Verfahrensgang
LSG Hamburg (Urteil vom 06.06.1991) |
SG Hamburg (Urteil vom 30.11.1989) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juni 1991 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 1989 insoweit als unzulässig verworfen wird, als die Beklagte verurteilt worden ist, 2.768,82 DM an die Klägerin auszuzahlen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Zahlung von Schlechtwettergeld (SWG), Wintergeld (WG) und von Beitragszuschüssen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Klägerin, bei der kein Betriebsrat besteht, betreibt ein Unternehmen, das sich mit der Sanierung von Schornsteinen und Mauerarbeiten beschäftigt. Am 3. Mai 1988 beantragte sie beim Arbeitsamt (ArbA) für Zeiten im November und Dezember 1987 und im Januar, Februar und März 1988 die Zahlung von verauslagtem WG und SWG für drei Arbeitnehmer sowie die entsprechende Gewährung von Zuschüssen zu deren Rentenversicherungsbeiträgen. Im einzelnen ging es um Leistungen für die Arbeitnehmer W … und R … (SWG für den 12., 16., 17., 19., 20. November 1987, 7. bis 10. Dezember 1987, 8. Februar bis 18. März 1988; WG für den 1. bis 4. Dezember 1987, 11. bis 22. Dezember 1987, 4. Januar bis 5. Februar 1988, 21. bis 31. März 1988) sowie für den Arbeitnehmer B … (SWG für den 12., 16., 17., 19., 20. November 1987).
Mit Bescheid vom 21. Juli 1988 bewilligte das ArbA SWG in Höhe von 4.070,40 DM, WG in Höhe von 1.472,– DM und einen Beitragszuschuß zur Rentenversicherung in Höhe von 380,59 DM (insgesamt 5.922,99 DM). Im Ergebnis für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 lehnte das ArbA die Zahlung von SWG ab, weil die Klägerin den witterungsbedingten Arbeitsausfall insoweit nicht angezeigt habe. Gegen die bewilligten Gesamtleistungen in Höhe von 5.922,99 DM rechnete das ArbA mit einer (angeblichen) Forderung auf rückständige Winterbau-Umlage (§ 186a Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫) zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren in Höhe von 3.225,52 DM auf, so daß im Bescheid vom 21. Juli 1988 ein Zahlbetrag von nur noch 2.697,47 DM festgesetzt wurde, der dann auch zur Auszahlung gelangte.
Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit der Begründung zurück, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, daß die Anzeige für den Ausfall vom 7. bis 10. Dezember 1987 rechtzeitig zur Post gegeben worden sei. Hinsichtlich des aufgerechneten Umlagebeitrages erhalte sie vom Landesarbeitsamt (LArbA) Schleswig-Holstein/Hamburg direkt Kenntnis (Widerspruchsbescheid vom 23. August 1988). Diesen Umlageforderungen samt Nebenkosten lag ein Leistungsbescheid der Beklagten vom 16. Juni 1987 zugrunde, dem die Klägerin widersprochen hatte. Hierzu erging der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1989 (Widerspruchsstelle: LArbA).
Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1988 insoweit aufgehoben, als damit die Gewährung von SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 abgelehnt und in Höhe von 3.225,52 DM eine Aufrechnung erklärt wurde. Es hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 SWG zu gewähren sowie 3.225,52 DM auszuzahlen. Im Urteil des SG vom 30. November 1989 ist ausgeführt, daß die Berufung hinsichtlich des Anspruchs auf SWG für die vier Tage gemäß § 144 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zulässig sei.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG dahin geändert, „daß neben Schlechtwettergeld für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 statt 3.225,52 DM von der Beklagten lediglich noch 2.768,82 DM Schlechtwettergeld an die Klägerin zu zahlen sind”. Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juni 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 1989 abgewiesen (Urteil vom 6. Juni 1991).
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, hinsichtlich des Anspruchs auf SWG für 4 Tage sei die Berufung gemäß § 150 Nr 2 SGG zulässig, da die Beklagte wirksam einen Verfahrensfehler des SG gerügt habe. In der Sache habe das SG den Anspruch der Klägerin auf SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 im Ergebnis jedoch richtigerweise bejaht. Die Umlageforderungen der Beklagten bestünden zwar zu Recht, so daß die insoweit angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden seien. Jedoch sei die von der Beklagten erklärte Aufrechnung unwirksam. Die Beklagte habe nämlich die Aufrechnung erklärt, ohne zuvor Ermessenserwägungen darüber anzustellen, ob sie dieses Gestaltungsrecht nutzen wolle. Eine Ermessensentscheidung sei erforderlich gewesen, weil es sich bei Ansprüchen auf SWG um Sozialleistungen iS des § 51 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) handele und eine „Ermessensschrumpfung auf Null” nicht vorliege. Allerdings habe das SG-Urteil abgeändert werden müssen. Die Beklagte sei nämlich nur zur Auszahlung von 2.768,82 DM verpflichtet, weil – was das SG übersehen habe – sie während des Klageverfahrens Umlagebeiträge in Höhe von 456,70 DM an die Klägerin zurückerstattet habe.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und eine Verletzung der §§ 51 SGB I, 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gerügt. Sie trägt vor, für die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Erstattung von verauslagtem WG und SWG fänden die allgemeinen Regeln der §§ 387 ff BGB Anwendung, da es sich insoweit nicht um Sozialleistungen iS des SGB I handele. Beim Anspruch der Klägerin handele es sich um einen gesetzlich im AFG nicht ausdrücklich geregelten „Erstattungsanspruch” für verauslagtes WG und SWG, auf den § 51 SGB I keine Anwendung finde. Im übrigen stehe der Forderung der Klägerin § 242 BGB entgegen, wonach derjenige rechswidrig handle, der aufgrund einer formellen Rechtsposition etwas fordere, was er nach Erhalt sogleich wieder zurückgeben müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Juni 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. November 1989 – soweit es nicht abgeändert worden ist – aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, für die von der Beklagten erklärte Aufrechnung fehle es an der Gegenseitigkeit der Forderungen und am Bestehen einer fälligen Forderung der Beklagten, da die Winterbau-Umlage bereits gezahlt worden sei. Im übrigen habe die Beklagte, wie vom LSG zutreffend ausgeführt, eine notwendige Ermessensentscheidung nicht getroffen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch ein Anspruch der Klägerin auf Auszahlung von 2.768,82 DM. Nur insoweit hat das LSG die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung von 3.225,52 DM durch das SG bestätigt; hinsichtlich des Auszahlungsbetrages von 456,70 DM hatte die Berufung der Beklagten mithin Erfolg. Darüber hinaus hat das LSG die Verurteilung der Beklagten durch das SG zur Zahlung von SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 bestätigt. Zum letzteren Punkt hat die Beklagte das Urteil des LSG nicht angegriffen. Sie hat im Revisionsverfahren zwar beantragt, das Urteil des LSG insgesamt und das Urteil des SG – soweit es nicht bereits abgeändert worden ist – aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen. Der Wortlaut des Revisionsantrags der Beklagten geht mithin dahin, die Entscheidung der Vorinstanzen auch hinsichtlich des Anspruchs auf SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 aufzuheben. Indessen ist der Senat an die Fassung des Antrages nicht gebunden, sondern nur an den erhobenen Anspruch (§§ 123, 165, 153 Abs 1 SGG). Letzterer ist maßgeblich, wenn er vom Wortlaut des Antrags abweicht. So ist es hier. In der Sache geht es der Beklagten, wie sie in ihrer Revisionsbegründung ausdrücklich klarstellt, nur noch um die Wirksamkeit der erklärten Aufrechnung. Hinsichtlich des Anspruchs auf SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 teilt sie ausdrücklich die Ansicht des LSG und der Klägerin. Insoweit ist damit das Urteil des LSG rechtskräftig geworden.
Eine Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Die Revision der Beklagten ist nämlich bereits deshalb unbegründet, weil ihre Berufung gegen das Urteil des SG unzulässig ist. Diese Frage ist auch bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen; denn die Zulässigkeit der Berufung gehört zu den Prozeßvoraussetzungen (vgl BSG SozR 1500 Nrn 11, 18, jeweils mwN; nicht veröffentlichtes Urteil des Senats vom 22. März 1989 – 7 RAr 52/88). Das SG hat die Berufung nicht zugelassen (§ 150 Nr 1 SGG). Daß nach der dem Urteil des SG beigefügten Rechtsmittelbelehrung dieses Urteil – abgesehen vom Anspruch auf SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 – mit der Berufung uneingeschränkt angefochten werden konnte, ist ohne Belang. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung kann die Rechtsmittelzulassung nicht ersetzen. Denn die Zulassung erfordert eine Entscheidung des Gerichts, eine Belehrung ist indessen keine Entscheidung (vgl BSGE 2, 121, 125 f; BSGE 22, 181, 186 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; Bley in Peters/Sautter/Wolff, Komm zum SGG, 4. Aufl, § 150 Rz 11 mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl 1991, § 150 Rz 7).
Die Berufung wäre deshalb nur zulässig, wenn sie nicht nach § 144 Abs 1 SGG ausgeschlossen war oder – falls dieses der Fall war – die Voraussetzungen des § 150 Nr 2 SGG erfüllt sind. Beide Vorschriften ergeben jedoch nicht die Zulässigkeit der Berufung. Nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGG ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen auf einmalige Leistungen, nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen (drei Monaten). Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, welcher der beiden Tatbestände einschlägig ist; denn jeder von beiden führt hier zur Unzulässigkeit der Berufung. Desgleichen scheidet die Zulässigkeit der Berufung nach § 150 Nr 2 SGG aus; denn die Beklagte hat nicht wirksam iS dieser Vorschrift einen Mangel im Verfahren des SG vor dem LSG gerügt.
Ansprüche auf SWG und WG sind, wenn sie für mehr als einen Ausfalltag geltend gemacht werden, wiederkehrende Leistungen iS des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG. Deshalb ist die Berufung gem § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber als Prozeßstandschafter seiner Arbeitnehmer die Gewährung von SWG und WG für längstens dreizehn Wochen (drei Monate) geltend macht (BSGE 22, 181, 184 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; BSG SozR 1300 § 50 Nr 17; nicht veröffentlichtes Urteil des Senats vom 22. März 1989 – 7 RAr 52/88). Eine solche Sachlage ist hier gegeben, wie noch auszuführen ist. Ob § 144 Abs 1 Nr 2 SGG auch dann Anwendung findet, wenn die den einzelnen Arbeitern zustehenden Beträge feststehen und zwischen dem Arbeitgeber und der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) lediglich streitig ist, ob der Arbeitgeber die Auszahlung der den Arbeitern bewilligten Gelder (in voller Höhe oder durch Aufrechnung gegebenenfalls reduziert) an sich verlangen kann, weil er – wie im vorliegenden Fall – für die BA in Vorlage getreten ist und die Beträge in entsprechender Höhe seinen Arbeitern (als SWG und WG) ausgezahlt hat, kann dahinstehen (vom Senat schon offengelassen in BSG SozR 1300 § 50 Nr 17). Denn in diesem Fall ergäbe sich der Berufungsausschluß aus § 144 Abs 1 Nr 1 SGG, weil dann Ansprüche auf einmalige Leistungen im Streit stünden.
Der Anwendung des § 144 Abs 1 SGG steht nicht entgegen, daß die Beteiligten im wesentlichen nicht um Grund oder Höhe von Ansprüchen auf SWG und WG streiten, sondern um die Wirksamkeit einer Aufrechnung gegen solche Ansprüche. Das Klageziel (der prozessuale Anspruch) ist ungeachtet dessen auf die Zahlung von Sozialleistungen in der Gestalt von SWG und WG gerichtet. Es wird nicht dadurch verändert, daß die Beklagte geltend macht, sie habe diese – bindend festgestellten – Ansprüche bereits durch Aufrechnung erfüllt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat deshalb regelmäßig entschieden, daß sich in Fällen der Aufrechnung und Verrechnung die Zulässigkeit der Berufung nicht nach der Forderung richtet, mit der aufgerechnet oder verrechnet worden ist, sondern nach dem Anspruch auf die Sozialleistung, die der Berechtigte im Prozeß ungekürzt geltend macht (BSGE 3, 279, 283; BSGE 4, 261, 262 = SozR Nr 4 zu § 146 SGG; BSGE 5, 155, 157 f; Urteil vom 30. Juni 1981 – 5b/5 RJ 18/80 USK 81101 S 412 – in BSG SozR 1200 § 51 Nr 10 insoweit nicht abgedruckt –; nicht veröffentlichter Beschluß des Senats vom 23. April 1992 – 7 BAr 106/91; BSG SozR 1500 § 147 Nr 8; vgl auch Bley, aaO, § 146 Rz 21; Meyer-Ladewig, aaO, § 146 Rz 5). So hat der 5. Senat des BSG für den insoweit vergleichbaren Ausschlußgrund des § 146 SGG entschieden, daß um Rente für bereits abgelaufene Zeiträume auch dann gestritten wird, wenn nicht die Berechnung der Rente selbst, sondern ihre uneingeschränkte Auszahlung in Streit ist, weil gegen sie mit einer anderen Forderung verrechnet worden ist, da es auch hier um die Auszahlung dieser Rente gehe (BSG USK 81101 S 412). Für die Auszahlung von SWG und WG gilt nichts anderes, wenn sie (teilweise) mit der Begründung verweigert wird, der Anspruch sei bereits durch Aufrechnung erloschen.
Auf der Grundlage des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG folgt die Unzulässigkeit der Berufung hier daraus, daß als Gegenstand der Berufung wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen zu gelten haben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage ist der vom Berufungskläger verfolgte Anspruch grundsätzlich im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels (BSGE 37, 64, 65 = SozR Nr 1 zu § 11 AA v 31.10.1969 mwN). Insoweit betraf die Berufung der Beklagten ihre Verurteilung zur Gewährung von SWG für die Arbeitnehmer W … und R … für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 sowie zur Auszahlung von 3.225,52 DM, die sich nach Auffassung des SG aus der Einbehaltung des bereits bewilligten SWG und WG für die Arbeitnehmer W …, R … und B … als Folge der erklärten Aufrechnung ergaben. Zwar hat das LSG nicht festgestellt (ebensowenig das SG), auf welche der (täglichen) Ansprüche auf SWG und WG sich die Aufrechnung der Beklagten mit ihrer Umlageforderung beziehen sollte. Die Feststellungen ergeben lediglich, daß sie nicht die SWG-Ansprüche für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 betraf. Die fehlenden Feststellungen sind jedoch für die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Berufung der Beklagten entbehrlich; denn diese ergibt sich auch dann aus § 144 Abs 1 Nr 2 SGG, wenn die Beklagte gegen sämtliche in Betracht kommenden Auszahlungsansprüche aufgerechnet hätte.
Es liegt hier eine Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche vor, die hinsichtlich ihrer Berufungsfähigkeit jeweils eigenständig zu prüfen und zu behandeln sind (BSGE 8, 228, 231 f; BSG SozR 1500 § 144 Nr 33). Es ist deshalb einerseits zwischen den Ansprüchen auf SWG und WG zu unterscheiden, andererseits zwischen den jeweiligen Ansprüchen der einzelnen Arbeitnehmer W …, R … und B ….
SWG und WG sind nach Funktion, Finanzierung und Ausgestaltung materiell-rechtlich verschiedene Leistungen. Sie sollen zwar gemeinsam dazu beitragen, die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeiter des Baugewerbes in der Winterzeit zu stabilisieren; sie haben jedoch nicht nur zur Verwirklichung dessen verschiedene konkrete Zielrichtungen (vgl zum SWG: BSGE 22, 181, 182 f = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; zum WG: BSGE 43, 255, 267 = SozR 4100 § 80 Nr 1; SozR 4100 § 141 b Nr 10), sondern zugleich jeweils eigenständigen prozessualen Charakter (vgl das schon erwähnte Urteil des Senats vom 22. März 1989 – 7 RAr 52/88). Hiervon ausgehend beinhaltet keiner der prozessualen Ansprüche der Arbeiter B …, W … und R …, auf die sich die Aufrechnung der Beklagten theoretisch beziehen kann, wiederkehrende Leistungen von mindestens 13 Wochen. Insoweit ist ferner zu beachten, daß weder die Ansprüche der einzelnen Arbeiter auf SWG und WG noch die artgleichen Ansprüche verschiedener Arbeiter desselben Arbeitgebers für die Berechnung des Zeitraumes nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG zusammengerechnet werden dürfen.
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist beim SWG für die Berechnung dieses Zeitraumes nicht die Zeit zwischen dem ersten und dem letzten Tag, für den die Leistung verlangt wird (12. November 1987/18. März 1988), maßgebend. Diese Berechnungsart würde nämlich bedeuten, daß die Statthaftigkeit der Berufung allein von dem Zufall abhinge, zu welchem Zeitpunkt der erste und der letzte Ausfalltag angefallen sind, bzw hinsichtlich welcher Ausfalltage eine Aufrechnung erklärt wird, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen, in die Zwischenzeit fallenden Ausfalltage. Es bräuchten andernfalls nur zwei Ausfalltage gegeben sein, die jeweils möglichst am Beginn und am Ende der Schlechtwetterzeit liegen müßten, damit die Berufung statthaft wäre. Die Statthaftigkeit der Berufung hinge dann nicht von der Beschwer des Berufungsklägers ab; auch würden Bagatellfälle von der Berufungsinstanz nicht ausgeschlossen. Aus dem letztgenannten Grunde kann auch die Schlechtwetterzeit (1. November bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 2 AFG) nicht maßgebend sein; andernfalls würde selbst dann, wenn nur für zwei Tage SWG geltend gemacht wird, die Berufung immer zulässig sein. Maßgebend sind folglich die von den tatsächlichen Ausfalltagen gekennzeichneten Zeiträume (BSGE 22, 181, 184 f = SozR Nr 26 zu § 144 SGG). Daraus folgt vorliegend die Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich der SWG-Ansprüche. Wird für die Anwendung des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG allein auf die jeweils zusammenhängend verlaufenen Zeiträume abgestellt, wären ungeachtet der arbeitsfreien Samstage und Sonntage die Zeiträume 12. November, 16. bis 20. November, 7. bis 10. Dezember 1987 und 8. Februar bis 18. März 1988 mit der Folge für sich zu betrachten, daß jeder dieser prozuessualen Ansprüche dem Berufungsausschluß unterfällt. Aber selbst wenn statt dessen die Beschwer des Berufungsklägers nach der Gesamtheit der Ausfalltage beurteilt wird, für die SWG geltend gemacht wird (W … und R … je 39, B … 5), unterfällt das Begehren der Klägerin dem Berufungsausschluß; denn sogar unter Einschluß der arbeitsfreien Samstage und Sonntage wird SWG dann nur für rund 8 Wochen verlangt. Es stellt sich hier daher nicht die Frage, ob auf die jeweils zusammenhängenden Zeiträume oder auf die Gesamtheit der Ausfalltage abzustellen ist (vgl BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 und 1500 § 144 Nr 18; Urteil des Senats vom 22. März 1989 – 7 RAr 52/88).
Dasselbe gilt für die Ansprüche auf WG. Nicht anders als das SWG zählt das WG zu den Leistungen, die wiederkehrend gezahlt werden (BSG SozR 1500 § 150 Nr 11). Das ergibt sich schon daraus, daß es dem Anspruchsberechtigten für jede Arbeitsstunde gewährt wird, die er – abgesehen von den acht Tagen vom 25. Dezember bis 1. Januar – in der Förderungszeit (1. Dezember bis 31. März, § 75 Abs 2 Nr 1 AFG) erbracht hat (§ 80 Abs 1 AFG). Auch die Ansprüche auf WG, die die Klägerin geltend macht, umfassen nicht Leistungen für 13 Wochen (drei Monate), und zwar weder je für sich noch in ihrer Gesamtheit. Insoweit ist aus den schon genannten Gründen ebenfalls nicht der Zeitraum zwischen dem ersten und dem letzten Tag, für die WG verlangt wird (1. Dezember 1987 bis 31. März 1988), oder die Förderungszeit maßgebend. Da selbst die Gesamtheit der (45) Tage, für die mit WG zu belegenden Arbeitsstunden geltend gemacht werden, lediglich rund neun Wochen umfassen, ist ein Fall des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG gegeben.
Unerheblich ist demgegenüber, daß die Klägerin, zählt man die Zeiträume für SWG und WG zusammen, Ansprüche für mehr als 13 Wochen (drei Monate) geltend macht; denn die Statthaftigkeit der Berufung ist für jeden Anspruch gesondert zu prüfen. Daran ändert es nichts, daß die Beklagte über beide Leistungen in dem gleichen Bescheid entschieden hat (BSG SozR 1500 § 144 Nrn 2 und 4 und § 146 Nrn 2 und 14; Urteil des Senats vom 22. März 1989 – 7 RAr 52/88).
Die Berufung ist auch ausgeschlossen, soweit das SG über den von der Klägerin geltend gemachten Beitragszuschuß zur gesetzlichen Rentenversicherung entschieden hat. Bei diesen Ansprüchen handelt es sich zwar um eigenständige Ansprüche der Klägerin, doch sind diese vom Anspruch auf SWG abhängig. Sie teilen hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung das Schicksal der Ansprüche auf SWG, wenn die präjudiziellen Ansprüche auf SWG gleichzeitig geltend gemacht werden. So hat der Senat im Urteil vom 12. Dezember 1985 entschieden, daß die Berufung trotz Vorliegens eines Berufungsausschlußgrundes auch hinsichtlich der vom SWG abhängigen Ansprüche auf Beitragszuschüsse zur Rentenversicherung zulässig ist, soweit sie Ansprüche auf SWG betrifft, hinsichtlich deren die Berufung zulässig ist (BSG SozR 1500 § 144 Nr 33). Diese Akzessorietät gilt ebenso im (umgekehrten) Fall der Unzulässigkeit der Berufung wegen der Ansprüche auf SWG, zumal da die Beitragszuschüsse ihrer Höhe nach nur einen Bruchteil der Ansprüche auf SWG ausmachen, so daß der Zweck des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG, für Bagatellstreitigkeiten die Berufung auszuschließen, für Beitragszuschüsse erst recht gilt, wenn sogar die Entscheidung über das SWG nicht berufungsfähig ist.
Damit ist die Berufung in jedem Fall gemäß § 144 Abs 1 SGG unzulässig. Ihre Zulässigkeit ergibt sich auch nicht aus § 150 Nr 2 SGG. Nach dieser Vorschrift wäre die Berufung ungeachtet des Berufungsausschlusses nach § 144 Abs 1 SGG zulässig, wenn die Klägerin vor dem LSG einen wesentlichen Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens gerügt hätte. Eine Verfahrensrüge hat sie jedoch nur hinsichtlich des Anspruchs auf SWG für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 erhoben, so daß eine Zulässigkeit der Berufung hinsichtlich der Entscheidung des SG über die prozessual selbständigen Ansprüche auf WG gemäß § 150 Nr 2 SGG von vornherein ausscheidet.
Wegen des Anspruchs auf SWG ist die Berufung jedoch ebenfalls nicht nach § 150 Nr 2 SGG zulässig. Insoweit ist eine rechtliche Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nicht bereits deshalb entbehrlich, weil die Beklagte, soweit sie im Berufungsverfahren hinsichtlich des SWG-Anspruchs für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 einen Verfahrensfehler des SG gerügt hat, eine Aufhebung des Berufungsurteils und eine Abweisung der Klage im Revisionsverfahren nicht mehr geltend macht. Ein Verfahrensfehler des SG bei der Entscheidung über die SWG-Ansprüche für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 könnte sich nämlich auf die Zulässigkeit der Berufung der gesamten SWG-Ansprüche – also auch soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind – auswirken, wenn die SWG-Ansprüche für sämtliche, auch nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Ausfalltage als einheitlicher prozessualer Anspruch beurteilt werden müßten. In diesem Fall könnte sich eine Verfahrensrüge in bezug auf Teilansprüche auch dann, wenn diese nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, wegen der Einheitlichkeit des prozessualen Anspruchs (mittelbar) auf andere, noch streitige Teilansprüche auswirken. Auch an dieser Stelle ist nicht zu entscheiden, ob diese Einheitlichkeit des prozessualen Anspruches für SWG-Ansprüche bei nicht aufeinanderfolgenden Ausfalltagen anzunehmen ist. Der von der Beklagten im Berufungsverfahren behauptete Verfahrensfehler könnte nämlich allenfalls dann zur Zulässigkeit der jetzt noch streitgegenständlichen SWG-Ansprüche führen, wenn er im Sinne des § 150 Nr 2 SGG ordnungsgemäß gerügt war und tatsächlich vorlag.
Ob das Verfahren des SG tatsächlich an einem wesentlichen Mangel (Verfahrensfehler) leidet, bedarf keiner Entscheidung. Entgegen der Auffassung des LSG hat die Beklagte nämlich einen solchen Verfahrensfehler nicht in der erforderlichen Weise gerügt. Diese Rüge bedarf zwar nicht der besonderen Form der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren, weil eine dem § 164 Abs 2 Satz 3 SGG entsprechende Vorschrift für das Berufungsverfahren fehlt. Erforderlich ist aber wenigstens die genaue Angabe derjenigen Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben (BSG SozR 1500 § 150 Nr 18 mwN; Meyer-Ladewig, aaO, § 150 Rz 19). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht. Sie hat ihre Rüge der mangelnden Sachaufklärung allein darauf gestützt, das SG hätte seine Schlußfolgerung, die Schlechtwetteranzeige für die Zeit vom 7. bis 10. Dezember 1987 sei rechtzeitig abgesandt worden, nicht einfach aus der Erklärung „der Klägerin” und der unzureichenden Auskunft der Steuerberaterin stützen dürfen, sondern den Sachverhalt weiter aufklären müssen, zumal die Klägerin die Beweislast für ihre Behauptung trage. Die Beklagte hat mit diesem vom LSG in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 1991 protokollierten Vorbringen weder dargelegt, weshalb sich das SG aus seiner Sicht nicht mit den durchgeführten Ermittlungen hätte begnügen dürfen, noch hat die Beklagte begründet, inwieweit sich die Beweislast auf die Amtsermittlungspflicht konkret ausgewirkt hat; sie hat, worauf es maßgeblich ankommt, nicht einmal ansatzweise vorgetragen, welche noch gebotenen Ermittlungen des SG unterblieben sind, und aus welchen Gründen es auf diese angekommen wäre. Dies war aber für eine wirksame Verfahrensrüge iS von § 150 Nr 2 SGG erforderlich (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 150 Rz 19; Bley, aaO, § 150 Rz 58 mwN). Ein entsprechender Vortrag wird auch von einem nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretenen Beteiligten verlangt (nicht veröffentlichter Beschluß des Senats vom 28. April 1992 – 7 BH 2/92). Umso mehr gilt dies für die Beklagte, die vor den Gerichten durch prozeßerfahrene Bedienstete vertreten wird.
Ob die Meinung des LSG zutrifft, daß das SG dadurch gegen Vorschriften des Prozeßrechts verstoßen hat, daß es sich mit einer schriftlichen Beantwortung gerichtlicher Fragen durch die Steuerberaterin der Klägerin begnügte, anstatt eine gerichtliche Vernehmung der Steuerberaterin als Zeugin durchzuführen, kann dahinstehen. Die Beklagte hat vor dem LSG nämlich insoweit weder eine Verletzung von einschlägigen Vorschriften (§ 377 Abs 3 Zivilprozeßordnung aF iVm § 106 Abs 3 Nrn 3, 4, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG) gerügt, noch hat sie die Beweiswürdigung des SG (§ 128 SGG) beanstandet.
Die Berufung war damit hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.225,52 DM an die Klägerin insgesamt unzulässig. In Verkennung dieser Unzulässigkeit hat das LSG den Anspruch der Klägerin gleichwohl in der Sache geprüft und den Zahlungsanspruch der Klägerin im Hinblick auf die bereits erfolgte Erstattung zugunsten der Beklagten auf 2.768,82 DM reduziert. Da die Klägerin gegen das Urteil des LSG keine Revision oder Anschlußrevision eingelegt hat, darf der Senat das Urteil des LSG nicht insofern zuungunsten der Revisionsklägerin ändern, als das LSG ihre Berufung nicht in vollem Umfang zurückgewiesen hat (Verbot der reformatio in peius, vgl BSGE 12, 25; Meyer-Ladewig, aaO, § 123 Rz 5 mwN). Es bleibt mithin bei der Verurteilung der Beklagten durch das LSG zur Auszahlung von 2.768,82 DM lediglich mit der Maßgabe, daß ihre Berufung insoweit als unzulässig verworfen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie berücksichtigt, daß die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel im Ergebnis keinen Erfolg hat.
Fundstellen