Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 21.05.1985) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 1985 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 17. Juni 1982 bis zum 5. Januar 1983 hat.
Die Klägerin war seit August 1980 während ihres Vorbereitungsdienstes für das Lehramt an Realschulen Beamtin auf Widerruf des Landes Schleswig-Holstein. Das Beamtenverhältnis endete mit der Aushändigung des Zeugnisses über die bestandene Zweite Staatsprüfung am 16. Juni 1982. Bis zum 17. Juni 1982 gehörte die Klägerin der Ortskrankenkasse (AOK) K. als freiwilliges Mitglied ohne Anspruch auf Krankengeld an. In der Zeit vom 18. Juni 1982 bis 5. Juli 1982 war sie aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) bei der beklagten AOK pflichtversichert.
Die AOK Kiel gewährte der Klägerin, die am 6. Juli 1982 ein Kind geboren hat, Entbindungsanstaltspflege, Hebammenhilfe, den Pauschbetrag nach § 198 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sowie einmaliges Mutterschaftsgeld nach § 200b RVO und machte insoweit gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch geltend. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Gewährung von laufendem Mutterschaftsgeld lehnte die AOK K. durch Bescheid vom 23. Dezember 1982 ab. Über den von der Klägerin hiergegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden. Auch die Beklagte lehnte den bei ihr am 4. Oktober 1982 gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung von laufendem Mutterschaftsgeld mit Bescheid vom 1. Dezember 1982, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 14. März 1983, mit der Begründung ab, die Klägerin sei bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) am 25. Mai 1982 nicht bei ihr Mitglied gewesen.
Die von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene Klage ist vor dem Sozialgericht (SG) und dem Landessozialgericht (LSG) ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG Kiel vom 21. März 1984, Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 21. Mai 1985). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 3 Satz 1 bzw nach § 200 Abs. 4 RVO, weil sie bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuschG, der hier auf den 1. Juni 1982 festzusetzen sei, weder in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, noch in Heimarbeit beschäftigt gewesen sei und auch ihr Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft nicht vom Arbeitgeber gelöst worden sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei unter einem Arbeitsverhältnis nur ein auf einem Arbeitsvertrag beruhendes privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis zu verstehen, nicht hingegen ein Beamtenverhältnis, wie es bei der Klägerin als Beamtin auf Widerruf vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen des § 200a Abs. 1 und Abs. 3 RVO seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei im Zeitpunkt des Beginns der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt auch keinen Anspruch auf Alg, Arbeitslosenhilfe (Alhi) oder Unterhaltsgeld (Uhg) nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gehabt. Auch ein Anspruch nach dem MuSchG komme nicht in Betracht, weil die Klägerin als Beamtin nicht zu dem in § 1 MuSchG bezeichneten Personenkreis gehöre. Der Mutterschutz für Beamtinnen sei in den beamtenrechtlichen Vorschriften geregelt. Die Frage, ob der frühere Dienstherr der Klägerin Mutterschutzleistungen zu erbringen habe, könne nicht geprüft werden, weil dafür der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 200, 200a RVO und des Art. 3 iVm Art. 6 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Sie weist darauf hin, daß die vom BSG im Urteil vom 9. November 1977 – 3 RK 63/76 – (BSGE 45, 114) vertretene Auffassung, wonach der in den maßgeblichen Vorschriften verwendete Begriff des Arbeitsverhältnisses nicht das Beamtenverhältnis erfasse, auch damit begründet worden sei, daß eine Beamtin auf Widerruf während ihrer Schwangerschaft und in den ersten vier Monaten nach der Entbindung gegen ihren Willen nicht entlassen werden dürfe. Diese Ansicht könne im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. März 1977 (BVerfGE 44, 211) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 13. Dezember 1978 (ZBR 1979, 331) nicht mehr aufrechterhalten werden. In diesen Entscheidungen sei die Entlassung einer schwangeren Beamtin auf Widerruf nach Zweckerreichung durch Ablegung der am Ende des Vorbereitungsdienstes stehenden Prüfung für zulässig erachtet worden. Wenn – wie in Schleswig-Holstein – eine dem § 10a der Verordnung (VO) über den Mutterschutz für Beamtinnen des Bundes entsprechende landesrechtliche Regelung fehle, nach der ausgeschiedenen Beamtinnen auf Widerruf ein besonderes Mutterschaftsgeld gewährt werde, müßten die einschlägigen Vorschriften der RVO verfassungskonfom dahin ausgelegt werden, daß als Arbeitsverhältnis auch das Beamtenverhältnis auf Widerruf anzusehen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 1985 sowie das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. März 1984 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Dezember 1982 idF des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1983 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 17. Juni 1982 bis zum 5. Januar 1983 Mutterschaftsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, eine etwaige Regelungslücke könne nur im Rahmen des beamtenrechtlichen Mutterschutzes geschlossen werden, so daß allein der Dienstherr als Leistungspflichtiger in Betracht zu ziehen wäre.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld für die geltend gemachte Zeit gegen die Beklagte hat.
Soweit die Klägerin für den 17. Juni 1982 Mutterschaftsgeld begehrt, kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, weil zu diesem Zeitpunkt noch keine Mitgliedschaft bei der beklagten Krankenkasse bestanden hat.
Im übrigen sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Mutterschaftsgeld nicht erfüllt. Mach § 200 Abs. 3 iVm § 200 Abs. 1 Satz 1 RVO erhalten ua Versicherte, die bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG in einem Arbeitsverhältnis stehen oder deren Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst worden ist, für sechs Wochen vor der Entbindung und für acht Wochen unmittelbar nach der Entbindung Mutterschaftsgeld. Die Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG beginnt sechs Wochen vor der Entbindung. Bei der Berechnung dieser Frist ist vom Tag der Entbindung auszugehen, wenn das Mutterschaftsgeld erst nach der Entbindung geltend gemacht wird. Auf den in einem ärztlichen Zeugnis bezeichneten mutmaßlichen Tag der Entbindung ist dann abzustellen, wenn der Anspruch bereits vor der Entbindung geltend gemacht wird (BSGE 33, 127, 129 f; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, Stand März 1986, S 416 i, 417 a mwN). Da die Klägerin das Mutterschaftsgeld erst nach der Entbindung, nämlich im Oktober 1982, beantragt hat, hat die Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuschG hier entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht nicht erst am 1. Juni 1982, sondern schon am 25. Mai 1982 (sechs Wochen vor der Entbindung) begonnen. Dies führt jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn auch am 25. Mai 1982 stand die Klägerin nicht in einem Arbeitsverhältnis.
Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG war die Klägerin von August 1980 bis zum 16. Juni 1982 Beamtin auf Widerruf. Sie stand daher weder bei Beginn der Schutzfrist noch zu einem sonstigen Zeitpunkt während ihrer Schwangerschaft in einem Arbeitsverhältnis. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses iS des § 200 Abs. 1 Satz 1 RVO ist mit dem des § 1 Nr. 1 MuSchG identisch und richtet sich nach dem Arbeitsrecht. Unter einem Arbeitsverhältnis ist deshalb nur ein auf einem Arbeitsvertrag beruhendes privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis zu verstehen, nicht hingegen das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis einer Beamtin. Das Beamtenverhältnis wird von dem in der RVO und im MuSchG geregelten Mutterschutz nicht erfaßt (vgl. Urteile des BSG vom 9. November 1977 – aaO – S 116 f, und vom 25. November 1981 – 3 BK 13/81 – USK 81239; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl, Stand Februar 1986, Anm. 1.4 zu § 200; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 18. Aufl, Stand Januar 1986, Vorbem II 5 b vor § 195 und Anm. 3 c zu § 200).
Da die Klägerin nicht zu dem in § 200 Abs. 1 RVO bezeichneten Personenkreis gehört, weil sie in der maßgeblichen Zeit nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, hat sie auch keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Mutterschaftsgeld für die Zeit eines Mutterschaftsurlaubs gemäß § 200 Abs. 4 RVO iVm § 8a MuSchG (beide in der hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 1985 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979, BGBl I 797, –aF–; vgl. §§ 22 Nr. 2, 38 Nr. 1, 41 des Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub, Bundeserziehungsgeldgesetz, – BErzGG – vom 6. Dezember 1985, BGBl I 2154). Denn auch hiernach ist es erforderlich, daß bei Beginn der Schutzfrist ein Arbeitsverhältnis bestanden hat oder daß ein Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft aufgelöst worden ist bzw während oder nach Ablauf der Schutzfristen nach den §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG endet.
Ebenso scheiden Vorschriften des MuSchG als Anspruchsgrundlagen aus. Nach § 1 MuSchG gilt dieses Gesetz nur für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und für weibliche in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte, soweit sie am Stück mitarbeiten.
Der Klägerin steht das Mutterschaftsgeld auch nicht nach § 200a Abs. 1 RVO zu. Danach erhalten andere Versicherte (als die in § 200 RVO genannten, in einem Arbeitsverhältnis stehenden Versicherten), die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben, unter den in dieser Vorschrift bezeichneten weiteren Voraussetzungen Mutterschaftsgeld für die Zeiten der Schutzfristen vor und nach der Entbindung. Der maßgebliche Zeitpunkt, zu dem ein mit Anspruch auf Krankengeld ausgestattetes Versicherungsverhältnis bestanden haben muß, stimmt mit dem des § 200 Abs. 1 RVO überein. Dies bedeutet, daß das in § 200a Abs. 1 RVO geforderte Versicherungsverhältnis bei Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG vorgelegen haben muß. Denn der Versicherungsfall für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld ist das Einsetzen der Phase der besonderen Schutzbedürftigkeit der werdenden Mutter. (vgl. BSGE 32, 270, 272 f, Peters aaO, Anm. 3 zu § 200a). Bei Beginn der Schutzfrist am 25. Mai 1982 bestand zwar eine freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin bei der AOK K., die Klägerin war jedoch unstreitig nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert.
Aus demselben Grunde scheitert auch ein Anspruch auf Weiterzahlung von Mutterschaftsgeld für die Zeit eines Mutterschaftsurlaubs gemäß § 200a Abs. 2 RVO aF.
Die Voraussetzungen des § 200a Abs. 3 RVO aF liegen ebenfalls nicht vor. Denn die Klägerin hatte bei Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG keinen Anspruch auf eine der in § 200a Abs. 3 RVO aF aufgeführten Leistungen nach dem AFG.
Auch im Wege einer analogen Anwendung oder verfassungskonformen Auslegung der für das Mutterschaftsgeld geltenden Vorschriften läßt sich ein Anspruch auf die begehrte Leistung nicht begründen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin besteht hier keine planwidrige Gesetzeslücke. Insbesondere kann ein Beamtenverhältnis nicht dem in § 200 RVO und im MuSchG geforderten Arbeitsverhältnis gleichgestellt werden.
Der 3. Senat des BSG hat bereits im Urteil vom 9. November 1977 (aaO S 116 f) anhand der Entstehungsgeschichte des MuSchG dargelegt, daß es die erklärte Absicht des Gesetzgebers gewesen ist, den für Arbeitnehmerinnen vorgesehenen Mutterschutz nicht auf Beamtinnen zu erstrecken. Ein gleichartiger Schutz für Beamtinnen sollte vielmehr ausschließlich im Rahmen des Beamtenrechts geregelt werden. Dementsprechend ist im Bundesbeamtengesetz (BBG) und in den Landesbeamtengesetzen bestimmt, daß die der Eigenart des öffentlichen Dienstes entsprechende Anwendung der Vorschriften des MuSchG auf Beamtinnen durch VO der Bundes- bzw der Landesregierung zu regeln ist (vgl. § 80 Nr. 1 BBG, § 96 Nr. 1 des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein). Dies ist für Bundesbeamtinnen in der VO über den Mutterschutz für Beamtinnen geschehen (Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1968, BGBl I 106, geändert durch VO vom 27. Juni 1979, BGBl I 835 und vom 18. September 1980, BGBl I 1737). Für Landesbeamtinnen ergingen entsprechende Landesverordnungen (Schleswig-Holstein: LandesVO über den Mutterschutz für Beamtinnen – Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 1967, GVBl 109, geändert durch VO vom 17. Dezember 1968, GVBl 351 und vom 22. Februar 1980, GVBl 95). Nach diesen Sondervorschriften kommt für den Mutterschutz, der aufgrund eines Beamtenverhältnisses zusteht, als Leistungspflichtiger allein der Dienstherr in Betracht.
Zwar hat der 3. Senat in dem vorgenannten Urteil seine Auffassung ua damit begründet, daß eine Beamtin auf Widerruf wahrend ihrer Schwangerschaft und in den ersten vier Monaten nach der Entbindung gegen ihren Willen nicht entlassen werden dürfe. Dieses Argument kann zwar im Hinblick auf die von der Klägerin angeführten Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE 44, 211) und des BVerwG (ZBR 1979, 331; vgl. auch Buchholz 237.7 § 35 Nr. 4) nicht mehr aufrechterhalten werden. Denn nach diesen Entscheidungen steht das Entlassungsverbot für Schwangere der Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf nicht entgegen, wenn der Zweck des im Beamtenverhältnis geleisteten Vorbereitungsdienstes mit der Ablegung der abschließenden Prüfung erreicht ist. Die Zulässigkeit der Beendigung des Beamtenverhältnisses während der Schutzfrist und der Umstand, daß die beamtenrechtlichen Vorschriften eine dem Mutterschaftsgeld entsprechende Leistung für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht ausdrücklich vorsehen, können indessen nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Wie der 3. Senat des BSG in seinem späteren Urteil vom 25. November 1981 (aaO) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG klargestellt hat, ist es auch ohne das genannte Argument nicht gerechtfertigt, daß an die Stelle eines Leistungsanspruchs, der allein in dem Beamtenverhältnis seine Stütze haben könnte, ein Anspruch tritt, der lediglich für privatrechtliche Beschäftigungsverhältnisse in Betracht kommt. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an, die auf der zutreffenden Erwägung beruht, daß die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den Beamtinnen nicht stets mit dem Beamtenverhältnis endet, sondern über dessen Beendigung hinaus wirkt. Die beamtenrechtlichen Vorschriften, die dem Schutz der werdenden Mutter dienen, haben nicht nur Bedeutung innerhalb eines bestehenden Beamtenverhältnisses (vgl. BVerfGE 44, 211, 215).
Diesem Gedanken ist durch eine Ergänzung der meisten Mutterschutzverordnungen auch Rechnung getragen worden. In die für Bundesbeamtinnen geltende MutterschutzVO wurde mit Wirkung von 1. Januar 1983 § 10a eingefügt (VO vom 15. Dezember 1982, BGBl I 1791; § 10a inzwischen aufgehoben durch § 7 der VO über Erziehungsurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst vom 17. Dezember 1985, BGBl I 2322). Darin wurde ein besonderes Mutterschaftsgeld für Beamtinnen vorgesehen, deren Beamtenverhältnis auf Widerruf oder auf Zeit wegen Ablegung der Prüfung während der Schutzfristen oder während der Zeit, für die Mutterschaftsurlaub hätte beansprucht werden können, endete. Außer in Schleswig-Holstein und im Saarland wurden die Landesverordnungen entsprechend ergänzt (vgl. Mutterschutzverordnungen der Länder, abgedruckt bei Gröninger/Thomas, MuSchG 1985, Anhang 11 bis 19).
Hieraus wird deutlich, daß eine evtl bestehende Regelungslücke, wie sie von der Klägerin angenommen wird, allenfalls im Rahmen des beamtenrechtlichen Mutterschutzes geschlossen werden könnte. Ob dieser Schutz für entlassene Beamtinnen auf Widerruf des Landes Schleswig-Holstein lückenhaft ist und ob hier eine analoge Anwendung anderer Leistungsvorschriften geboten ist, kann in dem anhängigen Verfahren nicht geklärt werden. Denn danach könnte sich nur eine Leistungsverpflichtung des früheren Dienstherrn der Klägerin ergeben, nicht hingegen der Beklagten. Zudem haben über Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden (§ 51 SGG), so daß eine Beiladung des Dienstherrn nicht in Betracht kommt.
Die Regelung der Anspruchsvoraussetzungen in den Vorschriften der RVO und des MuSchG ist auch nicht verfassungswidrig, soweit der hierdurch begünstigte Personenkreis auf solche Frauen beschränkt ist, die zu Beginn der Mutterschutzfrist in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben.
Prüfungsmaßstab für die Frage, ob sich eine unterschiedliche Behandlung von Frauen, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen, und von Beamtinnen rechtfertigen läßt, ist vornehmlich Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit hat der allgemeine Gleichheitsgrundsatz nach seinem Sinngehalt gegenüber Art. 6 Abs. 4 GG die stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt (vgl. BVerfGE 65, 104, 112 mwN). Dieser Grundsatz verbietet es, eine Gruppe im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen diesen Gruppen keine Unterschiede von solcher Art. und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Im Rahmen der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ist allerdings Art. 6 Abs. 4 GG zu beachten, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat. Dies hat zur Folge, daß sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit verengt. Insbesondere verbieten sich Unterscheidungen, die dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG zuwiderlaufen würden (BVerfGE aaO).
Unter Beachtung dieser Grundsätze läßt sich keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung feststellen. Zwischen den beiden zu vergleichenden Gruppen – den in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehenden Frauen einerseits und den in einem Beamtenverhältnis stehenden Frauen andererseits – bestehen deutliche Unterschiede. Diese sind durch die Eigenart des Beamtenverhältnisses bedingt, wie der 3. Senat im Urteil vom 9. November 1977 (aaO) im einzelnen aufgezeigt hat. Die zwischen den beiden Frauengruppen bestehenden Unterschiede durfte der Gesetzgeber sowohl im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG als auch unter Berücksichtigung des ihm mit Art. 6 Abs. 4 GG erteilten Auftrags beachten und den Mutterschutz auch für krankenversicherte Beamtinnen anders ausgestalten als für Frauen, die im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses berufstätig sind.
Der Umstand, daß die landesrechtlichen Bestimmungen Schleswig-Holsteins für entlassene Beamtinnen auf Widerruf keine dem Mutterschaftsgeld vergleichbare Leistungen vorsehen, kann nicht dazu führen, eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der hier zu vergleichenden Gruppen anzunehmen. Die den Mutterschutz der Beamtinnen regelnden Sondervorschriften stellen ein selbständiges, die Eigenarten des Beamtenverhältnisses berücksichtigendes Schutzsystem dar. Deshalb kann sich auch in diesem Zusammenhang nur die Frage stellen, ob innerhalb dieses Schutzsystems eine ungerechtfertigte Differenzierung erfolgt ist, wenn eine Beamtin auf Widerruf, deren Beamtenverhältnis wegen Ablegung der Prüfung endet, im Hinblick auf Mutterschaftsleistungen schlechter gestellt wird als eine Beamtin, deren Beamtenverhältnis fortbesteht. Aber auch diese Frage könnte nur im Rahmen eines Anspruchs aus dem Beamtenverhältnis geprüft werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen