Entscheidungsstichwort (Thema)
versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fleischbeschautierärzten
Leitsatz (redaktionell)
Zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fleischbeschautierärzten:
Bei Personen, die Dienste höherer Art (BGB § 622) leisten, äußert sich die persönliche Abhängigkeit als Material für das Vorliegen eines Versicherungspflicht begründenden Verhältnisses im allgemeinen nicht durch Unterwerfung unter die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers, sondern durch Eingliederung in den übergeordneten Organismus des Betriebes oder der Verwaltung.
Leitsatz (amtlich)
Im Nebenamt tätige Fleischbeschautierärzte, die Einzelvergütungen in Form von Gebührenanteilen erhalten, stehen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (Anschluß an BSG 1958-01-21 10 RV 695/55 = BSGE 6, 271).
Normenkette
RVO § 165 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1957-07-27; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; BGB § 622 Fassung: 1896-08-18
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Oktober 1964 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat den Beigeladenen zu 1) und 2) die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Im übrigen findet eine Kostenerstattung im Revisionsverfahren nicht statt.
Gründe
Die Fleischbeschau für die Stadtbezirke I und II der klagenden Stadt I wurde seit Jahren von den beigeladenen Tierärzten Dr. F (F.) und Dr. V (V.) nebenberuflich ausgeübt. Für diese Tätigkeit erhalten die Tierärzte festgesetzte Gebühren, die durch die Gemeinde erhoben werden. Das Einkommen des Tierarztes Dr. F. aus der Beschautätigkeit betrug im Jahre 1959 monatlich 862,60 DM, sein Gesamteinkommen monatlich durchschnittlich 3.880,- DM. Davon gingen etwa 40% als Betriebskosten ab. Ähnlich lagen die Einkommensverhältnisse in den Jahren 1957 und 1958. Das Einkommen des Tierarztes Dr. V. aus der Beschautätigkeit betrug im Jahre 1957 5.544,60 DM, 1958 5.728,80 DM und 1959 5.162,10 DM. Das lag über 1/5 seines Gesamteinkommens. Die Arbeit für die Beschautätigkeit beanspruchte die beiden Tierärzte nicht mehr als 24 Stunden in der Woche. Eine Befreiung von der Angestelltenversicherung gemäß § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes ist nicht erfolgt.
Nachdem die beklagte Ortskrankenkasse bereits 1959 die Klägerin auf die Sozialversicherungspflicht der beigeladenen Tierärzte hingewiesen hatte, soweit die Jahresarbeitsverdienstgrenze in den einzelnen Versicherungszweigen nicht überschritten würde, forderte sie durch Bescheid vom 11. April 1960 die Klägerin auf, die beigeladenen Tierärzte ab 1. März 1957 zur Sozialversicherung anzumelden und Beiträge zu entrichten. Durch Widerspruchsbescheid vom 5. September 1960 entschied die Beklagte, daß die beigeladenen Tierärzte seit 1. März 1957 in einem versicherungspflichtigen Versicherungsverhältnis ständen, und zwar Dr. V. in der Krankenversicherung und Angestelltenversichrung, Dr. F. nur in der Angestelltenversicherung.
In ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die beigeladenen Tierärzte ständen zu ihr in keinem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis, sondern seien selbständig. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 16. August 1961 den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben, das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach Art. 83 iVm Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung fielen in den Wirkungskreis der Gemeinden grundsätzlich die örtliche Polizei und das örtliche Gesundheitswesen. Die örtliche gesundheitspolizeiliche Aufgabe, zu der auch die Fleischbeschau gehöre, obliege den Gemeinden als Auftragsangelegenheit. In diesem Aufgabenbereich der Klägerin seien die beigeladenen Tierärzte tätig geworden. Ihre Tätigkeit sei somit fremdbestimmt und dementsprechend durch eingehende gesetzliche Bestimmungen geregelt. Die Fleischbeschauer würden nur für einen bestimmten Bezirk bestellt (§ 4 des Fleischbeschaugesetzes, §§ 3, 4, 16 der Verordnung über die Durchführung des Fleischbeschaugesetzes vom 1. November 1940). Sie führten polizeiliche Aufgaben durch und übten hoheitliche Befugnisse aus (§§ 7, 8 des Fleischbeschaugesetzes, §§ 7, 31 Abs. 2 der erwähnten Durchführungsverordnung). Die Fleischbeschauer seien nicht frei in ihren Forderungen aus ihrer Tätigkeit, sondern erhielten festgesetzte Gebühren von der Gemeinde oder der Fleischbeschauausgleichskasse (vgl. Bayer. Fleischbeschauordnung vom 7. Februar 1935 in Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts - BayBS - II, 290 ff). Ihre Unselbständigkeit werde besonders darin sichtbar, daß die Forderung auf Vergütung aus ihrer Tätigkeit nicht in ihrer Person, sondern - jedenfalls in Bayern - als Gebühr der Gemeinde entstehe, die im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden könne (Art. 8 Abs. 3 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Fleischbeschaugesetz; § 64 der Bayerischen Fleischbeschauordnung vom 7. Februar 1935, beides in BayBS II 290 ff). Die Tätigkeit der nichtbeamteten und nicht tariflich angestellten Fleischbeschauer unterscheide sich insoweit nicht wesentlich von der Tätigkeit eines beamteten oder durch Privatvertrag angestellten Fleischbeschauers. Auch die nebenberuflich tätigen Fleischbeschauer trügen insoweit kein Unternehmerrisiko.
Wenn somit die Fleischbeschautierärzte in einem abhängigen Dienstverhältnis stünden, so sei die Klägerin und nicht der beigeladene Freistaat Bayern verpflichtet, die Beiträge zu entrichten. Denn das örtliche Gesundheitswesen falle in den übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden. Daß die Auswahl, Bestellung, Abberufung, Fortbildung und fachliche Überwachung des nichtbeamteten Fleischbeschauers und die Ausübung der Disziplinargewalt durch staatliche Organe erfolge, könnte nichts daran ändern, daß die von den Fleischbeschauern ausgeübte Tätigkeit auch die Ausübung einer Aufgabe der Gemeinde sei und bleibe und daß deshalb die Gemeinde die Fleischbeschauer zu entlohnen habe. Der nebenamtliche Fleischbeschauer stehe nicht nur kraft der Bestellung durch das Landratsamt in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zur Bestellungsbehörde, sondern auf Grund Vereinbarung in einem öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis zur Gemeinde als Trägerin der Kosten der Fleischbeschau; dabei sei Gegenstand der Vereinbarung im wesentlichen die Entlohnung der Fleischbeschauer.
Das Dienstverhältnis der Klägerin und der beigeladenen Tierärzte habe zur Folge, daß die Klägerin die von der Beklagten geforderten und nicht verjährten Beiträge zur Angestelltenversicherung und zur Krankenversicherung - letztere nur für den beigeladenen Tierarzt Dr.V. - ab 1. März 1957 zu entrichten habe.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie trägt vor: Das LSG habe den Sachverhalt nicht erschöpfend ermittelt: In Bayern bestehe eine Verordnung vom 21. Dezember 1908 (BayBS II 148) über die Tierärzte, die die Aufgaben der Amtstierärzte regele und ihre Mitwirkung bei der Fleischbeschau vorsehe; ihnen obliege auch die Überwachung der gesamten Tätigkeit der Beschauer. Es hätte weiter festgestellt werden müssen, daß die Klägerin eine kreisangehörige Gemeinde sei und es hätte beachtet werden müssen, daß bei der Bildung von Beschaubezirken nicht selten, sondern sogar häufig mehrere Gemeinden zu einem Beschaubezirk zusammengefaßt würden und daß demgemäß für mehrere solcher Gemeinden ein Fleischbeschautierarzt bestellt werde.
Die Fleischbeschau gehöre dem Verwaltungsrecht an. Das besage aber nicht, daß hoheitliche Gewalt nur von Beamten oder Angestellten öffentlicher Körperschaften ausgeübt werde, vielmehr werde diese Gewalt vielfach juristischen oder natürlichen Personen übertragen, die nicht in einen behördlichen Organismus eingegliedert seien. Darunter fielen auch die Fleischbeschauer, Diese Beleihung mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben begründe zwischen den Beliehenen und der beleihenden juristischen Person des öffentlichen Rechts ein öffentlich-rechtliches Verhältnis. Der zum Fleischbeschauer bestellte freiberufliche Tierarzt bleibe aber dennoch freiberuflich tätig und trete zu der Gemeinde, in deren Gebiet er die Fleischbeschau vornehme, in kein Abhängigkeitsverhältnis.
Es sei auch verfehlt, ein abhängiges Dienstverhältnis zwischen Gemeinde und Fleischbeschautierarzt daraus abzuleiten, daß die Fleischbeschau eine Auftragsangelegenheit der Gemeinde sei. Denn Art. 83 iVm Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung beziehe sich nicht auf die Auftragsangelegenheit, sondern auf den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde. Für diesen Wirkungskreis sei aber wesentlich das Recht der Selbstverwaltung.
Da die Fleischbeschau reichsrechtlich bzw. bundesrechtlich geregelt sei, sei nicht einzusehen, wo hier noch ein Raum für die Selbstverwaltung der Gemeinde bleiben solle. In Wirklichkeit sei der Tierarzt bei der Fleischbeschau auf Grund seiner Bestellung tätig. Er werde bestellt und überwacht durch die staatlichen Behörden und Organe.
Man könne auch das Zusammenwirken mit dem bestellten Tierarzt und der Gemeinde als Anstalt betrachten; wobei der Fleischbeschauer die tierärztlichen Maßnahmen zu verrichten habe, während der Gemeinde die Einziehung und Weiterleitung der von den Tierbesitzern geschuldeten Gebühren obliege. Schließlich könne man auch die Rolle der Gemeinde als Amtshilfe beim Vollzug des Fleischbeschaugesetzes annehmen.
Die Annahme eines dienstrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Gemeinde und Tierarzt verbiete sich auch schon dadurch, daß der Fleischbeschaubezirk die Gebiete mehrerer Gemeinden umschließen könne. Wenn die Tätigkeit der Beschautierärzte zeitlich beschränkt werden könne, so sei dies ein Ausfluß der Bestallung als eines Verwaltungsakts, aber kein zwingendes Merkmal für ein Angestelltenverhältnis zur Gemeinde. Die Dienstaufsicht für die Fleischbeschautierärzte habe nicht die Gemeinde, sondern der staatliche Amtstierarzt.
Der Fleischbeschautierarzt habe nicht den ergehenden Anforderungen der Schlächter Folge zu leisten, vielmehr hätten sich diese an den Fleischbeschautierarzt zu wenden, um nicht gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen. Wenn eine Gemeinde mit einem vom Landratsamt bestellten Tierarzt nicht zufrieden sei, so sei es ganz ausgeschlossen, daß der Tierarzt nicht befugt wäre, die Fleischbeschau vorzunehmen. Die Gemeinde hätte diese Fragen ausschließlich mit dem Landsratsamt auszumachen.
Die Meinung, der Fleischbeschautierarzt trage kein Unternehmerrisiko, sei ein Fehlschluß, weil das Unternehmerrisiko immerhin davon abhänge, daß in seinem Bezirk geschlachtet werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 28. Oktober 1964 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Augsburg vom 16. August 1961 zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß der Bescheid der Beklagten vom 11. April 1960 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. September 1960 aufgehoben werde,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der beigeladene Freistaat Bayern beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die beigeladenen Tierärzte sind im Revisionsverfahren nicht vertreten. Für den verstorbenen Dr. F. ist seine Witwe als Alleinerbin eingetreten.
Die Revision ist nicht begründet.
Die Tierärzte Dr. F und Dr. V. sind in ihrer Eigenschaft als nebenamtliche Fleischbeschautierärzte dann versicherungspflichtig, wenn sie in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 13, 130, 132; 13, 196, 201; 15, 65, 69; 16, 289, 293). Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung des Dienstleistenden in einen Betrieb oder in eine Verwaltung, womit in aller Regel das Direktionsrecht des Arbeitgebers verbunden ist. Diese Weisungsbefugnis kann allerdings (insbesondere bei Diensten höherer Art, § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches) stark eingeschränkt sein, soweit es die Ausführung der Arbeit betrifft. Es gibt Arbeitsverhältnisse, bei denen der Arbeitgeber keinen Einfluß auf die sachliche Ausführung der Tätigkeit des Arbeitnehmers hat (z.B. Chefarztvertrag). Aber auch in diesen Fällen ist die Dienstleistung des Arbeitnehmers fremdbestimmt, nur tritt hier das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Form von ausdrücklichen Weisungen wenig in Erscheinung. Um so größeres Gewicht erhält hier das Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus für eine Abgrenzung zwischen abhängiger Arbeit und selbständigen Diensten (vgl. BSG 16, 294). In zweifelhaften Fällen wie in dem vorliegenden muß eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles vorgenommen werden, um festzustellen zu können, welche Tatbestandsmerkmale dem Beschäftigungsverhältnis das Gepräge geben.
Wendet man diese Grundsätze hier an, so stehen die Tierärzte in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Die Fleischbeschauer werden für einen bestimmten Bezirk bestellt. Sie führen polizeiliche Aufgaben durch und üben Hoheitsbefugnisse aus (§§ 7 und 8 des Fleischbeschaugesetzes vom 29. Oktober 1940 - RGBl I 1463 -). Die Fleischbeschauer sind verpflichtet, den an sie ergehenden Anforderungen der Schlächter Folge zu leisten. Sie unterstehen in fachlicher und sonstiger Hinsicht einer Dienstaufsicht. Die Fleischbeschauer sind nicht frei in ihren Forderungen aus ihrer Tätigkeit, sondern erhalten festgesetzte Gebühren von der Gemeinde, Die Forderung auf Vergütung aus ihrer Tätigkeit entsteht nicht in ihrer Person, sondern als Gebühr der Gemeinde. Damit unterscheidet sich die Tätigkeit dieser nichtbeamteten Fleischbeschautierärzte im Endergebnis nicht wesentliche von der Tätigkeit eines beamteten oder durch Privatvertrag angestellten Fleischbeschauers, wie das LSG mit Recht angenommen hat. Die Fleischbeschauer tragen auch kein Unternehmerrisiko, sondern erhalten für ihre Tätigkeit feste Vergütungen im Rahmen einer Gesamtgebühr, die die Gemeinde von den Auftraggebern einzieht und von der sie einen Teilbetrag an die Tierärzte abzweigt.
Die Fleischbeschautierärzte sind zwar in der Gestaltung ihrer Tätigkeit als Fleischbeschauer frei. Sie unterliegen also nicht einer vom Arbeitgeber zu regelnden Arbeitszeit, sie haben auch von der Gemeinde keine Weisungen in fachlicher Hinsicht entgegenzunehmen. Diese weitgehende Unabhängigkeit der Fleischbeschauer von direkten Weisungen ergibt sich aber aus der Natur der Sache. Bei der Art der Tätigkeit ist nur wenig Raum für ein Weisungsrecht des Arbeitgebers; denn die Pflichten der Fleischbeschauer sind bis ins einzelne durch Verordnungen und Dienstanweisungen festgelegt. Dies zeigt deutlich, daß auch der nebenamtliche Fleischbeschauer als lediglich ausführendes Organ ohne eigenes unternehmerisches Ermessen in eine ihm übergeordnete Verwaltung eingegliedert ist.
Seine persönliche Abhängigkeit ist ferner daraus zu ersehen, daß er Beschränkungen unterliegt und Rechte besitzt, die typisch für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sind. Er untersteht einer Dienstordnung (vgl. Nr. 2 des Runderlasses des Reichsministers des Inneren - RMdJ - vom 21. April 1943 - MBliV 1943, 710 - und die dort als Anlage veröffentlichte Dienstordnung). Hiernach (Nr. 2 der Dienstordnung) wird er bestimmten Vorschriften über Gehorsamspflicht, Schweigepflicht, Annahme von Geschenken und Schadenshaftung unterworfen. In beschränktem Umfange erhält er im Fall einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit Dienstbezüge (Nr. 3 der Dienstordnung). Ihm wird auf Antrag Erholungsurlaub gewährt (Nr. 4 Satz 1 der Dienstordnung).
Demnach stehen nebenamtliche Fleischbeschautierärzte, die Einzelvergütungen in Gestalt von Gebührenanteilen erhalten, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, wie das Bundessozialgericht (BSG) schon mehrfach in ähnlichen Zusammenhängen angenommen hat (vgl. BSG 6, 271, 274 ff; Urteil vom 9. August 1962 - 10 RV 791/59 - in Soz.-rechtlicher Entscheidungssammlung BVG § 33 Nr. 6 Urteil vom 15. März 1967 - SozR AVAVG § 66 Nr. 3). Im gleichen Sinn haben auch andere obere Bundesgerichte entschieden (vgl. BGHZ 22, 241; BAG 13, 211; BVerwG 11, 37). Demgegenüber ist es nicht entscheidend, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) bei der Frage, ob die Einnahmen eines freiberuflichen Tierarztes aus seiner Tätigkeit als Fleischbeschauer der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, auch insoweit eine selbständige Tätigkeit angenommen und damit eine Umsatzsteuerpflicht bejaht hat (Urteil vom 26. November 1959, BStBl 1960, III, 39). Denn der BFH hat dieses Ergebnis ausdrücklich mit den besonderen Verhältnissen der Umsatzsteuer begründet, die es erforderten, Einnahmen aus einer Nebentätigkeit steuerrechtlich ebenso zu behandeln wie die Einnahmen aus der Haupttätigkeit. Solche Gesichtspunkte sind aber für die Frage einer Sozialversicherungspflicht ohne Bedeutung.
Stehen demnach die beigeladenen Tierärzte in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, so ist Arbeitgeber und damit zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet die klagende Stadt und nicht das beigeladene Land. Das ist in den einzelnen Ländern verschieden (vgl. Nr. 2 des schon erwähnten Runderlasses des RMdJ, der davon ausgeht, daß nichtbeamtete Fleischbeschautierärzte "sowohl im Dienste des Staates als auch im Dienste der Gemeinden" stehen können). Nach dem in Bayern geltenden Recht ist Dienstherr der nichtbeamteten Fleischbeschauer nicht der Staat, sondern die Gemeinde, für die der Fleischbeschauer tätig ist, wie das LSG aus der Übertragung der staatlichen Aufgabe der Fleischbeschau auf die Gemeinde, insbesondere der Auferlegung der Kostenlast für die Durchführung dieser Verpflichtung und der "Entlohnung" des Fleischbeschauers durch die Gemeinde geschlossen hat. Da diese Auslegung ausschließlich bayerisches Recht betrifft, ist sie für das Revisionsgericht bindend (§ 162 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Überprüfbar ist nur, ob das vom LSG angewandte bayerische Recht gegen Bundesrecht verstößt. Das ist jedoch nicht der Fall. Zu Unrecht folgert die Revision aus der bundesrechtlichen Regelung über die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der Fleischbeschauer durch die Landesbehörde (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 des Fleischbeschaugesetzes) die Unzulässigkeit eines Dienstverhältnisses mit der Gemeinde. Der Berufungsvorgang, der den Fleischbeschauer in seinen öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis einweist, ist zwar Voraussetzung für das Dienstverhältnis, keineswegs aber mit ihm gleichzusetzen; das gleiche gilt von der Dienstaufsicht, der der Fleischbeschauer unterworfen ist. Beide Regelungen lassen offen, mit wem das Dienstverhältnis nach der jeweiligen Landesregelung eingegangen wird, wie der schon erwähnte Runderlaß des RMdJ zutreffend hervorhebt.
Demnach ist die Klägerin Arbeitgeberin der beigeladenen Tierärzte. Wie das LSG im Schluß seines Urteils im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, hat das Dienstverhältnis zwischen der Klägerin und den Tierärzten zur Folge, daß die Klägerin die von der Beklagten geforderten und nicht verjährten Beiträge zur Angestelltenversicherung und zur Krankenversicherung - letztere nur für den beigeladenen Tierarzt Dr. V. - vom 1. März 1957 an zu entrichten hat.
Die Revision muß daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 60462 |
RegNr, 3187 |
USK 67102 (ST1, LT1) |
AP § 611 BGB, Nr 11 |
Breith 1968, 368 (LT1) |
EzS, 130/66 |
SozR § 165 RVO (LT1), Nr 55 |