Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 31. März 1994 hinaus.
Er bezog im Anschluß an die Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg) originäre Alhi, zuletzt für die Zeit vom 18. März 1993 bis 17. März 1994 (Bescheid vom 4. März 1993). Am 19. Februar 1994 beantragte er die Weitergewährung ab 18. März 1994. Die Beklagte bewilligte Alhi (in Höhe von wöchentlich 405,60 DM) vom 18. bis 31. März 1994 und verwies zur Begründung auf § 135a iVm § 242q Abs 10 Arbeitsförderungsgesetz (AFG); danach könne Alhi ab 1. April 1994 nicht mehr gewährt werden (Bescheid vom 8. März 1994; Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 1994). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der der Kläger die Gewährung von Alhi über den 31. März 1994 hinaus erstrebte, abgewiesen (Urteil vom 28. März 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5. Dezember 1996).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt: Die Befristung des – auf einem Uhg-Bezug von mindestens 150 Kalendertagen beruhenden – Anspruchs auf originäre Alhi rechtfertige sich aus § 135a AFG. Die Dauer des Alhi-Anspruchs, die seit dem 1. Januar 1994 312 Tage betrage, sei wegen mehrjährigen Vorbezuges am 1. Januar 1994 erschöpft gewesen. Aufgrund der Übergangsvorschrift des § 242q Abs 10 Nr 2 AFG habe dem Kläger Alhi jedoch noch bis 31. März 1994 zugestanden. Die Vorschriften der §§ 135a, 242q Abs 10 Nr 2 AFG seien mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Die Eigentumsgarantie (Art 14 GG) sei nicht verletzt, weil die Alhi – anders als das Arbeitslosengeld (Alg) – nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln finanziert werde. Ebensowenig sei gegen die Prinzipien des Rechts- und Sozialstaates (Art 20 GG) verstoßen worden. Zum einen sei wegen der defizitären Haushaltslage die Einbeziehung auch der Leistungsansprüche in die Sparmaßnahmen unumgänglich gewesen, die vor dem 1. Januar 1994 entstanden seien. Zum anderen sei der Wegfall des Alhi-Anspruchs durch den Anspruch auf Sozialhilfe in angemessener Weise aufgefangen worden. Ob der Gesetzgeber das angestrebte Sparziel durch Kürzungen in anderen Bereichen hätte verwirklichen können, sei unerheblich; entsprechende Entscheidungen lägen in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Schließlich sei kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erkennbar. Die unterschiedliche Behandlung der Empfänger von Anschluß-Alhi und der Bezieher von originärer Alhi rechtfertige sich daraus, daß der Anspruch auf Anschluß-Alhi an eine Versicherungsleistung anschließe, die eine beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens 360 Kalendertagen voraussetze, während der Anspruch auf originäre Alhi an Beschäftigungszeiten anknüpfe, die für einen Alg-Anspruch nicht ausreichten.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 135a iVm § 242q Abs 10 Nr 2 AFG, Art 14, 20 Abs 3, 3 Abs 1, 1 Abs 1 und 2 Abs 1 GG sowie § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I). Die Eigentumsgarantie (Art 14 GG) sowie das Rechts- und Sozialstaatsprinzip (Art 20 GG) seien verletzt, weil er, der Kläger, nachträglich in einer sozialversicherungsrechtlichen Position beeinträchtigt worden sei; er habe darauf vertrauen dürfen, daß ihm diese Position nicht ohne triftigen Grund genommen werde. Das Sparsamkeitsziel stelle keinen solchen Grund dar, weil der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) durch immer mehr Fremdlasten, insbesondere den „Aufbau Ost”, überfordert worden sei. Der Gesetzgeber dürfe nicht durch Übertragung ständig neuer Aufgaben eine finanzielle Bedrängnis des Leistungsträgers herbeiführen, um dann unter Hinweis auf anzustrebende Sparziele bestehende Leistungen rückwirkend zu kürzen. Dies sei auch mit der Würde des Menschen (Art 1 Abs 1 GG) und dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art 2 Abs 1 GG) nicht vereinbar. Der Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) sei verletzt, weil für die unterschiedliche Behandlung der Bezieher von Anschluß-Alhi und der Empfänger von originärer Alhi keine sachliche Rechtfertigung erkennbar sei und die Beklagte ihm, dem Kläger, der seit 14 Jahren arbeitslos und immer nur wegen Überqualifikation abgelehnt worden sei, nicht ein einziges Mal Gelegenheit geboten habe, durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder eine befristete Beschäftigung einen Anspruch auf Anschluß-Alhi zu erwerben. Hierin liege zugleich eine Verletzung der sich aus § 2 Abs 2 SGB I ergebenden besonderen Fürsorgepflicht der Beklagten. Zumindest habe der Gesetzgeber es versäumt, die rückwirkend eingetretene Beeinträchtigung durch eine maßvolle Übergangsregelung abzufedern.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 1994 zu verurteilen, ihm Alhi über den 31. März 1994 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 1994, durch den die Beklagte Alhi (in Höhe von wöchentlich 405,60 DM) lediglich für die Zeit vom 18. bis 31. März 1994 gewährt hat und gegen den sich der Kläger richtigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) wendet.
In der Sache hat die Beklagte die Alhi-Bewilligung, die jeweils für längstens ein Jahr erfolgen soll (§ 139a Abs 1 AFG), zu Recht auf den Zeitraum vom 18. bis 31. März 1994 begrenzt. Das ergibt sich aus den §§ 135a, 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1, 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 und 242q Abs 10 Nr 2 AFG (idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms ≪1. SKWPG≫ vom 21. Dezember 1993 – BGBl I 2353).
Gemäß § 135a AFG, der am 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist (Art 14 des 1. SKWPG), beträgt die Dauer des Anspruchs auf originäre Alhi (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AFG) 312 Tage. Nach § 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 AFG mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um Tage, für die der Anspruch auf Alg erfüllt worden ist. Diese Regelung gilt nach § 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG für die gemäß § 135a AFG zeitlich beschränkte originäre Alhi entsprechend, weil – worauf schon der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hingewiesen hat – Besonderheiten der Alhi, aufgrund deren der Anspruchserfüllung – anders als beim Alg – keine die Anspruchsdauer mindernde Wirkung beizumessen wäre, nicht ersichtlich sind (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 – 11 RAr 43/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf den vorliegenden Fall bezogen, bedeutet das: Der hier umstrittene Anspruch ist – abgesehen von der Übergangsvorschrift des § 242q Abs 10 Nr 2 AFG – am 31. Dezember 1993 durch Erfüllung untergegangen. Denn der Kläger hatte – nach vorausgegangenem Unterhaltsgeldbezug (§ 107 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Buchst d AFG) von weniger als 360 (§§ 104 Abs 1 Satz 1, 135 Abs 1 Nr 1 AFG), jedoch mindestens 150 Kalendertagen (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b AFG) – schon seit Jahren originäre Alhi bezogen, zuletzt für die Zeit vom 18. März 1993 bis 17. März 1994 (Bescheid vom 4. März 1993).
Allerdings stand dem Kläger aufgrund der Übergangsregelung des § 242q Abs 10 Nr 2 AFG Anspruch auf originäre Alhi bis zum 31. März 1994 zu. Nach dieser Bestimmung ist § 135a iVm § 134 Abs 4 Satz 1 und § 110 AFG bis zum 31. März 1994 nicht anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi für einen Zeitraum zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 1993 vorgelegen haben. Letzteres ist hier der Fall, so daß die Beklagte Alhi zu Recht bis 31. März 1994 zugebilligt hat.
Die Übergangsregelung des § 242q Abs 10 Nr 2 AFG ist nicht so zu verstehen, daß die Minderung der Dauer des Anspruchs auf originäre Alhi (§ 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 iVm § 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG) in den Fällen des § 135a AFG erst am 1. April 1994 einsetzen sollte, mit der Folge, daß Arbeitslose, die zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 1993 originäre Alhi bezogen haben, die Leistung – ungeachtet der bisherigen Bezugsdauer – über den 31. März 1994 hinaus noch für 312 Tage in Anspruch nehmen konnten (so aber Kärcher in Niesel, AFG, 1995, § 135a Rz 6). Dem stehen, worauf der 11. Senat des BSG mit Recht aufmerksam gemacht hat, neben dem Gesetzeswortlaut vor allem die allgemeine Zielsetzung des 1. SKWPG und die Gesetzesmaterialien zu § 242q Abs 10 AFG entgegen.
Der Gesetzgeber verfolgte mit dem 1. SKWPG das allgemeine Ziel, einer deutlich verschlechterten Wirtschaftsentwicklung und den damit verbundenen Mehrbelastungen der öffentlichen Haushalte möglichst umgehend Rechnung zu tragen. Allein im Haushalt der BA war für das Jahr 1994 ein Defizit in Höhe des bereits 1993 gewährten Bundeszuschusses von 18 Mrd DM zu erwarten. Darüber hinaus war nach einer Steuerschätzung von Mai 1993 auf seiten des Bundes mit konjunkturbedingten Steuermindereinnahmen für 1994 in Höhe von etwa 46 Mrd DM zu rechnen. Um einem daraus resultierenden Anstieg der Nettokreditaufnahme des Bundes von rund 67 Mrd DM im Jahr 1993 auf über 90 Mrd DM im Jahr 1994 entgegenzuwirken und die Haushalte des Bundes und der BA zu entlasten, sah sich der Gesetzgeber zu sofortigen Sparmaßnahmen veranlaßt, in die auch solche Rechtspositionen und Ansprüche einbezogen werden sollten, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes entstanden waren (BT-Drucks 12/5502 S 1, 19, 22; vgl hierzu auch etwa BSG, Urteil vom 6. März 1997 – 7 RAr 42/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Schon mit dieser allgemeinen Zielsetzung des 1. SKWPG wäre eine Auslegung des § 135a iVm § 242q Abs 10 Nr 2 AFG in dem Sinne, daß eine Minderung der Dauer des Anspruchs auf originäre Alhi (§ 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 iVm § 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG) erst am 1. April 1994 einsetzen sollte, nicht zu vereinbaren.
Die Gesetzesmaterialien zu § 242q Abs 10 AFG erhärten die hier vertretene Auffassung. Danach sollte Arbeitslosen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes einen Alhi-Anspruch erworben und während eines bestimmten Zeitraumes vor Inkrafttreten des Gesetzes mindestens für einen Tag die Anspruchsvoraussetzungen für die Alhi erfüllt hatten, die Leistung aus Gründen des Vertrauensschutzes für eine dreimonatige Übergangszeit weitergezahlt werden oder wieder bewilligt werden können, um den Betroffenen zu ermöglichen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und den Sozialhilfeträgern die erforderliche Zeit für die Bearbeitung von Anträgen zu geben (BT-Drucks 12/5502 S 41 zu Nr 61 Abs 10). Obwohl statt der ursprünglich beabsichtigten völligen Abschaffung der originären Alhi letztlich nur deren zeitliche Befristung Gesetz geworden ist und die Übergangsregelung des § 242q Abs 10 AFG aufgrund einer Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses sprachlich neu gefaßt wurde (BT-Drucks 12/5902 S 27 zu Nr 61 Abs 10), sind, wie der 11. Senat des BSG mit Recht herausgestellt hat, keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß der dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugrundeliegende Gedanke eines lediglich dreimonatigen Vertrauensschutzes eine Änderung erfahren sollte. Alle Arbeitslosen, deren Anspruch auf originäre Alhi nach Maßgabe des § 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 iVm § 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG bereits vor dem 31. März 1994 erschöpft war, sollten ihres Anspruchs bis einschließlich 31. März 1994 nicht verlustig gehen (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 – 11 RAr 43/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, Stand April 1997, § 135a Rz 4).
Eine andere als die vertretene Auffassung würde im übrigen zu kaum vertretbaren Ergebnissen führen. So wäre nicht nachvollziehbar, weshalb ein Arbeitsloser, dessen Anspruch auf originäre Alhi im Januar 1994 entstand, einen Anspruch auf diese Leistung lediglich für ein Jahr haben sollte, während ein Arbeitsloser, der schon vor dem 31. Dezember 1993 für viele Jahre originäre Alhi bezog, seinen Anspruch ab 1. Januar 1994 noch für rund 15 Monate behalten sollte.
Die Neuregelung des § 135a iVm § 242q Abs 10 Nr 2 AFG in der hier vorgenommenen Auslegung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Der Alhi-Anspruch unterfällt nach ständiger Rechtsprechung nicht der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 GG). Es handelt sich nicht um eine aus Beitrags-, sondern gemäß § 188 AFG aus Steuermitteln finanzierte Leistung (BSGE 59, 227, 233 = SozR 4100 § 134 Nr 29; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 7; BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Er geht – im Unterschied zum Anspruch auf Alg (BVerfGE 72, 9, 18 ff) – von seiner Konzeption her nicht auf eine eigene Leistung zurück (BVerfGE 45, 142, 170; BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4).
Die Befristung des Anspruchs auf originäre Alhi verletzt nicht die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) abzuleitenden Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Eine echte Rückwirkung, von der man spricht, wenn der von der Rückwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit (dh vor der Verkündung des Gesetzes) nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgeschlossen ist (BVerfGE 11, 139, 145 f; 23, 12, 32; 63, 343, 353; 72, 200, 242; BFHE 147, 343, 349; Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl 1995, Art 20 Rz 48; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 1996, Art 20 VII Rz 68), liegt hier nicht vor, weil das 1. SKWPG am 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist und sich die Neuregelung – jedenfalls im vorliegenden Fall – nicht vor dem 1. April 1994 auswirkt. Dagegen ist eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) gegeben, weil der durch die §§ 135a, 242q Abs 10 Nr 2 iVm den §§ 110 Satz 1 Nr 1 Halbs 1, 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG geregelte Tatbestand bei Gesetzesverkündung zwar begonnen hatte, aber noch nicht abgeschlossen war (vgl BVerfGE 43, 291, 391; 51, 356, 362; 69, 272, 309; 72, 141, 154; 72, 200, 242; 79, 29, 45 f; BFHE 148, 272, 276 f; Jarass/Pieroth, aaO, Art 20 Rz 49; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, aaO, Art 20 VII Rz 70). Indes besteht kein absolutes Verbot unechter Rückwirkung. Vielmehr kommt es auf eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem Erlaß der Regelung und dem Schutz des Vertrauens der Betroffenen auf den Fortbestand des geltenden Rechts an (BVerfGE 43, 291, 391; 72, 141, 154 f; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 12). Ähnlich wie im Rahmen des Schutzes eigentumsrechtlich geschützter Rechtspositionen ist danach entscheidend, ob der Eingriff im öffentlichen Interesse unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn der Eingriff zur Erreichung des angestrebten im öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet und erforderlich ist und die Betroffenen dadurch nicht übermäßig und in für sie unzumutbarer Weise belastet werden (vgl insoweit zu Art 14 GG: BVerfGE 76, 220, 242 ff; BSG, Urteile vom 31. Oktober 1996 – 11 RAr 27/96 –, unveröffentlicht, und 6. März 1997 – 7 RAr 42/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Diesen Anforderungen genügt die hier maßgebende Neuregelung. Daran, daß die zeitliche Begrenzung der Dauer des Anspruchs auf originäre Alhi – wie bei der Absenkung der Nettolohnersatzquote beim Unterhaltsgeld (vgl dazu BSGE 76, 162, 173 ff = SozR 3-4100 § 112 Nr 22), beim Übergangsgeld (BSG, Urteil vom 27. Juni 1996 – 11 RAr 97/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen), beim Alg (BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 12; BSG, Urteil vom 9. Mai 1996 – 7 RAr 66/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) und bei der Alhi (BSG, Urteil vom 31. Oktober 1996 – 11 RAr 27/96 –, unveröffentlicht) – geeignet und erforderlich war, durch entsprechende Ausgabenverminderung zur Konsolidierung der prekären finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte beizutragen, kann kein Zweifel bestehen. Sie führt aber auch nicht zu einer für die Betroffenen übermäßigen und unzumutbaren Belastung. Insbesondere ist, was schon im Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben wurde, der Lebensunterhalt der Betroffenen trotz der Neuregelung weiterhin gesichert, wenn auch nur noch durch (ggf niedrigere) Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BT-Drucks 12/5502 S 40 zu Nr 61). Insoweit ist die Neuregelung zwar mit einem Wechsel in ein anderes Sozialleistungssystem verbunden; doch wurde keinem Betroffenen das Existenzminimum entzogen (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 – 11 RAr 43/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl auch BSG, Urteil vom 12. November 1981 – 7 RAr 51/80 –, DBlR § 134 AFG Nr 2710a; BSGE 59, 157, 161 f = SozR 1300 § 45 Nr 19; 59, 227, 234 = SozR 4100 § 134 Nr 29). Vorliegend kommt hinzu, daß die Betroffenen sich aufgrund der dreimonatigen Übergangsregelung auf die geänderte Rechtslage in ausreichendem Maße einstellen, insbesondere Sozialhilfe beantragen konnten und sich nicht mit einer sofortigen Entwertung ihrer bisherigen Rechtsposition konfrontiert sahen (zur vergleichbaren Übergangsregelung im AFKG: BSGE 59, 157, 162 = SozR 1300 § 45 Nr 19; 59, 227, 234 = SozR 4100 § 134 Nr 29).
Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis läßt sich nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) herleiten. Auch wenn man bei dessen Prüfung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zwischen einer großzügigen und einer strengen Prüfung unterscheidet und den strengeren Maßstab anlegt, wenn verschiedene Personengruppen und nicht nur verschiedene Sachverhalte unterschiedlich behandelt werden (BVerfGE 55, 72, 88 f; 88, 5, 12, 90, 236, 239; BSGE 58, 134, 142 = SozR 2200 § 385 Nr 14; 76, 84, 90 = SozR 3-8825 § 2 Nr 3), läßt sich hier kein entsprechender Verstoß feststellen. Zwar stehen die Bezieher von originärer Alhi schlechter da als die Bezieher von Anschluß-Alhi, weil deren Anspruch – abgesehen von der Altersgrenze (§ 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 iVm § 100 Abs 2 AFG) – keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt. Die Bevorzugung der Empfänger von Anschluß-Alhi ist jedoch sachlich gerechtfertigt, weil ihr Leistungsanspruch an eine Versicherungsleistung anschließt (vgl Überschrift des Ersten Unterabschnitts des Vierten Abschnitts des AFG), die eine beitragspflichtige Beschäftigung von mindestens 360 Kalendertagen voraussetzt (§§ 100 Abs 1, 104 Abs 1 Satz 1 AFG). Demgegenüber knüpft der Anspruch auf originäre Alhi an Beschäftigungszeiten an, die für einen Anspruch auf Alg nicht ausreichen. Dieser fehlende Bezug zur eigentlichen Arbeitslosenversicherung rechtfertigt es, den Anspruch auf originäre Alhi mit einer dreimonatigen Übergangsregelung für „Altfälle” iS einer für die Ordnung von Massenerscheinungen erlaubten Typisierung (BVerfGE 17, 1, 25; 63, 255, 262 ff) auf 312 Tage zu befristen.
Aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1, 28 Abs 1 Satz 1 GG) kann der Kläger keine subjektiven Rechte herleiten (BVerfGE 27, 253, 283; 82, 60, 80). Es räumt keinen Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung ein (BSGE 55, 115, 120 = SozR 1500 § 162 Nr 17). Ihm wird vielmehr bereits durch die Zahlung von Sozialhilfe genügt (BSGE 73, 10, 18 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Desgleichen kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) berufen; wird die Menschenwürde – wie hier – bei der Auslegung der dem Art 1 GG nachfolgenden Grundrechte ausreichend berücksichtigt, kommt ein Rückgriff auf Art 1 Abs 1 GG nicht in Betracht (Jarass/Pieroth, aaO, Art 1 Rz 3). Ebensowenig vermag der Kläger mit seinem Hinweis auf die sozialen Rechte (§ 2 SGB I) durchzudringen. Sie sind zwar bei der Auslegung des Sozialgesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß sie möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs 2 SGB I). Indes besteht Einigkeit darüber, daß sie nicht geeignet sind, eine konkrete Anspruchsgrundlage abzugeben (Hauck/Haines, SGB I, Stand Oktober 1996, § 2 Rzn 28 ff).
Der Einwand des Klägers, das bei der BA zu erwartende Defizit resultiere weitgehend aus sog Fremdlasten, die durch Steuern oder allgemeine Abgaben hätten finanziert werden müssen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dazu, daß der Gesetzgeber seine Kompetenzen insoweit nicht überschritten hat und angesichts der historisch einmaligen Aufgabe der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands bei der Suche nach Problemlösungen einen weiten Gestaltungsspielraum besaß (vgl BVerfGE 84, 90, 130 f; 85, 360, 377; BSGE 76, 136, 142 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1), hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 9. Mai 1996 – 7 RAr 66/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, ausführlich Stellung genommen. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.
Da der angefochtene Bescheid nach alldem mit der Rechtslage in Einklang steht, konnte der Revision des Klägers kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen