Leitsatz (amtlich)

Überträgt ein Bundesland die Durchführung des Rettungsdienstes auf den Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), ist zuständiger Träger der Unfallversicherung für die im Rettungsdienst tätigen Beschäftigten des DRK (Kraftfahrer und Sanitäter) nach § 653 Abs 1 Nr 4 RVO der Bund.

 

Normenkette

RVO § 653 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 27.01.1982; Aktenzeichen L 6 U 20/81)

SG Oldenburg (Entscheidung vom 13.01.1981; Aktenzeichen S 7 U 164/78)

 

Tatbestand

Die Klägerin hat aus Anlaß des Arbeitsunfalls des Kraftfahrers und Sanitäters L T (T.) am 6. Mai 1977 Leistungen für dessen Heilbehandlung erbracht. Sie begehrt die Feststellung, daß das beklagte Land oder der beigeladene Gemeindeunfallversicherungsverband der für diese Leistungen zuständige Unfallversicherungsträger ist.

T. war als Kraftfahrer und Sanitäter beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), Kreisverband K-S, angestellt. Der Kreisverband ist eine Gliederung des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz. Am Unfalltag wurde T. zu einem Notfall gerufen. Beim Einladen des Kranken in den Sanitätskraftwagen wurde T. am Kopf und an der rechten Hand verletzt. Die Kosten der erforderlichen Heilbehandlung trug die Klägerin. Sie ist der Auffassung, daß der Beklagte oder der Beigeladene leistungspflichtig sei, weil T. im Unfallzeitpunkt nicht für eine Bereitschaft oder ein verwandtes Tätigkeitsgebiet des DRK, sondern für den Rettungsdienst des Landes Rheinland-Pfalz tätig gewesen sei. Seinen Unfallversicherungsschutz genieße T. deshalb als Betriebsangehöriger des Landes Rheinland-Pfalz und nicht als Mitglied des DRK. T. war wegen der Unfallfolgen nicht arbeitsunfähig. Er hat auch keine Entschädigungsansprüche geltend gemacht.

Die Klage auf Feststellung des zuständigen Versicherungsträgers hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg abgewiesen (Urteil vom 13. Januar 1981). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen zurückgewiesen (Urteil vom 27. Januar 1982). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: T. sei am Unfalltag in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen tätig und nach § 539 Abs 1 Nr 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gegen Arbeitsunfall versichert gewesen. Hierfür sei die Klägerin nach § 653 Abs 1 Nr 4 RVO der zuständige Träger der Unfallversicherung. Zwar habe T. nicht einer Bereitschaft des DRK angehört, jedoch erstrecke sich die Zuständigkeit der Klägerin auch auf Versicherte in den den Bereitschaften verwandten Tätigkeitsgebieten des DRK. Dies schließe Tätigkeiten ein, die das DRK nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder durchführe. Der DRK-Rettungsdienst in Rheinland-Pfalz leiste ebenso wie die DRK-Bereitschaften Hilfe bei Unglücksfällen. Deshalb müsse der Einsatz des T. am 6. Mai 1977 als eine den DRK-Bereitschaften verwandte Tätigkeit iS des § 653 Abs 1 Nr 4 RVO angesehen werden, wobei es unerheblich sei, daß T. als hauptberuflicher Mitarbeiter tätig geworden sei.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen damit begründet, daß der Beklagte nach dem Landesgesetz über den Rettungsdienst in Rheinland-Pfalz Träger des Rettungsdienstes sei, auch wenn er die Durchführung des Rettungsdienstes dem DRK übertragen habe.

Die Klägerin beantragt, die Urteile des LSG Niedersachsen vom 27. Januar 1982 und des SG Oldenburg vom 13. Januar 1981 aufzuheben und festzustellen, daß der Beklagte, hilfsweise der Beigeladene, der für den Arbeitsunfall vom 6. Mai 1977 zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie tragen vor, daß der Rettungsdienst im Land Rheinland-Pfalz zwar eine öffentliche Aufgabe sei, das Land die Durchführung des Rettungsdienstes jedoch auf das DRK übertragen habe. Ihre Zuständigkeit sei deshalb nicht gegeben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 2 SGG) der Klägerin ist zu Recht abgewiesen worden. Die Klägerin hat die aus Anlaß des Arbeitsunfalls des T. erbrachten Leistungen für dessen Heilbehandlung selbst zu tragen, weil sie der für die Entschädigung des Arbeitsunfalls zuständige Träger der Unfallversicherung ist.

Wie der erkennende Senat bereits wiederholt entschieden hat, gehört das DRK zu den Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen (BSGE 51, 176, 177; 49, 222, 225; auch schon Urteil vom 31. Januar 1969 - 2 RU 13/65 - ebenso der 8. Senat des BSG SozR 2200 § 653 Nr 4). Da T. beim DRK-Kreisverband K-S angestellt war, gehörte er zur Zeit des Unfalls zu den in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen gemäß § 539 Abs 1 Nr 8 RVO gegen Arbeitsunfall versicherten Personen. Der am 6. Mai 1977 im ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit als Kraftfahrer und Sanitäter des DRK bei einer Hilfeleistung erlittene Unfall des T. war daher ein Arbeitsunfall (§ 548 Abs 1 RVO).

Zuständiger Träger der Unfallversicherung ist im vorliegenden Fall nach § 653 Abs 1 Nr 4 RVO die Klägerin. Nach dieser Vorschrift ist der Bund Träger der Versicherung für Versicherte in den Bereitschaften und verwandten Tätigkeitsbereichen des DRK. Wie der Senat gleichfalls schon entschieden hat, rechtfertigt der umfassende Ausdruck "verwandte Tätigkeitsbereiche" die Annahme der Bundeszuständigkeit für solche DRK-Unternehmen, die der Hilfe bei Unglücksfällen dienen und den Bereitschaften des DRK insofern verwandt sind. Die DRK-Bereitschaften sind - ua - Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen (BSGE 49, 222, 225 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 31. Januar 1969 - 2 RU 13/65 -). Nach der weitreichenden Fassung des § 653 Abs 1 Nr 4 RVO ist grundsätzlich jedwede dem DRK zurechenbare Tätigkeit dem Bund zuzurechnen (BSGE 51, 176, 178; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 523).

Hieran ändert sich nichts dadurch, daß T. im Rahmen des Rettungsdienstes aufgrund des Landesgesetzes über den Rettungsdienst in Rheinland-Pfalz (Rettungsdienstgesetz -RettDG-) vom 17. November 1974 (GVBl 625) tätig war. Nach diesem Gesetz ist der Rettungsdienst zwar eine öffentliche Aufgabe (§ 1 Abs 1 RettDG), und Träger des Rettungsdienstes sind das Land, die Landkreise und die kreisfreien Städte (§ 2 Abs 1 RettDG). Jedoch haben die zuständigen Behörden aufgrund gesetzlicher Ermächtigung die Durchführung des Rettungsdienstes dem Landesverband Rheinland-Pfalz des DRK übertragen (§ 4 Abs 1 und 2 RettDG), zu dessen Gliederungen der DRK-Kreisverband K-S gehört, bei dem T. angestellt war. Das Land Rheinland-Pfalz betreibt den Rettungsdienst nicht als eigenes Unternehmen, sondern bedient sich des Unternehmens des DRK-Landesverbandes mit seinen Gliederungen. In einem solchen Fall bleibt der Bund der zuständige Unfallversicherungsträger.

Die Revision der Klägerin mußte daher zurückgewiesen werden.

Eine Kostenentscheidung entfällt (§ 193 Abs 4 SGG).

 

Fundstellen

BSGE, 163

Breith. 1984, 381

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge