 Abs. 2 AVAVG, bei der Arbeitsvermittlung "die besonderen Verhältnisse der Arbeitsuchenden, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, gebührend zu berücksichtigen".
Dem LSG ist darin beizupflichten, daß die positiven Voraussetzungen für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen nach § 39 Abs. 3 AVAVG bei S. erfüllt waren. Er gehörte zum Kreis der "behinderten Personen", weil seine Aussichten, eine geeignete Beschäftigung zu finden und beizubehalten, infolge der Beeinträchtigung seiner körperlichen Fähigkeiten wesentlich gemindert waren (vgl. Nr. 4 der vom Verwaltungsrat der Beklagten mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erlassenen Durchführungsvorschriften vom 27. März 1958 - BABl. S. 609 -). Er gehörte aber auch zum Kreise der "Arbeitsuchenden und Berufsanwärter" im Sinne der genannten Vorschrift. Er war bis zu seiner schweren Erkrankung als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen und auch schon vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahmen beim ArbA als Arbeitsuchender gemeldet. Wie der Senat bereits in einem Urteil vom 15. März 1967 (BSG 26, 155) ausgeführt hat, steht es in einem solchen Fall der Eigenschaft als Arbeitsuchender nicht entgegen, daß das Leistungsvermögen eingeschränkt ist; es genügt die Fähigkeit, irgendeine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt auszuüben. Die Auffassung der Revision, das LSG habe im vorliegenden Fall nicht abschließend festgestellt, welches Leistungsvermögen bei S. noch bestanden hat, ist unzutreffend. Wenn er nach amtsärztlicher Beurteilung eine Tätigkeit im Sitzen noch ohne weiteres verrichten konnte und auch nach dem arbeitsamtlichen Beratungsergebnis für eine Umschulung auf leichte Montagearbeit eines Metallhilfsarbeiters geeignet war, so ergibt sich daraus, daß er nicht völlig arbeitsuntauglich gewesen sein konnte. Einen noch höheren Grad des Leistungsvermögens vorauszusetzen, würde nicht dem Sinn einer gerade erst auf die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit gerichteten Maßnahme entsprechen. Insoweit wird auch in Nr. 5 der oa Durchführungsvorschriften nur vorausgesetzt, daß der Behinderte nach seinem "vorhandenen oder zu erwartenden" Leistungsvermögen für eine berufliche Wiedereingliederung geeignet ist. Einer Prüfung der Frage, ob S. auch als "Berufsanwärter" im Sinne des § 39 Abs. 3 AVAVG anzusehen war, bedarf es daher nicht.
Daß die durchgeführten Maßnahmen erforderlich waren, um S. unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt die Aussicht zu eröffnen, nach ihrem erfolgreichen Abschluß eine angemessene Arbeitsstelle zu erlangen (vgl. Nr. 5 der oa Durchführungsvorschriften) kann nach den in tatsächlicher Hinsicht nicht angegriffenen Ausführungen des LSG nicht zweifelhaft sein.
Wie der Senat in früheren Entscheidungen (BSG 26, 155; SozR Nr. 2 und 3 zu § 39 AVAVG) bereits dargelegt hat, handelt es sich bei den notwendigen Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung um Pflichtleistungen der Beklagten, deren Kosten zu ihren Lasten gehen, soweit nicht andere Stellen vorrangig einzutreten haben; auch können die Leistungen, zu denen die Beklagte hiernach verpflichtet ist, nicht durch Richtlinien oder Durchführungsvorschriften eingeschränkt werden. Dabei hat eine Verweisung auf Übernahme der Kosten durch die Träger der Fürsorge (Sozialhilfe) auszuscheiden, weil - wie sich aus § 21 FürsPflVO i. V. m. §§ 5 ff der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge vom 4. Dezember 1924 (RGBl. I 765) ergibt - die öffentliche Fürsorge immer nur als letztes und äußerstes Mittel nach Erschöpfung aller anderen Möglichkeiten einzugreifen hat. Ihre Verpflichtungen sind absolut subsidiärer Natur. Das gilt auch für Leistungen nach dem KBG, einem fürsorgerechtlichen Spezialgesetz, für das nach seinem § 6 die allgemeinen fürsorgerechtlichen Grundsätze maßgebend sind (vgl. BVerwG 14, 313; BSG 13, 134, 137). Soweit es sich demnach in dem vorliegenden Rechtsstreit - im einzelnen wird hierauf später noch einzugehen sein - um echte Maßnahmen nach § 39 Abs. 3 AVAVG handelt, ist die Beklagte jedenfalls dem Kläger gegenüber vorrangig leistungspflichtig; sie durfte S. daher insoweit nicht an den LFürsVerb verweisen.
Die Beklagte kann sich aber auch nicht darauf berufen, daß ihre Leistungspflicht deshalb entfalle, weil die LVA als Träger der Rentenversicherung ihr gegenüber vorrangig leistungspflichtig sei. Dem steht allerdings nicht schon das Vorbringen des Klägers entgegen, S. habe bei der LVA nicht den erforderlichen Antrag gestellt, diese halte sich in solchen Fällen auch nicht für leistungspflichtig und werde sich gegenüber einem nachträglich gestellten Anspruch auf Kostenübernahme außerdem auf die Verjährung berufen. Wäre die Beklagte zur Zeit der Durchführung der Rehabilitation infolge vorrangiger sachlicher Verpflichtung eines Dritten überhaupt nicht leistungspflichtig gewesen, so könnte sie vom Kläger auch nicht zur Kostenerstattung herangezogen werden. In seiner oa Entscheidung vom 15. März 1967 (BSG 26, 155) hat der Senat eine Subsidiarität des Kosteneintritts der Beklagten aus § 39 Abs. 3 i. V. m. §§ 137, 139 AVAVG hergeleitet. Nach der gemäß § 139 auf die Durchführung von Maßnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 2 entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 137 Abs. 1 AVAVG darf nämlich die Förderung nur gewährt werden, wenn die erforderlichen Mittel den betreffenden Personen (hier: Behinderten) nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen und auch nicht von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Das gilt nach Nr. 6 der oa Durchführungsvorschriften, die sich insoweit im Rahmen des Gesetzes halten, insbesondere, wenn Stellen außerhalb der Beklagten die Kosten auf Grund gesetzlicher Bestimmungen zu übernehmen haben. Hiernach kommt als Kostenträger grundsätzlich die Stelle in Betracht, die nach gesetzlichen Bestimmungen vorrangig verantwortlich ist, dem Behinderten zu helfen.
Eine "vorrangige Verantwortlichkeit" der beigeladenen LVA, auf die sich die Beklagte dem Kläger gegenüber berufen könnte, hat aber zur Zeit des Beginns der Rehabilitationsmaßnahmen nicht bestanden. Nach §§ 1236 ff RVO kann zwar der Träger der Rentenversicherung einem Versicherten, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit gemindert ist, Maßnahmen ua auch zur Berufsförderung gewähren. Hierzu kann es im vorliegenden Fall offen bleiben, ob S., der vor seiner Rehabilitation die Wartezeit von 60 Monaten noch nicht erfüllt und seit 1952 keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr erbracht hatte, als Versicherter im Sinne des § 1236 RVO anzusehen war. Auch wenn man die Einschränkung des hierdurch begünstigten Versichertenkreises, wie sie von der beigeladenen LVA entsprechend den Richtlinien des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger vertreten wird, als Überschreitung des pflichtgemäßen Ermessens ansehen und für S. die Voraussetzungen der Versicherteneigenschaft insoweit als gegeben annehmen wollte, würde das nicht zu einer Entlastung der Beklagten führen. Denn nach § 1236 Abs. 3 RVO bleibt, soweit nach Gesetz oder Satzung eine andere zuständige Stelle, insbesondere auch die Beklagte, für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen zuständig ist, deren Verpflichtung und Zuständigkeit unberührt; dementsprechend hat auch der Rentenversicherungsträger in den Fällen, in denen Berufsförderung notwendig ist, die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen bei der Beklagten zu veranlassen, soweit diese dafür zuständig ist (§ 1240 RVO). Es kann dahingestellt bleiben, ob hiernach nicht sogar die Leistungspflicht der Rentenversicherung hinsichtlich berufsfördernder Maßnahmen im Verhältnis zu der Beklagten grundsätzlich als subsidiär anzusehen wäre (so offenbar VerbKomm. § 1236 Anm. 12 b) jedenfalls wird aber eine solche Verpflichtung der Beklagten nicht, wie sie meint, dadurch ausgeschlossen, daß auch ein Rentenversicherungsträger dem behinderten Arbeitsuchenden nach den Vorschriften der RVO Rehabilitationsmaßnahmen zu gewähren hätte. Soweit sich hierbei die Zuständigkeit der beiden Träger überschneidet und eine Abgrenzung der Kostenlast nach der jeweils im Vordergrund stehenden Zielsetzung geboten sein sollte (vgl. VerbKomm. § 1240 Anm. 2), kann die Leistungspflicht jedenfalls nicht dem Fürsorgeträger aufgebürdet werden. Selbst wenn die Beklagte in einem solchen Falle - im Rahmen der sowohl ihr nach § 39 Abs. 4 AVAVG als auch dem Rentenversicherungsträger nach § 1237 Abs. 5, §§ 1240 und 1244 RVO vorgeschriebenen Zusammenarbeit - eine Kostenübernahme oder Kostenbeteiligung dieses Trägers verlangen könnte, bleibt sie doch im Verhältnis zu dem immer nur subsidiär verpflichteten Fürsorgeträger vorrangig leistungspflichtig. Ihm gegenüber kann sie sich nicht auf die allenfalls gleichrangige Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers berufen. Das muß dem vom Fürsorgeträger erhobenen Ersatzanspruch gegenüber jedenfalls dann gelten, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - die Durchführung der ihr gesetzlich obliegenden Maßnahmen unter Verweisung des Rehabilitanden auf den Fürsorgeträger abgelehnt hat, anstatt ihrerseits pflichtgemäß auf eine Zusammenarbeit mit nebenrangig verpflichteten Stellen - möglicherweise unter Verteilung der Kostenlast - hinzuwirken.
Daß ein Fürsorgeträger wegen der von ihm in Ausübung seiner Fürsorgepflicht vorläufig erbrachten Leistungen von der vorrangig verpflichteten Beklagten grundsätzlich Ersatz verlangen kann, wird von der Revision nicht bestritten. Ob ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall unmittelbar - wie das LSG meint - aus den inzwischen ausgelaufenen Vorschriften des § 21 a FürsPflVO i. V. m. § 6 KBG herzuleiten ist, kann dahingestellt bleiben. Im öffentlichen Recht gilt auch ohne ausdrückliche Normierung allgemein der Grundsatz, daß Leistungen, die ein Träger des öffentlichen Rechts für einen anderen Träger dieser Art ohne Rechtsgrund, aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus einem gesetzlich normierten auftragsähnlichen Verhältnis erbracht hat, von dem primär verpflichteten Träger des öffentlichen Rechts zu ersetzen sind, wenn hierfür ein öffentliches Interesse gegeben ist (BSG 6 197; 14, 59, 63; 16, 151 und 222, 225; 23, 213, 217). Es soll eine mit der öffentlich-rechtlichen Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögensverschiebung zwischen diesen Trägern wieder ausgeglichen werden. Da nach den vorausgehenden Ausführungen diese Situation zwischen dem Kläger und der Beklagten gegeben ist und auch ein öffentliches Interesse daran besteht, daß die aus dem Steueraufkommen stammenden Haushaltsmittel der Fürsorgeträger nicht für Leistungen verbraucht werden, die aus dem Beitragsaufkommen der Arbeitslosenversicherung zu finanzieren sind, liegen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruches hier vor. Dieser Ausgleich entspricht auch den der Regelung nach § 21 a FürsPflVO zugrundeliegenden Erwägungen.
Wie das LSG zutreffend erkannt hat, steht das Schreiben des ArbA an S. vom 24. Februar 1959 dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Es handelt sich zunächst bei diesem Schreiben nach Form und Fassung nicht um einen der Bindungswirkung fähigen Bescheid, sondern um einen belehrenden Hinweis darauf, daß S. sich wegen der geplanten Umschulung an den LFürsVerb wenden müsse. Im übrigen kommt es bei einem - wie im vorliegenden Falle - in der Form der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhobenen Ersatzanspruch nicht darauf an, ob ein Bescheid des beklagten Leistungsträgers gegenüber einem Dritten bindend geworden war. Aus diesem Grunde bedarf es auch nicht des Hinweises darauf, daß das ohne eine Rechtsmittelbelehrung an ergangene Schreiben des ArbA vom 24. Februar 1959, selbst wenn es als Verwaltungsakt anzusehen wäre, nicht bindend geworden wäre, bevor der Kläger die Ansprüche des S. gegen die Beklagte im Februar und April 1959 auf sich übergeleitet hatte.
Die Revision ist allerdings hinsichtlich der Höhe des Anspruchs insofern begründet, als die Feststellungen des LSG nicht ausreichen, den Anspruch im einzelnen, insbesondere wegen der Kosten der orthopädischen Versorgung, zu begründen. Wie der Senat bereits in seinen oa früheren Entscheidungen ausgeführt hat, obliegt die gesetzliche Aufgabe der Rehabilitation behinderter Personen der Beklagten nur im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit. Daraus ergibt sich die Beschränkung auf Maßnahmen, die unmittelbar dieser Vermittlungstätigkeit dienen. Hierunter fallen solche Maßnahmen nicht, die - unabhängig von der Wiedereingliederung in das Berufsleben - allgemein dem Zweck dienen, dem Behinderten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, darüber hinaus aber auch nicht solche, die dazu bestimmt sind, den Behinderten erst zu einem Arbeitsuchenden oder Berufsanwärter zu machen, ihn also der Vermittlung erst zuzuführen. Soweit daher die Anschaffungen und Maßnahmen des Klägers für S. schon erforderlich waren, um ihm überhaupt erst irgendeine Erwerbstätigkeit oder Umschulung zu ermöglichen, können die hierfür aufgewandten Kosten der Beklagten nicht angelastet werden. Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen zu dieser Frage kann der Senat selbst nicht entscheiden, inwieweit die der Beklagten vom Kläger in Rechnung gestellten Kosten unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte zu erstatten sind. Der Rechtsstreit ist daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Wenn die Beklagte in der hilfsweisen Begründung ihrer Revision insoweit auch nur einen nicht näher aufgegliederten Betrag von 2.853,06 DM besonders angreift, so ist die Zurückverweisung doch in vollem Umfang geboten, weil die nach vorstehenden Ausführungen noch anzustellende Prüfung für alle in Rechnung gestellten Kosten erforderlich ist; es können darin möglicherweise auch solche enthalten sein, die nicht unmittelbar der Berufsförderung gedient haben, sondern aus Leistungen rein fürsorgerechtlicher Art erwachsen sind.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG im abschließenden Urteil mit zu befinden haben.
Fundstellen