Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des BSG vom 24.10.2018 - B 6 KA 42/17 R, das vollständig dokumentiert ist.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. August 2016 und des Sozialgerichts Gotha vom 28. Mai 2014 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2011 wird aufgehoben, soweit die Beklagte bei der Korrektur der Honorarbescheide für die Quartale II/2006 und IV/2006 in den Tagesprofilen die Leistungen nach GOP 35140, 35150, 35220 und 35221 EBM-Ä mit einer Prüfzeit von 70 Minuten zugrunde gelegt hat. Insoweit hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Tatbestand
Im Streit ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars eines Vertragspsychotherapeuten für die Quartale I/2006 bis IV/2006 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung.
Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zugelassen. Die Beklagte berichtigte die gegenüber dem Kläger für die Quartale I/2006 bis IV/2006 erlassenen Honorarbescheide und forderte von diesem mit Bescheid vom 17.6.2010 und Widerspruchsbescheid vom 14.2.2011 Honorar in Höhe von insgesamt 3030,68 Euro (1120,89 Euro für das Quartal I/2006, 1153,15 Euro für das Quartal II/2006, 368,88 Euro für das Quartal III/2006 und 387,76 Euro für das Quartal IV/2006) unter Hinweis auf das Ergebnis einer Auswertung der Tages- und Quartalsprofile zurück. Tages- und Quartalsprofile seien Indizienbeweise für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung. Grundlage der Tages- und Quartalsprofile sei nicht die in den Gebührenordnungspositionen (GOP) 35140, 35150, 35220 und 35221 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) als obligater Leistungsinhalt ausgewiesene Mindestdauer von 50 Minuten, sondern die im Anhang 3 zum EBM-Ä verbindlich festgelegte Prüfzeit von 70 Minuten. Die Prüfzeit von 70 Minuten für zeitgebundene Leistungen (GOP 35140, 35150, 35220 oder 35221 EBM-Ä) berücksichtige nicht nur den obligaten Leistungsinhalt einer ärztlichen Zuwendungszeit von mindestens 50 Minuten, sondern auch 20 Minuten zur Vor- und Nachbereitung der Therapien, zur Erstellung von Protokollen, zur Diagnostik sowie Lesezeit für Arztbriefe oder Klinikberichte. Außerdem werde der jedem Psychotherapeuten entstehende Zeitaufwand für Supervisionen, Intervisionen und Literaturstudium in den Prüfzeiten abgebildet. Der Kläger habe im Quartal I/2006 an 32 Tagen, im Quartal II/2006 an 31 Tagen, im Quartal III/2006 an 13 Tagen und im Quartal IV/2006 an 14 Tagen Leistungen abgerechnet, die eine tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden überschritten. Auch die Gesamtarbeitszeit von über 867 Stunden im Quartal I/2006, von über 804 Stunden im Quartal II/2006 und von über 826 Stunden im Quartal III/2006 überschreite die bei 780 Stunden liegende Grenze zur Abrechnungsauffälligkeit. Den Rückforderungsbetrag bestimmte die Beklagte, indem sie das für tagesprofilrelevante Leistungen gezahlte Honorar im Verhältnis der Summe der tagesprofilrelevanten Arbeitszeiten über 12 Stunden zur Summe der tagesprofilrelevanten Gesamtarbeitszeiten kürzte (3,54 Prozent im Quartal I/2006, 3,59 Prozent im Quartal II/2006, 1,18 Prozent im Quartal III/2006 und 1,33 Prozent im Quartal IV/2006).
Das SG Gotha hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 28.5.2014). Die Beklagte habe der Prüfung zutreffend die in Anhang 3 des EBM-Ä verbindlich festgelegten Prüfzeiten zugrunde gelegt. Zahlreiche Tagesprofile mit Arbeitstagen von mindestens 12 Stunden zeigten, dass der Kläger die abgerechneten Therapiesitzungen nicht ordnungsgemäß erbracht haben könne. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, dass er den mit dem Behandlungsfall verbundenen gesamten Dokumentationsaufwand in der Regel durch Mitschriften und Vermerke bereits während der Therapiesitzung erledige, offenbare sich darin eine problematische Routine. Auf das persönliche Leistungsvermögen des Klägers komme es im Rahmen eines generalisierten Prüfverfahrens nicht an. Auch die von der Beklagten in Ausübung ihres Schätzungsermessens festgesetzte Honorarkürzung begegne keinen Bedenken. Die Kürzung des Honorars für Arbeitszeiten über 12 Stunden orientiere sich an der entsprechenden, zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und dem GKV-Spitzenverband (SpiBu) vereinbarten Auffälligkeitsgrenze. Das Thüringische LSG hat die Berufung des Klägers unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG zurückgewiesen (Urteil vom 25.8.2016) und ergänzend ausgeführt, der Kläger habe die Belastungsgrenze eines vollzeitig tätigen Psychotherapeuten von etwa 36 therapeutischen Sitzungen pro Woche bei Weitem überschritten.
Mit der hiergegen erhobenen Revision macht der Kläger geltend, die Festlegung einer Prüfzeit von 70 Minuten in Anhang 3 des EBM-Ä sei unwirksam, da sie offensichtlich fehlerhaft ermittelt worden sei. Die Prüfzeit dürfe denknotwendig nicht höher als die Kalkulationszeit festgesetzt werden, die für psychotherapeutische Einzelbehandlungen nur 60 Minuten betrage. Während Kalkulationszeiten den durchschnittlichen Zeitbedarf für die ärztliche Leistung abbildeten, müssten Prüfzeiten so bemessen sein, dass auch ein versierter und routinierter Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Außerdem sei es Vertragspsychotherapeuten nicht verboten, pro Arbeitstag psychotherapeutische Leistungen im Umfang von mehr als 12 Stunden zu erbringen und abzurechnen. Die Obergrenze von 12 Stunden stelle lediglich ein Aufgreifkriterium dar, das keine Honorarkürzung rechtfertige, sondern nur eine detaillierte Abrechnungsprüfung auslöse. Wenn diese Prüfung weitere Ungereimtheiten bei der Abrechnung ergebe, die sich nicht aufklären ließen, oder wenn dem Arzt sogar Abrechnungsverstöße nachgewiesen würden, dürfe eine Honorarberichtigung erfolgen. Eine Obergrenze von 12 Stunden könne auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das BSG für einen vollzeitig tätigen Psychotherapeuten eine Belastungsgrenze von 36 Gesprächsleistungen mit mindestens fünfzigminütiger Dauer unterstellt habe. Dabei handele es sich nicht um eine Obergrenze, sondern um eine "typisierende Betrachtungsweise" im Zusammenhang mit der Ermittlung des für eine angemessene Vergütung erforderlichen Mindestpunktwerts für zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen. Außerdem sei die Annahme des SG, es sei einem Psychotherapeuten und damit auch ihm nicht möglich, mehr als 12 Stunden am Tag psychotherapeutische Leistungen zu erbringen, verfahrensfehlerhaft. Die angenommene Tatsache sei weder offenkundig noch erwiesen und es gebe keinen entsprechenden allgemeinen Erfahrungssatz. Nur vorsorglich werde geltend gemacht, dass eine sachlich-rechnerische Richtigstellung selbst dann nicht rechtmäßig wäre, wenn die Annahme des SG, er habe die abgerechneten psychotherapeutischen Leistungen mangelhaft erbracht, zutreffen würde.
Die vom Senat eingeholten Stellungnahmen des SpiBu vom 5.10.2018 und der KÄBV vom 8.10.2018 zu den Grundlagen der Festlegung der Prüfzeiten für die psychotherapeutischen Einzelbehandlungen seien nicht überzeugend. Soweit die Festsetzung der Prüfzeit auf 70 Minuten ua mit dem Zeitaufwand für Supervisionen und Reflexionen begründet werde, sei zu berücksichtigen, dass er aufgrund seiner fast 30-jährigen Berufserfahrung keiner Supervision mehr bedürfe. Problematische Fälle bespreche er beim Mittagessen mit seinem Praxispartner. Jedenfalls seien Supervisionen nicht täglich durchzuführen, sodass sich der Zeitansatz von 70 Minuten nicht für die Bildung von Tagesprofilen eigne. Weil sich der Regress ausschließlich auf die Überschreitung von Tagesprofilen beziehe, seien die angefochtenen Bescheide zumindest wegen eines Begründungsmangels aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. August 2016 und des Sozialgerichts Gotha vom 28. Mai 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Die Zeitprofile seien nach Maßgabe der gemäß § 106a Abs 6 S 1 SGB V aF vereinbarten Richtlinien erstellt worden. Demnach seien den Tagesprofilen die im Anhang 3 des EBM-Ä verbindlich festgelegten Prüfzeiten zugrunde zu legen. Bei der Festlegung der Prüfzeiten komme dem Bewertungsausschuss (BewA) ein Gestaltungsspielraum zu, der nicht überschritten worden sei. Eine nach Maßgabe der Psychotherapie-Richtlinien erbrachte psychotherapeutische Gesprächsleistung erschöpfe sich nicht in der Mindestgesprächszeit von 50 Minuten, sondern gehe mit erheblichem zeitlichen Aufwand für die Vor- und Nachbereitung sowie die Dokumentation einher. Das BSG habe im Zusammenhang mit der Vollauslastungshypothese dargelegt, dass eine reine Behandlungszeit von 36 Stunden pro Woche nicht die Arbeitszeit des einzelnen Psychotherapeuten im Rahmen seiner vertragsärztlichen Praxis beschreibe, sondern dass diese im Hinblick auf die notwendigen begleitenden Tätigkeiten wie das Abfassen von Berichten und das Erstellen von Anträgen erheblich darüber liege. Zwar unterliege die tägliche Arbeitszeit eines freiberuflich tätigen Vertragspsychotherapeuten keiner (unter-)gesetzlichen Beschränkung. Jedoch komme der Überschreitung von Tagesprofilen Indizwirkung für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen eines Vertragspsychotherapeuten zu. Außerdem habe sie, die Beklagte, aus den Tagesprofilüberschreitungen nicht ohne Weiteres auf die nicht ordnungsgemäße Abrechnung des Klägers geschlossen, sondern weitere Prüfungen durchgeführt und ergänzende Tatsachen festgestellt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des SG und des LSG sind die angefochtenen Bescheide über die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars des Klägers - in Teilen - rechtswidrig. Der Kläger hat zwar in den streitbefangenen Quartalen Leistungen unrechtmäßig abgerechnet, sodass die sachlich-rechnerische Richtigstellung im Grundsatz zu Recht erfolgt ist. Die Honorarberichtigung ist aber jedenfalls der Höhe nach zu beanstanden, soweit sie sich auf die Quartale II/2006 und IV/2006 bezieht. Deshalb wird die Beklagte insoweit über die Richtigstellung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden haben.
1. Das Urteil des LSG leidet nicht an einem Verfahrensfehler. Soweit der Kläger geltend macht, das SG und ihm folgend das LSG hätten verfahrensfehlerhaft von einer Überschreitung der Tages- und Quartalszeitprofile darauf geschlossen, dass die von ihm abgerechneten Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht worden seien, rügt er damit keinen Verfahrensmangel im Sinne eines Verstoßes des LSG gegen Regeln zum prozessualen Vorgehen, sondern er rügt die rechtliche Würdigung und damit die Verletzung materiellen Rechts (zur Abgrenzung vgl zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 16a, 21 sowie § 164 RdNr 12, 12c).
2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist § 106a Abs 2 SGB V (hier noch idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190 ≪aF≫; heute § 106d Abs 2 SGB V). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung, die für Psychotherapeuten entsprechend gilt (§ 72 Abs 1 S 2 SGB V), ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes (§ 106a Abs 2 S 2 SGB V aF). Bei der Prüfung nach S 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden (§ 106a Abs 2 S 3 SGB V aF). Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach S 2 zugrunde zu legen (§ 106a Abs 2 S 4 SGB V aF). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots - erbracht und abgerechnet worden sind (vgl BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 17 RdNr 19; BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 20/13 R - SozR 4-2500 § 117 Nr 6 RdNr 13; s auch Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 45/17 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mwN).
Die näheren Einzelheiten des Plausibilitätsprüfungsverfahrens ergeben sich aus § 8 der auf der Grundlage von § 106a Abs 6 SGB V aF vereinbarten Richtlinien der KÄBV und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen (AbrPr-RL - DÄ 2004, A-2555). Dazu hat der Senat bereits in einem Beschluss vom 17.8.2011 (B 6 KA 27/11 B - Juris RdNr 6) ausgeführt, dass § 8 Abs 2 AbrPr-RL gleichrangig die Ermittlung eines Tages- und eines Quartalszeitprofils vorsieht. Eine weitere Überprüfung nach § 12 erfolgt gemäß § 8 Abs 3 der Richtlinie, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt.
3. In Übereinstimmung mit den Vorgaben aus § 106a Abs 2 S 4 SGB V aF und § 8 der og Richtlinie hat die Beklagte der Ermittlung der täglichen Arbeitszeiten und der Quartalsarbeitszeiten des Klägers hier den vom BewA auf der Grundlage von § 87 Abs 2 S 1 iVm § 106a Abs 2 SGB V aF in Anhang 3 des EBM-Ä festgelegten Zeitaufwand für die vom Kläger abgerechneten psychotherapeutischen Leistungen zugrunde gelegt. Allerdings entsprechen die in Anhang 3 EBM-Ä getroffenen Festlegungen nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Vorgaben. Die für psychotherapeutische Leistungen (hier nach GOP 35140, 35150, 35220 und 35221 EBM-Ä) festgelegte Prüfzeit von 70 Minuten darf nicht zur Grundlage für die Bildung von Tageszeitprofilen herangezogen werden; dagegen ist die Bildung von Quartalszeitprofilen auf dieser Grundlage nicht zu beanstanden.
a) Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dem BewA nach § 87 Abs 2 S 1 SGB V die Aufgabe übertragen hat, die im EBM-Ä bewerteten Leistungen soweit möglich auch mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen, folgt, dass die Gerichte den ihm in seiner Funktion als Normgeber zukommenden Gestaltungsspielraum zu respektieren haben (in diesem Sinne bereits zur Festlegung einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische Leistungen: BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17; BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 35 mwN). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwG Urteil vom 26.4.2006 - 6 C 19/05 - BVerwGE 125, 384 RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 2/07 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 15). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des BewA ist somit im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich diese auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen können und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Sofern eine Norm tatsächliche Umstände zur Grundlage ihrer Regelung macht, erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere darauf, ob der (E)BewA seine Festsetzung frei von Willkür getroffen hat (BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 35 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 18; jeweils mwN).
Bei den auf der Grundlage von § 87 Abs 2 S 1 iVm § 106a Abs 2 SGB V aF in Anhang 3 des EBM-Ä festgelegten Prüfzeiten handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats um durchschnittliche Zeiten, die so bemessen sein müssen, dass sie auch von erfahrenen und zügig arbeitenden Ärzten für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung benötigt werden (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl bereits BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 239 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 14 f = Juris RdNr 26 f). Von der Beachtung dieser Vorgabe kann im Regelfall ausgegangen werden, wenn die Prüfzeit die für die Ermittlung der Punktzahlen im EBM-Ä zugrunde gelegte Kalkulationszeit unterschreitet. Dabei ist maßgebend, dass die Kalkulationszeit die zeitliche Beanspruchung im Durchschnitt abbildet, während Prüfzeiten die Leistungsfähigkeit auch eines besonders erfahrenen und geübten Arztes bzw Psychotherapeuten berücksichtigen. Dem entsprechen die in Anhang 3 zum EBM-Ä getroffenen Festlegungen für die Mehrzahl der Leistungen. Bei zeitgebundenen, nicht delegierbaren Leistungen werden Prüf- und Kalkulationszeit dagegen regelmäßig übereinstimmen. Selbst wenn in Anhang 3 zum EBM-Ä Prüfzeiten für solche zeitgebundenen Leistungen nicht ausdrücklich ausgewiesen sind, können die Zeitvorgaben aus der Leistungslegende zum Beweis dafür herangezogen werden, dass Leistungen in dem abgerechneten Umfang nicht ordnungsgemäß erbracht worden sein können (vgl das Senatsurteil vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht der Umstand, dass die Prüfzeiten für die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen auf 70 Minuten festgelegt worden sind, während die Bewertung im EBM-Ä auf der Grundlage einer Kalkulationszeit von 60 Minuten (Probatorische Sitzung nach GOP 35150, Psychotherapeutische Einzelbehandlungen in Richtlinienverfahren nach GOP 35220 und 35221 EBM-Ä) bzw 55 Minuten (Biographische Anamnese nach GOP 35140 EBM-Ä) erfolgt ist, jedenfalls auf den ersten Blick gegen die Rechtmäßigkeit der vom BewA getroffenen Festlegungen (vgl Clemens in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB V, 3. Aufl 2016, § 106d RdNr 194: "nicht logisch"; Kleinke/Kuhlen, AZR 2008, 141, 142 f: "innerer Widerspruch"). Wenn die Kalkulationszeit von 60 Minuten den durchschnittlichen Zeitaufwand des Psychotherapeuten wiedergeben würde, dann könnte nicht angenommen werden, dass ein erfahrener und zügig arbeitender Psychotherapeut außerstande wäre, diese Leistung in weniger als 70 Minuten ordnungsgemäß zu erbringen. Ein Indizienbeweis für eine nicht ordnungsgemäße Abrechnung könnte auf der Grundlage einer solchen Prüfzeit nicht geführt werden (so ausdrücklich Kleinke/Kuhlen, AZR 2008, 141, 142).
Indes haben die Trägerorganisationen des BewA auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 5.10.2018 (SpiBu) und vom 8.10.2018 (KÄBV) übereinstimmend und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Festlegung der Prüfzeiten für die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen Besonderheiten zu beachten waren: Um zu gewährleisten, dass ein Arzt durch die Vergütung nach dem EBM-Ä neben der Erstattung entstehender Kosten den sog kalkulatorischen Arztlohn erhält, wird die zeitliche Inanspruchnahme eines Arztes bezogen auf eine bestimmte Leistung als Kalkulationszeit abgebildet und mit einem Minuten-Kostensatz bewertet. Ausgangspunkt für die Bildung des Minuten-Kostensatzes war dabei eine dem Arzt zur Verfügung stehende (Brutto-)Jahresarbeitszeit von 140 148 Minuten. Diese Brutto-Jahresarbeitszeit wird um Zeiten reduziert, in denen der Arzt Tätigkeiten zu verrichten hat, die nicht unmittelbar einer einzelnen abrechenbaren ärztlichen Leistung zugeordnet werden können. Für den größten Teil der im EBM-Ä bewerteten Leistungen ist der BewA davon ausgegangen, dass diese sog Overheadzeiten 12,5 % der Jahresarbeitszeit ausmachen, sodass 87,5 % der Arbeitszeit (122 629,5 Minuten pro Jahr) für die Erbringung abrechenbarer Einzelleistungen eingesetzt werden können. Abweichend davon ist der Anteil der Arbeitszeit, die für abrechenbare Leistungen zur Verfügung steht, bezogen auf die psychotherapeutischen Gesprächsleistungen (Einzelbehandlung) nicht mit 87,5 %, sondern mit 67,5 % in die Ermittlung der Leistungsbewertung nach dem EBM-Ä eingeflossen. Um die Psychotherapeuten in die Lage zu versetzen, mit ihrem Zeitbudget für abrechenbare Leistungen denselben kalkulatorischen Arztlohn zu erzielen, sind die Leistungen entsprechend höher bewertet worden. Das ist rechnerisch über die Einstellung eines sog Produktivitätsfaktors in Höhe von 67,5 % für die psychotherapeutischen Einzelbehandlungen bei der Ermittlung der Leistungsbewertung umgesetzt worden.
Hinter dieser Festlegung eines niedrigeren - die Psychotherapeuten begünstigenden - Produktivitätsfaktors steht letztlich die in der Rechtsprechung zur Ermittlung der Vollauslastungsgrenze entwickelte typisierende Annahme, dass ein Psychotherapeut unter Berücksichtigung von Feiertagen, Urlaub und Fortbildungsmaßnahmen in 43 Wochen im Jahr jeweils 36 therapeutische Sitzungen von 50 Minuten Dauer durchführen kann (BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f; BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 6/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 9 RdNr 31; vgl Steinhilper, VSSR 2000, 349, 360 f). Damit übereinstimmend kann - wie die Bundesmantelvertragspartner gegenüber dem Senat ebenfalls überzeugend dargelegt haben - mit dem deutlich unterdurchschnittlichen Produktivitätsfaktor auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Psychotherapeuten - im Unterschied zu somatisch tätigen Arztgruppen - aufgrund des besonderen inhaltlichen Anspruchs und des Charakters insbesondere der Therapieleistungen gewisse Zeit für die Reflexion und Supervision benötigen.
Aus der Einstellung eines um 20 Prozentpunkte niedrigeren Produktivitätsfaktors bzw einer um ca 22,9 % niedrigeren Netto-Jahresarbeitszeit (94 599,9 Minuten anstelle von 122 629,5 Minuten) in die Ermittlung der Leistungsbewertung folgt, dass die Prüfzeit nicht unmittelbar aus der Kalkulationszeit abgeleitet werden kann, sondern dass auch hier der Produktivitätsfaktor in die Festlegung einzufließen hat. Mit der Festlegung einer die Kalkulationszeit (60 Minuten) um 16,7 % überschreitenden Prüfzeit (70 Minuten) hat der BewA seinen Gestaltungsspielraum vor diesem Hintergrund nicht überschritten. Zwar trifft es zu, dass nicht aus jeder Überschreitung der in der Rechtsprechung entwickelten Grenze der Vollauslastung auf eine unrichtige Abrechnung geschlossen werden kann. Das folgt bereits daraus, dass es sich um eine typisierende Festlegung handelt. Indes wird ein Psychotherapeut unter Berücksichtigung der auf 70 Minuten festgelegten Prüfzeit keineswegs bereits bei Erreichen der in der Rechtsprechung entwickelten Vollauslastungsgrenze nach den für die Plausibilitätsprüfung entwickelten Maßstäben auffällig, sondern erst bei der Abrechnung einer ganz erheblich darüber hinausgehenden Leistungsmenge. Der vom Senat typisierend ermittelten Vollauslastungsgrenze liegt - wie oben dargelegt - die Annahme zugrunde, dass ein Psychotherapeut in der Lage ist, in 43 Wochen im Jahr jeweils 36 therapeutische Sitzungen von 50 Minuten Dauer durchzuführen (BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 6/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 9 RdNr 31; BSG Urteil vom 25.8.1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 f = Juris RdNr 25 f). Unter Zugrundelegung einer Prüfzeit von 70 Minuten würde daraus eine Arbeitszeit von 451,5 Stunden im Quartal resultieren. Die von KÄBV und SpiBu auf der Grundlage von § 106a Abs 6 S 1 SGB V aF (heute: § 106d Abs 6 S 1 SGB V) vereinbarte AbrPr-RL sieht die Durchführung einer Plausibilitätsprüfung wegen Abrechnungsauffälligkeiten jedoch erst bei Überschreitung einer Gesamtarbeitszeit von 780 Stunden im Quartal vor. Dass die Prüfzeit von 70 Minuten geeignet ist, um auf dieser Grundlage - bezogen auf das Quartal - Auffälligkeiten hinsichtlich abgerechneter psychotherapeutischer Einzelbehandlungen festzustellen, die wiederum Anhaltspunkte für die Vermutung einer fehlerhaften Abrechnung geben können, unterliegt demnach keinem Zweifel.
b) Die vorgenannten Gründe, die die Festlegung einer die Kalkulationszeit überschreitenden Prüfzeit bei der Prüfung nach Quartalszeitprofilen rechtfertigen, können indes nicht auf die Prüfung nach Tageszeitprofilen übertragen werden. Nach den auch insoweit nachvollziehbaren Darlegungen der Trägerorganisationen des BewA trägt die niedrigere Bewertung des Produktivitätsfaktors bei den zeitgebundenen psychotherapeutischen Einzelbehandlungen und damit auch die höhere Festlegung der Prüfzeit dem Umstand Rechnung, dass Psychotherapeuten aufgrund des Charakters der Therapieleistungen Zeiten für die Reflexion und Supervision benötigen, auf die somatische Arztgruppen nicht in demselben Maße angewiesen sind. Diese Tätigkeiten fallen indes typischerweise nicht an einem festgelegten Arbeitstag an. Vielmehr kann der Therapeut solche Zeiten an Tagen mit besonders hoher Patientenzahl zurückstellen und auf andere Tage verschieben. Deshalb eignet sich eine die Kalkulationszeit übersteigende Prüfzeit von 70 Minuten nicht für eine Prüfung nach Tageszeitprofilen (zu den Anforderungen an die Eignung zur Prüfung nach Tageszeitprofilen vgl Steinhilper in Heidelberger Kommentar Arztrecht Krankenhausrecht Medizinrecht, Abschnitt 4160 RdNr 35). Die Beklagte wird daher bei der Prüfung nach Tageszeitprofilen die als Kalkulationszeit festgelegten 60 Minuten (bzw für biographische Anamnesen: 55 Minuten) auch als Prüfzeit zugrunde zu legen haben. In diesen 60 bzw 55 Minuten sind neben der Mindestdauer der Therapie von 50 Minuten die Zeiten für die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang im Durchschnitt mindestens erforderlichen Zeiten der Vor- und Nachbereitung einschließlich der Dokumentation enthalten.
4. Aus einer Überschreitung der für die Tages- und Quartalszeitprofile festgelegten Grenzen durfte die Beklagte auf die Unrichtigkeit der Abrechnung schließen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann aus der Überschreitung von Tages- oder Quartalszeitprofilen im Wege des Indizienbeweises auf die Unrichtigkeit der Abrechnung geschlossen werden (BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 238 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 13 f; BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44, 50 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 = Juris RdNr 26; BSG Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/11 B - Juris RdNr 9; BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 25 , zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - RdNr 14 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Auswertung der Zeitprofile kann die Fehlerhaftigkeit einer Abrechnung aufdecken, wobei der Nachweis nicht notwendig ist, welche einzelne abgerechnete Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht ist (BSG Urteil vom 8.3.2000 - B 6 KA 16/99 R - BSGE 86, 30, 35 = SozR 3-2500 § 83 Nr 1 S 7; BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 25; BSG Urteil vom heutigen Tage - B 6 KA 44/17 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Damit im Wesentlichen übereinstimmend bestimmt § 5 Abs 1 S 1 und 2 AbrPr-RL, dass die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren darstellt, mit dessen Hilfe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für solche Vermutungen sind Abrechnungsauffälligkeiten.
Der Kläger hat bezogen auf den streitbefangenen Zeitraum zwar eine tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden unter Zugrundelegung einer Prüfzeit von nur 60 Minuten lediglich in den Quartalen I und II/2006 an mindestens drei Tagen je Quartal überschritten, sodass er unter Zugrundelegung von Tageszeitprofilen allein in diesen beiden Quartalen auffällig geworden ist. Die tageszeitprofilbezogenen Überschreitungen sind in den beiden Quartalen zudem sehr gering. Nach den Angaben in den angefochtenen Bescheiden, auf die die Vorinstanzen Bezug genommen haben und denen auch der Kläger nicht entgegengetreten ist, hat er jedoch im Quartalszeitprofil die Gesamtarbeitszeit von 780 Stunden mit 867,47 Stunden im Quartal I/2006, mit 804,12 Stunden im Quartal II/2006 und mit 826,35 Stunden im Quartal III/2006 erheblich überschritten, während die Gesamtarbeitszeit im Quartal IV/2006 mit 695,72 Stunden deutlich unter dieser Grenze geblieben ist.
Auch der vom Kläger angegebene Verzicht auf Supervisionen aufgrund der über 30-jährigen Berufserfahrung und die Beschränkung der Intervision auf einen kollegialen Austausch beim Mittagessen sind bezogen auf die hier in Frage stehenden psychotherapeutischen Leistungen nicht geeignet, die Überschreitung der in der AbrPr-RL geregelten Grenze von 780 Stunden pro Quartal zu erklären. Zwar kann aus Auffälligkeiten in Gestalt der Überschreitung einer Arbeitszeit von insgesamt 780 Stunden im Quartal noch nicht unmittelbar darauf geschlossen werden, dass Leistungen im Umfang des Überschreitens nicht ordnungsgemäß erbracht worden seien. Vielmehr führt die KÄV beim Vorliegen von Abrechnungsauffälligkeiten nach § 12 AbrPr-RL weitere Überprüfungen durch, um festzustellen, ob sich die Abrechnungsauffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen. Umstände, die ein erhöhtes Stundenaufkommen plausibel erscheinen lassen können, sind bei einer Einzelpraxis nach § 12 Abs 3 Nr 1 AbrPr-RL insbesondere die Anstellung eines Arztes oder Assistenten, Job-Sharing oder Vertreterfälle gemäß Muster 19 der Vordruckvereinbarung. Wie sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt, ist diese Aufzählung nicht abschließend. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Regelungen zur Plausibilitätsprüfung keinen Raum für die Zugrundelegung individueller Zeiten je nach der tatsächlichen oder vermeintlichen Kompetenz des Arztes lassen (BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 6 KA 47/16 R - RdNr 26 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ferner kann der Arzt nicht mit Erfolg geltend machen, dass er aufgrund seines außergewöhnlichen individuellen Leistungsvermögens in der Lage sei, neben der Praxisorganisation einschließlich der Anleitung und Überwachung von Hilfspersonal und neben der bei Praxen dieser Größenordnung typischerweise auch zu erwartenden Behandlung von Privatpatienten und von Versicherten anderer Kostenträger (vgl BSG Urteil vom 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 = Juris RdNr 30) regelmäßig abrechenbare ärztliche Leistungen allein für gesetzlich krankenversicherte Patienten im Umfang von mehr als 780 Stunden im Quartal zu erbringen. Nichts anderes kann für die Angabe des Klägers gelten, dass er die erforderliche Intervision mit der Einnahme des Mittagessens verbinde und damit letztlich auf Pausenzeiten verzichten könne. § 106a Abs 2 S 3 SGB V aF ermächtigt die KÄV ausdrücklich, bei der Prüfung der Plausibilität einen Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden. Von der ihnen in § 106a Abs 6 S 1 SGB V aF (heute § 106d Abs 6 S 1 SGB V) eingeräumten Ermächtigung, in Richtlinien ua Vorgaben zu den Kriterien einer solchen Plausibilitätsprüfung zu vereinbaren, haben die KÄBV und der SpiBu ua mit der Festlegung einer Quartalsprofilzeit von 780 Stunden Gebrauch gemacht, deren Überschreitung Abrechnungsauffälligkeiten belegt. Die KÄV und die Gerichte dürfen aus einer solchen Überschreitung von Zeitprofilen auf einen Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung schließen, wenn sich diese Überschreitungen nicht erklären lassen.
5. Bezogen auf das Quartal II/2006 hat die Beklagte hier allerdings das Ausmaß der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung des Klägers unrichtig beurteilt und einen zu hohen Regressbetrag festgesetzt, indem sie bei der Bildung der Tageszeitprofile zu Unrecht für die psychotherapeutische Einzelbehandlung Prüfzeiten von 70 anstelle der gebotenen 60 Minuten zugrunde gelegt hat. Im Falle von Abrechnungsauffälligkeiten hat die KÄV nach § 12 Abs 2, Abs 3 AbrPr-RL "mithilfe ergänzender Tatsachenfeststellungen und Bewertungen" darüber zu entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang die Abrechnung unrichtig ist oder ob sich die Auffälligkeiten zugunsten des Arztes erklären lassen.
In der Sache handelt es sich dabei um eine Schätzung (vgl bereits BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44, 51 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 67 f = Juris RdNr 27). Ausgangspunkt der Schätzung durch die KÄV ist stets der Umstand, dass der Arzt das pro Tag oder Quartal "höchstens abrechenbare Leistungsvolumen" iS des § 106a Abs 2 S 3 SGB V aF überschritten hat. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass die KÄV die Abrechnung des Arztes insoweit korrigiert, als die Leistungsmenge, die über die tages- oder die quartalsbezogene Auffälligkeitsgrenze hinaus abgerechnet worden ist, von der Honorierung ausgenommen wird. Je nach Art und Umfang der im Wege der Plausibilitätsprüfung aufgedeckten Abrechnungsfehler kann die Kürzung auch darüber hinausgehen (Kürzung bis auf den Fachgruppendurchschnitt: BSG Urteil vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 - BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21). Wenn der Arzt die Streichung der über die Auffälligkeitsgrenze hinaus abgerechneten Leistungen als fehlerhafte Schätzung in Frage stellen will, muss er Gesichtspunkte anführen, aus denen sich ergeben kann, dass sein Leistungsverhalten korrekt war, obwohl grundsätzlich die Überschreitung der Zeitgrenzen nach § 8 AbrPr-RL eine Unkorrektheit der Abrechnung indiziert. Welche Gesichtspunkte insoweit gleichwohl die korrekte Abrechnung belegen könnten, entzieht sich einer generellen Festlegung. Je deutlicher jedenfalls die Grenzwerte für die zeitliche Implausibilität überschritten werden und je länger der Zeitraum ist, für den solche Überschreitungen festgestellt werden, desto schwieriger wird es für den betroffenen Arzt zu belegen, dass sich die Auffälligkeiten "zu seinen Gunsten erklären lassen", wie dies § 12 Abs 3 AbrPr-RL grundsätzlich gestattet. So würde etwa das Vorbringen eines Arztes, er habe wegen der kurzfristigen Schließung einer fachgleichen Praxis im räumlichen Nahbereich einen besonders starken Zulauf von Patienten nur durch Ausweitung der Behandlungszeiten über die Grenzen des § 8 Abs 3 AbrPr-RL hinaus bewältigen können, eine dauerhafte Überschreitung dieser Grenzen nicht erklären können.
Hier steht indes fest, dass die Beklagte und ihr folgend das SG und das LSG bei der Schätzung bezogen auf die Tagesprofilzeiten von falschen Grundlagen ausgegangen sind, die eine erneute Ermittlung und Berechnung des Rückforderungsbetrags jedenfalls für das Quartal II/2006 erforderlich machen. Auch die Überschreitung von 24,12 Stunden bezogen auf das Quartalsprofil rechtfertigt nicht die auf dieses Quartal bezogene Honorarrückforderung, der die Beklagte eine Überschreitung beim Tageszeitprofil um 28,55 Stunden zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat daher das Ausmaß der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung des Klägers insoweit unrichtig beurteilt und einen zu hohen Rückforderungsbetrag festgesetzt, indem sie bei der Bildung der Tageszeitprofile zu Unrecht für die psychotherapeutische Einzelbehandlung Prüfzeiten von 70 anstelle der gebotenen 60 Minuten zugrunde gelegt hat.
Im Quartal IV/2006 hat der Kläger die Grenze zur Auffälligkeit weder unter Zugrundelegung einer Prüfzeit von 60 Minuten beim Tageszeitprofil noch von 70 Minuten beim Quartalszeitprofil überschritten, sodass sich insoweit keine Abrechnungsauffälligkeiten ergeben. Der Senat hat die Beklagte gleichwohl auch insoweit zur Neubescheidung verpflichtet, weil nach der Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom heutigen Tage zum Az B 6 KA 44/17 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte Abrechnungsauffälligkeiten in einem Quartal zum Anlass für die Durchführung von Prüfungen in einem Folgequartal nimmt, wenn es etwa Hinweise darauf gibt, dass derselbe Abrechnungsfehler auch hier aufgetreten sein könnte, ohne zu einer Überschreitung von Tages- oder Quartalsprofilzeiten geführt zu haben. Dafür gibt es hier zwar keine konkreten Anhaltspunkte; in Ermangelung entsprechender Feststellungen konnte der Senat dies aber auch nicht ausschließen.
Dagegen waren die Überschreitungen der Quartalsprofilzeiten im Quartal I/2006 mit 87,47 Stunden und im Quartal III/2006 mit 46,35 Stunden so erheblich höher als die von der Beklagten (auf unrichtiger Grundlage) angenommene Überschreitung der täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden (30,38 Stunden im Quartal I/2006 und 9,6 Stunden im Quartal III/2006), dass die gebotene Schätzung zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen kann als der bezogen auf diese beiden Quartale von der Beklagten ermittelte Rückforderungsbetrag. Auf der anderen Seite ist eine noch darüber hinausgehende Reduzierung der Honoraransprüche nach dem Grundsatz der reformatio in peius für diese beiden Quartale ausgeschlossen. Der Senat hat die streitbefangenen Bescheide daher nicht aufgehoben, soweit sie sachlich-rechnerische Richtigstellungen für die Quartale I/2006 und III/2006 zum Gegenstand haben.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 155 Abs 1 S 1 VwGO und berücksichtigt, dass der Kläger bezogen auf zwei der vier streitbefangenen Quartale im Sinne einer Verurteilung zur Neubescheidung erfolgreich war.
Fundstellen
Haufe-Index 12903208 |
ArztR 2019, 136 |
MedR 2019, 598 |
NZS 2019, 316 |