Gründe
I
Streitig ist die Vormerkung von Beitragszeiten, das Recht zur Nachzahlung von Beiträgen und die Höhe der Altersrente.
Die 1933 geborene Klägerin beendete Ostern 1950 ihre Schulausbildung. Von Mai 1950 bis zum 26. November 1950 war sie in der Schneiderwerkstatt ihrer Mutter in N. bei R. im Kreis S. (NRW) tätig. Anschließend leistete sie zunächst bis zum 1. April 1951 ein Praktikum in einem Krankenhaus ab, das Voraussetzung für ihre spätere Ausbildung zur Krankengymnastin war, und arbeitete dann vom 26. Mai 1951 bis 1. November 1951 in einem Kinderkurheim mit angeschlossener Familienpension auf Norderney zur Erlernung der einfachen und feinen Küche. Vom 2. November 1951 bis zum 31. März 1952 war die Klägerin wieder in der Schneiderwerkstatt ihrer Mutter tätig. Im April 1952 begann die Ausbildung zur staatlich geprüften und staatlich anerkannten Krankengymnastin, die sie im März 1954 erfolgreich abschloß. Von Mai 1954 bis Mai 1961 war sie versicherungspflichtig beschäftigt. Die für diese Zeit zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge wurden ihr aufgrund ihrer Heirat im Juni 1960 antragsgemäß anteilig erstattet (§ 83 des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫ idF des Art 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪AnVNG≫ vom 23. Februar 1957 ≪BGBl I 88≫). Im Jahre 1981 entrichtete die Klägerin freiwillige Beiträge unterhalb der Höchstgrenze für die Zeit ab Januar 1956 nach Art 2 § 51a Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) idF des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 (BGBl I 1965) nach.
Im März 1993 beantragte die Klägerin, die Zeiten der Tätigkeit bei ihrer Mutter, als Praktikantin im Krankenhaus und auf Norderney als Beitragszeiten anzuerkennen sowie die Aufstockung der für den Zeitraum von Januar 1956 bis Mai 1961 nachentrichteten freiwilligen Beiträge nach § 282 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) zuzulassen. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 1993 den Versicherungsverlauf fest. Darin lehnte sie die Vormerkung der Zeiten zwischen Mai 1950 und März 1952 als Beitragszeiten ab. Während des anschließenden Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin auch für diese Zeiten die Zulassung zur Nachzahlung von Beiträgen nach § 282 SGB VI. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit dem weiteren Bescheid vom 2. März 1995 ab. Mit Bescheid vom 17. März 1995 lehnte sie schließlich auch die Nachzahlung für die Zeit von Januar 1956 bis Mai 1961 ab. Die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 27. Mai 1993, 2. März 1995 und 17. März 1995 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1996 zurück. Noch während des Widerspruchsverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. November 1995 Altersrente ab Juni 1995, wobei sie die streitigen Beitragszeiten nicht als rentenrechtliche Zeiten anrechnete.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen die Bescheide vom 27. Mai 1993, 2. März 1995 und 17. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 1996 abgewiesen (Urteil vom 11. November 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin, mit der sie auch die Abänderung des Bescheides vom 2. November 1995 und die Verurteilung der Beklagten zur Neuberechnung der Altersrente unter Berücksichtigung der streitigen Beitragszeiten und noch nachzuentrichtender freiwilliger Beiträge beantragt hat, zurückgewiesen (Urteil vom 7. August 1998).
Die Klägerin macht mit der vom Senat gegen die Entscheidung über die Zeiten von Mai 1950 bis 26. November 1951 und vom 2. November 1951 bis März 1952 nach § 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassenen Revision eine Verletzung des § 103 SGG geltend. Sie sei in diesen Zeiten als Anlernling in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis in der Schneiderwerkstatt ihrer Mutter tätig gewesen. Sie sei gemäß ihrem Ausbildungsstand mit entsprechenden einfachen Aufgaben betraut und von der Mutter und anderen Meisterinnen überwacht und angelernt worden. Die monatliche Vergütung sei nicht nur in Höhe eines geringfügigen Taschengeldes, sondern der üblichen Lehrlingsvergütung gezahlt worden. Die Tatsache, daß die Anzeige eines Lehrverhältnisses unterblieben sei, lasse keine andere Bewertung zu, weil zur damaligen Zeit die Ausbildung auch im Rahmen eines "Anlernverhältnisses" habe durchgeführt werden können und die Meldungen von solchen "Anlernlingen" bei der zuständigen Handwerkskammer nicht erforderlich gewesen seien. Ihr Wunsch, Krankengymnastin zu werden, spreche nicht zwingend für eine familienhafte Mithilfe. Für sie sei völlig ungewiß gewesen, ob sich ihr Wunsch verwirklichen lasse. Sie habe für die geschilderten Voraussetzungen eines abhängigen Beschäftigungs- bzw Ausbildungsverhältnisses drei Zeugen benannt; das LSG habe sich gedrängt sehen müssen, diese Zeugen zu hören. Diese hätten möglicherweise ausgesagt, daß sie in dem Schneiderbetrieb ihrer Mutter ebenso wie alle anderen Anlernlinge und Lehrlinge im Schneiderhandwerk ausgebildet und mit der Durchführung von Arbeiten entsprechend ihrem Ausbildungsstand betraut, überwacht und angeleitet worden sei und für diese Tätigkeit das damals übliche Lehrlingsentgelt von 50 DM erhalten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 7. August 1998 und das Urteil des SG vom 11. November 1997 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 1993 und 2. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 1996 und den Bescheid vom 2. November 1995 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeiten vom 1. Mai 1950 bis 26. November 1950 und vom 2. November 1951 bis zum 31. März 1952 als Beitragszeiten vorzumerken, die Klägerin zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge für diese Zeiten zuzulassen und die Altersrente unter Berücksichtigung der genannten Zeiten neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Vor dem 11. März 1957 seien in Berufsausbildung stehende Personen nur versicherungspflichtig gewesen, wenn sie ein mehr als geringfügiges Entgelt bezogen hätten, also Arbeitnehmer gewesen seien, oder in einem Lehrverhältnis gestanden hätten. Den Lehrlingen seien nur Anlernlinge mit einem zweijährigen Anlernvertrag gleichgestellt worden. Die Bestätigung der von der Klägerin benannten Zeuginnen, daß die Klägerin eine Vergütung von 50 DM erhalten und im Betrieb ihrer Mutter in einer "Beschäftigung" gestanden habe, könne daher nicht zur Anerkennung von Beitragszeiten führen.
II
Die Revision der Klägerin ist nur teilweise begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nach der eingeschränkten Zulassung der Revision durch den Senat die Bescheide der Beklagten vom 27. Mai 1993 und 2. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 1996 sowie der Bescheid vom 2. November 1995, soweit sie die Vormerkung der Zeiten von Mai 1950 bis 26. November 1950 und 2. November 1951 bis März 1952 als Beitragszeiten (Bescheid vom 27. Mai 1993) und die Zulassung zur Beitragsnachzahlung für diese Zeiten (Bescheid vom 2. März 1995) sowie die Bewilligung der Altersrente ohne Anrechnung dieser Zeiten (Bescheid vom 2. November 1995) betreffen. Das LSG hat den noch während des Widerspruchsverfahrens erteilten Rentenbescheid zulässigerweise entsprechend § 96 Abs 1 SGG in den Rechtsstreit einbezogen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wird ein Rentenbescheid, der während des Rechtsstreits über die Vormerkung von Zeiten erlassen wird, in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift dann Gegenstand des Verfahrens, wenn sich die Anrechnung der streitigen Zeiten auf die ansonsten unstreitige Höhe der Rente auswirken würde (vgl BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 14 S 56 mwN; BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 15 S 68). Diese die Prozeßökonomie berücksichtigende Rechtsprechung läßt es auch zu, Bescheide zu erfassen, die in entsprechender Anwendung des § 86 Abs 1 SGG schon in das Widerspruchsverfahren hätten einbezogen werden können und über die dann das LSG, auch wenn das SG die Klage insoweit nicht mit erledigt hat, hätte mitentscheiden dürfen, wenn der Kläger dies beantragt und die anderen Beteiligten nicht widersprechen (vgl BSG SozR 2200 § 313a Nr 6). Die Klägerin dieses Rechtsstreits hat vor dem LSG die mit dem Bescheid vom 2. November 1995 festgesetzte Höhe der Altersrente nur angegriffen, soweit die in diesem Verfahren streitigen Zeiten nicht berücksichtigt worden sind. Die Beklagte hat der beantragten Einbeziehung dieses Bescheides nicht widersprochen.
Die Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet, soweit über die Zeiten, in denen sie in der Schneiderwerkstatt ihrer Mutter tätig war, entschieden, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27. Mai 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 1996 bestätigt und die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer höheren Rente unter Berücksichtigung dieser Zeiten als Pflichtbeitragszeiten verneint worden ist.
Pflichtbeitragszeiten sind nach § 55 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (Satz 1) oder für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (Satz 2). Das LSG hat festgestellt, daß für die genannten Zeiten Beiträge nicht gezahlt worden sind. An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG).
Der Senat vermag jedoch nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt noch nicht abschließend zu entscheiden, ob die Zeiten nach § 247 Abs 2a SGB VI als fiktive Pflichtbeitragszeiten anzurechnen sind. Nach dieser Vorschrift sind auch Zeiten Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung, in denen in der Zeit vom 1. Juni 1945 bis 30. Juni 1965 Personen als Lehrlinge oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren und grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, eine Zahlung von Pflichtbeiträgen für diese Zeiten jedoch unterblieb (seit 1. Januar 1997: Zeiten einer beruflichen Ausbildung; vgl Art 1 des Gesetzes vom 25. September 1996 ≪BGBl I 1461≫). Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei in der Werkstatt ihrer Mutter als Anlernling beschäftigt gewesen und habe nicht nur im Rahmen familienhafter Mithilfe gearbeitet. Hierfür hat die Klägerin drei Zeugen benannt. Das LSG hat in den Gründen seines Urteils nicht hinreichend klargestellt, mit welcher tragenden Begründung es die Berücksichtigung einer fiktiven Beitragszeit nach § 247 Abs 2a SGB VI ablehnen wollte. Es hat die damaligen Rechtsgrundlagen für die Versicherungspflicht von Ausbildungsverhältnissen nicht erwähnt. Seine Ausführungen sprechen einerseits dafür, daß nach seiner Ansicht die Anrechnung einer fiktiven Pflichtbeitragszeit ausgeschlossen ist, weil nur eine "ordnungsgemäße Ausbildung zur Schneiderin" im Rahmen eines Lehrverhältnisses Versicherungspflicht begründete und, weil dieses nicht vorlag, die Vernehmung der Zeugen entbehrlich war. Andererseits hat es angenommen, daß die Klägerin lediglich im Rahmen familienhafter Mithilfe bei ihrer Mutter tätig gewesen sei. Diese Art der Tätigkeit hätte zwar der Versicherungspflicht eines jeden Ausbildungsverhältnisses entgegengestanden. Das LSG konnte zu dieser Annahme jedoch nicht ohne Vernehmung der benannten Zeugen kommen.
Das LSG konnte die Anrechnung einer Beitragszeit nicht schon deshalb ausschließen, weil kein regelrechtes Lehrverhältnis bestanden hatte. § 247 Abs 2a SGB VI begründet eine fiktive Pflichtbeitragszeit nach seinem Wortlaut, seiner Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien für eine Ausbildungsbeschäftigung, wenn keine Pflichtbeiträge gezahlt wurden, obwohl nach dem im Zeitraum der Ausbildung geltenden Recht, wie es sich aus heutiger Sicht als zutreffend darstellt, "grundsätzlich Versicherungspflicht bestand". Die Bestimmung des Abs 2a wurde durch Art 1 Nr 7 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24. Juni 1993 (BGBl I 1038) mit Rückwirkung zum 1. Januar 1992 in § 247 SGB VI eingefügt (zum Gesetzgebungsverfahren und zum vollständigen Wortlaut der Begründung vgl BSG SozR 3-2600 § 247 Nr 1 S 4). Die Vorschrift ist die Antwort des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des BSG, Lehrzeiten nicht als Ausfallzeiten iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst a der Reichsversicherungsordnung (RVO), § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst a AVG anzuerkennen, wenn für sie nach § 1226 Nr 1 iVm § 165 Abs 1 Nr 1, § 165a Nr 2 RVO oder nach § 1 Abs 1 Nr 1, Abs 2 Nr 1 AVG iVm § 165 Abs 1 Nr 2, § 165b Abs 2 RVO, alle Vorschriften idF der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung (1. SVVereinfV) vom 17. März 1945 (RGBl I 41), Versicherungspflicht bestand, Beiträge aber wegen der Geltung von Besatzungsrecht zwischen 1945 und 1949, einer uneinheitlichen Rechtsanwendung oder bestehender Rechtsunsicherheit (vgl hierzu BSGE 52, 1, 5/6 = SozR 2200 § 1259 Nr 50 S 132/133; BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 14 S 59/60; vgl auch BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 15 S 71) nicht entrichtet worden sind. Für diese und für diejenigen Lehrzeiten sollen Beitragszeiten (fiktiv) anerkannt werden, deren Versicherungspflicht erst durch die Rechtsprechung klargestellt worden ist (vgl zB zur Aufgabe der Meistersohn-Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes ≪RVA≫ BSGE 3, 30 und BSGE 52, 1, 4 = SozR 2200 § 1259 Nr 50 S 130/131; zur Versicherungspflicht von Jugendlichen in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten BSGE 18, 246 = SozR Nr 37 zu § 165 RVO; zur Versicherungspflicht von Lernschwestern BSGE 21, 247 = SozR Nr 3 zu § 2 AVG). Wenn § 247 Abs 2a SGB VI Pflichtbeitragszeiten außer für Lehrlinge auch für Personen begründet, die "sonst zu ihrer Berufsausbildung" beschäftigt waren, bedeutet das nicht, daß auch die letztgenannten Ausbildungsverhältnisse bereits ab 1. Juni 1945 erfaßt werden. Mit den "sonst zu ihrer Berufsausbildung" Beschäftigten sind diejenigen gemeint, die erst durch § 1227 Abs 1 Nr 1 RVO idF des Art 1 ArVNG vom 23. Februar 1957 (BGBl I 45; § 2 Abs 1 Nr 1 AVG idF des Art 1 AnVNG) zum 1. März 1957 in die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung einbezogen worden sind. Hierher gehörten zB Praktikanten. Der Senat hat noch für ein im Jahre 1977 zurückgelegtes sog Vorpraktikum die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 165 Abs 1 Nr 1 RVO (aufgrund einer Beschäftigung) verneint, weil es für die Krankenversicherung an einer Vorschrift über die Gleichstellung von Lehrzeiten mit Zeiten einer sonstigen Berufsausbildung fehlte (BSGE 51, 88, 89 = SozR 2200 § 165 Nr 53; vgl auch BSG USK 81107). Die Gesetzesbegründung zu § 247 Abs 2a SGB VI bestätigt diese, den Anwendungsbereich der Bestimmung einschränkende Auslegung, wenn es dort heißt: "Grundsätzlich bestand seit Inkrafttreten der Vereinfachungsverordnung vom 17. März 1945 und im übrigen seit der Rentenreform 1957 für Personen, die als Lehrling oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren, Versicherungspflicht" (BT-Drucks 12/5070 S 47 zu Nr 6a). Diese Auslegung entspricht auch der hM in der Literatur (vgl Boecken in Wannagat, SGB VI, Stand August 1997, RdNr 9 zu § 247; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Stand Juni 1997, Anm 4 zu § 247; Jörg in Kreikebohm/Jörg, SGB VI, 1997, RdNr 9 zu § 247; Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB VI, Stand Juni 1994, RdNr 17 zu § 247; Niesel in KassKomm, Stand August 1995, RdNrn 12 ff zu § 247). Die Auffassung des Senats ist mit dem Urteil des 13. Senats des BSG vom 8. Februar 1996 vereinbar (13 RJ 45/94, SozR 3-2600 § 247 Nr 1). Der 13. Senat und ihm folgend der 4. Senat des BSG (Urteil vom 27. Februar 1997 - 4 RA 124/95) haben entschieden, daß für eine in der Zeit vom 1. Juni 1945 bis zum 30. Juni 1965 zurückgelegte Lehrzeit auch dann Pflichtbeitragszeiten nach § 247 Abs 2a SGB VI anzuerkennen sind, wenn damals keine Rechtsunsicherheit über die Versicherungspflicht des konkreten Beschäftigungsverhältnisses bestand; eine während des im Gesetz genannten Zeitraums eingetretene Klarstellung der Versicherungspflicht schließt die Anrechnung fiktiver Pflichtbeitragszeiten nach dieser Vorschrift für spätere, aber vor dem 1. Juli 1965 liegende Lehrzeiten und sonst der Berufsausbildung dienende Zeiten nicht aus. Diese Rechtsprechung läßt das Erfordernis der grundsätzlichen Versicherungspflicht der Ausbildungsbeschäftigung nach damaligem Recht unberührt.
In dem hier maßgebenden Zeitraum von 1950 bis 1952 beurteilte sich die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Arbeiter nach § 1226 RVO idF der 1. SVVereinfV (vgl BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 14 S 59 ff). Danach waren für den Fall der Invalidität und des Alters sowie zugunsten der Hinterbliebenen Arbeiter versichert, die aufgrund der Versicherungspflicht krankenversichert waren. Zu den in der Krankenversicherung versicherungspflichtigen Arbeitern gehörten auch Lehrlinge, die für einen Arbeiterberuf ausgebildet wurden (§ 165a Nr 2 iVm § 165b Abs 2 RVO idF der 1. SVVereinfV). Versicherungspflicht bestand allgemein, wenn Entgelt gezahlt wurde, für Lehrlinge jedoch unabhängig von einer Entgeltzahlung (§ 165 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 RVO). Ausbildungsverhältnisse, bei denen nicht die Verwertung der Arbeitskraft, sondern die Berufsausbildung im Vordergrund stand, begründeten danach Versicherungspflicht in der Rentenversicherung grundsätzlich nur, wenn es sich um ein Lehrverhältnis handelte (vgl BSGE 18, 246, 248). Der Begriff des Lehrverhältnisses wurde jedoch für die Frage der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung weit ausgelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt ein Lehrverhältnis voraus, daß eine Beschäftigung in einem Betrieb hauptsächlich der Fachausbildung dient, dem Ziel entsprechend geleitet wird und der Auszubildende tatsächlich die Stellung eines Lehrlings einnimmt (BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 14 S 58 mwN). Im Zusammenhang mit der Prüfung der Versicherungspflicht wurde das Vorliegen eines Lehrverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt, ohne Rücksicht auf die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung des Vertragsverhältnisses und darauf, ob ein förmlicher Lehrvertrag geschlossen und Lehrgeld gezahlt wurde; Voraussetzung war, daß eine geregelte, regelmäßig längere Ausbildung stattfand, die zu späterer selbständiger Betätigung in dem Beruf befähigen sollte (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 1982, Anm 5a zu § 165a RVO S 17/82 mwN). Zu diesen Lehrverhältnissen, die Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung auslösten, wurden auch Anlernverhältnisse gerechnet (vgl Bescheid des RVA vom 20. Mai 1940 auf eine Firmenanfrage, AN II S 178; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 1982, Anm 5a zu § 165a RVO S 17/83; jetzt bestätigend zum alten Recht: Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Stand Juni 1997, Anm 4 zu § 247; Jörg in Kreikebohm/Jörg, SGB VI, 1997, RdNr 9 zu § 247; Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB VI, Stand Juni 1994, RdNr 18 zu § 247). Hierbei handelte es sich um eine erweiternde Auslegung des Begriffs Lehrverhältnis; eine Regelung der Versicherungspflicht bzw Versicherungsfreiheit von Anlernverhältnissen gab es damals nur für die Arbeitslosenversicherung. Dort bestimmte § 74 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG), hier maßgebend idF der Verordnung Nr 111 über Arbeitslosenversicherung und Kurzarbeiterunterstützung vom 6. Oktober 1947 (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, 1948 S 614), daß die Beschäftigung aufgrund eines schriftlichen Lehrvertrages versicherungsfrei ist (Abs 1 Satz 1). Versicherungsfrei ist auch die Beschäftigung von Anlernlingen, die in einem anerkannten Anlernberuf aufgrund eines schriftlichen Anlernvertrages ausgebildet werden (Abs 2 Buchst b). Für die Kranken- und Rentenversicherung fehlte eine solche Vorschrift. Als Anlernling wurde dort derjenige angesehen, der zwar nicht wie der Lehrling in einem bestimmten Fachgebiet allseitig ausgebildet, aber auf einem engeren Gebiet eine Spezialausbildung erhielt, die in der Regel eine gegenüber der Lehrzeit kürzere Anlernzeit erforderte (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 1982, Anm 5a zu § 165a RVO S 17/83). Eine Beschränkung auf Ausbildungen in einem "anerkannten Anlernberuf" (vgl § 74 AVAVG) gab es nicht. Vorausgesetzt wurde wie beim Lehrverhältnis ein nach den tatsächlichen Verhältnissen auf die Vermittlung der Kenntnisse und Fertigkeiten in dem Spezialgebiet ausgerichtetes Ausbildungsverhältnis, das von vornherein auf die hierfür erforderliche - in der Regel zweijährige - Dauer ausgelegt war (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 1982, Anm 5a zu § 165a RVO S 17/83; Gura, WzS 1952 S 349; Mitt LVA Ober- und Mittelfranken 1965 S 67, 68).
Das LSG hat den Sachverhalt bisher nicht auf das Vorliegen eines Anlernverhältnisses in diesem Sinne hin geprüft. Der Senat vermag hierüber aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend zu entscheiden. Zwar können manche Tatsachen, die das LSG gegen ein "regelrechtes Lehrverhältnis" angeführt hat, insbesondere die Absicht der Klägerin, eine Ausbildung zur Krankengymnastin aufzunehmen, und die nicht kontinuierliche, sondern ua durch ein Praktikum für die angestrebte krankengymnastische Ausbildung unterbrochene Tätigkeit in der Schneiderwerkstatt der Mutter gegen ein Anlernverhältnis sprechen. Doch muß insofern eine umfassende und abschließende Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse dem LSG vorbehalten bleiben.
Unabhängig davon, ob ein Anlernverhältnis vorgelegen hat, wäre die Anrechnung einer fiktiven Pflichtbeitragszeit auch dann ausgeschlossen, wenn die Klägerin nur im Rahmen familienhafter Mitarbeit tätig war (vgl BSGE 52, 1, 3 = SozR 2200 § 1259 Nr 50 S 128; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 110 S 295/296; BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 14 S 58). Soweit es für das LSG auf die Unterscheidung zwischen einem Ausbildungs-(Beschäftigungs-)verhältnis und einer familienhaften Mithilfe ankommen sollte, wird es die von der Klägerin benannten Zeugen hören müssen. Die Klägerin hat durch ihre Benennung Beweis dafür angetreten, daß sie anderen Lehrlingen und Anlernlingen in der Schneiderwerkstatt praktisch gleichgestellt und wie diese in den Betrieb eingegliedert war und ausgebildet wurde sowie die gleiche Vergütung erhielt. Sollte sich diese Darstellung aufgrund der Zeugenaussagen als zutreffend erweisen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß ein Beschäftigungsverhältnis und nicht nur familienhafte Mithilfe vorgelegen hat.
Der Rechtsstreit war zur Nachholung der notwendigen Feststellungen zum Vorliegen eines Anlernverhältnisses, ggf auch eines Beschäftigungsverhältnisses zurückzuverweisen.
Erst wenn feststeht, ob fiktive Pflichtbeitragszeiten anzurechnen sind, kann auch über den Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung der Altersrente entschieden werden.
Soweit die Revision die Entscheidung des LSG über den Anspruch auf Nachzahlung von Beiträgen für die Zeiten von Mai 1950 bis 26. November 1950 und vom 2. November 1951 bis März 1952 angreift, ist sie unbegründet. Der Klägerin steht ein Nachzahlungsrecht nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI für die genannten Zeiten nicht zu. Hierüber vermag der Senat unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu § 247 Abs 2a SGB VI zu entscheiden.
Das Nachzahlungsrecht besteht für Zeiten, für die Beiträge aus Anlaß der Heirat erstattet worden (§ 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI) oder Beitragszeiten wegen der Heiratserstattung untergegangen sind (vgl BSG SozR 5750 Art 2 § 28 Nr 3). Da für die Zeiten von Mai 1950 bis 26. November 1950 und 2. November 1951 bis März 1952 keine Beiträge entrichtet worden sind, kommt ein Nachzahlungsrecht wegen tatsächlich durchgeführter Heiratserstattung nicht in Betracht. Selbst wenn nach dem seit 1. Januar 1992 geltenden § 247 Abs 2a SGB VI diese Zeiten bei der Klägerin als (fiktive) Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen sein sollten, könnten sie nicht als nach den früheren Heiratserstattungsvorschriften untergegangen angesehen werden und damit das Nachzahlungsrecht eröffnen. Eine Heiratserstattung hatte zwar die rückwirkende Auflösung des Versicherungsverhältnisses zur Folge; alle weiteren Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten (Beitragszeiten, Ersatzzeiten) waren ausgeschlossen (§ 1304 Abs 3 iVm § 1303 Abs 7 RVO; § 83 Abs 3 iVm § 82 Abs 7 AVG; vgl BSGE 80, 241, 243 = SozR 3-2600 § 282 Nr 6 S 30 mwN). Die Verfallswirkung erfaßte jedoch nicht Zeiten, die erst eine Gesetzesänderung nach der Erstattung rückwirkend zu Versicherungszeiten gemacht hat (vgl BSG SozR Nr 13 zu § 1303 RVO; BSG SozR 2200 § 1251 Nr 22 S 61; BSGE 53, 194, 196/197 = SozR 2200 § 1303 Nr 24 S 70). Die zum 1. Januar 1957 bundeseinheitlich erneut eingeführten Heiratserstattungsvorschriften wurden bereits 1968 wieder beseitigt (vgl hierzu im einzelnen BSGE 76, 250, 253 = SozR 3-2600 § 282 Nr 2 S 9/10), also weit vor dem Inkrafttreten des § 247 Abs 2a SGB VI. Die aus Anlaß der Heirat der Klägerin im Jahre 1960 nach dem seinerzeit geltenden Recht durchgeführte Heiratserstattung erfaßte demnach nicht etwa nach dieser Vorschrift anzuerkennende Beitragszeiten. Es fehlt damit insoweit an einer das Nachzahlungsrecht nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI begründenden Heiratserstattung. Eine Aufstockung der möglicherweise fiktiv anzuerkennenden Beiträge ist nach § 282 Abs 1 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen (vgl BSGE 80, 241 = SozR 3-2600 § 282 Nr 6). Die demnach unbegründete Revision war zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen