Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach BVG § 30 Abs 3 und 4 ist nicht davon abhängig, daß die Voraussetzungen des BVG § 30 Abs 2 erfüllt sind.

2. Die Feststellung des Berufsschadensausgleichs nach dem 2. NOG- KOV ist gegenüber der Feststellung nach dem 1. NOG-KOV die "Erstfeststellung" eines neuen Anspruchs.

Die Berufung ist deshalb nicht nach SGG § 148 Nr 3 (Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse) unzulässig.

3. Die Worte "nach Anwendung des Abs 2" besagen nicht nichts darüber, in welcher Weise das besondere berufliche Betroffensein nach BVG § 30 Abs 2 die Währung eines Berufsschadensausgleichs nach BVG § 30 Abs 3 beeinflussen soll.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 2 Fassung: 1964-02-21, Abs. 3 Fassung: 1960-06-27, Abs. 3 Fassung: 1964-02-21, Abs. 4 Fassung: 1960-06-27, Abs. 4 Fassung: 1964-02-21; SGG § 148 Nr. 3 Fassung: 1958-06-25

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Juni 1968 wird insoweit als unbegründet zurückgewiesen, als diese Entscheidung den Anspruch auf Gewährung einer Rente nach einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen besonderen beruflichen Betroffenseins betrifft.

2. Im übrigen wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Juni 1968, soweit diese Entscheidung die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs betrifft, auf die Revision des Klägers aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Gründe

Der Kläger bezieht eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. wegen 1.) Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit rechts und geringer Herabsetzung der groben Kraft der rechten Hand und geringer Muskelabmagerung am rechten Arm nach Speichenschußbruch; 2.) reaktionslosen, nicht pulsierenden, kleinen Knochendefekts auf dem Schädeldach rechts hinten ohne leistungsmindernde nervöse Ausfallerscheinungen; 3.) Bewegungsbehinderungen des linken Fußes mit Hautgefühls- und Reflexstörungen als Ausdruck einer kompletten Schädigung des linken Wadenbein- und inkompletten Schädigung des linken Schienbeinnerven, Verkürzung des linken Beines um 2 cm nach Schußbruch mit Absprengung am oberen Hüftpfannendach links (Bescheid vom 10. Februar 1960). Der Kläger ist - 1913 geboren - von Beruf gelernter Sattler und Polsterer mit einer Lehrzeit von 1929 bis 1932; von 1932 bis 1934 war er im freiwilligen Arbeitsdienst und von 1934 bis 1939 bei einem Heereszeugamt als Versand- und Transportleiter tätig. Von 1939 bis 1945 befand er sich im Kriegsdienst; von 1948 bis 1957, dem Jahr seiner Invalidisierung, war er als Bürohilfsarbeiter beschäftigt. Die Versorgungsbehörde lehnte mit Bescheiden vom 14. und 15. Mai 1963 u.a. seinen im Mai 1962 gestellten Antrag auf Höherbewertung seiner MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins und auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ab. Die Gewährung des Berufsschadensausgleichs wurde dem Kläger deshalb verweigert, weil er wegen der anerkannten Schädigungsfolgen nicht erwerbsunfähig war, sondern nur Rente nach einer MdE um 60 v.H. bezog. Nach erfolglosem Widerspruch wies das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 1. Februar 1966 die Klage ab. Das Landessozialgericht (LSG) verwarf die hiergegen eingelegte Berufung mit Urteil vom 18. Januar 1967 insoweit als unzulässig, als der Kläger die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der Fassung (idF) des 1. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 26. Juni 1960 (1. NOG) begehrte; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Die Verwerfung der Berufung begründete das LSG damit, daß der Kläger vor dem SG den Berufsschadensausgleich nur für die Zeit der Geltungsdauer des 1. NOG (bis zum 31. Dezember 1963) begehrt habe; im übrigen sah es die Voraussetzungen der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderen beruflichen Betroffenseins des Klägers nicht als gegeben an.

Den im Februar 1964 nach dem 2. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (2. NOG) vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs lehnte die Versorgungsbehörde mit Bescheid vom 28. Februar 1966 ab, weil der Kläger in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf als Packer durch die anerkannten Schädigungsfolgen nicht betroffen sei. Seine Erwerbsunfähigkeit und der damit verbundene Einkommensverlust seien allein auf eine Bechterew'sche Erkrankung, die nicht als Schädigungsfolge anerkannt sei, zurückzuführen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 1966).

Vor dem SG hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, "ihm unter Zuerkennung eines beruflichen Betroffenseins mit einem Grad der MdE von 10 % ab 1.1.1964 Berufsschadensausgleich nach einem Vergleichsgehalt der Leistungsgruppe III der technischen Angestellten aller Wirtschaftsbereiche zu zahlen". Das SG hat mit Urteil vom 30. Juni 1967 den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 28. Februar 1966 und 1. Juni 1966 verurteilt, an den Kläger "unter Zuerkennung eines beruflichen Betroffenseins mit einem Grad der MdE von 10 v.H." ab 1. Januar 1964 Berufsschadensausgleich nach einem Vergleichsgehalt der Leistungsgruppe III der technischen Angestellten aller Wirtschaftsbereiche zu zahlen. Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe als beruflich besonders Betroffenem ein Berufsschadensausgleich in der zuerkannten Höhe zu. Da der Beklagte sich nicht auf die Bindung seines früheren Bescheides berufen, sondern erneut sachlich geprüft habe, habe das Gericht in der Sache selbst entscheiden können; dies sei sowohl der Fall bei der Beurteilung des beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs. 2 BVG) als auch bei der Beurteilung der Gewährung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 BVG, weil das Vorliegen eines beruflichen Betroffenseins die gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung des Berufsschadensausgleichs darstelle. Das SG ist sodann zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger in seinem früher ausgeübten Beruf besonders betroffen sei und ihm daher eine um 10 v.H. höhere MdE zustehe; im übrigen müsse ihm auch Berufsschadensausgleich nach dem im Urteilstenor bezeichneten Vergleichsgehalt gezahlt werden.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und in seiner Berufungsbegründung vom 7. August 1967 ausgeführt, es liege bei der Entscheidung des SG über die Höherbewertung der MdE ein wesentlicher Mangel des Verfahrens vor; das SG habe die Rechtskraft des die Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG verneinenden Urteils des LSG vom 18. Januar 1967 nicht beachtet; im übrigen sei die Annahme des SG, er - der Beklagte - habe auf die Bindungswirkung eines früheren Bescheides verzichtet, falsch. In dem angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1966 habe der Beklagte über die Höherbewertung der MdE überhaupt keine Entscheidung getroffen.

Das LSG hat mit Urteil vom 25. Juni 1968 auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG Kassel vom 30. Juni 1967 aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß die Berufung zulässig sei. Ein die Berufung ausschließender Tatbestand (§ 148 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) liege auch im Hinblick auf die Höherbewertung des Grades der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG nicht vor, weil im vorliegenden Fall nicht über § 30 Abs. 2 BVG als Rentenerhöhungsgrund allein, "sondern über diese Frage insbesondere auch als Voraussetzung des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich gemäß § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF des 2. und 3. NOG gestritten" werde. Diesen Anspruch habe der Beklagte aber in einem "Erstfeststellungsbescheid" beschieden. Der diesen Anspruch betreffenden Berufung stehe kein Ausschließungsgrund entgegen.

Weiterhin führt das LSG aus, die zulässige Berufung sei der Sache nach begründet. Das SG habe den Beklagten zu Unrecht zur Gewährung eines Berufsschadensausgleichs an den Kläger verurteilt, weil das SG sich über die Rechtskraft des früheren Urteils des LSG vom 18. Januar 1967 hinweggesetzt habe, in dem auch über ein besonderes berufliches Betroffensein gemäß § 30 Abs. 2 BVG ablehnend entschieden worden sei. Die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG sei auch in der Neufassung dieser Vorschrift durch das 3. Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 20. Januar 1967 (3. NOG) von einer vorherigen Prüfung und Bejahung eines besonderen beruflichen Betroffenseins gemäß § 30 Abs. 2 BVG abhängig. Dies gehe insbesondere aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BVG idF des 3. NOG hervor, wonach über einen Anspruch nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG erst "nach Anwendung des Abs. 2" zu entscheiden sei. Damit bringe das Gesetz den § 30 Abs. 3 und 4 BVG in einen unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang zu § 30 Abs. 2 BVG. Das bedeute, daß jede vorherige positive oder negative Entscheidung gemäß § 30 Abs. 2 BVG nach Eintritt ihrer formellen Bindung auch für ein späteres Verfahren bei der Prüfung der Voraussetzungen hinsichtlich eines Berufsschadensausgleichs bindend sei. Die bindend gewordene Entscheidung nach § 30 Abs. 2 BVG gelte also im Verfahren über den Berufsschadensausgleich als "bindende Inzident-Feststellung". Dies wirke sich im vorliegenden Fall dahin aus, daß nach der rechtskräftigen Ablehnung der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG durch das Urteil des LSG vom 18. Januar 1967 eine abweichende Entscheidung über die Höherbewertung der MdE hinsichtlich der Gewährung des Berufsschadensausgleichs nicht mehr getroffen werden könne.

Für eine Zugunstenentscheidung bezüglich der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG gemäß § 40 Abs. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) seien die Voraussetzungen nicht erfüllt. Die ablehnende Erklärung des Beklagten vor dem LSG am 25. Juni 1968, daß er insoweit keine Zugunstenregelung treffen wolle, sei nicht zu beanstanden. Es bestehe kein Anlaß für den Beklagten, von der rechtskräftigen Entscheidung des LSG vom 18. Januar 1967 abzuweichen. Diese Entscheidung habe keine Lage zugunsten des Klägers geschaffen, die mit der tatsächlichen und rechtlichen Wirklichkeit nicht mehr in Einklang stehe. In der Ablehnung einer Zugunstenregelung liege keine fehlerhafte Ausübung des Ermessens durch den Beklagten. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger weder als Packer noch als angestellter Lagerhalter durch die Schädigungsfolgen besonders beruflich betroffen sei; im wesentlichen sei es die anlagebedingte Bechterew'sche Erkrankung mit einer Schiefstellung des Beckens und einer Verbiegung und Versteifung der Wirbelsäule, die als Ursache für seine berufliche Behinderung und auch für seine Invalidisierung festgestellt worden sei. Tatsachen oder Erwägungen, die dazu führen könnten, daß das rechtskräftigen Urteil als unrichtig angesehen werden müsse, hätten sich nicht ergeben. Somit habe das SG den Beklagten nicht verurteilen dürfen, dem Kläger eine höhere Rente als bisher zu zahlen. Sei der Kläger aber nicht besonders beruflich betroffen im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG, so bestehe auch kein Anlaß, ihm einen Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses, ihm am 27. Juli 1968 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. August 1968, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 13. August 1968, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 27. Oktober 1968 mit einem am 9. Oktober 1968 eingegangenen Schriftsatz vom 8. Oktober 1968 begründet.

Er beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. Juni 1967 zurückzuweisen, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

In seiner Revisionsbegründung rügt der Kläger eine Verletzung des § 30 Abs. 2, 3 und 4 BVG und trägt hierzu insbesondere vor, ihm sei bereits früher die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs verweigert worden. Diese Verweigerung sei durch das SG und später durch das LSG mit Urteil vom 18. Januar 1967 bestätigt worden, wobei es sich bei diesem Urteil um ein Prozeßurteil gehandelt habe. Er habe aber damals einen Berufsschadensausgleich nur für die Zeit vom 1. Mai 1962 bis 31. Dezember 1963 beansprucht. In dem jetzigen Verfahren begehre er in erster Linie die Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit. Ferner fordere er einen Berufsschadensausgleich. Die Begründung des LSG, daß die Gewährung dieses Berufsschadensausgleichs von einer vorhergehenden positiven Prüfung des besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG abhänge, sei fehlerhaft. Es sei unzutreffend, daß sich das SG über die Rechtskraft des früheren Urteils hinweggesetzt habe, denn es habe ausdrücklich ausgeführt, es könne über die Höherbewertung der MdE neu entscheiden, weil sich der Beklagte nicht auf die Bindungswirkung der früheren Entscheidung berufen habe. Ferner sei darauf hinzuweisen, daß der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in seinem Rundschreiben vom 21. Dezember 1961 selbst die Auffassung vertreten habe, daß die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht auf die Fälle des § 30 Abs. 2 BVG beschränkt sei. Demnach sei die Rechtsauffassung des LSG unzutreffend, daß die Gewährung des Berufsschadensausgleichs davon abhänge, daß ein Beschädigter besonders beruflich betroffen im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG ist. Wegen der Darstellung des Vorbringens des Klägers wird im übrigen auf seine Revisionsbegründung vom 8. Oktober 1968 verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß die Berufung gegen das Urteil des SG Kassel in jedem Fall zulässig gewesen sei. Hinsichtlich der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG durch das SG habe er bereits vor dem LSG wesentliche Verfahrensmängel gerügt, die auch vorlägen. Wegen der Gewährung des Berufsschadensausgleichs sei die Berufung nicht etwa deshalb unzulässig gewesen, weil bereits früher ein Berufsschadensausgleich verbindlich verweigert worden sei; bei dem jetzt angefochtenen Bescheid handle es sich nicht um eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge im Sinne des § 148 Nr. 3 SGG, sondern um eine Erstfeststellung. Im übrigen wird auf die Revisionserwiderung des Beklagten vom 6. November 1968 verwiesen.

Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers ist form- und fristgerecht erhoben und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und daher zulässig. Die Revision ist jedoch nur teilweise begründet.

Das LSG hat zunächst im Ergebnis zutreffend die Zulässigkeit der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG vom 30. Juni 1967 bejaht. Die Zulässigkeit der Berufung ist bei einer statthaften Revision auch ohne Revisionsrüge oder einen Antrag des Revisionsbeklagten durch das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BSG 2, 225). Das LSG hat die Auffassung vertreten, ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 148 SGG liege nicht vor, weil nicht über die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG als Rentenerhöhungsgrund allein, sondern darüber auch als Voraussetzung des Anspruchs auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG gestritten worden sei, insoweit aber der Berufung kein Unzulässigkeitsgrund entgegenstehe. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach § 148 Nr. 3 SGG ist in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung die Berufung nicht zulässig, wenn sie den Grad der MdE oder die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betrifft, es sei denn, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente davon abhängt. Im Verwaltungsverfahren war ausschließlich streitig, ob dem Kläger - wie in seinem Antrag vom Februar 1964 begehrt - ein Berufsschadensausgleich zusteht; jedoch hat der Kläger vor dem SG in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1967 seinen Antrag geändert und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, "ihm unter Zuerkennung eines beruflichen Betroffenseins mit einem Grad der MdE um 10 v.H." ab 1. Januar 1964 Berufsschadensausgleich ... zu zahlen. Diesem gegenüber dem Verwaltungsverfahren erweiterten Antrag muß entnommen werden, daß der Kläger in dem anhängigen Verfahren nicht nur die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs, sondern auch zusätzlich die Erhöhung seiner Rente um 10 v.H. wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG verlangt hat. Das hat das SG auch erkannt, denn es hat nach seinem Urteilsausspruch zwei Entscheidungen getroffen, nämlich die, daß dem Kläger "unter Zuerkennung eines beruflichen Betroffenseins" die MdE um 10 v.H. zu erhöhen ist, und die, daß dem Kläger der näher bezeichnete Berufsschadensausgleich zu gewähren ist. Es ist dem LSG zwar zuzugestehen, daß der Antrag des Klägers vor dem SG seinem Inhalte nach unklar war, so daß das SG im Rahmen des § 106 Abs. 1 SGG auf einen klaren und eindeutigen Antrag hätte hinwirken müssen. Jedoch ergibt sich - abgesehen vom Urteilsausspruch - auch aus den Entscheidungsgründen, in denen das SG sich sehr eingehend mit der Frage des besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG befaßt und seine Befugnis zu einer Entscheidung hierüber angenommen hat, daß das SG über zwei verschiedene Ansprüche, nämlich über die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG und über die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG entschieden hat. Die Entscheidung hinsichtlich der Erhöhung der MdE des Klägers nach § 30 Abs. 2 BVG betraf aber den Grad der MdE, ohne daß im vorliegenden Fall die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente hiervon abhing (§ 148 Nr. 3 SGG). Der Kläger bezieht nämlich die Rente nach einer MdE um 60 v.H., so daß der Streit um die Erhöhung der MdE von 60 auf 70 v.H. nicht die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente überhaupt betraf. Die demnach gemäß § 148 Nr. 3 SGG unzulässige Berufung war jedoch ausnahmsweise nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist sie nämlich ungeachtet der §§ 144 bis 149 SGG dann zulässig, wenn ein wesentlicher Mangel im Verfahren des SG gerügt wird. Das war hier der Fall. Der Beklagte hatte bereits in der Berufungsbegründung vom 7. August 1967 einen wesentlichen Mangel im Verfahren des SG gerügt und diese Rüge in seiner Revisionserwiderung vom 6. November 1968 ausdrücklich aufrechterhalten. Sein Vorbringen, das SG hätte nicht davon ausgehen dürfen, daß er - der Beklagte - auf die Bindungswirkung der früheren Bescheide verzichtet habe, weil in dem angefochtenen Bescheid nur über den Berufsschadensausgleich entschieden und zur Frage der Höhe der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins gemäß § 30 Abs. 2 BVG überhaupt keine Entscheidung getroffen worden ist, stellt sich als die Rüge einer Verletzung des § 128 SGG durch das SG dar. Diese Rüge ist auch gerechtfertigt. Die Versorgungsbehörde hat in dem angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1966 den Antrag des Klägers auf Berufsschadensausgleich abgelehnt; in ihm ist keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob die MdE des Klägers von 60 v.H. auf 70 v.H. wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins trotz der früheren insoweit ablehnenden Entscheidungen erhöht werden könne. Zwar ist in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß der Kläger in dem vor der Schädigungsfolge ausgeübten Beruf eines Packers "durch die anerkannten Schädigungsfolgen nicht besonders betroffen" ist, so daß man, ohne Berücksichtigung des übrigen Inhalts des Bescheides - annehmen könnte, die Versorgungsbehörde habe damit erneut eine Höherbewertung der MdE des Klägers nach § 30 Abs. 2 BVG ablehnen wollen; jedoch ergibt sich aus dem Hauptinhalt dieses Bescheides - seiner Überschrift und den übrigen sachlichen Ausführungen -, daß die Versorgungsbehörde ausschließlich eine Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Berufsschadensausgleich treffen wollte und getroffen hat. Zu einer Entscheidung über die Höhe der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG bestand für den Beklagten auch gar keine Veranlassung, denn der Kläger hatte in seinem Antrag vom 27. Februar 1964 nur die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach dem 2. NOG begehrt. Wenn daher das SG dem Bescheid vom 28. Februar 1966 entnommen hat, der Beklagte habe sich hinsichtlich der Bewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG "nicht auf die Bindung ihres früheren Bescheides berufen, sondern erneut sachlich geprüft", so hat es diesem Bescheid eine Tatsache entnommen, die in ihm nicht enthalten ist. Darin liegt aber eine Verletzung der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne des § 128 SGG durch das SG; durch diesen vom Beklagten auch ordnungsgemäß gerügten wesentlichen Mangel im Verfahren des SG war die Berufung gem. § 150 Nr. 2 SGG gegen das Urteil des SG zulässig, soweit sie die Höherbewertung der MdE des Klägers betraf.

Die Revision des Klägers gegen das zulässigerweise ergangene Berufungsurteil ist jedoch unbegründet, insoweit dieses Urteil den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente nach einer höheren MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins betrifft. Nach den nicht angegriffenen und daher für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG ist der Anspruch des Klägers auf Höherbewertung seiner MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG durch das Urteil des LSG vom 18. Januar 1967 rechtskräftig abgelehnt worden. Durch die Rechtskraft dieses Urteils ist es den Gerichten verwehrt, eine andere als die getroffene Entscheidung zu fällen (Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur SGb Anm. 3 a zu § 141 mit weiteren Nachweisen). Dies ergibt sich aus § 141 Abs. 1 SGG, wonach rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Somit hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer höheren Rente wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins gem. § 30 Abs. 2 BVG.

Gleichermaßen ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden, soweit es entschieden hat, daß der Beklagte auch nicht verpflichtet ist, im Wege des Zugunstenbescheides nach § 40 Abs. 1 VerwVG dem Kläger Rente nach einer höheren MdE als um 60 v.H. zu gewähren. Nach § 40 Abs. 1 VerwVG kann die zuständige Verwaltungsbehörde zugunsten des Berechtigten jederzeit einen neuen Bescheid erteilen. Die Verwaltungsbehörde ist nur dann verpflichtet, einen der materiellen Rechtslage entsprechenden neuen Bescheid zu erteilen, wenn feststeht, daß eine frühere bindend gewordene Entscheidung materiell-rechtlich unrichtig ist (BSG 26, 146 ff., Entscheidung des erkennenden Senats vom 11. Juni 1968 - 10 RV 906/66 - Urteil des 9. Senats des BSG vom 21. März 1969 - 9 RV 476/67 - und Urteil des erkennenden Senats vom 23. Mai 1969 - 10 RV 846/67 -). Das LSG hat hierzu die nicht angegriffene und daher für den Senat gem. §§ 163 SGG bindende Feststellung getroffen, daß die früheren verbindlich gewordenen Entscheidungen, mit denen die Gewährung einer höheren Rente wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins gem. § 30 Abs. 2 BVG abgelehnt worden ist, materiell-rechtlich nicht unrichtig sind.

Ist dies aber der Fall, so war der Beklagte nicht verpflichtet, durch einen Zugunstenbescheid nach § 40 Abs. 1 VerwVG eine anderweitige Regelung zu treffen. Die Klage auf Gewährung einer höheren Rente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins des Klägers gem. § 30 Abs. 2 BVG ist somit vom LSG in jedem Falle zutreffend abgewiesen worden. Insoweit die Revision des Klägers sich dagegen richtet, mußte sie als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).

Soweit dagegen die Revision sich gegen das Urteil des LSG über die Ablehnung der Gewährung des Berufsschadensausgleichs richtet, ist sie begründet.

Das LSG war auch in bezug auf diesen Streitgegenstand zu einer Sachentscheidung befugt; denn die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil war nicht etwa deshalb nach § 148 Nr. 3 SGG unzulässig, weil es sich bei der im angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1966 getroffenen Regelung um eine "Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse" handelte. Zwar hatte die Versorgungsbehörde bereits mit Bescheid vom 15. Mai 1963 den Anspruch des Klägers auf Berufsschadensausgleich abgelehnt. Dieser Bescheid betraf aber - ebenso wie die ihn bestätigenden Urteile vom 1. Februar 1966 und 18. Januar 1967 - nur den Berufsschadensausgleich des Klägers für die Zeit bis zum Ende des Jahres 1963 nach dem 1. NOG. Der jetzt streitige Bescheid vom 28. Februar 1966 betrifft demgegenüber den vom Kläger auf Grund der neuen Fassung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG durch das 2. NOG erhobenen Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit vom 1. Januar 1964 an, so daß es sich bei diesem Bescheid - wie das LSG zutreffend angenommen hat - um die "Erstfeststellung" eines neuen Anspruchs des Klägers handelt, der sich auf die gesetzliche Neuregelung des Berufsschadensausgleichs durch das 2. NOG stützt. Abgesehen davon ist die Ablehnung des Antrags des Klägers im angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1966 auf Grund eines anderen Sachverhalts erfolgt als im Bescheid vom 15. Mai 1963 (s. dazu BSG in SozR SGG § 148 Nr. 25). Da somit die Berufung gegen das Urteil des SG nicht die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betraf (§ 148 Nr. 3 SGG), war sie zulässig.

In sachlicher Beziehung ist die Revision, soweit sie den Anspruch des Klägers auf Berufsschadensausgleich betrifft, begründet. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs für die Zeit nach Inkrafttreten des 2. NOG richtet sich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF des 2. und 3. NOG. Nach § 30 Abs. 3 BVG idF des 2. NOG erhält ein Schwerbeschädigter, der durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens DM 75,- hat, nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehnteln des Verlustes, jedoch höchstens 400 Deutsche Mark monatlich. Die Meinung des LSG, daß nur solche Beschädigte einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich haben, deren MdE vorher wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins i.S. des § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist, kann nicht gebilligt werden. Der 8. und 9. Senat des BSG haben in ihren Entscheidungen vom 21. März 1969 (9 RV 730/67) und vom 27. März 1969 (8 RV 611/67 und 8 RV 629/67 sowie 8 RV 827/68) ausgesprochen, daß die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht davon abhängig ist, daß die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BVG (Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit) erfüllt sind. In diesen Entscheidungen ist mit ausführlicher Begründung unter Hinweis auf den Wortlaut, Sinn und Zweck sowie die historische Entwicklung der Vorschriften über den Berufsschadensausgleich dargelegt worden, daß mit der Einführung des Berufsschadensausgleichs durch das 1. NOG eine selbständige Entschädigung des durch die Schädigungsfolgen bedingten wirtschaftlichen Schadens gewährt werden soll, und zwar unabhängig davon, ob die MdE eines Beschädigten wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist oder nicht. Auch der erkennende Senat ist dieser Auffassung. Wenn das LSG seine Meinung insbesondere auf die durch das 2. NOG in § 30 Abs. 3 BVG eingefügten Worte "nach Anwendung des Abs. 2" stützt und daraus schließt, daß damit ein "unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang" zwischen § 30 Abs. 2 BVG einerseits und § 30 Abs. 3 BVG andererseits entnommen werden müsse, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Worte "nach Anwendung des Abs. 2" besagen noch nichts darüber, in welcher Weise das besondere berufliche Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 BVG beeinflussen soll. Die Anwendung einer bestimmten Vorschrift bedeutet nämlich nicht nur - wie das LSG anzunehmen scheint - ihre "positive Anwendung". Auch die Ablehnung eines Anspruchs oder einer sonstigen sich aus der anzuwendenden Vorschrift ergebenden Rechtsfolge ist das Ergebnis der - wenn auch "negativen" - Anwendung der Vorschrift. "Anwendung" einer Vorschrift bedeutet schlechthin nur, daß ein gegebener Sachverhalt daraufhin geprüft wird, ob er sich unter die anzuwendende Vorschrift unterordnen läßt oder nicht, ob also die in der Vorschrift im einzelnen angeführten Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, daß dies nicht der Fall ist, so muß zwar die begehrte Rechtsfolge versagt werden, jedoch ist auch dann jene Vorschrift "angewendet" worden. Würde man unter dem Begriff "Anwendung" einer Vorschrift nur ihre "positive Anwendung" verstehen, so wäre die Ablehnung eines Anspruchs auf Grund eines gegebenen Sachverhalts logisch als eine Ablehnung "ohne Anwendung" einer Vorschrift anzusehen und folglich die Ablehnung ohne Rechtsgrund erfolgt. Daraus ergibt sich aber, daß mit den Worten "nach Anwendung des Abs. 2" in § 30 Abs. 3 BVG jede - positive oder negative - Anwendung des Abs. 2 des § 30 BVG gemeint ist. Wenn daher die Verwaltungsvorschrift (VV) Nr. 7 zu § 30 BVG (Fassung vom 23. Januar 1965, BVBl. 1965, S. 14, 16) zum Ausdruck bringt, daß vor Anwendung von § 30 Abs. 3 BVG "zu prüfen ist", ob die Voraussetzungen für eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG gegeben sind, und die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nicht davon abhängig ist, daß die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BVG erfüllt sind, so entspricht diese VV dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BVG.

Die vom LSG vertretene Auffassung, daß die Gewährung des Berufsschadensausgleichs von der Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG abhängig ist, läßt sich auch nicht etwa damit begründen, daß nach § 30 Abs. 3 BVG nur derjenige Schwerbeschädigte einen Berufsschadensausgleich erhält, der "durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist", als er den näher bezeichneten Einkommensverlust erlitten hat. Die Worte "... insoweit ..., als ..." geben zu erkennen, daß der Berufsschadensausgleich nicht ein berufliches Betroffensein allgemein zur Voraussetzung hat, dieses berufliche Betroffensein vielmehr nur "insoweit" zu bestehen braucht, als es mindestens zu dem im Gesetz bestimmten Einkommensverlust geführt hat. Die in § 30 Abs. 3 BVG an die Gewährung des Berufsschadensausgleichs geknüpften Voraussetzungen sind also in gewissem Sinne geringer als diejenigen, von denen die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG abhängt. Beide Bestimmungen sind daher weder inhaltsgleich noch besteht zwischen ihnen ein Abhängigkeitsverhältnis in der Weise, daß die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG Voraussetzung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 BVG ist. Bei anderer Auffassung würde der Berufsschadensausgleich nur eine zusätzliche, neben der Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderen beruflichen Betroffenseins zu gewährende Leistung sein; das aber ist gerade nicht der Sinn der Bestimmungen über den Berufsschadensausgleich, vielmehr sollte mit der Einführung dieser neuen Leistung nach dem BVG seit dem Inkrafttreten des 1. NOG am 1. Juni 1960 - worauf der 9. Senat des BSG in dem oben zitierten Urteil zutreffend hingewiesen hat - eine selbständige, von den übrigen Versorgungsleistungen unabhängige Entschädigung des Berechtigten für einen durch die Schädigungsfolgen bedingten wirtschaftlichen Schaden gewährt werden. Dies zeigt auch die geschichtliche Entwicklung des § 30 Abs. 3 BVG. Nach seiner Fassung durch das 1. NOG erhielten erwerbsunfähige Beschädigte, die durch die Art der Schädigungsfolgen beruflich besonders betroffen waren und deshalb einen bestimmten Einkommensverlust hatten, den Berufsschadensausgleich. Würde man aus dieser Fassung des § 30 Abs. 3 BVG - "durch die Art der Schädigungsfolgen beruflich besonders betroffen" - folgern, daß nur diejenigen Erwerbsunfähigen einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich hätten, deren MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist, so wären damit gerade diejenigen Beschädigten vom Berufsschadensausgleich ausgeschlossen, die wegen der Schwere ihrer Beschädigung bereits ohne Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG - also allein aufgrund der medizinischen Folgen ihrer Schädigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - erwerbsunfähig sind. Dieses Ergebnis widerspräche aber gerade dem mit der Einführung des Berufsschadensausgleichs verfolgten Sinn und Zweck. Eine Änderung dieser Rechtslage durch die Neufassung des § 30 Abs. 3 BVG im 2. NOG in der Weise, daß mit seinem Inkrafttreten die Gewährung des Berufsschadensausgleichs an Schwerbeschädigte von einer Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG abhängig sein sollte, ist nicht eingetreten; das wäre eine Verschlechterung auch den erwerbsunfähigen Beschädigten gegenüber gewesen, die bereits nach dem 1. NOG - ohne Bestehen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BVG - Anspruch auf Berufsschadensausgleich hatten. Im Gegenteil stellt die Neufassung des § 30 Abs. 3 BVG durch das 2. NOG eine Verbesserung der Rechtslage dar, die sich schon daraus ergibt, daß nicht nur Erwerbsunfähige, sondern alle Schwerbeschädigten Berufsschadensausgleich erhalten können, daß der Einkommensverlust nicht monatlich DM 100,-, sondern nur DM 75,- zu betragen braucht, daß ferner die Höhe des Ausgleichs statt 3/10 nunmehr 4/10 des Einkommensverlustes und daß der Ausgleich statt bisher höchstens DM 300,- seit dem Inkrafttreten des 2. NOG höchstens DM 400,- monatlich beträgt. Demnach ist für den Zeitraum der Geltungsdauer des 2. NOG, also vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1966, davon auszugehen, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG nicht davon abhängt, daß die MdE des Beschädigten wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist.

Dieselbe Rechtslage ergibt sich für die Zeit nach Inkrafttreten des 3. NOG, dem 1. Januar 1967. Nach § 30 Abs. 3 BVG idF des 3. NOG erhalten Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust), nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 4/10 des auf volle Deutsche Mark nach oben abgerundeten Verlustes, jedoch höchstens DM 500,- monatlich. Wie bereits der 9. Senat des BSG (aaO) ausgeführt hat, ist durch die Neufassung dieser Vorschrift im 3. NOG nunmehr klargestellt, daß der Berufsschadensausgleich unabhängig davon zu gewähren ist, ob die MdE des Beschädigten wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist oder nicht. Soweit in dieser Vorschrift, wie in ihrer Fassung nach dem 2. NOG, die Worte "nach Anwendung des Abs. 2" enthalten sind, haben sie dieselbe Bedeutung wie in § 30 Abs. 3 BVG in seiner früheren Fassung; insoweit kann auf das hierzu oben Gesagte verwiesen werden. Danach ist auch nach dem Inkrafttreten des 3. NOG der Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht davon abhängig, daß die MdE des Schwerbeschädigten wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG erhöht worden ist; vielmehr genügt es, daß der Schwerbeschädigte durch die Schädigungsfolgen einen Einkommensverlust erlitten hat.

Somit hat das LSG § 30 Abs. 3 BVG idF des 2. und 3. NOG verletzt, so daß die Revision begründet ist, soweit das angefochtene Urteil den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Berufsschadensausgleich betrifft. In diesem Umfang mußte es daher auf die Revision des Klägers aufgehoben werden. Da das LSG wegen seiner anderweitigen Rechtsauffassung keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob der Kläger durch die bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen tatsächlich einen Einkommensverlust erlitten hat, der in der Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1966 nach § 30 Abs. 3 BVG idF des 2. NOG mindestens monatlich DM 75,- betragen muß, konnte der Senat in der Sache selbst noch nicht abschließend entscheiden, so daß sie an das LSG zurückverwiesen werden mußte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2284965

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge