Leitsatz (redaktionell)
Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) schützt den Rechtsmittelkläger nur vor einer ihm ungünstigeren Sachentscheidung, nicht aber vor einem ihm ungünstigeren Prozeßurteil.
Normenkette
SGG § 123 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 6. Februar 1958 wie folgt geändert wird:
Ziff. 1) |
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Mai 1955 und die Bescheide der Beklagten vom 15. Januar 1953 und 4. August 1953 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente nach einer MdE. von 25 v.H. über den 28. Februar 1953 hinaus zu gewähren. |
Ziff. 2) |
Die Widerklage wird abgewiesen. |
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger leistete während des zweiten Weltkrieges Wehrdienst und befand sich anschließend bis Juli 1945 in englischer Gefangenschaft. Im Juli 1948 beantragte er Versorgung nach der Sozialversicherungs-Direktive (SVD) Nr. 27 wegen eines Herz- und Rheumaleidens, das er sich 1943 im Felde zugezogen habe, Nach Untersuchung durch Dr. J, bei der Röntgenaufnahmen nicht gemacht wurden, erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 1948 "rheumatische Beschwerden in den Schulter- und Fingergelenken ohne Aktivitätszeichen" als Schädigungsfolgen an und bewertete die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) mit 30 v.H..
Auf Grund einer Nachuntersuchung durch Dr. A - wiederum ohne Röntgenaufnahmen - benachrichtigte die Beklagte den Kläger am 1. Dezember 1949, daß sich sein Leiden nicht geändert habe. Am 31. Mai 1951 erkannte die Beklagte ohne Nachuntersuchung durch Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) die gleichen Beschwerden wie im Bescheid vom 26. Oktober 1948 als Schädigungsfolgen an und gewährte Rente nach einer MdE. um 30 v.H..
Am 11. November 1952 wurde bei einer Nachuntersuchung mit Röntgenaufnahmen (Dr. N) festgestellt, daß eine Arthrosis deformans beider Schultergelenke mit einer MdE. um 20 v.H. vorlag. Zeichen eines chronischen Gelenkrheumatismus wurden nicht gefunden. Die Beklagte entzog darauf dem Kläger die Rente durch Bescheid vom 15. Januar 1953 mit Wirkung vom 28. Februar 1953, weil ein Versorgungsleiden nicht mehr vorliege. Der Einspruch des Klägers wurde zurückgewiesen.
Das Sozialgericht wies die Klage ab. Der Kläger legte Berufung ein. Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen und erhob außerdem Widerklage mit dem Antrag festzustellen, daß die Anerkennung durch Bescheid vom 26. Oktober 1948 und 31. Mai 1951 zu Unrecht erfolgt sei und ein Versorgungsrechtsverhältnis nicht mehr bestehe. Das Landessozialgericht (LSG.) verurteilte am 6. Februar 1958 die Beklagte, dem Kläger Rente nach einer MdE. um 25 v.H. über den 28. Februar 1953 hinaus zu gewähren; auf die Widerklage stellte es fest, ein Versorgungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten bestehe seit dem 1. Februar 1958 nicht mehr. Die Revision wurde zugelassen.
Das LSG. nahm auf Grund der übereinstimmenden Gutachten des Prof. Dr. H, der Fachärzte für Inneres Dr. D und Dr. M und des praktischen Arztes Dr. H an, daß möglicherweise beim Kläger 1948 Beschwerden vorgelegen haben, die auf ein akutes gelenkrheumatisches Geschehen zurückzuführen waren. Um echten chronischen Gelenkrheumatismus habe es sich jedoch nicht gehandelt, weil die damit stets verbundenen Veränderungen an den Gelenken röntgenologisch nicht nachweisbar seien. 1952 seien Folgen eines akuten rheumatischen Geschehens nicht mehr vorhanden gewesen. Die 1948 von Dr. J diagnostizierten "rheumatischen Beschwerden ohne Aktivitätszeichen" seien aber mit größter Wahrscheinlichkeit bereits damals durch die später festgestellten degenerativen Veränderungen hervorgerufen worden. Diese Beschwerden hätten sich bis 1952 nicht wesentlich gebessert. Sie seien durch den Bescheid vom 26. Oktober 1948 als Schädigungsfolge anerkannt. Entscheidend sei, daß Gesundheitsstörungen festgestellt seien, nicht wie sie bezeichnet seien; eine andere Bezeichnung der festgestellten Schädigungsfolgen begründe nicht eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG. Auf diese Vorschrift könnten daher die angefochtenen Bescheide nicht gestützt werden. Eine Entziehung der Rente sei nur möglich gewesen, wenn die Beklagte dazu ermächtigt gewesen wäre und die zweifelsfreie Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides hätte festgestellt werden können. Eine solche Rechtsgrundlage sei bei Erlaß des Entziehungsbescheides nicht vorhanden gewesen, weil Ziff. 26 der Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 11 am 31. Dezember 1952 außer Kraft getreten sei, während § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) erst am 1. April 1955 in Kraft getreten sei und auch bei zweifelsfreier Unrichtigkeit der 1948 erfolgten Anerkennung nicht deren rückwirkende Aufhebung zugelassen hätte. Die Rente habe dem Kläger daher bis zum 31. Januar 1958 zugesprochen werden müssen. Für die Zeit danach verliere der Umanerkennungsbescheid gemäß § 60 Abs. 2 BVG seine Wirkung auf Grund der Widerklage. Diese Klage sei zulässig. Zwar habe das Bundessozialgericht entschieden, soweit die Verwaltungsbehörde eine Sache durch Verwaltungsakt regeln könne, könne sie nicht die Gerichte in Anspruch nehmen. Im vorliegenden Fall liege aber ein Entziehungsbescheid bereits vor. Es sei gleich, ob die Beklagte ihren Entziehungsbescheid gestützt auf § 41 VerwVG wiederhole und ihn so zum Gegenstand des Verfahrens mache oder ob sie Widerklage erhebe. Auf die Widerklage sei festzustellen, daß die Anerkennung rheumatischer Beschwerden beim Kläger ohne Zweifel unrichtig gewesen sei. Das Versorgungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten sei deshalb am 1. Februar 1958 erloschen.
Der Kläger erhob privatschriftlich "Einspruch". Er wurde darüber belehrt, daß beim Bundessozialgericht Vertretungszwang herrsche und wer als Prozeßbevollmächtigter vor diesem Gericht zugelassen sei. Der Kläger teilte darauf mit, es sei ihm finanziell nicht möglich, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Er wurde deshalb über die Voraussetzungen unterrichtet, unter denen das Armenrecht bewilligt werden kann. Der Kläger äußerte sich darauf nicht mehr.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 10. Dezember 1958, nunmehr gestützt auf § 41 VerwVG, nochmals die Bescheide vom 26. Oktober 1948 und 31. Mai 1951 sowie die Mitteilung vom 1. Dezember 1949 auf und verwies hinsichtlich der Zahlung der Versorgungsbezüge auf den Bescheid vom 15. Januar 1953.
Mit der Revision rügte die Beklagte Verletzung des § 84 Abs. 3 BVG. Sie ist der Auffassung, Rechtsgrundlage des Bescheides vom 15. Januar 1953 sei Ziff. 26 der SVA Nr. 11. Diese Bestimmung habe nach dem 31. Dezember 1952 weitergegolten. § 84 Abs. 3 BVG habe nur die Befristung der Geltungsdauer, nicht die Vorschrift als solche aufgehoben. Die Widerklage sei nur für den Fall erhoben, daß diese Ansicht vom Gericht nicht geteilt werde. Die Frage, ob noch nicht gewährte Leistungen auf Grund eines Bewilligungsbescheids, dessen Unrichtigkeit inzwischen festgestellt und der zurückgenommen worden sei, bis zum Zeitpunkt dieser Feststellung nachzugewähren seien, werde von Strack (ZfS. 1956 S. 273) und Schwankhart (ZfS. 1956 S. 294) verneint; sie nehmen an, der "Zuungunstenbescheid" wirke auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheids zurück.
Die Beklagte beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
Der Kläger stellte keinen Antrag.
Die Revision des Klägers ist nicht zulässig, da sie nicht der zwingend vorgeschriebenen Form des § 166 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entspricht. Der Kläger ist über den beim Bundessozialgericht herrschenden Vertretungszwang, über den Kreis der zugelassenen Prozeßbevollmächtigten und über die Möglichkeit der Bewilligung des Armenrechts belehrt worden. Er hat es trotzdem unterlassen, seine Revision in der gesetzlichen Form einzulegen. Sie mußte daher gemäß § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Revision der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 164, 166 SGG); sie ist durch Zulassung nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft.
Das LSG. ist mit Recht davon ausgegangen, daß in der bloßen Änderung der Bezeichnung eines Leidens keine Änderung der für die Feststellung der Versorgungsbezüge maßgebenden Verhältnisse gesehen werden kann, die zur Neufeststellung nach § 62 BVG berechtigt. Das LSG. hat festgestellt, eine wesentliche Besserung der 1948 erhobenen Beschwerden sei bis zum Erlaß des Änderungsbescheids Anfang 1953 nicht eingetreten. Diese Feststellung ist von der Revision nicht angegriffen und daher gemäß § 163 SGG für das Revisionsgericht bindend. Eine wesentliche Änderung der für die Feststellung der Versorgungsbezüge maßgebenden Verhältnisse ist Voraussetzung für die Anwendung des § 62 BVG. Dazu gehören die tatsächlichen und die rechtlichen Verhältnisse, die für die Feststellung der Versorgungsbezüge maßgebend waren (BSG. 10 S. 202). Sie erstrecken sich nicht auf die von der Versorgungsverwaltung bei der Feststellung der Bezüge vorgenommene Subsumtion, weil in § 62 Abs. 1 BVG die Änderung der Feststellung als die aus der Änderung der Verhältnisse entstehende Rechtsfolge bezeichnet ist (BSG. 7 S.8 (12)). Diese Subsumtion umfaßt die medizinische Bewertung der Beschwerden unter dem rechtlich erheblichen Gesichtspunkt, ob ein Leiden anlagebedingt oder Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG ist. Eine andere Beurteilung unveränderter Beschwerden rechtfertigt daher nicht die Neufeststellung der Versorgungsbezüge nach § 62 Abs. 1 BVG. Im vorliegenden Fall schloß es überdies auch die Schutzfrist des § 62 Abs. 2 BVG aus, die Rente wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse zu entziehen.
Auch eine Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG war nicht möglich. Zwar war die Rente des Klägers nach dem BVG ohne ärztliche Nachuntersuchung unter Übernahme des bisherigen Grades der MdE. festgestellt worden, durch den Bescheid vom 15. Januar 1953 hat jedoch die Versorgungsverwaltung die Rente nicht "neu festgestellt", sondern den Berichtigungsbescheid zurückgenommen, weil sie der Ansicht war, die Beschwerden des Klägers seien nicht als rheumatisch, sondern als arthrotisch anzusehen und deshalb zu Unrecht als Schädigungsfolgen anerkannt worden. Nach § 85 Satz 1 BVG ist die Versorgungsverwaltung wie beim Umanerkennungsbescheid auch bei der Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG an die über den ursächlichen Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang getroffene Entscheidung gebunden. Diese Neufeststellung darf die zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs getroffene Entscheidung nicht abändern; sie ist also nur zulässig bei einer anderen Beurteilung der sonstigen Rentenvoraussetzungen. Da der Bescheid vom 15. Januar 1953 die Zusammenhangsfrage betrifft, kann er nicht als Neufeststellungsbescheid im Sinne des § 86 Abs. 2 BVG angesehen werden.
Zu prüfen bleibt, ob die Bescheide als "Berichtigungsbescheide" Bestand haben. Als Rechtsgrundlagen für einen solchen Bescheid kommen Ziff. 26 der SVA Nr. 11 (ArbBl. für die brit. Zone 1947 S. 234) und § 41 VerwVG in Betracht. Die letztgenannte Vorschrift ist nach § 51 Abs. 1 und 2 VerwVG erst am 1. April 1955 in Kraft getreten. Auf sie kann der Bescheid nicht gestützt werden, weil es für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ohne Dauerwirkung allein auf die Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses ankommt (vgl. BSG. 5 S. 238, 7 S. 8) und sich das VerwVG, keine Rückwirkung beilegt. Ziff. 26 der SVA Nr. 11 ist aber schon am 1. Januar 1953 außer Kraft getreten und durch § 84 Abs. 3 BVG nicht verlängert worden (BSG. 8 S. 11, 10 S. 72). Auch § 85 BVG zeigt, daß eine Einengung der bisher weitgehenden Änderungsbefugnis der Verwaltung bei unrichtigen Bescheiden beabsichtigt war.
Galt somit in der Zeit vom 1. Januar 1953 bis 31. März 1955 die Ziff. 26 der SVA Nr. 11 nicht mehr und § 41 VerwVG noch nicht, so kann die Rechtswirksamkeit der in der Zwischenzeit ergangenen Berichtigungsbescheide nur nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts beurteilt werden, die "Gesetz" im Sinne des § 77 SGG sind und eine Durchbrechung der bindenden Wirkung von Verwaltungsakten gestatten (BSG. 7 S. 51, 8 S. 11, 10 S. 72). Danach können begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, die rechtswidrig, aber nicht nichtig sind, zurückgenommen werden, wenn die Rechtswidrigkeit auf Umständen beruht, die in den Verantwortungsbereich des durch den Verwaltungsakt Begünstigten fallen. Im vorliegenden Fall wurden nach den bindenden Feststellungen des LSG. die als "rheumatische Beschwerden ohne Aktivitätszeichen" anerkannten Schädigungsfolgen mit größter Wahrscheinlichkeit durch die später festgestellten degenerativen Veränderungen verursacht. Da diese Veränderungen anlagebedingt und daher nicht durch den Wehrdienst entstanden oder verschlimmert worden sind, war ihre Anerkennung als Schädigungsfolge rechtswidrig. Maßgebend für die Anerkennung dieses Leidens im Bescheid vom 26. Oktober 1948 und im Umanerkennungsbescheid vom 31. Mai 1951 waren die ärztlichen Gutachten des Dr. J und des Dr. A, die die Beklagte eingeholt und deren medizinische Beurteilung sie sich zu eigen gemacht hat. Sie muß sich daher deren Fehlerhaftigkeit zurechnen lassen und kann den darauf beruhenden Bescheid deshalb auch nicht nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts zurücknehmen. Dem Entziehungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid der Beklagten fehlt daher, wie das LSG. zutreffend angenommen hat, die Rechtsgrundlage. Da es das LSG. versäumt hat, die Aufhebung dieser Bescheide im Entscheidungssatz auszusprechen, war das Urteil insoweit zu ergänzen.
Mit der Widerklage hat die Beklagte beantragt, die in den Bescheiden vom 26. Oktober 1948 und vom 31. Mai 1951 ausgesprochene Anerkennung als zu Unrecht erfolgt und das Versorgungsverhältnis zwischen den Beteiligten als erloschen festzustellen. Das LSG. hat lediglich festgestellt, daß das Versorgungsrechtsverhältnis seit dem 1. Februar 1958 nicht mehr bestehe. Da hierin incidenter die Feststellung liegt, daß das Versorgungsrechtsverhältnis nicht, wie die Beklagte geltend macht, bereits mit Wirkung ab 28. Februar 1953 erloschen ist, ist die Beklagte insoweit durch die Entscheidung über die Widerklage beschwert, ihre Revision richtet sich daher in diesem Umfang auch gegen die Entscheidung des LSG. über die Widerklage. Die Entscheidung des LSG. über die Widerklage ist somit nicht in Rechtskraft erwachsen. Die Widerklage der Beklagten ist jedoch wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt für eine Klage immer dann, wenn der Kläger die Möglichkeit hat, seinen Anspruch auf einfachere, schnellere und billigere Art als im Klagewege durchzusetzen (BSG. 3 S. 136, 6 S. 97). Die Beklagte begehrt die Feststellung, daß die durch den Bescheid vom 26. Oktober 1948 und durch Umanerkennungsbescheid vom 31. Mai 1951 ausgesprochene Anerkennung der Schädigungsfolgen zu Unrecht erfolgt ist und ein Versorgungsrechtsverhältnis nicht mehr besteht (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG). Bei Erhebung der Widerklage - Dezember 1957 - konnte die Beklagte jedenfalls die Einstellung und Entziehung der Rente durch Berichtigungsbescheid nach § 41 Abs. 1 VerwVG selbst vornehmen. Außerdem ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die geforderte Feststellung auch deshalb nicht gegeben, weil die Widerklage den bereits mit der Anfechtungsklage des Klägers erhobenen Anspruch - Rechtswidrigkeit der Rentenentziehung, Fortbestehen des Versorgungsrechtsverhältnisses - nur in negativer Form wiederholt und somit einen schon rechtshängigen Anspruch betrifft. Für eine (Wider-) Klage wegen eines bereits rechtshängigen Anspruchs fehlt aber stets das Rechtsschutzbedürfnis (Baumbach, Komm. z. ZPO 25. Auflage S. 263 Anm. 4 A). Das Rechtsschutzbedürfnis ist unverzichtbare Prozeßvoraussetzung für jede Klage und Widerklage (Brackmann Handbuch der Sozialversicherung S. 238 o; Mellwitz Komm. z. SGG § 53 Anm. 4; Rosenberg Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts S. 402). Sein Fehlen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (Baumbach a.a.O. Grundz. vor § 253 5 B). Das gilt auch für das Revisionsverfahren, weil anderenfalls der in der Nichtbeachtung dieser Prozeßvoraussetzung liegende Verfahrensmangel in der Revisionsinstanz fortwirken würde (BSG. 2 S. 245 /253/). Die Widerklage war daher als unzulässig abzuweisen.
Diese Abweisung verstößt auch nicht gegen das Verbot der Schlechterstellung der Beklagten als Rechtsmittelklägerin (reformatio in peius). Dieses Verbot schützt den Rechtsmittelkläger nur vor einer ihm ungünstigeren Sachentscheidung, nicht aber vor einem ihm ungünstigen Prozeßurteil (Peters-Sautter-Wolff Komm. z. SGG, § 123 Anm. 4; Brackmann a.a.O. S. 250 b; Baumbach a.a.O. § 536 Anm. 3 c; Rosenberg a.a.O. S. 688 und 714; BSG. 2 S. 225).
Über die Frage, ob auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 10. Dezember 1958 der Umanerkennungsbescheid rechtswirksam zurückgenommen und die darin ausgesprochene Renteneinstellung ab 1. März 1953 nicht zu beanstanden ist, hatte der Senat nicht zu befinden, denn der Bescheid vom 10. Dezember 1958 ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Gemäß § 171 Abs. 2 SGG gilt ein während des Revisionsverfahrens ergehender Verwaltungsakt, der den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten, es sei denn, daß der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebegehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird. Hier trifft letzteres zu, denn die vom Kläger angefochtenen Verwaltungsakte sind vom Senat in vollem Umfang aufgehoben worden; der Umanerkennungsbescheid der Beklagten besteht also als Leistungsgrund fort. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 1958 gilt daher nicht als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten und wird deshalb für den Kläger bindend, sofern dieser nicht rechtzeitig Widerspruch erhebt (§ 80 Nr. 1 SGG).
Da der Kläger in der Berufungsinstanz in vollem Umfang obsiegt hat, muß das Urteil des LSG. im Kostenpunkt dahin abgeändert werden, daß die Beklagte dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen dieser Instanz zu erstatten hat.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen