Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. März 1996 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Beklagte berechtigt ist, als Grundlage der Beitragsveranlagung den sogenannten Flächenwertmaßstab zu verwenden.
Die Klägerin ist ein landwirtschaftliches Unternehmen, das zusammen mit anderen Betrieben aus der LPG Hohenzieritz hervorgegangen ist und in der jetzigen Form seit dem 1. April 1991 besteht. Die Klägerin hat die landwirtschaftlichen Flächen dieser LPG – 1.240 ha – übernommen. Sie betreibt einen reinen Marktfruchtbetrieb ohne Viehhaltung und ist Mitglied der Beklagten. Mit Bescheiden vom 17. Februar 1993, 3. Mai 1993, 16. August 1993 und 30. August 1993 veranlagte die Beklagte für das Jahr 1992 die Klägerin wiederum aufgrund ihrer Satzung nach dem Flächenwertmaßstab und einem Grundbeitrag. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1993 zurück.
Die Klägerin hat Klage erhoben und u.a. geltend gemacht: Die in den alten Bundesländern entwickelten Flächenwertmaßstäbe würden den abweichenden landwirtschaftlichen Strukturen in den neuen Bundesländern nicht gerecht. Es müsse vielmehr auch in den Großbetrieben eine Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden, bei welcher der Umfang der jeweiligen betrieblichen landwirtschaftlichen Produktion in einem angemessenen Verhältnis zum Arbeitskräftebedarf und dem Viehbestand stehen würde. Die Beitragsberechnung verstoße im Hinblick auf die Beitragsbelastung gegen die Gleichbehandlung mit der gewerblichen Wirtschaft. Gleiches gelte gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben mit Viehhaltung.
Während des Klageverfahrens sind die Bescheide vom 17. Februar 1994, 7. März 1994, 18. Juli 1994 und 10. August 1994 für das Beitragsjahr 1993 ergangen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen die angeführten Bescheide für die Beitragsjahre 1992 und 1993 mit Urteil vom 30. November 1994 u.a. mit der Begründung abgewiesen: Zwar erfolge durch die Zugrundelegung des sogenannten Flächenwertbeitrages eine höhere Belastung gegenüber Kleinbetrieben. Die Klägerin habe jedoch selbst vorgetragen, daß – im Gegensatz zu den sogenannten Alt-Bundesländern – im Regelungsbereich der Beklagten weitgehend nur Großbetriebe (über 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche) vorhanden seien. Auch die landwirtschaftliche Unfallversicherung knüpfe nicht an das individuelle Risiko entsprechend der Privatversicherung an, sondern erhalte von jeher ein Stück staatlicher Fürsorge. Eine Vergleichbarkeit zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Berufsgenossenschaften (BG) bestehe nicht.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die Beitragsbescheide vom 20. Februar 1995 und 8. September 1995 für das Beitragsjahr 1994 und den Beitragsbescheid vom 15. März 1996 für das Beitragsjahr 1995 erlassen.
Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 28. März 1996 zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Die Beklagte habe nicht, wie die Klägerin meine, den Flächenwertmaßstab kritiklos aus den alten Bundesländern übernommen. Dieser Maßstab werde keinesfalls von allen BGen angewandt. Soweit die Klägerin die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) angesichts der Wiedervereinigung für veraltet und überholt halte, sei anzumerken, daß zumindest der Gesetzgeber diese Meinung nicht vertrete. Es sei nämlich beabsichtigt, bei der Eingliederung der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch den Flächenwertmaßstab als Beitragsmaßstab ausdrücklich zu nennen. Ein Vergleich zwischen alten und neuen Bundesländern sei insoweit von vornherein unzulässig, weil die Beklagte Beiträge eigenverantwortlich allein in den neuen Bundesländern (ohne Sachsen) erhebe. Es würde durch diese Beiträge keine Familienbetriebe im Westen subventioniert. Es sei keineswegs sicher, daß sich Agrarstrukturen in alten und neuen Bundesländern grundlegend unterscheiden würden. Als allgemein bekannt stehe fest, daß es in den neuen Bundesländern wegen des früheren LPG-Systems prozentual gesehen mehr Großbetriebe als in den alten Bundesländern gebe. Wieso angesichts dieser Umstände der Flächenwertmaßstab in den neuen Ländern unangemessener sein solle als in den alten Ländern, sei nicht nachvollziehbar. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. Es sei nicht zu beanstanden, daß im Westen seltene Großbetriebe gegenüber den häufigen Familienunternehmen in bezug auf die Anzahl der Arbeitskräfte stärker mit Beiträgen belastet würden, so müsse dies erst recht gelten, wenn der Großbetrieb den Regelfall bilde und folglich eine Vielzahl von Unternehmern gleichbehandelt werde. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei das versicherte Risiko nicht das allein maßgebliche Kriterium. Der Umstand, daß Großbetriebe betreffs des Unfallrisikos höhere Beiträge zu zahlen hätten als Kleinbetriebe, werde hinreichend gerechtfertigt dadurch, daß in der Sozialversicherung allgemein neben dem Risiko auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten eine Rolle spiele.
Die Klägerin hat die – vom LSG zugelassene – Revision eingelegt. Sie trägt ua vor: Sie sei ein landwirtschaftlicher Betrieb der reinen Bodenbearbeitung, in welchem keinerlei Viehwirtschaft betrieben werde. Diesen Betrieb dann gerade mit Versicherungsrisiken zu belasten, die in keiner Weise in diesem Betrieb begründet seien, sei allein mit der Flächenwertmethode nicht zu vereinbaren. Der umlagefähige Jahresbedarf müsse jedenfalls so umgelegt werden, daß eine risiko-adäquate Verteilung der von der Beklagten zu deckenden Risiken zulasse. Soweit die Beklagte im Hinblick auf die angewandte Flächenwertmethode auf die frühere Rechtsprechung des BSG verweise, so sei anzumerken, daß diese nicht zu den Besonderheiten großer landwirtschaftlicher Flächenbearbeitungsbetriebe in den neuen Bundesländern ergangen sei. Im Zuge der Berufungsverhandlung sei für die Klägerin erstmalig herausgekommen, daß auch „alte Versicherungsfälle” in den Umlagebedarf eingerechnet würden, so daß dieser sogar noch höher als bei anderen BGen ausfalle. Selbst wenn die Unfallgefahr in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung kein bestimmender Faktor für die Beitragsberechnung sei, so müsse doch zumindest ein Minimum an Sachzusammenhang festzustellen sein. Für die neuen Bundesländer angesichts der dort vorherrschenden Betriebsstrukturen nicht einen modifizierten Flächenwertmaßstab anzuwenden, bedeute gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben der alten Bundesländer einen eminenten Standortnachteil, der eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. März 1996 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 17. Februar 1993, 3. Mai 1993, 16. August 1993 und 30. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1993 sowie die weiteren Bescheide vom 17. Februar 1994, 7. März 1994, 18. Juli 1994 und 10. August 1994 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Das SG und das LSG sind zutreffend davon ausgegangen, daß auch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Bemessung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung nach dem Flächenwert ein anderer angemessener Maßstab iS des § 803 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ist (BSGE 54, 243; 68, 123). Diese Vorschrift ist weiterhin anzuwenden (Art 36 Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 7. August 1996 – BGBl I 1254).
Im Anschluß an die Rechtsprechung des BSG hat der Gesetzgeber, worauf bereits das LSG mit Recht hingewiesen hat, in § 182 Abs 2 des Sozialgesetzbuches – Siebentes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) den Flächenwert ausdrücklich als eine der möglichen Berechnungsgrundlagen für Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufgeführt. Der Senat sieht im Hinblick auf die neue gesetzliche Regelung sowie unter Bezugnahme auf die eingehende Begründung in den Entscheidungen der Vorinstanzen und in den früheren Urteilen des Senats von einer Wiederholung seiner Argumente ab, an denen er auch nach erneuter Prüfung festhält. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Klägerin darauf hinweist, sie betreibe keine Viehwirtschaft. Daraus ergibt sich sowohl nach der ständigen Rechtsprechung des Senats als auch wegen der besonderen Regelungen in den §§ 35, 36 der Satzung der Beklagten keine andere Beurteilung. Daß das Unfallrisiko abweichend von der Auffassung der Klägerin in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung für die Beitragsbemessung nicht die entscheidende Grundlage bildet, hat der Senat wiederum in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen und mit dem gesamten Schrifttum mehrfach dargelegt. Ebenso wird ein Vergleich mit den Berechnungsgrundlagen für die gewerblichen Berufsgenossenschaften den unterschiedlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Die Revision bringt insoweit keinerlei neue Gesichtspunkte.
Der Senat schließt sich auch der Auffassung des SG und LSG an, daß die Verhältnisse in der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern keine andere Entscheidung rechtfertigen. Er verweist insoweit auf die vom SG und vor allem dem LSG hierfür gegebene Begründung. Die Revision wiederholt, daß in den neuen Bundesländern die Zahl der Großbetriebe und deren landwirtschaftlich genutzte Flächen jeweils wesentlich größer seien als in den alten Bundesländern. Die daraus von der Klägerin gezogene Schlußfolgerung, die bisherige Rechtsprechung zur Eignung des Flächenwertes als Beitragsmaßstab könne nicht auf die Großbetriebe in den neuen Bundesländern übertragen werden, weil sie diese Betriebe gegenüber den Großbetrieben in den alten Bundesländern benachteilige, trifft jedoch nicht zu. Eine Ungeeignetheit des Beitragsmaßstabes folgt für die neuen Bundesländer vor allem nicht daraus, daß er auf eine größere Anzahl von Großbetrieben anzuwenden ist. Vielmehr kann sich daraus, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, sogar eher eine stärker ausgleichende Wirkung ergeben als bei weniger Großbetrieben. Ein von der Klägerin behaupteter, durch die Berechnungsgrundlage der Beklagten beeinflußter Standortnachteil gegenüber den landwirtschaftlichen Betrieben in den alten Bundesländern ist weder im Vergleich mit den Großbetrieben und erst recht nicht gegenüber den dort wesentlich zahlreicheren kleineren Betrieben festzustellen. Soweit die Revision darauf hinweist, der Klägerin sei erstmals im Zuge der Berufungsverhandlung bekanntgeworden, daß auch „alte Versicherungsfälle” in den Umlagebedarf eingerechnet würden, erscheint dies schon dem Grunde nach nicht verständlich. Daß in der gesetzlichen Unfallversicherung und dabei auch in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung in den Umlagebedarf die Kosten für alte Versicherungsfälle grundsätzlich miteinberechnet werden müssen, um den auch für diese Unfälle erforderlichen Kostenaufwand zu decken, ist selbstverständlich. Sollte die Revision jedoch mit ihrem Vorbringen meinen, die aufgrund des Einigungsvertrages getroffene Verteilung der Unfallast sei rechtlich zu beanstanden, ist dem der Senat bereits in seinem Urteil vom 2. Juli 1996 (2 RU 17/95 – BSGE 79, 23) entgegengetreten. Dies gilt um so mehr für die Großbetriebe in den neuen Bundesländern. In diesem Zusammenhang ist zu wiederholen, daß auch die Klägerin nicht nur den in ihren Beiträgen enthaltenen Solidarausgleich innerhalb der landwirtschaftlichen Unfallversicherung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu beachten hat (s BGSE 68, 123, 125). Die Beitragsentlastung der Klägerin durch Bundesmittel hat im Beitragsjahr 1993 mehr als ein Drittel der nach der Satzung der Beklagten zu errechnenden Beitragslast betragen. Diese Bundesmittel wachsen mit der Größe des Betriebes trotz der bei diesen Betrieben größeren wirtschaftlichen Stärke als die von kleineren Betrieben. Neben diesen Zuwendungen zu den Beiträgen sind auch agragsoziale und agrarwirtschaftliche Maßnahmen zu berücksichtigen, die z.B. bei der Flächenstillegung für Großbetriebe Bereiche erfassen, die über die Größe kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland hinausgehen können. Auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung gilt, daß landwirtschaftliche Unternehmer nicht Solidarität durch Steuermittel verlangen oder wenigstens annehmen können, ohne im agrarsozialen Bereich selbst Solidarität der großen Einheiten gegenüber den kleinen zu praktizieren.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen