Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.10.1986) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 1986 wird als unzulässig verworfen, soweit sie Zuschüsse zu Aufwendungen für die gesetzliche Kranken und Rentenversicherung betrifft. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe von Kurzarbeitergeld (Kug) und von Zuschüssen zur Kranken- und Rentenversicherung.
Die Klägerin zeigte im Dezember 1981 an, daß sie in der Betriebsabteilung Baustahlfertigung absatzbedingt die Spätschicht (Arbeitszeit montags bis freitags je acht Stunden, regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden) ausfallen lasse. Die Beklagte erkannte darauf an, daß die Voraussetzungen der §§ 63, 64 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfüllt seien und den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern ab 1. Januar 1982 für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 31. Januar 1982, Kug gewährt werde (Bescheid vom 4. Februar 1982).
Im März 1982 beantragte die Klägerin für den Gewährungszeitraum Januar 1982 30.681,68 DM an Kug, 4.279,53 DM an Krankenversicherungszuschuß und 8.754,19 DM an Rentenversicherungszuschuß. Die Beklagte entsprach den Anträgen nur in Höhe von 30.166,71 DM, 4.208,57 DM und 8.608,44 DM. Abgesehen von kleineren, zwischen den Beteiligten nicht streitigen Korrekturen, beruhten die niedrigeren Beträge darauf, daß die Beklagte anders als die Klägerin bei den Arbeitnehmern, die wegen Teilnahme an einer Betriebsversammlung am 10. Januar 1982, einem Sonntag, gemäß § 44 Abs 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine Vergütung für drei Arbeitsstunden erhalten hatten, im Rahmen des § 65 Abs 2a AFG drei Entgeltstunden anrechnete (Bescheid vom 27. Mai 1982, Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 14. Februar 1985). Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 23. Oktober 1986). Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, nach § 65 Abs 2a, § 69 AFG idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) bestehe Anspruch auf Kug nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe, in dem nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG maßgeblichen Zeitraum die Arbeitszeit nach § 69 AFG nicht überschreiten. Die Vergütung für die Teilnahme an einer Betriebsversammlung sei Arbeitsentgelt. Angesichts des Sparcharakters des AFKG und des mit § 65 Abs 2a AFG verfolgten Zwecks, wie beim Schlechtwettergeld beim einzelnen Arbeitnehmer in der Kurzarbeitsperiode angefallene Ausfallstunden mit Überstunden zu saldieren, treffe die Auffassung der Beklagten zu. Die Arbeitslosenversicherung dürfe nicht mit der Finanzierung der Betriebsversammlungen belastet werden; letztere sei Sache der Betriebe.
Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des § 65 Abs 2a AFG und des § 44 BetrVG. Sie macht geltend, die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, für die Kug gewährt werde, sei im Januar 1982 ungeachtet der Betriebsversammlung vom 10. Januar 1982 ausgefallen. Zeiten der Teilnahme an Betriebsversammlungen seien keine Arbeitszeit in diesem Sinne, da sie nicht wöchentlich stattfänden, sondern Zeiten mit eigener Rechtsnatur. Wenn solche Zeiten Arbeitszeiten wären, hätte es der Vergütungsregelung in § 44 BetrVG nicht bedurft. Die getroffene Regelung, wonach die Zeiten wie Arbeitszeiten zu vergüten seien, regele im wesentlichen den Vergütungsmodus. Hiernach könne sich die Beklagte nicht auf § 65 Abs 2a AFG berufen. Diese Vorschrift knüpfe an Ausfallstunden an, die Arbeitszeit iS des § 69 AFG darstellten, wozu aber die Teilnahmezeiten an Versammlungen nicht gehörten. Daß Teilnahmezeiten an einer Betriebsversammlung das Kug nicht berührten, zeige auch Sinn und Zweck dieser Leistung. Durch sie solle der auf wirtschaftlichen Ursachen beruhende Arbeitsausfall jedenfalls teilweise ausgeglichen werden. Die Durchführung von Betriebsversammlungen stehe jedoch regelmäßig nicht im Zusammenhang mit wirtschaftlich bedingten Ausfällen an Arbeit und Arbeitszeit. Auch aus § 65 Abs 3 AFG ergebe sich, daß nur betriebsbedingter Arbeitsausfall den Anspruch auf Kug auslöse, wenn dort für Urlaub und gesetzliche Feiertage der Anspruch auf Kug versagt werde. Schließlich könne es nicht Sinn und Zweck der Vorschriften über das Kug sein, an Betriebsversammlungen teilnehmende Arbeitnehmer zu benachteiligen, indem ihnen das Kug gekürzt werde. Eine derartige Ungleichbehandlung stehe im Widerspruch zu der Regelung im BetrVG, das mit der Vergütungsregelung die Teilnahme an solchen Versammlungen fördern und eine Einbuße an Arbeitsentgelt verhindern wolle. Der Sparcharakter des AFKG habe bei der Einfügung des § 65 Abs 2a AFG keine Rolle gespielt; durch die Vorschrift habe lediglich das System verdeutlicht und ein Prinzip ausdrücklich anerkannt werden sollen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 27. Mai 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1983 zu verurteilen, an die Klägerin noch 505,70 DM an Kurzarbeitergeld, 69,97 DM an Krankenversicherungsbeitragszuschuß sowie 143,06 DM an Rentenversicherungszuschuß zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte entgegnet, § 65 Abs 2a AFG lasse die Zahlung des Kug nur für Ausfallzeiten bis zur Grenze der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit zu und bestimme darüber hinaus, daß Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde, den persönlichen Anspruch auf Kug mindernd oder gar hemmend berührten. Entgegen der Auffassung der Revision verlange der Wortlaut des § 65 Abs 2a AFG nicht, daß es sich bei den Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde, um Arbeitszeiten iS der §§ 69, 64 Abs 1 AFG handeln müsse. Die genannten Bestimmungen sowie § 65 Abs 3 AFG, auf den sich die Revision bezogen habe, setzen dem Anspruch auf Kug lediglich Schranken. Eine Begünstigung einzelner Arbeitnehmer lasse sich hieraus nicht ableiten. Entscheidend sei, daß der Zweck der Kug-Regelung, eine Lohnausfallvergütung sicherzustellen, die zusammen mit dem etwa anfallenden Arbeitslohn die Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse gewährleiste, erreicht werde. Der Arbeitnehmer, der für andere Zeiten als Arbeitszeiten im Gewährungszeitraum Arbeitsentgelt erhalte, bedürfe insoweit nicht des Schutzes der Versichertengemeinschaft. Von daher sei auch die von der Revision gerügte „ungleiche” Behandlung der Arbeitnehmer, je nachdem, ob sie an einer Betriebsversammlung gegen Vergütung teilgenommen hätten oder nicht, sachgerecht und dem Normzweck entsprechend.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig und unbegründet, soweit sie zulässig ist.
Unzulässig ist die Revision, soweit die Klägerin Anspruch auf einen höheren Zuschuß zu ihren Aufwendungen für die gesetzliche Krankenversicherung von Kug-Empfängern (§ 163 Abs 2 Satz 2 AFG) und Anspruch auf einen höheren Zuschuß für ihre Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung (§ 166 Abs 3 Satz 2 AFG) erhebt; denn insoweit fehlt es an der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Revisionsbegründung (§ 164 Abs 2 SGG). Die Revision der Klägerin betrifft eine Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche. Neben den genannten eigenen Ansprüchen macht die Klägerin die Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer auf höheres Kug geltend, und zwar als Prozeßstandschafterin (vgl BSGE 22, 181, 183 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; BSGE 38, 94, 95 f = SozR 1500 § 75 Nr 4). Betrifft die Revision, wie hier, eine Mehrheit von Ansprüchen, ist die gesetzlich vorgeschriebene Begründung für jeden Anspruch erforderlich (BSG SozR 1500 § 164 Nr 22 mwN). Das hat die Klägerin nicht beachtet. Sie hat, soweit höhere Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Kranken- und Rentenversicherung verlangt werden, lediglich einen bestimmten Antrag gestellt, nicht aber die verletzte Rechtsnorm bezeichnet, wie das nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG erforderlich ist. Eine Begründung für den Antrag fehlt in der Revisionsbegründung, die sich nur mit dem Anspruch auf Kug beschäftigt. Wie der Senat schon in seinem – die Revision einer anderen Tochterfirma der T. -S. AG betreffenden – Urteil vom 26. November 1986 (BSGE 61, 39 = SozR 4100 § 65 Nr 4, insoweit nicht abgedruckt) entschieden hat, ist in Fällen dieser Art unerheblich, ob das LSG in seinem Urteil Gründe angegeben hat, die seine Entscheidung auch hinsichtlich der Ansprüche auf höhere Zuschüsse rechtfertigen. Fehlt es, wie hier, an solchen Erwägungen, enthebt das den Revisionskläger zwar von einer Auseinandersetzung mit dem Urteil der Vorinstanz, nicht aber davon, überhaupt eine Begründung zu geben. Das würde mit dem Zweck des Begründungserfordernisses nicht im Einklang stehen. Die Begründung soll nämlich nicht nur klarstellen, in welchen Punkten die Entscheidung des Berufungsgerichts angegriffen wird, sondern auch aus welchen Gründen. Das Begründungserfordernis ist schließlich deshalb unverzichtbar, weil durch den Zwang zur Begründung sichergestellt werden soll, daß der Prozeßbevollmächtigte im Hinblick darauf, daß die Revision nur auf die Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen revisiblen Vorschrift gestützt werden kann (§ 162 SGG), die Rechtslage und das Rechtsmittel genau überdenkt, was ua auch zur Entlastung der Revisionsgerichte führen soll. Hat hiernach die Klägerin in dieser Hinsicht ihrer Pflicht zur Begründung der Revision nicht genügt, muß das Rechtsmittel insoweit ohne Prüfung in der Sache gemäß § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die im übrigen zulässige Revision erweist sich als unbegründet.
Ob den Arbeitnehmern der Betriebsabteilung Baustahlfertigung, deren Kug die Beklagte durch Bescheid vom 27. Mai 1982 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 1983 geregelt hat, für Januar 1982 höheres Kug zusteht, soweit sie an der Betriebsversammlung vom 10. Januar 1982 teilgenommen haben, richtet sich nach den §§ 63 ff AFG in der zuletzt durch das AFKG vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung.
Hiernach beträgt das Kug 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 68 Abs 4 Satz 1 AFG). Es bemißt sich zum einen nach dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall in der Arbeitsstunde erzielt hätte (§ 68 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Abs 2 und 3 AFG), zum anderen nach der Zahl der berücksichtigungsfähigen Arbeitsstunden. Grundsätzlich ist das die Zahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer an Ausfalltagen innerhalb der Arbeitszeit (§ 69 AFG) geleistet hätte, wobei Stunden nicht zu berücksichtigen sind, für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht oder für die Arbeitsentgelt gezahlt wird (§ 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG).
Die Gesamtzahl dieser Ausfallstunden innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens vier Wochen, für die das Kug zu beantragen und zu gewähren ist (§ 64 Abs 1 Nr 3, § 72 Abs 2 Satz 3 AFG; Gewährungszeitraum), wird jedoch nur insoweit berücksichtigt, als dies die durch das AFKG eingeführte Vorschrift des § 65 Abs 2a AFG zuläßt. Nach dieser Vorschrift besteht Anspruch auf Kug nur noch für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in dem nach § 64 Abs 1 Nr 3 AFG maßgeblichen Zeitraum die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten. Als Arbeitszeit bezeichnet das Gesetz die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet (§ 69 AFG). Innerhalb eines Gewährungszeitraums wird Kug also höchstens für soviele Ausfallstunden gewährt, wie die Differenz zwischen der Anzahl der regelmäßigen betriebsüblichen Arbeitsstunden im Gewährungszeitraum, soweit sie die tariflichen Arbeitszeiten nicht überschreiten, und der Anzahl der auf diesen Zeitraum fallenden Entgeltstunden beträgt.
Hiernach hat die Beklagte zu Recht bei den Arbeitnehmern, die an der Betriebsversammlung teilgenommen haben, die Anzahl der mit Kug zu vergütenden Ausfallstunden verringert. Diese Arbeitnehmer haben von der Klägerin jeweils drei Stunden im Gewährungszeitraum vergütet erhalten. Sie haben damit Zeiten aufzuweisen, für die iS des § 65 Abs 2a AFG Arbeitsentgelt gezahlt wird bzw für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht.
Dem steht nicht entgegen, daß die gezahlte Vergütung für die Teilnahme an der Betriebsversammlung nicht im Lohnanspruch des Arbeitnehmers gründet, sondern auf besonderer gesetzlicher Grundlage beruht, betriebsverfassungsrechtlicher Art ist und nicht geleistete Arbeit, sondern die Teilnahme an der Betriebsversammlung vergütet. Das ergibt sich aus § 44 Abs 1 BetrVG.
Nach dieser Vorschrift ist die Zeit der Teilnahme an einer während der Arbeitszeit stattfindenden ordentlichen Betriebsversammlung einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten den Arbeitnehmern wie Arbeitszeit zu vergüten (Satz 2). Dies gilt auch dann, wenn die Versammlungen wegen der Eigenart des Betriebes außerhalb der Arbeitszeit stattfinden (Satz 3). Findet die Versammlung während der Arbeitszeit statt, verhindert die Vergütung einen Lohnausfall. Im übrigen, insbesondere dann, wenn die Betriebsversammlung außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers stattfindet, soll die Vergütung einen Anreiz bieten, an der Versammlung teilzunehmen. Nicht der Grund, sondern lediglich die Berechnung der Vergütung ist angesprochen, wenn nach § 44 Abs 1 Satz 2 BetrVG die Zeit der Teilnahme „wie Arbeitszeit” zu vergüten ist (Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Mai 1987 – 1 AZR 292, 665 und 666/85 –, vgl NZA 1987, 712, 713).
Ungeachtet dieser Zwecke stellt die Vergütung jedoch, was hier entscheidend ist, Arbeitsentgelt dar. Arbeitsentgelt ist nämlich jede Einnahme aus einer Beschäftigung, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung steht, gleichgültig, unter welcher Bezeichnung sie geleistet wird und ob die Einnahme unmittelbar aus der Beschäftigung oder nur im Zusammenhang mit ihr erzielt wird. Zwar gilt die Vorschrift des § 14 Abs 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 4), die dies ausdrücklich für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung bestimmt, in der Arbeitslosenversicherung nur für die Beitragspflicht kraft ausdrücklicher Vorschrift entsprechend (§ 173a AFG). Wie der Senat wiederholt entschieden hat, erlaubt es indessen der allgemeine Charakter der Begriffsbestimmung, auch für das Leistungsrecht in der Arbeitslosenversicherung den Arbeitsentgelt-Begriff der §§ 14 ff SGB 4 heranzuziehen, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist oder die Besonderheiten der jeweiligen Regelung dem entgegenstehen (BSG SozR 4100 § 68 Nr 3 und § 112 Nr 30). Beides ist hier nicht der Fall.
Die Vorschrift des § 65 Abs 2a AFG geht auf eine Empfehlung des Bundesrechnungshofs zurück. Dieser hatte in seinen Bemerkungen zur Bundeshaushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 1977 ua darauf hingewiesen, daß nach geltendem Recht uU Arbeitnehmer bei Kurzarbeit durch Arbeitslohn und Kug ein weitaus höheres Einkommen erzielten, als sie es ohne Kurzarbeit in der betrieblichen bzw tariflichen Arbeitszeit hätten erzielen können, obwohl nur eine durch Kurzarbeit eingetretene Minderung des normalen Arbeitsentgelts habe ausgeglichen werden sollen. Dieses unangemessene Ergebnis lasse sich dadurch vermeiden, daß nicht auf das Arbeitsentgelt, sondern auf die Gesamtzahl der im Gewährungszeitraum geleisteten Arbeitsstunden abgestellt werde, etwa wie das in § 85 Abs 3 AFG für das Schlechtwettergeld vorgeschrieben sei. Der Bundesrechnungshof empfahl eine entsprechende Regelung beim Kug (vgl Bemerkungen Nrn 36 ff, BT-Drucks 8/3238 S 16 f). Die Empfehlung führte 1980 zwar unmittelbar nur zu einer Prüfaufforderung an die Bundesregierung, in welcher Weise eine sachgerechte Regelung erreicht werden könne (vgl Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses, BT-Drucks 8/4322 S 6). Nachdem der erkennende Senat die Rechtsansicht des Bundesrechnungshofs im Grunde bestätigt und entschieden hatte, daß nach seinerzeit geltendem Recht Kug selbst dann zu leisten sei, wenn der Arbeitnehmer im Gewährungszeitraum infolge höherer Akkordleistungen oder wegen Überstunden trotz unvermeidbarer Ausfallstunden kein geringeres Arbeitsentgelt erzielt hatte, als er ohne den Arbeitsausfall in betriebsüblicher Zeit erhalten hätte (BSGE 50, 116 = SozR 4100 § 64 Nr 4), folgte der Gesetzgeber mit dem AFKG der Empfehlung des Bundesrechnungshofes. Nach den Motiven wollte der Gesetzgeber der erwähnten Rechtsprechung des Senats entgegentreten, ferner den Grundsatz verdeutlichen, daß die Zahlung von Kug höchstens bis zur Zahl der regelmäßigen betriebsüblichen Arbeitsstunden erfolgen dürfe, und schließlich die Nachrangigkeit des Kug gegenüber dem in der Kurzarbeitsperiode erzielten Arbeitsentgelt als ein das Kug-System beherrschendes Prinzip ausdrücklich anerkennen (vgl Begründung zu Art 1 § 1 Nr 22 AFKG-Entwurf, BT-Drucks 9/799 S 40).
Trotz der Betonung des Prinzips des Vorrangs des Arbeitsentgelts blieb es indes dabei, daß das Kug nicht nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt und dem Arbeitsentgelt, das der Kurzarbeiter ohne Ausfall in der betriebsüblichen Arbeitszeit erzielt hätte, sondern nach dem Verdienstausfall in Ausfallstunden bemessen wurde. Lediglich die Zahl der berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden wurde beschränkt; neben die schon bisher vorgeschriebene Saldierung von Ausfall- und Entgeltstunden eines Arbeitstages bis zur betriebsüblichen täglichen Arbeitszeit trat eine Saldierung im Gewährungszeitraum. Das Kug wird damit nicht mehr für eine Entgeltminderung durch Ausfallstunden an Ausfalltagen gewährt, wie der Senat in BSGE 50, 116 = SozR 4100 § 64 Nr 4 angenommen hat, sondern für eine Entgeltminderung infolge bestimmter Ausfallstunden im Gewährungszeitraum, nämlich wenn und soweit der Arbeitnehmer im Gewährungszeitraum nicht Arbeitsentgelt für die Zeit erzielt hat, die er nach Maßgabe der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit, höchstens aber der tariflichen Arbeitszeit, ohne den Arbeitsausfall gearbeitet hätte. Mit der Kug-Regelung will das Gesetz eine Lohnausfallvergütung zur Verfügung stellen, die zusammen mit den anfallenden Vergütungen aus dem Arbeitsverhältnis die Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse gewährleistet (vgl BSGE 46, 218, 221 = SozR 4100 § 63 Nr 1). Der Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden durch § 65 Abs 2a AFG liegt hiernach die Erwägung zugrunde, daß es hier genügt, wenn der Arbeitnehmer für jede betriebsübliche tarifliche Arbeitsstunde im Gewährungszeitraum vom Arbeitgeber eine Vergütung in Höhe des Arbeitsentgelts oder vom Arbeitsamt in Höhe des Kug erhält.
Angesichts dieser Beschränkung des Kug kann es keinen Unterschied machen, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Vergütung für geleistete Arbeit oder aus anderen Gründen erhält oder zu erhalten hat, wenn die Vergütung für Zeiten im Gewährungszeitraum geleistet und wie Arbeitsentgelt berechnet wird. Dementsprechend hat der Senat entschieden, daß bei der Anwendung des § 85 Abs 3 AFG, dem § 65 Abs 2a AFG nachgebildet ist, Zeiten zu berücksichtigen sind, für die Feiertagslohn oder ein Lohnausgleich gezahlt wird, wie ihn Bauarbeiter für die Zeit vom 24. Dezember bis 1. Januar erhalten (Urteil vom 23. Oktober 1985 – 7 RAr 85/84 –, nicht veröffentlicht). Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, in § 65 Abs 2a AFG einen von § 14 SGB 4 abweichenden Arbeitsentgeltbegriff zu verwenden. Das hat zur Folge, daß auch die Vergütung nach § 44 BetrVG, die nach unbestrittener Ansicht dem sozialrechtlichen Arbeitsentgeltbegriff unterfällt (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl 1981, § 44 Rz 27; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl 1984, § 44 Rz 23; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl 1983, § 44 Rz 16; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl 1986, § 44 Rz 31), als Arbeitsentgelt iS des § 65 Abs 2a AFG in Betracht zu ziehen ist.
Die Berücksichtigung der drei Stunden, für die die Klägerin den von diesem Rechtsstreit betroffenen Arbeitnehmern wegen der Teilnahme an der Betriebsversammlung eine Vergütung gezahlt hat, entfällt auch nicht deshalb, weil die sonntägliche Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeiten der Betriebsabteilung stattfand und die Arbeitnehmer durch die Teilnahme keine betriebsübliche oder tarifliche Arbeitszeit zurücklegten. Die Vorschrift des § 65 Abs 2a AFG sollte vor allem nach dem Vorbild der Schlechtwettergeldregelung die Saldierung der im Gewährungszeitraum angefallenen Ausfallstunden mit in der gleichen Zeit angefallenen Mehrarbeitsstunden ermöglichen. Mehrarbeitsstunden überschreiten aber begrifflich die betriebsübliche oder wöchentliche Arbeitszeit und haben ihre Lage nicht selten gerade außerhalb der üblichen Arbeitszeiten des Betriebes. Der Anwendung des § 65 Abs 2a AFG steht daher nicht entgegen, daß Zeiten der Teilnahme an einer Betriebsversammlung keine Arbeitszeit iS des § 69 AFG sind.
Die Anwendung des § 65 Abs 2a AFG scheitert in den Fällen vorliegender Art schließlich nicht daran, daß die der Vergütung nach § 44 Abs 1 Satz 3 BetrVG zukommende Anreizfunktion beeinträchtigt wird, an den außerhalb der Arbeitszeit stattfindenden Betriebsversammlungen teilzunehmen. Es ist einzuräumen, daß ein solcher Effekt eintritt, wenn sich der Arbeitnehmer die Stundenzahl, für die er wegen der Teilnahme an der Betriebsversammlung eine Vergütung bekommt, auf die Höchstzahl der mit Kug zu entschädigenden Ausfallstunden im Gewährungszeitraum anrechnen lassen muß. Allerdings geht die Anreizfunktion nicht gänzlich verloren; denn der Teilnehmer an der Betriebsversammlung erhält eine Teilnahmevergütung in Höhe des vollen Nettolohns, während das infolge der Saldierung wegfallende Kug nur 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts beträgt. Der Arbeitnehmer, der an der sonntäglichen Betriebsversammlung teilnimmt, steht auch nach Anwendung des § 65 Abs 2a AFG also besser da als derjenige, der zur Betriebsversammlung nicht erschienen ist. Im übrigen gilt für den gesamten Anwendungsbereich des § 65 Abs 2a AFG, daß Anreize durch Aussicht auf Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis eingeschränkt werden, weil nämlich jede im Gewährungszeitraum geleistete Arbeitsstunde, handelt es sich nun um eine Mehrarbeitsstunde oder um eine Arbeitsstunde innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit, die Höchstzahl der berücksichtigungsfähigen Ausfallstunden vermindert. Es ist zwar nicht treffend, wenn die Vorinstanzen sich darauf berufen, daß die Arbeitslosenversicherung mit der Finanzierung der Betriebsversammlungen nicht belastet werden dürfe; denn auch dann, wenn die Vergütung nach § 44 BetrVG gemäß § 65 Abs 2a AFG nicht zu berücksichtigen wäre, hätte der Arbeitgeber und nicht die Arbeitslosenversicherung die Teilnahmevergütungen zu zahlen. Entscheidend ist vielmehr, daß die Kug-Regelung darauf ausgerichtet ist, die Arbeitsverhältnisse trotz Kurzarbeit zu stabilisieren, und nicht das Ziel hat, Anreize betriebsverfassungsrechtlicher Art aufrechtzuerhalten.
Daß der Kurzarbeiter für desto weniger Ausfallstunden im Gewährungszeitraum Kug erhält, je mehr Stunden ihm vom Arbeitgeber vergütet werden, entspricht dem System der Regelung. Die Arbeitnehmer, die wegen der Teilnahme an der Betriebsversammlung im Januar 1982 für drei Stunden Mehrarbeitsvergütung erhalten haben, können daher nicht geltend machen, ohne rechtfertigenden Grund für drei Ausfallstunden weniger Kug erhalten zu haben als die Arbeitnehmer, die an der sonntäglichen Betriebsversammlung nicht teilgenommen haben. Entgegen der Auffassung der Revision liegt daher auch keine Verletzung des Art 3 Abs 1 Grundgesetz vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen