Verfahrensgang
SG Gelsenkirchen (Urteil vom 18.06.1975) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18. Juni 1975 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. Oktober 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1974 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Unter den Beteiligten ist in Streit, ob dem Kläger Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres auch für die Monate September und Oktober 1974 zusteht.
Der 1920 geborene Kläger, seit 1947 im Bergbau, war von 1953 bis 30. April 1970 als Hauer tätig. Ab 1. Mai 1970 war er von der Arbeit freigestelltes Betriebsratsmitglied seiner Zeche. Nach der Neuordnung des Entlohnungswesens im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ab 1. Juni 1971 – Lohntarifvertrag vom 29. April 1971 – führte ihn die Zeche als Hauer in der Aus- und Vorrichtung (Lohngruppe 11 unter Tage), mit Wirkung vom 30. August 1974 als Hauer im Streckenausbau und im Transport (Lohngruppe 09 unter Tage) und mit Wirkung vom 30. November 1974 als angelernten Handwerker (Lohngruppe 07 über Tage).
Den bereits im Mai 1974 gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung von Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 3. Oktober 1974 mit der Begründung ab, daß der Kläger im Vergleich zu der bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit als Hauer in der Gewinnung (Lohngruppe 10 unter Tage) noch eine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit ausübe. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch gab der Widerspruchsausschuß der Beklagten für die Zeit ab 30. November 1974 – Abstufung auf die Lohngruppe 07 über Tage – statt und wies im übrigen den Rechtsbehelf zurück: Der Kläger sei nur in der Zeit vom 1. Juni 1971 bis 29. August 1974, also weniger als ein Drittel seiner Tätigkeit als Hauer in der Lohngruppe 11 beschäftigt gewesen. Daher sei bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) von der nächstniedrigen Hauerlohngruppe – Lohngruppe 10 unter Tage – auszugehen. Ihr gegenüber aber sei die bis 30. November 1974 ausgeübte Tätigkeit eines Hauers in der Lohngruppe 09 wirtschaftlich gleichwertig gewesen; die Lohneinbuße habe weniger als 10 v.H. betragen.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Bergmannsrente bereits ab 1. September 1974 zu gewähren. Das Gericht war der Auffassung, höchstentlohnte, wenngleich nur fiktiv im Sinne des § 7 Nr. 2 der Hauerarbeiten-Verordnung (HaVO) ausgeübte bisherige knappschaftliche Arbeit des Klägers sei die nach Lohngruppe 11 unter Tage gewesen. Auf die sogenannte Drittelberechnung komme es nicht an. Gegenüber der Lohngruppe 11 unter Tage habe die Lohneinbuße beim Kläger ab 30. August 1974 mehr als 10 v.H. betragen. Daher sei dem Kläger von da ab die Bergmannsrente zuzusprechen gewesen.
Das SG hat die Revision zugelassen.
Mit dem schriftlichen Einverständnis des Klägers hat die Beklagte die Revision eingelegt. Sie führt aus: Die Auffassung des SG, daß vorliegend von der Lohngruppe 11 auszugehen sei, treffe nicht zu. Der Kläger habe eine Hauerzeit von 240 Monaten, davon jedoch nur 35 Monate in der Lohngruppe 11 zurückgelegt. Entscheidende Bedeutung komme daher der Bewertung der bis zum 31. Mai 1971 verrichteten Hauertätigkeit zu. In analoger Anwendung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Januar 1975, 29. August 1974 und 29. Januar 1975 biete es sich an, für die Beschäftigung des Klägers als Hauer vor dem 1. Juni 1971 die Lohngruppe 10 anzusetzen. Umfasse die höchstentlohnte Hauertätigkeit nicht ein Drittel der Gesamthauerzeit, so bilde die in der Entlohnung folgende Hauertätigkeit den speziellen Hauerhauptberuf. Vorliegend sei also die Hauertätigkeit der Lohngruppe 10 maßgebend, die bei der Betrachtung dem Berufsleben des Klägers eindeutig das Gepräge gegeben habe. Da der Lohnabfall zwischen den Lohngruppen 10 und 09 nur ca 5,2 % betrage, habe der Kläger in den strittigen beiden Monaten noch eine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit ausgeübt.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er legt dar, dadurch, daß er – Kläger – unter der neuen Lohnordnung in der Gruppe 11 gearbeitet habe, sei es unnötig, auf die Eingruppierungsfiktion des BSG zurückzugreifen. Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des BSG zutage getretenen Gedankengänge dürfte es bei einem Versicherten, der vor und nach dem 1. Juni 1971 Tätigkeiten in der Aus- und Vorrichtung verrichtet habe und ab 1. Juni 1971 auch nach Gruppe 11 entlohnt worden sei, keine Schwierigkeit bestehen, von dieser Lohngruppe beim Vergleich der wirtschaftlich gleichwertigen Tätigkeiten auszugehen. Unabhängig davon stehe ihm aber die Bergmannsrente schon deswegen ab 1. September 1974 zu, weil er zu diesem Zeitpunkt keine wirtschaftliche Arbeit mehr ausgeübt bzw. kein Entgelt im Sinne des § 86 Abs. 2 RKG erhalten habe (Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats in SozR Nr. 41 zu § 43 RKG).
Entscheidungsgründe
II.
Die Sprungrevision ist zulässig. Nach § 161 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) idF des Änderungsgesetzes vom 30. Juli 1974 steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. Die schriftliche Zustimmung des Revisionsbeklagten liegt vor. Wie der Senat heute in der Streitsache 5 RKn 34/75 bereits entschieden hat, ist die aaO verwendete Formulierung „unter Übergehung der Berufungsinstanz” aus § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übernommen worden, um unterschiedliche Regelungen im Verfahrensrecht der beiden Gerichtsbarkeiten möglichst zu vermeiden. Anders als im Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten ist die Berufung im Verfahren vor den Sozialgerichten nicht nur ausnahmsweise, sondern in zahlreichen Fällen – so auch vorliegend nach § 146 SGG – ausgeschlossen. Damit wird die Frage bedeutsam, ob aus der genannten, in § 161 Abs. 1 SGG gebrauchten Formulierung der Schluß zu ziehen ist, die Zulassung der Sprungrevision setze voraus, daß die Berufung entweder nach §§ 144 bis 149 SGG nicht ausgeschlossen oder neben der Sprungrevision auch die Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG zugelassen worden ist. Der Senat hält eine solche besondere Zulassung der Berufung für die Statthaftigkeit der Revision nicht für zwingend erforderlich; der Gesetzgeber hat mit der Wendung „unter Übergehung der Berufungsinstanz” allein zum Ausdruck bringen wollen, daß bei zugelassener Sprungrevision die Berufungsinstanz nicht tätig zu werden braucht; die erwähnte Formulierung des Gesetzes nötigt daher nicht zu der Annahme, daß die Sprungrevision nur bei zugelassener Berufung statthaft sein solle.
Die Revision ist sachlich auch begründet.
Nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG erhält auf Antrag Bergmannsrente der Versicherte, der das 50. Lebensjahr vollendet, im Vergleich zu der von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit keine wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten mehr ausübt und die Wartezeit nach § 49 Abs. 2 RKG erfüllt hat. Der Kläger war im Jahre 1974 älter als 50 Jahre; er hat auch, worüber kein Streit besteht, die geförderte Wartezeit erfüllt. In Streit ist dagegen, ob der Kläger in den beiden Monaten September und Oktober 1974 mit der Tätigkeit eines Hauers nach Lohngruppe 09 unter Tage eine Arbeit ausübte, die der von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit wirtschaftlich gleichwertig war.
„Bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit” – der sogenannte knappschaftliche Hauptberuf – des Klägers ist die des Hauers. Diese Arbeit hat der Kläger vor dem 1. September 1974, unterbrochen nur von Arbeitsfreistellungen wegen der Zugehörigkeit zum Betriebsrat, seit 1953 ausgeübt. Schwierigkeiten begegnet indessen die nach dem Gesetz – zum Zwecke der vorgeschriebenen Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit – anzustellende wirtschaftliche Bewertung dieses knappschaftlichen Hauptberufes. Diese wirtschaftliche Bewertung ist – gleichgültig, von wann an die Tätigkeit tatsächlich nicht mehr verrichtet wird – für jeden vom Versicherten beanspruchten Rentenbezugszeitraum, also vorliegend auch für die nach dem 1. Juni 1971 liegende streitige Zeit vorzunehmen (vgl. dazu den erkennenden Senat in SozR 2200 Nr. 5 und 8). Nun ist aber der Hauer seit der Neuordnung des tariflichen Entlohnungswesens im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ab dem genannten 1. Juni 1971 durch den Tarifvertrag vom 29. April 1971 in drei verschieden entlohnte Tarifgruppen, nämlich in die Lohngruppe 09, 10 und 11 unter Tage einzustufen. Die Schwierigkeit besteht darin, daß der Kläger schon seit einem vor dem 1. Juni 1971 liegenden Zeitpunkt tatsächlich keine knappschaftliche Arbeit mehr verrichtet; er war seit 1970 durchweg von der bergbaulichen Arbeit freigestelltes Betriebsratsmitglied. Es stellt sich die Frage, in welche der genannten drei Lohngruppen der Kläger vom 1. Juni 1971 an zum Zwecke der wirtschaftlichen Bewertung seiner bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit einzustufen ist. Auf die vom Arbeitgeber tatsächlich vorgenommene Einstufung kann es nicht ankommen. Nach § 45 RKG ist nämlich der objektive wirtschaftliche Wert der bisher tatsächlich verrichteten knappschaftlichen Arbeit zu ermitteln. Da der Kläger schon seit 1970 tatsächlich keine knappschaftliche Arbeit mehr verrichtet hat, konnte der Arbeitgeber den Kläger ab 1. Juni 1971 nicht entsprechend seiner Tätigkeit einstufen. Bei diesen Gegebenheiten oblag es praktisch weitgehend der Beurteilung des Arbeitgebers, den Kläger in eine der nunmehr zur Verfügung stehenden drei Lohngruppen einzuordnen. Diese Beurteilung des Arbeitgebers kann der Senat nicht nach objektiven Gesichtspunkten auf ihre Richtigkeit überprüfen. Deshalb ist die Einstufung des Arbeitgebers ungeeignet, den objektiven wirtschaftlichen Wert der bisherigen knappschaftlichen Arbeit des Versicherten wiederzugeben. Hinzu kommt, daß der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied nicht nur „ohne Minderung des Arbeitsentgelts” von seiner bergmännischen Tätigkeit zu befreien hatte (§ 37 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes –BetrVerfG–), sondern daß er ferner das fortzuzahlende Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitgliedes nicht geringer bemessen durfte als die Entgelte „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung” (§ 37 Abs. 4 Satz 1 aaO). Eine solche betriebsübliche Entwicklung der von dem Betriebsratsmitglied bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit nach Freistellung von der knappschaftlichen Arbeit kann der Senat dagegen nicht beachten; nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG kommt es nur auf den wirtschaftlichen Wert der von dem Betriebsratsmitglied tatsächlich verrichteten Arbeit an.
Die Schwierigkeiten in der wirtschaftlichen Bewertung des knappschaftlichen Hauptberufes des Klägers ab 1. Juni 1971 lassen sich entgegen der Ansicht des SG auch nicht dadurch ausräumen, daß unter Heranziehung der HaVO davon ausgegangen wird, der Kläger habe über den 30. Mai 1971 hinaus eine Hauertätigkeit „fiktiv” ausgeübt. Zwar ist richtig, daß nach § 7 Nr. 2 HaVO den Hauerarbeiten unter Tage die Tätigkeit eines Mitgliedes des Betriebsrates gleichgestellt ist, wenn der Versicherte bisher eine der in §§ 1 bis 6 HaVO bezeichneten Arbeiten ausgeübt hat und er im Anschluß daran wegen der Betriebsratstätigkeit von diesen Arbeiten freigestellt worden ist. Diese Gleichstellung beschränkt sich jedoch auf die Anwendung von Vorschriften, nach denen die Verrichtung von Hauerarbeiten unter Tage bzw. von Arbeiten unter Tage rechtserheblich ist, also insbesondere auf die Anwendung der Vorschriften über die Erfüllung der Wartezeit für die Bergmannsrente und für das knappschaftliche Ruhegeld (§§ 49 Abs. 2 und 4 RKG aF, 49 Abs. 2 RKG nF; Art. 2 § 5 des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes –KnVNG–) sowie über die Gewährung von Leistungszuschlag (§ 59 RKG) und der Knappschaftsausgleichsleistung (§ 98 a RKG). Abgesehen hiervon bliebe selbst bei Annahme einer fiktiven Hauertätigkeit ab 1. Juni 1971 offen, in welche der drei Lohngruppen die fiktive Tätigkeit von dieser Zeit an einzustufen wäre. Nach alledem ähneln die der wirtschaftlichen Bewertung des knappschaftlichen Hauptberufes des Klägers entgegenstehenden Schwierigkeiten denen derjenigen Hauer, die ihre Tätigkeit schon vor dem 1. Juni 1971 aufgegeben haben. Auch in jenen Fällen kann mangels tatsächlicher Verrichtung einer knappschaftlichen Arbeit der wirtschaftliche Wert der Hauertätigkeit für die Zeit ab 1. Juni 1971 nicht aus dem Tarifvertrag abgelesen werden. Für diese Gruppe von Hauern hat der Senat das Problem der wirtschaftlichen Bewertung in der Weise gelöst, daß er von dem genannten Zeitpunkt an die Lohngruppe 10 unter Tage zugrunde gelegt hat (BSGE 38, 9 = SozR 2600 § 45 Nr. 4). Der Senat ist hierbei von der Überlegung ausgegangen, daß eine Einstufung in die mittlere der zur Verfügung stehenden drei Lohngruppen am ehesten geeignet ist, Übergangsfälle der genannten Art angemessen und praktikabel zu lösen. Bei der Ähnlichkeit der Sach- und Rechtslage sieht der Senat keine Bedenken, die bezeichnete Rechtsprechung auf Übergangsfälle von der Art des Klägers auszudehnen. Auch bei ihnen stellt die Einstufung in die Lohngruppe 10 unter Tage für die Zeit ab 1. Juni 1971 eine wirtschaftliche Bewertung des knappschaftlichen Hauptberufes dar, die den Umständen des Falles noch am ehesten gerecht wird.
Wird aber nach allem die bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit des Klägers als Hauer auch für die streitigen Monate September und Oktober 1974 entsprechend der Lohngruppe 10 unter Tage wirtschaftlich bewertet, so übte der Kläger damals als in der Lohngruppe 09 eingestufter Hauer noch eine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG aus. Die Lohndifferenz zwischen beiden Gruppen betrug mit 70,30 DM zu 67,30 DM weniger als 10 v.H. (vgl. den erkennenden Senat in SozR Nr. 38 zu § 45 RKG; SozR 2600 § 45 Nr. 2). Dem Kläger steht hiernach für die beiden genannten Monate Bergmannsrente nicht zu.
Der Kläger widerstreitet diesem rechtlichen Ergebnis weiter mit der Begründung, daß er im September und Oktober 1974 noch freigestelltes Betriebsratsmitglied gewesen sei und er also weder eine wirtschaftliche Arbeit ausgeübt noch Entgelt im Sinne des § 86 Abs. 2 RKG bezogen habe; mithin müsse die Entscheidung des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1973 (SozR Nr. 41 zu § 45 RKG) angewendet werden. Es kann dahinstehen, ob der Kläger in den genannten beiden Monaten von der Arbeit freigestellt war; dem angefochtenen Urteil sind hierzu eindeutige Feststellungen nicht zu entnehmen. Der Kläger übersieht, daß der erkennende Senat aaO allein die Frage verneint hat, ob die Ausübung eines Ehrenamtes eines Betriebsratsmitgliedes verminderte bergmännische Berufsfähigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 RKG entfallen läßt. Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um die Frage, ob der Kläger noch eine seiner bisherigen knappschaftlichen Arbeit wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit ausübt, also um eine vorwiegend wirtschaftliche Betrachtung. Es läßt sich jedoch nicht verkennen, daß das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitgliedes auch nach Freistellung gemäß §§ 37, 103 BetrVerfG, 15 des Kündigungsschutzgesetzes während der Ausübung des Ehrenamtes fortbesteht und der Arbeitgeber zudem kraft Gesetzes verpflichtet ist, die bisherigen Bezüge weiterzuzahlen. Bei mit der Pflicht zur Lohnfortzahlung weiterbestehendem Arbeitsverhältnis bleibt aber auch das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis aufrechterhalten. Bei vorwiegend wirtschaftlicher Betrachtung, die § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG im Blick auf eine noch ausgeübte gleichwertige Tätigkeit anstellt, erscheint es nicht angängig, ein mit Lohnfortzahlung ausgestattetes fortbestehendes Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis als rechtlich unerheblich anzusehen. Der Senat hat deshalb bereits entschieden, daß die Zeit, während welcher das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis trotz Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit fortdauert, im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG der Zeit der Verrichtung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichsteht, solange der Lohn auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) fortgezahlt wird (SozR 2600 § 45 Nr. 9). Nichts anderes kann aber für den Fall gelten, in dem die Aufrechterhaltung des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses mit gesetzlicher Lohnfortzahlungspflicht auf Grund des Betriebsverfassungsgesetzes gegeben ist. Mithin ist der Kläger auch für die Zeit ab 1970 so zu behandeln, als habe er eine entgeltliche versicherungspflichtige Beschäftigung noch ausgeübt. Wie ausgeführt, ist aber die für die Monate September und Oktober 1974 zugrunde zu legende entgeltliche Arbeit des Klägers seiner bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit als Hauer in der Lohngruppe 10 wirtschaftlich gleichwertig.
Auf die begründete Revision der Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. Oktober 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1974 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Dr. Dapprich, May, Rauscher
Fundstellen