Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Juni 1983 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Beklagten wird dieses Urteil aufgehoben, soweit die Beklagte zur Gewährung höheren Konkursausfallgeldes unter Berücksichtigung einer Sonderzahlung von 100,– DM verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Konkursausfallgeldes (Kaug).
Der Kläger war vom 30. Juli bis 7. Dezember 1975, vom 31. Mai 1976 bis 14. Januar 1977 und vom 21. Februar bis 3. März 1977 bei der Firma K. in K. abhängig beschäftigt. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Firmeninhabers wurde am 4. April 1977 mangels Masse abgelehnt.
Am 26. Mai 1977 beantragte der Kläger Kaug, wobei er ua Beträge von 903,– DM netto sowie 100,– DM brutto aus nicht erfüllten arbeitsgerichtlichen Vergleichen vom 2. März 1977 geltend machte.
Der Arbeitgeber hatte im Einverständnis mit dem Kläger von dessen Arbeitslohn 903,– DM einbehalten, um eine Forderung des Arbeitsamtes gegen den Kläger auf Rückerstattung überzahlten Arbeitslosengeldes (Alg) zu begleichen, diesen Betrag aber – entgegen seiner dem Kläger erteilten Bescheinigung vom 8. November 1976 – nicht an das Arbeitsamt abgeführt. Die daraufhin vom Kläger am 15. Februar 1977 beim Arbeitsgericht Kassel eingereichte Klage (4 Ca 94/77) auf Zahlung von ua 903,– DM endete mit dem am 2. März 1977 geschlossenen Prozeßvergleich, in dem sich der Arbeitgeber zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich 4 % Zinsen ab 2. März 1977 verpflichtete.
In einem weiteren Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Kassel (4 Ca 95/77) verpflichtete sich der Arbeitgeber in dem am 2. März 1977 geschlossenen Prozeßvergleich ua zur Zahlung von „100,– DM brutto nach dem Tarifvertrag über die Gewährung eines Teils eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 7. Februar 1977 idF vom 12. April 1976” nebst 4 % Zinsen aus den jeweiligen Bruttobeträgen seit dem 2. März 1977.
Mit Bescheiden vom 22. Mai 1978 und 29. Mai 1979 bewilligte die Beklagte dem Kläger Kaug, ohne die geltend gemachten Beträge zu berücksichtigten. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1980; Urteil des Sozialgerichts (SG) Kassel vom 10. März 1981).
Auf die – zugelassene – Berufung des Klägers wurde die Beklagte zur Zahlung von weiterem Kaug auf der Grundlage eines Betrages von 100,– DM brutto verpflichtet; im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen (Urteil des Hessischen Landessozialgerichts –LSG– vom 22. Juni 1983). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dem Kläger stehe weiteres Kaug für die vereinbarte Sonderzahlung von 100,– DM zu. Zwar seien die Voraussetzungen des im Vergleich als Rechtsgrundlage bezeichneten Tarifvertrages für diese Zahlung nicht erfüllt; da der Vergleich diese Voraussetzungen nicht ersetzen könne, sei davon auszugehen, daß mit ihm ein originärer Anspruch auf Zahlung von 100,– DM begründet worden sei, der wegen seiner Entstehung am 2. März 1977 dem maßgeblichen Kaug-Zeitraum vom 4. Dezember 1976 bis 3. März 1977 zuzuordnen sei. Hingegen sei Kaug für die weiter geltend gemachte Forderung von 903,– DM nicht zu gewähren, weil es sich hierbei letztlich um eine Lohnforderung handele, die dem Kläger für eine Zeit vor Beginn des Kaug-Zeitraums zugestanden habe.
Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte die – zugelassene – Revision eingelegt.
Der Kläger rügt eine fehlerhafte Auslegung des § 141b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und meint, das LSG habe ihm zu Unrecht weiteres Kaug für die im arbeitsgerichtlichen Vergleich zugestandenen 903,– DM versagt. Dabei handele es sich nicht um eine Lohnforderung, sondern um einen Schadensersatzanspruch; denn der Arbeitgeber habe den mit seinem Einverständnis einbehaltenen Lohn abredewidrig nicht an das Arbeitsamt abgeführt und damit gröblichst seine Fürsorgepflichten als Arbeitgeber verletzt. Der daraus erwachsene Schadensersatzanspruch sei erst mit seiner Kenntnisnahme von dem Fehlverhalten seines Arbeitgebers am 18. Januar 1977 entstanden und deshalb dem maßgeblichen Kaug-Zeitraum zuzuordnen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Juni 1983 insoweit aufzuheben, als es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel zurückgewiesen hat, und das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 10. März 1981 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. Mai 1978 und 29. Mai 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1980 insoweit abzuändern, als die Beklagte verpflichtet ist, weiteres Konkursausfallgeld auf der Grundlage eines Betrages von DM 903,– netto an den Kläger zu zahlen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Juni 1983 insoweit aufzuheben, als der Berufung des Klägers stattgegeben wurde, die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen, ferner, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt einen Verstoß gegen §§ 141b, 141c AFG und §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Das LSG habe dem Kläger zu Unrecht Kaug für die vereinbarte Sonderzahlung von 100,– DM zugesprochen; denn dieser Betrag habe nicht losgelöst vom Arbeitsverhältnis, sondern in Anbindung an dieses bzw nach Maßgabe des im Vergleich bezeichneten Tarifvertrages (TV) gezahlt werden sollen. Da diese Zahlung nur für 1976 bestimmt gewesen sein könne, sei sie einem Zeitraum zuzuordnen, der nicht mehr in die nach § 141b Abs. 1 AFG maßgebliche Kaug-Zeit falle. Diese erfasse entgegen dem angefochtenen Urteil nur die Zeit vom 21. Februar bis 3. März 1977, weil § 141b Abs. 1 AFG bei Vorliegen mehrerer aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber nur auf das jeweils letzte Arbeitsverhältnis abstelle. Aber auch dann, wenn insoweit dem LSG gefolgt werde, könne die Sonderzahlung nicht in voller Höhe berücksichtigt werden, sondern lediglich mit dem Anteil, der auf die Zeit vom 4. Dezember 1976 bis 14. Januar 1977 entfalle, also in Höhe von maximal 20,– DM. Ungeachtet der vorstehenden Gesichtspunkte könne schließlich ein Anspruch auf Arbeitsentgelt, den der Arbeitnehmer durch eine Rechtshandlung erworben habe, die im Falle des Konkurses nach den Vorschriften der Konkursordnung (KO) angefochten werden könne, nach Maßgabe des § 141c Satz 2 AFG keinen Anspruch auf Kaug begründen. Hierzu fehle es an den erforderlichen Feststellungen des LSG, insbesondere darüber, ob der arbeitsgerichtliche Vergleich nach der Zahlungseinstellung abgeschlossen worden sei, ob durch den Abschluß Konkursgläubiger benachteiligt worden wären und ob dem Kläger zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Zahlungseinstellung bekannt gewesen sei (§ 30 Nr. 1, 1. Halbsatz KO).
Bei dem Betrag von 903,– DM handele es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch des Klägers, sondern um einen Lohnanspruch, der nicht dem Kaug-Zeitraum zuzuordnen sei.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht wegen der ausgefallenen 903,– DM kein höheres Kaug zu, weil es sich um einen Lohnanspruch für Zeiten vor dem nach § 141b AFG maßgeblichen Kaug-Zeitraum handelt.
Da nach den Feststellungen des LSG der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens am 4. April 1977 mangels Masse abgelehnt worden ist und das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits vor diesem Zeitpunkt am 3. März 1977 geendet hat, ist maßgeblicher Kaug-Zeitraum der vom 3. März 1977 zurückgerechnete Dreimonatszeitraum, der am 4. Dezember 1976 begonnen hat. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich, daß das über den 4. Dezember 1976 hinaus bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers am 15. Januar 1977 geendet hat und ein weiteres Arbeitsverhältnis bei dem bisherigen Arbeitgeber am 21. Februar 1977 begründet worden ist. Daß der Wortlaut des § 141b Abs. 1 AFG auf die letzten dem Insolvenzfall vorausgehenden drei Monate „des Arbeitsverhältnisses” abstellt, bedeutet nicht, daß damit nur das jeweils letzte Arbeitsverhältnis bei dem insolventen Arbeitgeber gemeint ist. Das Gesetz ist damit vielmehr nur von dem typischen Sachverhalt ausgegangen, daß vor den Insolvenzfall nur ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Diese Regelung erfaßt jedenfalls auch eine Aufeinanderfolge von Arbeitsverhältnissen bei denselben Arbeitgeber, soweit sie in den maßgeblichen Dreimonatszeitraum fallen. Das sind die drei Monate vor Beendigung des letzten Arbeitsverhältnisses. Gegen die Ansicht der Beklagten, daß nur das jeweils letzte Arbeitsverhältnis kaug-rechtlichen Schutz genießt, spricht nicht nur die Entstehungsgeschichte, sondern auch der Zweck der Vorschrift. Mit § 141b Abs. 1 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sollte eine Sicherung von rückständigen Lohnansprüchen für einen Zeitraum bis zu drei Monaten vor Eintritt des Insolvenzereignisses gewährleistet werden, um eine wirtschaftliche Notlage des auf das Arbeitsentgelt angewiesenen Arbeitnehmers zu vermeiden (vgl. BT-Drucks 7/1750, S 10, zu A, Allgemeiner Teil). Auf das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses kam es hierbei nicht an. Wenn die Neufassung dieser Bestimmung durch das Einführungsgesetz zum Einkommensteuer-Reformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) nunmehr bestimmt, daß anstelle der letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis die letzten drei Monate „des Arbeitsverhältnisses” treten, die diesem Ereignis vorhergehen, so sollten damit lediglich Nachteile ausgeglichen werden, die nach bisherigem Recht für Arbeitnehmer dadurch entstehen konnten, daß sich die Entscheidung über die Eröffnung des Konkursverfahrens verzögerte (vgl. BT-Drucks 7/2945 S 4 zu Art. 23 Nrn 19a und 19b). Damit ist nur der Endzeitpunkt für die Rückrechnung der Dreimonatsfrist zugunsten der Arbeitnehmer verschoben, nicht jedoch bezweckt worden, den kaug-rechtlichen Schutz auf das jeweils letzte in die Kaug-Zeit fallende Arbeitsverhältnis zu beschränken. Für eine derartige Einschränkung besteht nach dem Schutzzweck des § 141b AFG kein sachlich einleuchtender Grund. Dem Einwand der Beklagten, daß Ansprüche aus einem früheren Arbeitsverhältnis weniger schutzwürdig als diejenigen aus dem letzten Arbeitsverhältnis seien, weil der Arbeitnehmer trotz Lohnrückständen wieder eine Arbeit bei seinem säumigen Arbeitgeber aufgenommen habe, hat das Gesetz bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß bei Insolvenz des Arbeitgebers grundsätzlich nur ein begrenzter Zeitraum von 3 Monaten kaug-rechtlichen Schutz genießt, also regelmäßig nur das letzte Arbeitsverhältnis erfaßt wird, weil frühere Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber im allgemeinen nicht mehr in die Dreimonatsfrist hineinreichen. Ist dies aber der Fall, müssen jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit nicht bei einem anderen Arbeitgeber gearbeitet hat, auch die Lohnansprüche aus einem vorhergehenden Arbeitsverhältnis durch Kaug ersetzt werden, soweit sie im maßgeblichen Kaug-Zeitraum – hier dem 4. Dezember 1976 bis 3. März 1977 – entstanden, dh erarbeitet worden sind.
Daran fehlt es aber bei dem hier streitigen Anspruch in Höhe von 903,– DM, weil er für eine Zeit vor dem 4. Dezember 1976 erarbeitet worden ist. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei diesem Anspruch nicht um Schadensersatz, der an die Stelle des Lohnanspruchs getreten ist, sondern um den Lohnanspruch selbst, weil mangels der vereinbarten Zahlung an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung der Lohnanspruch in dieser Höhe nicht erloschen, sondern bestehen geblieben ist (§ 362 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB–). Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß dem vereinbarten Anspruch eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers zugrunde läge, könnte ein solcher Anspruch nicht dem Kaug-Zeitraum zugeordnet werden. Schadensersatzansprüche, die an die Stelle von nicht gezahltem Arbeitsentgelt treten und (nur) insoweit nach ihrer Funktion von den nach § 141b Abs. 2 AFG iVm § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO geschützten Arbeitsentgeltansprüchen erfaßt werden, teilen kaug-rechtlich das Schicksal des Arbeitsentgeltanspruchs, den sie ersetzen. Sie sind ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses dem Zeitraum zuzuordnen, in dem das Arbeitsentgelt, das sie ersetzen, erarbeitet worden ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. März 1984 – 10 RAr 4/83 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen). Das ist hier spätestens der Monat November 1976, denn aus dem Zusammenhang der vom LSG getroffenen Feststellungen, insbesondere aus dem Inhalt der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 8. November 1976 ist zu entnehmen, daß das einbehaltene Arbeitsentgelt spätestens für diesen Zeitabschnitt geschuldet war bzw erarbeitet worden ist. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Insoweit haben die Beklagte und die Vorinstanzen einen Anspruch auf Kaug zu Recht abgelehnt; die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Hingegen führt die Revision der Beklagten zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG, soweit sie zur Zahlung höheren Kaug verurteilt worden ist. Insoweit reichen die vom LSG getroffenen Feststellungen zur abschließenden Beurteilung nicht aus.
Bei dem im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 2. März 1977 vereinbarten Anspruch von 100,– DM handelt es sich nach den insoweit unangegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen um einen Teil eines 13. Monatsgehalts und damit um Arbeitsentgelt iS von § 141b AFG. Denn hierzu gehören auch Sonderzahlungen wie Gratifikationen, 13. Monatsgehälter uä. Derartige Sonderzahlungen sind jedoch im Hinblick auf ihren Charakter als aufgeschobenes Arbeitsentgelt kaug-rechtlich nur mit dem Anteil zu berücksichtigen, der für den maßgebenden Kaug-Zeitraum zu beanspruchen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 141b AFG Nr. 8 mwN). Maßgebend ist hier – wie bereits ausgeführt – der Zeitraum vom 4. Dezember 1976 bis 3. März 1977. Ob die zugesagten 100,– DM ganz oder teilweise für diesen Zeitraum zu beanspruchen sind, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen.
Das LSG ist davon ausgegangen, daß die Beteiligten mit dem Vergleich – trotz dessen Wortlaut, der den genannten Tarifvertrag als Rechtsgrundlage der vereinbarten Zahlung bezeichnet – einen davon unabhängigen, originären Anspruch begründet hätten, weil der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des Tarifvertrages für eine solche Leistung nicht erfüllt habe. Darin liegt keine Tatsachenfeststellung des LSG, an die das Revisionsgericht gebunden wäre. Das LSG hat vielmehr den Vergleich ausgelegt, ohne den wirklichen, übereinstimmenden Willen der Beteiligten zu ermitteln und zu beachten. Dies hält einer – zulässigen – rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand. Denn das LSG hat damit gegen den anerkannten Grundsatz verstoßen, daß jeder Auslegung von Verträgen die Ermittlung der für die Auslegung relevanten Tatsachen vorauszugehen hat; insbesondere ist für eine Auslegung kein Raum, solange der übereinstimmende und damit wirkliche Wille der Parteien im Wege der Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der äußeren Umstände festgestellt werden kann (§ 133 BGB; vgl. BGH LM Nr. 7 zu § 133 (D) BGB). Es hat ferner verkannt, daß ein Prozeßvergleich, mit dem ein Streit oder eine Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt werden soll (§ 779 BGB), das Ausgangsrechtsverhältnis selbst regelmäßig bestehen läßt, also in diesem Falle nicht ohne weiteres die Ersetzung des alten durch ein neues Rechtsverhältnis angenommen werden kann, zumal wenn – wie hier – das Ausgangsrechtsverhältnis im Vergleich selbst als Rechtsgrundlage der Verpflichtung genannt ist. Das LSG ist selbst davon ausgegangen, daß es sich um einen Teil eines 13. Monatsgehalts handeln sollte, diese Sonderzahlung also auf das Arbeitsverhältnis und die erbrachte Arbeitnehmerleistung zurückzuführen war.
Das LSG hat daher zunächst festzustellen, was die Beteiligten übereinstimmend als Sinn und Inhalt der getroffenen Vereinbarung gewollt haben. Das könnte sich daraus ergeben, welcher Anspruch und welcher Zeitraum des Arbeitsverhältnisses Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Klage war und aus welchem Rechtsgrund in dem zu ihrer Erledigung dienenden Vergleich eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers begründet werden sollte. Sollte sich ergeben, daß die vereinbarten 100,– DM – dem Wortlaut des Vergleichs entsprechend – als tarifvertragliche Sonderzahlung gezahlt werden sollten, wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob und ggf welcher Teilbetrag hiervon bei Beachtung der im Tarifvertrag vorgesehenen Zwölftelung der Sonderzahlung auf den Kaug-Zeitraum entfällt. Nur das „für” diese Zeit geschuldete Arbeitsentgelt wird durch Kaug ersetzt.
Sollte sich hingegen ergeben, daß die vereinbarte Sonderzahlung als ein von der tarifvertraglichen Regelung unabhängiger Lohnausgleich geschuldet sein sollte, bedarf es weiterer Feststellungen zu der Frage, ob und ggf welcher Teil des vereinbarten Anspruchs für die in der Kaug-Zeit geleistete Arbeit bestimmt war und – soweit dies zutrifft –, ob er damit iS von § 141c Satz 2 AFG durch eine Rechtshandlung erworben worden ist, die im Falle des Konkurses nach den Vorschriften der KO angefochten werden könnte. Nach dem insoweit einschlägigen § 30 Nr. 1 1. Halbsatz KO kommt es darauf an, ob der arbeitsgerichtliche Vergleich, der jedenfalls hinsichtlich der Begründung eines selbständigen Rechtsanspruchs als Rechtshandlung iS von § 141c Satz 2 AFG anzusehen ist, nach der Zahlungseinstellung abgeschlossen wurde, ob durch den Abschluß Konkursgläubiger benachteiligt worden wären und ob dem Kläger zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Zahlungseinstellung bekannt war. Auch hierzu müßte ggf der Kläger sowie sein früherer Arbeitgeber gehört werden.
Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
Fundstellen
NJW 1985, 3040 |
ZIP 1985, 109 |