Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 14.01.1970)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Januar 1970 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger ist spanischer Staatsangehöriger, verheiratet und hat fünf Kinder, die in Spanien leben. Er war vom 7. Juni bis 12. Dezember 1968 als Arbeiter bei der Deutschen Bundespost – Postamt 2 – in Düsseldorf beschäftigt. Die Bundespost zahlte dem Kläger für seine in Spanien lebenden Kinder bis einschließlich November 1968 entsprechend dem Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost vom 6. Januar 1966 – TVArb – (§ 11) die vollen Kinderzuschläge von monatlich insgesamt 250,– DM. Im Dezember 1968 gewährte sie dem Kläger bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 12. Dezember 1968 nur die tarifvertraglich zustehenden anteiligen Kinderzuschläge in einer Höhe von insgesamt 100,– DM.

Am 13. Dezember 1968 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt – Kindergeldkasse – Düsseldorf, ihm für den Monat Dezember 1968 Kindergeld zu gewähren. Das Arbeitsamt lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 20. Januar 1969 mit der Begründung ab, der Kläger habe nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst am 12. Dezember 1968 keine weitere Beschäftigung aufgenommen, so daß nach Art. 40 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem spanischen Staat über Soziale Sicherheit vom 29. Oktober 1959 (BGBl II 1961 S. 598) kein Kindergeldanspruch bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1969). Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Nürnberg abgewiesen. Auf die – zugelassene – Berufung des Klägers hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 14. Januar 1970 das erstinstanzliche Urteil und den ablehnenden Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger das Kindergeld für den Monat Dezember 1968 zu gewahren. In den Entscheidungsgründen hat das LSG ausgeführt: Der Kläger sei im Dezember 1968 im Sinne des § 7 Abs. 4 Nr. 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) „nicht vollbeschäftigt” gewesen und habe infolgedessen von seiner früheren Arbeitgeberin, der Deutschen Bundespost, die vollen Kinderzuschläge nicht erhalten. Der auch für den Kläger nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG zutreffende Ausschluß vom Bezug des Kindergeldes sei daher für Dezember 1968 durch die Regelung in § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG beseitigt worden, so daß ihm das Kindergeld zustehe. Dieser Tatbestand werde nicht nur durch die arbeitsvertraglich teilzeitbeschäftigten Personen, sondern auch durch solche Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst verwirklicht, die arbeitsvertraglich regelmäßig die volle Arbeitszeit zu leisten hätten, aber im Laufe eines Kalendermonats tatsächlich die tarifvertraglich vorgesehene Vollbeschäftigung nicht erreichten. Eine andere Auslegung würde dem Sinn des Gesetzes nicht gerecht und zu Härten führen, die gerade durch die Vorschrift des § 7 Abs. 4 BKGG ausgeräumt werden sollten. Unerheblich sei es deshalb auch, daß der Kläger als spanischer Arbeitnehmer gemäß Art. 40 des deutsch-spanischen Abkommens über Soziale Sicherheit nur dann zum Bezug des Kindergelds berechtigt sei, wenn er in der Bundesrepublik Deutschland erwerbstätig sei. Diese Voraussetzung habe der Kläger durch die Beschäftigung bei der Bundespost vom 1. bis 12. Dezember 1968 auch für den Monat Dezember 1968 erfüllt. Da diese Beschäftigung wegen der Anwendung des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG den Ausschluß vom Kindergeldbezug nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG nicht herbeiführe, sei dadurch gemäß § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 BKGG für Dezember 1968 der Anspruch auf Kindergeld in voller Höhe entstanden.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil – die zugelassene – Revision eingelegte Sie rügt die Verletzung des § 7 BKGG und führt aus: Der Kläger erfülle entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG. Er sei nämlich auch im Dezember 1968 bis zum Ausscheiden aus seinem Arbeitsverhältnis am 12. Dezember 1968 „vollbeschäftigt” gewesen. Der Hinweis des LSG auf die „Kalendermonate” in § 7 Abs. 4 BKGG könne nicht überzeugen. Der Begriff der „Vollbeschäftigung” sei ein Gegenbegriff zur Teilzeitbeschäftigung. Es sei lebensfremd, jemanden als „nicht vollbeschäftigt” zu bezeichnen, der durch Fehlen oder unbezahlten Urlaub, durch Beginn oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses wahrend des Laufes eines Monats nicht die üblicherweise arbeitsvertraglich vorgeschriebenen monatlichen Arbeitsstunden erreiche. Da der Begriff der Vollbeschäftigung im Kindergeldrecht nicht erläutert sei, müsse hier auf den tarifvertraglichen Begriff abgestellt werden. Als „vollbeschäftigt” werde im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in der Regel aber nur ein Arbeitnehmer angesehen, der im Durchschnitt regelmäßig wenigstens drei Viertel der tariflich festgesetzten Arbeitszeit beschäftigt sei (vgl. § 31 Abs. 2 und 3 des Bundesangestellten-Tarifvertrages – BAT –, § 41 des Manteltarifvertrages II für die Arbeiter des Bundes – MTB II –; § 41 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter der Länder – MTL II –). Der Kläger könne deshalb kein Kindergeld beanspruchen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für richtig.

Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 des SozialgerichtsgesetzesSGG –) zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG wird das Kindergeld nicht gewährt, wenn eine Person, bei der das Kind nach § 2 Abs. 1 BKGG berücksichtigt wird, Arbeitnehmer u. a. einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Diese Ausschlußvorschrift gilt jedoch nicht für Kalendermonate, in denen der Arbeitnehmer nicht vollbeschäftigt ist und infolgedessen nicht die Voraussetzungen erfüllt, unter denen Arbeitnehmer des Bundes und der Länder nach den tarifvertraglichen Bestimmungen den vollen Kinderzuschlag erhalten (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG). Ob der Kläger die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei der Deutschen Bundespost im Laufe des Dezember 1968 erfüllt hat, läßt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes allein nicht beantworten. Darin ist nämlich der Begriff der Vollbeschäftigung nicht näher erläutert. Der Senat hat in seinem Urteil vom 5. Mai 1970 – 7 RKg 11/67 – (BSG, SozR Nr. 6 zu § 7 BKGG) ausgeführt, daß es für die Beurteilung der Vollbeschäftigung entscheidend auf die tarifvertragliche Regelung ankomme, die für den persönlichen, sachlichen und fachlichen Bereich der jeweils in Betracht kommenden Gruppe von Arbeitnehmern maßgebend sei, hier also auf den Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost vom 6. Januar 1955 (TVArb). Das ist aber nicht so zu verstehen, als sei das Tatbestandsmerkmal „nicht vollbeschäftigt” im Rahmen des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG nur dann erfüllt, wenn ein Arbeiter der Deutschen. Bundespost arbeitsvertraglich eine regelmäßige Arbeitszeit wöchentlich zu leisten hat, die ihn nach § 2 Buchst. c TVArb als „nicht vollbeschäftigt” gelten läßt. Bei einer solchen Auslegung würde übersehen, daß der Senat in dem angeführten Urteil lediglich entschieden hat, daß Arbeitnehmer, welche die jeweilige in dem für sie anzuwendenden Tarifvertrag festgelegte Vollbeschäftigungsgrenze arbeitsvertraglich nicht erreichen (sogen. Teilbeschäftigte), immer im Sinne des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG als „nicht vollbeschäftigt” anzusehen sind. Nicht ist indessen entschieden worden, was für Arbeitnehmer zu gelten hat, deren regelmäßige Arbeitszeit zwar arbeitsvertraglich oberhalb der tarifrechtlichen Vollbeschäftigungsgrenze vereinbart ist, die tarifvertraglich also als „Vollbeschäftigte” anzusehen sind, die aber in einem Kalendermonat tatsächlich die tarifvertraglich festgelegte regelmäßige Arbeitszeit nicht erreichen. Zur Entscheidung dieser Frage hatte der Senat seinerzeit keinen Anlaß, weil es sich nach dem zu entscheidenden Sachverhalt um einen Waldarbeiter einer Gemeinde des Landes Rheinland-Pfalz handelte, auf den § 45 des Manteltarifvertrages für die Waldarbeiter des Staates und der Gemeinden vom 1. Oktober 1964 anzuwenden war und der nach dieser tarifvertraglichen Regelung schon auf Grund der arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit tarifvertraglich nicht zu den „Vollbeschäftigten”, sondern zu den „Teilbeschäftigten” rechnete.

Auch wenn es sich um einen Arbeitnehmer der Bundespost handelt, der wie der Kläger auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung über die Arbeitszeit tarifrechtlich als „Vollbeschäftigter” gilt, ist er im Sinne des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG als „nicht vollbeschäftigt” anzusehen, wenn er in einem Kalendermonat (§ 7 Abs. 4 BKGG) – hier im Dezember 1968 – tatsächlich die tarifvertraglich vorgeschriebene regelmäßige Arbeitszeit deshalb nicht erreicht hat, weil sein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst im Laufe des Kalendermonats beendet worden ist. Neben dem Wortlaut sprechen vor allem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG für eine solche weite Auslegung. Die genannte Vorschrift soll besondere Härten bei den Bediensteten der öffentlichen Hand vermeiden (Andres, BABl. 1964, 277, 280). Zu solchen Härten käme es aber, wenn ein spanischer Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus seinem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst im Laufe eines Kalendermonats regelmäßig vom Kindergeldbezug ausgeschlossen bliebe. In einem solchen Fall stehen nämlich dem Arbeitnehmer nach § 11 TVArb Kinderzuschläge nur anteilig für den Teil des Lohnabrechnungszeitraumes zu, in dem das Arbeitsverhältnis noch bestanden hat. Da diese anteiligen Kinderzuschläge geringer als das gesetzliche Kindergeld sein können, gebietet es der Zweck des Gesetzes, den Kläger im Kalendermonat seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis bei der Bundespost als „nicht vollbeschäftigt” im Sinne des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG anzusehen. Würde man anders verfahren, wären jedenfalls die spanischen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst gegenüber denjenigen der freien Wirtschaft bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Kalendermonats benachteiligt. Diese haben nämlich auch ohne Aufnahme einer erneuten Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 40 des deutsch-spanischen Abkommens über Soziale Sicherheit) im Kalendermonat ihres Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis Anspruch auf das volle Kindergeld, weil dieses vom Beginn des Monats an gewährt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, und bis zum Ende des Monats zu zahlen ist, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen (§ 9 Abs. 1 BKGG). Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst sind aber nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BKGG nur deshalb vom Kindergeld ausgeschlossen worden, weil der Gesetzgeber mit der Vorschrift beabsichtigte, den Familienlastenausgleich aus Mitteln der öffentlichen Hand grundsätzlich nur einmal durchzuführen, also keine Doppelleistungen zu gewähren, nicht aber, um die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gegenüber denen der Privatwirtschaft schlechterzustellen. Es ist deshalb folgerichtig, daß der Ausschluß der Arbeitnehmer der öffentlichen Hand vom Bezug des Kindergeldes dann wieder aufgehoben wird, wenn sich unter Anwendung der für diese Arbeitnehmer geltenden tarifvertraglichen Regelungen eine Benachteiligung gegenüber der freien Wirtschaft ergeben könnte. Die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes bekommen dadurch auch nicht, wie die Beklagte meint, überhöhte Leistungen. Für Kalendermonate, für die das Kindergeld nach dem BKGG zu gewähren ist, wird nämlich der Kinderzuschlag für das in Betracht kommende Kind von den Arbeitgebern der öffentlichen Hand nur insoweit gewährt, als er das gesetzliche Kindergeld übersteigt (§ 11 Abs. 4 TVArb).

Bedenken gegen die hier getroffene weite Auslegung ergeben sich auch nicht aus § 7 Abs. 5 BKGG. Nach dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer, für deren Kinder nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BKGG Kindergeld nicht gewährt wird, gegenüber ihren Arbeitgebern, wenn diese auf das Arbeitsverhältnis nicht die für Beamte geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften über Kinderzuschläge oder Regelungen anwenden, die den besoldungsrechtlichen Vorschriften mindestens entsprechen, unter den übrigen Voraussetzungen des BKGG für das zweite und jedes weitere Kind Anspruch auf Leistungen in Höhe des Kindergeldes. Aus dieser Vorschrift folgt zunächst für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die bei solchen von § 7 Abs. 6 BKGG betroffenen Arbeitgebern beschäftigt sind, daß diese Arbeitnehmer auch beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im Laufe eines Kalendermonats gegenüber ihren Arbeitgebern einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Leistung in Höhe des vollen Kindergeldes haben. Sie sind damit schon gegenüber spanischen Arbeitnehmern der öffentlichen Hand, auf deren Arbeitsverhältnis nach tarifvertraglichen Vorschriften die Grundsätze des Besoldungsrechts sinngemäß angewendet werden, im Vorteil, wenn man § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG nicht weit auslegt, sondern der einengenden Auslegung der Beklagten folgt. Der spanische Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, auf dessen Arbeitsverhältnis – wie bei der Bundespost (vgl. § 11 Abs. 1 TVArb) – die besoldungsrechtlichen Grundsätze sinngemäß angewendet werden, hätte dann möglicherweise nur Anspruch auf einen unter dem staatlichen Kindergeld liegenden anteiligen Kinderzuschlag, während ein spanischer Arbeitnehmer der öffentlichen Hand mit Anspruch auf das arbeitsrechtliche „Ersatzkindergeld” nach § 7 Abs. 6 BKGG auch beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im Laufe eines Kalendermonats ohne erneute Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 40 des deutsch-spanischen Abkommens über Soziale Sicherheit) eine Leistung in Höhe des vollen staatlichen Kindergeldes verlangen könnte (§ 7 Abs. 6 Satz 3 i. V. m. § 9 Abs. 1 BKGG), Diese Ungleichheit kann nicht etwa dadurch ausgeglichen werden, daß in solchen Fällen einem spanischen Arbeitnehmer mit Anspruch auf einen anteilig gekürzten Kinderzuschlag unter entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 7 Abs. 6 BKGG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Kalendermonats ein über die tarifvertraglich anzuwendenden besoldungsrechtlichen Grundsätze hinausgehender Anspruch in Höhe des vollen Kindergeldes arbeitsrechtlich zugebilligt wird. Dem würde entgegenstehen, daß in § 7 Abs. 6 BKGG der Wille des Gesetzgebers unmißverständlich zum Ausdruck gekommen ist, nur diejenigen Arbeitgeber der öffentlichen Hand mit arbeitsrechtlichen Leistungen anstelle des gesetzlichen Kindergeldes zu belasten, die keine Regelungen über Kinderzuschläge auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer anwenden, die den besoldungsrechtlichen Vorschriften mindestens entsprechen. Daraus kann aber nicht entnommen werden, daß es Zweck der Regelung sein soll, Arbeitnehmer, die tarifrechtlich die vorgesehene regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten zu leisten haben, diese aber wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Kalendermonats nicht erreichen, von dem Familienlastenausgleich in voller Höhe des staatlichen Kindergeldes auszuschließen. Es müssen daher für spanische Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst die besoldungsrechtlichen Grundsätze sinngemäß angewendet werden und die wegen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Kalendermonats tatsächlich nur teilbeschäftigt sind, die Ausnahmeregelungen des § 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG ebenso gelten, wie für Arbeitnehmer, die wegen unbezahlten Urlaubs in einem Kalendermonat nur tatsächlich teilbeschäftigt gewesen sind (vgl. BSG, Urteil vom 23. Oktober 1970 – 7 RKg 12/69 –).

Nach allem ist das LSG somit zutreffend davon ausgegangen, daß es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines spanischen Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst im Laufe eines Kalendermonats für den Anspruch auf Kindergeld unerheblich ist, ob der spanische Arbeitnehmer noch in demselben Monat eine neue Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen hat. Er ist in keinem Falle für den Kalendermonat, in den das Ende seines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst fällt, vom Bezug des Kindergeldes nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG ausgeschlossen, weil er in diesem Monat als „nicht vollbeschäftigt” anzusehen ist und infolgedessen gegenüber seinem Arbeitgeber keinen Anspruch auf den vollen Kinderzuschlag hat (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 BKGG). Die Revision der Beklagten muß deshalb zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Unterschriften

Schmitt, Mellwitz, Dr. Heußner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI928079

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge