Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitslos iS des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG ist der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Arbeitnehmer, auch wenn er sich nicht arbeitslos gemeldet hat.
2. Die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ist zur beruflichen Eingliederung eines Arbeitslosen nicht notwendig iS des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG, wenn der Antragsteller in dem gleichen Zeitraum vermittelt werden kann, in dem bei normaler Lage des Arbeitsmarktes Arbeitslose mit den gleichen beruflichen Merkmalen bis auf nicht nennenswerte Ausnahmen in ihrem Beruf oder gleichwertig vermittelt werden (Anschluß an BSG 1979-12-11 7 RAr 113/78 = SozR 4460 § 12 Nr 5).
3. Die Förderung einer Bildungsmaßnahme nach § 44 Abs 2 Nr 1 AFG setzt die begründete Aussicht voraus, daß der Antragsteller durch die Bildungsmaßnahme beruflich eingegliedert werden kann, dh, daß ihm infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann; daß die Teilnahme für den Antragsteller beruflich zweckmäßig ist, reicht allein nicht aus.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Dienst als Soldat auf Zeit erfüllt nicht die Merkmale einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung iS von § 46 Abs 1 S 1 AFG und steht ihr auch nicht gleich.
2. Ob § 10 Abs 1 S 1 Nr 1 AFuU (Fassung: 1976-03-23), wonach eine Arbeitslosmeldung erforderlich ist, von der Ermächtigung des § 39 AFG gedeckt ist, bleibt offen.
Normenkette
AFG § 44 Abs. 2 Nr. 1, § 39 Fassung: 1969-06-25, § 46 Abs. 1 S. 1; AFuU § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1976-03-23
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger begehrt Leistungen zur Förderung einer beruflichen Bildungsmaßnahme.
Der 1949 geborene Kläger, gelernter Radio- und Fernsehtechniker, war vom 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1975 Soldat auf Zeit; ab März 1972 wurde er bei der Bundeswehr als Elektromechaniker, Fachrichtung Elektrotechnik, eingesetzt. Vom 12. Januar 1976 bis 22. Dezember 1977 besuchte er im Vollzeitunterricht die Elektronikschule T. Nach der erfolgreichen staatlichen Prüfung als Elektrotechniker, Fachrichtung Elektronik, nahm er am 2. Januar 1978 eine Arbeit auf.
Für den Schulbesuch erhielt der Kläger nach dem Soldatenversorgungsgesetz für die Zeit bis zum 11. Juli 1976 einen Ausbildungszuschuß, die Erstattung der Aufnahme- und Lehrgangsgebühren sowie der Kosten für Lernmittel und Exkursionen.
Seinen am 5. Dezember 1975 gestellten Antrag auf Förderung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8. Juni 1976; Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 1976). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 14. September 1978; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 9. Januar 1980). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die zulässige Berufung sei nicht begründet. Die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) für die Förderung der beruflichen Fortbildung seien nicht erfüllt; insbesondere habe der Kläger innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme nicht zwei Jahre eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt, weil er Soldat auf Zeit gewesen sei. Auch aus § 46 Abs 2 AFG ergebe sich keine Verpflichtung der Beklagten zur Förderung, weil die Voraussetzungen nach § 44 Abs 2 Nr 1 bis 3 AFG nicht erfüllt seien. Zwar sei der Kläger vor Beginn der Maßnahme arbeitslos gewesen, auch wenn er sich nicht arbeitslos gemeldet habe, doch sei seine Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zu seiner beruflichen Eingliederung nicht notwendig gewesen (§ 44 Abs 2 Nr 1 AFG). Seine Arbeitslosigkeit habe nämlich in absehbarer und angemessener Zeit durch Vermittlung in Arbeit beendet werden können. Angesichts der Dauer der Maßnahme sei ein Zeitraum von 10 Monaten nach Beginn der Arbeitslosigkeit zugrundezulegen. In dieser Zeit habe die begründete Aussicht bestanden, die Arbeitslosigkeit durch Vermittlung in eine dem Beruf des Klägers und seinem fachlichen Wissen entsprechende Anstellung zu beenden. Bereits im Mai 1976 habe der Förderungsberater M (Arbeitsamt R) festgestellt, daß dem Kläger in absehbarer Zeit ein angemessener Arbeitsplatz hätte vermittelt werden können; auch im Widerspruchsverfahren sei die Vermittlungsabteilung davon ausgegangen, daß dem Kläger bei entsprechender regionaler Mobilität, zu der sich der Kläger unterschriftlich verpflichtet habe, Arbeitsplätze im erlernten Beruf hätten angeboten werden können. Seinerzeit seien im Arbeitsamtsbezirk R und im Bezirk des Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg auf eine offene Stelle etwa zwei bis drei arbeitslose oder als arbeitsuchend gemeldete Fachkräfte gekommen. Bei den Vermittlungschancen des Klägers sei auch zu berücksichtigen, daß er bei der Bundeswehr nicht gänzlich berufsfremd eingesetzt worden sei. Der Schulbesuch sei aber vor allem deshalb nicht notwendig, weil die Vermittlungsaussichten als Elektroniktechniker in der gleichen Zeit und bis zum Abschluß der Maßnahme nicht deutlich besser gewesen seien als die im bisherigen Beruf oder in einer Tätigkeit mit vergleichbarer Qualifikation. So seien im September 1976 in Baden-Württemberg bei 383 arbeitslosen Technikern des Elektronikfaches 87 offene Stellen gemeldet gewesen, in R bei 19 Arbeitslosen 4 offene Stellen. Das Verhältnis der offenen Stellen zu den Arbeitslosen habe sich später zwar kontinuierlich verbessert; diese Verbesserung habe aber auch die Radio- und Fernsehtechnik betroffen. Biete aber die konkrete Bildungsmaßnahme keine hohe Chance für die Beendigung der Arbeitslosigkeit, sei sie nicht notwendig. Während der Zeit, für die das berufliche Schicksal des Arbeitslosen hypothetisch zu ermitteln sei, müßten daher die Verhältnisse im Zielberuf deutlich besser sein als im Ausbildungsberuf. Ebensowenig seien die Voraussetzungen von § 44 Abs 2 Nr 2 und 3 AFG gegeben. Auch zur Verhinderung der Arbeitslosigkeit sei eine Bildungsmaßnahme nicht notwendig, wenn der Arbeitnehmer die Aussicht habe, in absehbarer Zeit einen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten. Über einen beruflichen Abschluß habe der Kläger verfügt. Auf eine Zusage der Förderung könne sich der Kläger nicht berufen; selbst wenn ihm die Förderung zugesagt worden sei, könne die Beklagte, da die Zusage rechtswidrig gewesen wäre, nicht zu einem gesetzwidrigen Verhalten gezwungen werden. Schließlich stehe dem Kläger ein sozialrechtlicher Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Beklagte habe sich nicht pflichtwidrig verhalten; der Kläger sei entgegen seinen Behauptungen über die 1975 bevorstehenden gesetzlichen Änderungen des Förderungsrechts unterrichtet worden.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 44 Abs 2 AFG und bringt hierzu insbesondere vor: Nach § 44 Abs 2 Nr 2 AFG komme es entgegen der Ansicht des LSG nicht auf die Dauer der drohenden Arbeitslosigkeit an. Der Kläger wäre, wenn er nicht die Schule besucht hätte, arbeitslos geworden. Ende September 1975 seien im Arbeitsamtsbezirk R neun Arbeitslose seiner Berufsgruppe gemeldet gewesen; es habe keine offene Stelle gegeben. Bis Mai 1976 habe sich die Zahl der Arbeitslosen auf elf erhöht. Zu Unrecht verneine das LSG die Notwendigkeit des Schulbesuchs zur Vermeidung der Arbeitslosigkeit, indem es nicht auf die Verhältnisse bei Antragstellung abstelle, sondern auf erst später erstellte Statistiken zurückgreife. Die bei Antragstellung im Dezember 1975 vorliegende Statistik für September 1975 habe in der Berufssparte des Klägers für das Land 191 und für R neun Arbeitslose und kein Arbeitsangebot ausgewiesen. Auch im Mai 1976 sei die Situation verändert gewesen. Sollten diese Zahlen nicht schon die Notwendigkeit des Schulbesuchs darlegen, habe es dem LSG oblegen, sich weiteres Zahlenmaterial vorlegen zu lassen; insoweit liege ein Verfahrensfehler vor. Im übrigen binde die Beklagte die dem Kläger Ende Dezember 1975 erteilte Auskunft, es sei aussichtslos, ihn in seinem Beruf unterzubringen. Schließlich sei der Auffassung des LSG zu widersprechen, die Notwendigkeit der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme sei nur dann gegeben, wenn die Vermittlungsaussichten im Zielberuf deutlich besser als im bisherigen Beruf seien; es müsse genügen, wenn der angestrebte Beruf bessere Vermittlungsaussichten biete. Auch hier dürfe die Beurteilung nicht nach Statistiken erfolgen, die die Zeit nach der Antragstellung bzw der Entscheidung des Arbeitsamtes beträfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG und des SG, den Bescheid
sowie den Widerspruchsbescheid aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anrechnung
der Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz
für die Zeit vom 12. Januar 1976 bis 22. Dezember 1977
Unterhaltsgeld sowie Ersatz der notwendigen Kosten
des Schulbesuchs zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend. Die Revision sei schon deshalb unbegründet, weil der Kläger sich nicht arbeitslos gemeldet habe. Dies sei - entsprechend § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 der Anordnung über die berufliche Fortbildung und Umschulung vom 23. März 1976 (ANBA 1976, 559) - AFuU 1976 - - unmittelbar aus § 44 Abs 2 Nr 1 AFG zu fordern (Gagel/Jülicher, Kommentar zum AFG, § 44 RdNr 5). Im übrigen habe der Kläger aufgrund seiner berufsnahen Verwendung bei der Bundeswehr und des Substitutionswerts des erlernten Berufs ausbildungsgerecht durchaus in artverwandten Berufen tätig werden können, zumal da seine regionale Mobilität nicht eingeschränkt gewesen sei. Als Techniker ohne Berufserfahrung habe er dagegen seinerzeit nur schwer, wenn überhaupt, mit anderen Bewerbern konkurrieren können.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Die Zulässigkeit der Berufung, die das Revisionsgericht bei einer zulässigen Revision als eine von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung zu prüfen hat (vgl für viele BSG SozR 1500 § 150 Nr 11 und 18 mwN), hat das LSG zu Recht bejaht, soweit der Kläger Unterhaltsgeld (Uhg) begehrt; insoweit greift keiner der Gründe ein, die nach den §§ 144, 147 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Berufung ausschließen. Dagegen kann dem LSG nicht gefolgt werden, wenn es die vom SG nicht zugelassene Berufung ohne Begründung uneingeschränkt, dh in vollem Umfange auch hinsichtlich der Erstattung der notwendigen Kosten als zulässig angesehen hat. Die Verpflichtung der Beklagten, gemäß § 45 AFG die notwendigen Kosten, die durch eine zu fördernde Bildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, ganz oder teilweise zu tragen, betrifft keinen einheitlichen Anspruch, der von den einzelnen Kostengründen her nur der Höhe nach bestimmt wird; vielmehr sind in § 45 AFG eine Reihe einzelner Ansprüche zusammengefaßt geregelt, die sowohl gegenüber den jeweils anderen Ansprüchen im Rahmen des § 45 AFG als auch gegenüber sonstigen Ansprüchen im Rahmen der beruflichen Bildungsförderung (zB gegenüber dem Uhg-Anspruch) selbständigen Charakter haben und im Verfahren einen selbständigen Streitgegenstand bilden (BSG SozR 1500 § 162 Nr 4; BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4), so daß auch die Zulässigkeit der Berufung für jeden dieser Ansprüche gesondert zu beurteilen ist. Das gilt auch, wenn nur Verurteilung dem Grunde nach begehrt wird; denn auch für den Erlaß eines Grundurteils müssen sämtliche Voraussetzungen für jeden der geltend gemachten selbständigen Ansprüche vorliegen (vgl BSG SozR 1500 § 130 Nr 2; Urteil des Senats vom 17. Februar 1981 - 7 RAr 105/79 -). Eine gesonderte Beurteilung der Zulässigkeit der geltend gemachten Ansprüche hat das LSG nicht vorgenommen; entsprechend fehlen Feststellungen, die für sich oder in Verbindung mit dem Akteninhalt dem Senat eine abschließende Beurteilung erlauben, welche einzelnen Ansprüche (neben dem Anspruch auf Erstattung der regelmäßig halbjährlich zu zahlenden und damit § 144 SGG nicht unterliegenden Lehrgangsgebühren) geltend gemacht sind und inwieweit diese Ansprüche dem Berufungsausschluß nach § 144 SGG unterfallen.
Soweit die Berufung zulässig ist, ist die Revision begründet. Die geltend gemachten Ansprüche auf Förderungsleistungen richten sich, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nach den §§ 34 bis 49 AFG unter Berücksichtigung der Änderungen durch das HStruktG-AFG, das am 1. Januar 1976 in Kraft getreten ist (vgl Art 5 HStruktG-AFG). Nach den unstreitigen Feststellungen des LSG stellt der Besuch der Technikerschule für den Kläger eine berufliche Fortbildung dar; für Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung, die nach dem Inkrafttreten des HStruktG-AFG begonnen haben, hat das Gesetz keine besonderen Überleitungsregelungen vorgesehen (vgl Art 1 § 2 HStruktG-AFG); es sind daher die am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.
Nach § 46 Abs 1 AFG werden Uhg und die notwendigen Kosten solchen Antragstellern gewährt, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt oder Arbeitslosengeld aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Arbeitslosenhilfe bezogen haben; § 107 AFG gilt entsprechend. Diese sogenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er ist innerhalb der letzten drei Jahre vor dem 12. Januar 1976 nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG, die für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), Soldat auf Zeit gewesen. Der Dienst eines Soldaten auf Zeit erfüllt, wie der Senat mehrfach entschieden hat, nicht die Merkmale einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung in diesem Sinne und steht ihr auch nicht gleich; verfassungsrechtlich ist diese Regelung nicht zu beanstanden (vgl Urteil vom 5. Dezember 1978 - 7 RAr 50/77 -; Urteil vom 5. Dezember 1978 - 7 RAr 54/77 -, vgl AuB 1979, 252; Urteil vom 10. Mai 1977 - 7 RAr 37/78 -, vgl AuB 1980, 89; Urteil vom 11. Dezember 1979 - 7 RAr 64/78 -, vgl AuB 1980, 284). Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Antragstellern, die, wie der Kläger, nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, steht nach § 46 Abs 2 AFG ein Anspruch auf Uhg und notwendigen Kosten nur zu, wenn sie ua die Voraussetzungen nach § 44 Abs 2 AFG erfüllen. Nach § 44 Abs 2 AFG erhalten Antragsteller ein Uhg in Höhe von 80 vH des der Bemessung zugrundeliegenden Arbeitsentgelts, wenn die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme notwendig ist, damit ein Antragsteller, der
1. arbeitslos ist, beruflich eingegliedert wird,
2. von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedroht ist nicht
arbeitslos wird,
3. keinen beruflichen Abschluß hat, eine berufliche
Qualifikation erwerben kann.
Diese Voraussetzungen hat das LSG verneint; seine Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um die Tatbestandsmerkmale des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG auszuschließen.
Arbeitslos im Sinne des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG war der Kläger. Unmittelbar vor Eintritt in die Maßnahme stand er nämlich als Arbeitnehmer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Er war damit nach § 101 Abs 1 Satz 1 AFG arbeitslos im Sinne des Gesetzes. Dies ist für § 44 Abs 2 Nr 1 AFG ausreichend; eine Arbeitslosmeldung verlangt die Vorschrift nicht. Zwar hat die Bundesregierung zur Begründung des § 44 Abs 2 AFG ua ausgeführt, zu den unter Nr 1 genannten Personengruppen gehörten Arbeitslose, "die sich als solche beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet haben" (Begründung zu Art 20 § 1 Nr 6a des HStruktG, BT-Drucks 7/4127 S 50). Dieser - durchaus zutreffenden - Erläuterung kann nicht entnommen werden, daß nur solche Arbeitslose für das höhere Uhg in Betracht kommen sollten, die sich auch arbeitslos gemeldet hatten. Eine entsprechende Absicht des Gesetzgebers hat, sollte sie vorhanden gewesen sein, im Gesetz jedenfalls keinen Ausdruck gefunden und ist deshalb unbeachtlich (Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, § 44 Anm 4. 8. Februar 1981; anderer Ansicht Krebs, Kommentar zum AFG, § 44 RdNr 6, Oktober 1979). Nach § 10 Abs 1 Nr 1 AFuU 1976 erhält allerdings das Uhg nach § 44 Abs 2 Nr 1 AFG ein Teilnehmer, der ua vor Eintritt in die Maßnahme beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet ist. Diese am 1. April 1976 in Kraft getretene Anordnung findet jedoch nach der Überleitungsvorschrift des § 23 Abs 2 AFuU 1976 auf den Kläger keine Anwendung, weil er bei Inkrafttreten schon an der Bildungsmaßnahme teilnahm und vorher Leistungen beantragt hatte. Es stellt sich daher nicht die Frage, ob § 10 Abs 1 Nr 1 AFuU 1976 ermächtigungsgedeckt ist, soweit die Vorschrift zusätzlich die Arbeitslosmeldung voraussetzen sollte (bejahend wohl Gagel/Jülicher, Kommentar zum AFG, § 44 RdNr 5). Auf den vom LSG erwähnten § 12 Abs 4 Nr 1 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 idF der 2. Änderungsanordnung vom 27. Februar 1975 (ANBA 1975, 418) - AFuU 1971 - kann in diesem Zusammenhang nicht zurückgegriffen werden. Im Rahmen des § 46 Abs 2 AFG geht es in § 44 Abs 2 AFG darum, ob dem Grunde nach eine Förderung in Betracht kommt. Dies setzt § 12 Abs 4 Nr 1 AFuU 1971 aber voraus; die Vorschrift macht lediglich die volle Erstattung der notwendigen Lehrgangsgebühren davon abhängig, daß sich der Antragsteller arbeitslos gemeldet hat und seine Arbeitslosigkeit ohne Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme nicht beendet werden kann.
Notwendig ist die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme, damit ein Antragsteller, der arbeitslos ist, beruflich eingegliedert wird, wenn die berufliche Eingliederung ohne die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme nicht erreicht werden kann. Die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme muß die einzige Möglichkeit für die berufliche Eingliederung sein; wenn die Arbeitslosigkeit zumutbar auf andere Weise als durch eine Bildungsmaßnahme in absehbarer Zeit sinnvoll beseitigt werden kann, fehlt es an der Notwendigkeit (BSGE 48, 176, 178 = SozR 4100 § 44 Nr 21). Dies ist zB der Fall, wenn die Arbeitslosigkeit in absehbarer, angemessener Zeit durch Vermittlung einer dem Beruf des Antragstellers entsprechenden, berufsnahen oder gleichwertigen Tätigkeit beendet werden kann; die Möglichkeit, die Arbeitslosigkeit durch einen beruflichen Abstieg zu beenden, ist hierbei außer Betracht zu lassen (BSG SozR 4460 § 12 Nr 5). Zutreffend hat das LSG deshalb darauf abgestellt, ob dem Kläger, der die Gesellenprüfung abgelegt hat, in absehbarer, angemessener Zeit der Arbeitsplatz eines Gesellen, Gehilfen oder eines Arbeitnehmers mit vergleichbarer Qualifikation hätte vermittelt werden können. Welcher Zeitraum im Einzelfall absehbar und angemessen ist, richtet sich jedoch entgegen der Ansicht des LAG nicht nach der Dauer der infrage stehenden Bildungsmaßnahme. Absehbar und angemessen ist vielmehr der Zeitraum, in dem bei normaler Lage des Arbeitsmarktes die Arbeitslosen mit den beruflichen Merkmalen wie der Kläger bis auf nicht nennenswerte Ausnahmen in ihrem Beruf oder gleichwertig vermittelt werden können. Dies hat der Senat schon zu § 12 Abs 4 Nr 1 AFuU 1971 entschieden (BSG SozR 4460 § 12 Nr 5). Für § 44 Abs 2 Nr 1 AFG gilt nichts anderes; die Zielsetzung beider Vorschriften ist die gleiche, sie sind daher weitgehend vergleichbar (BSG aaO). In welcher Zeit bei normaler Lage des Arbeitsmarktes Rundfunk- und Fernsehtechniker üblicherweise vermittelt werden, hat das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht nicht festgestellt. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann daher die Ansicht des LSG, im vorliegenden Falle sei zu prüfen, ob der Kläger innerhalb von 10 Monaten seit Beginn der Arbeitslosigkeit im Januar 1976 hätte vermittelt werden können, nicht bestätigt werden; infolgedessen kann die Schlußfolgerung des LSG, es fehle an der Notwendigkeit der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme, weil der Kläger bis Oktober 1976 einen seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz bekommen hätte, keinen Bestand haben, ohne daß es darauf ankommt, ob die Rügen der Revision gegen die Feststellung des LSG, daß der Kläger bis Oktober 1976 vermittelt worden wäre, durchgreifen.
Das LSG hat die Notwendigkeit der Teilnahme des Klägers an der Bildungsmaßnahme ferner verneint, weil die Vermittlungsaussichten im angestrebten Beruf nicht wesentlich besser seien als in dem bisherigen. Auch diese Erwägungen rechtfertigen nach den bisher getroffenen Feststellungen die Klageabweisung nicht.
Kann die Arbeitslosigkeit zumutbar nicht durch Vermittlung und auch nicht durch eine andere Möglichkeit beseitigt werden, die der allgemeinen Zielsetzung des AFG entspricht, und ist die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme geeignet, die berufliche Eingliederung zu fördern, ist die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme im Sinne des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG notwendig. Eine erfolgreiche berufliche Eingliederung nach Abschluß der Maßnahme muß nicht feststehen. Die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme muß jedoch erwarten lassen, daß die Eingliederungschancen nach Abschluß der Maßnahme erheblich verbessert sind; es muß die begründete Aussicht bestehen, daß der Antragsteller durch die Maßnahme beruflich eingegliedert wird, dh, daß ihm infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, es sei ausreichend, daß sich die Vermittlungsaussichten überhaupt besserten, folgt der Senat dem nicht. Die erhöhte Förderung nach § 44 Abs 2 AFG zielt auf Personen ab, an deren beruflicher Fortbildung und Umschulung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse, dh ein Allgemeininteresse besteht (vgl Begründung zu Art 20 § 1 Nr 6a des HStruktG, BT-Drucks 7/4127 S 50). Der Einsatz der erheblich erhöhten Mittel ist daher nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme für den Antragsteller beruflich zweckmäßig ist; die berufliche Eingliederung muß vielmehr ausreichend gewährleistet sein, damit der Antragsteller in den Fällen des § 44 Abs 2 Nr 1 und 2 AFG im Anschluß an die Maßnahme auf eigenen Füßen steht. Das LSG hat dazu festgestellt, die Vermittlungsaussichten als Elektroniktechniker seien in der Zeit von Januar bis Oktober 1976 und darüber hinaus bis zum Abschluß der Maßnahme nicht erheblich besser als im Beruf des Rundfunk- und Fernsehtechnikers gewesen. Die Rüge des Klägers, das LSG habe die tatsächliche Entwicklung nach Beginn des Schulbesuchs bzw nach der Entscheidung der Beklagten nicht berücksichtigen dürfen, geht fehl. Die an sich vor Beginn der Maßnahme anzustellende Prognose hat grundsätzlich auf die Zeit nach dem Abschluß der Maßnahme abzustellen; denn erst nach Abschluß der Maßnahme steht die berufliche Eingliederung des Teilnehmers an. Ist infolge Zeitablaufs eine Prognose nicht mehr erforderlich, kann vielmehr aufgrund des Geschehensablaufs geurteilt werden, darf dieser nicht unberücksichtigt bleiben; andernfalls müßte ggf eine Prognose als richtig bestätigt werden, obwohl sie sich im Zeitpunkt ihrer Bestätigung als falsch erwiesen hat (BSGE 44, 54, 59 = SozR 4100 § 36 Nr 16). Dennoch reichen die Feststellungen des LSG zu einer abschließenden Beurteilung dieses Punktes nicht aus. Abgesehen davon, daß das LSG nicht auf die Zeit nach Abschluß der Maßnahme abgestellt hat, hat es dem Umstand keine Bedeutung zugemessen, daß der Kläger im Anschluß an die Maßnahme einen Arbeitsplatz gefunden hat. Sollte der Kläger, wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat, damit infolge des Schulbesuchs einen Dauerarbeitsplatz gefunden haben, wäre dies ein Anzeichen dafür, daß die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme geeignet war, die berufliche Eingliederung des Klägers zu fördern; eine solche Entwicklung darf nach dem oben Ausgeführten nicht unberücksichtigt bleiben. Zum anderen ist der vom LSG vorgenommene Vergleich nur zutreffend, wenn der Kläger nach Abschluß der Maßnahme nicht mehr als Rundfunk- und Fernsehtechniker vermittelt werden konnte. Kann der Kläger aber (auch) noch in diesem Beruf vermittelt werden, ist auch die Vermittelbarkeit im alten Beruf zu berücksichtigen, die sich zusätzlich infolge der Maßnahme verbessert haben könnte. Daß der Kläger in seinem ursprünglich erlernten Beruf nicht mehr vermittelbar war, hat das LSG nicht festgestellt. Es steht daher nicht fest, ob der angestellte Vergleich zutreffend ist.
Die bisherigen Feststellungen lassen daher nicht die Entscheidung zu, daß der Tatbestand des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG nicht gegeben ist.
Zu Recht hat das LSG jedoch die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Nr 2 und Nr 3 AFG verneint. Der § 44 Abs 2 Nr 2 AFG ergänzt § 44 Abs 2 Nr 1 AFG. Während § 44 Abs 2 Nr 1 AFG arbeitslosen Antragstellern das erhöhte Uhg zukommen läßt, um sie beruflich wieder einzugliedern, erstreckt § 44 Abs 2 Nr 2 AFG die Vergünstigung auf Antragsteller, die zwar noch nicht arbeitslos, jedoch von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Ist der Antragsteller arbeitslos geworden, kommt § 44 Abs 2 Nr 2 AFG nicht mehr zur Anwendung; maßgebend ist der Zeitpunkt unmittelbar vor Beginn der Maßnahme. In diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr nur von Arbeitslosigkeit bedroht; der Kläger war vielmehr arbeitslos, dh als Arbeitnehmer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis (§ 101 Abs 1 Satz 1 AFG). Der Eintritt der Arbeitslosigkeit verschlechtert die Rechtsposition des von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmers nach § 44 Abs 2 AFG nicht; denn auch im Falle des § 44 Abs 2 Nr 2 AFG ist die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme nicht notwendig, wenn dem Arbeitnehmer nach dem Verlust des Arbeitsplatzes in absehbarer angemessener Zeit ein neuer Arbeitsplatz vermittelt werden kann (BSGE 48, 176, 179 = SozR 4100 § 44 Nr 21 mwN; Urteil des Senats vom 13. November 1980 - 7 RAr 74/79 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil des Senats vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 37/78 -, vgl AuB 1980, 89). Ebenso fehlt es an den Tatbestandsmerkmalen des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG. Der Kläger hat seine Lehre als Radio- und Fernsehtechniker erfolgreich mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Damit verfügt er über einen beruflichen Abschluß iS des § 44 Abs 2 Nr 3 AFG (vgl BSGE 48, 176, 180 = SozR 4100 § 44 Nr 21; Urteil vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 37/78 -, vgl AuB 1980, 89; Urteil vom 11. Dezember 1979 - 7 RAr 64/78 -, vgl AuB 1980, 284; Urteil vom 13. November 1980 - 7 RAr 74/79 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die Ausführungen des LSG, daß sich der Kläger auf eine Zusage nicht berufen könne, weisen keine Fehler auf. Für den vom LSG behandelten Schadensersatzanspruch ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben. Der Kläger könnte allenfalls verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er an der Maßnahme nicht teilgenommen, wenn ihn die Beklagte auf die bevorstehende nachteilige Rechtsänderung hingewiesen hätte. Dabei handelt es sich aber um einen auf eine Geldleistung gerichteten Schadensersatzanspruch, der nicht auf die Herstellung eines versicherungsrechtlichen Zustandes gerichtet ist, welcher bestehen würde, wenn die Beklagte pflichtgemäß gehandelt hätte. Für einen solchen auf Geldleistung gerichteten Schadensersatzanspruch ist nicht der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, sondern der zu den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit gegeben (BSGE 41, 260, 262). Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger bei Kenntnis über die bevorstehende Rechtsänderung an einer Bildungsmaßnahme teilgenommen hätte, die vor dem 1. Januar 1976 begonnen hatte und für die er einen Anspruch auf Förderung nach alten Recht haben würde, bestehen nicht, da der Kläger bis zum 31. Dezember 1975 Soldat auf Zeit gewesen ist.
Kann nach alledem aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht bestätigt werden, daß die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Nr 1 AFG nicht gegeben sind und bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte, daß die Klagabweisung aus anderen Gründen zutreffend ist, ist die Revision, soweit die Berufung unzweifelhaft zulässig ist, im Sinne der Zurückverweisung begründet. Muß die Sache deshalb an das LSG zurückverwiesen werden, kann dem LSG die Klärung überlassen werden, welche Ansprüche der Kläger im einzelnen mit den Worten "Ersatz der notwendigen Kosten" begehrt und hinsichtlich welcher dieser Ansprüche die Berufung ggfs unzulässig ist; die mögliche Klärung in der Revisionsinstanz ist untunlich.
Das Urteil des LSG ist daher insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Erstattung der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen