Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung der Rentenhöhe durch das MfSVersorgOAufhG
Leitsatz (amtlich)
Die noch von der DDR-Volkskammer beschlossene Begrenzung einer nach der MfS-Versorgungsordnung erworbenen Invalidenrente auf 990,00 DM/Monat ist nach Maßgabe des Einigungsvertrages sekundäres Bundesrecht geworden. Dies verstößt weder gegen die Zahlbetragsgarantie des Einigungsvertrages noch gegen Art 3 und 14 GG oder die Konvention zum Schutz der Menschenrechte.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
MfSVersorgOAufhG § 2 Buchst. a; EinigVtr Anl. II Kap. VIII H III Nr. 9 Buchst. b S. 2; EinigVtr Anl. II Kap VIII H; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 1994 wird als unzulässig verworfen, soweit sie das Recht auf Übergangsrente für die Zeit ab 1. Juli 1990 bis zum 30. November 1990 betrifft. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe einer Invalidenrente.
Der 1933 geborene Kläger war von 1951 bis zum 31. März 1990 hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS/Stasi) der ehemaligen DDR. Vom 1. April 1990 bis zum 30. November 1990 war er Mitarbeiter im Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS). Der Ministerrat der DDR gewährte ihm anläßlich seiner Entlassung aus dem Dienst des MfS ab 1. April 1990 eine Übergangsrente in Höhe von monatlich 1.454,00 Mark (ab 1. Juli 1990 in DM) aufgrund der nicht amtlich veröffentlichten „Ordnung Nr. 7/87 über die soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit” des MfS (Versorgungsordnung ≪VersO≫). Seit dem 11. Mai 1990 war der Kläger krank; er stellte Antrag auf Gewährung einer Invalidenrente, worauf er ärztlich begutachtet und für invalide erachtet wurde. Mit Bescheid vom 27. November 1990 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1991) kürzte die Beklagte (Bundesministerium des Innern) – als Funktionsnachfolgerin des vorgenannten Versorgungsträgers – die Übergangsrente des Klägers rückwirkend ab 1. Juli 1990 auf 495,00 DM monatlich; zugleich bewilligte sie ihm ab 1. Dezember 1990 eine Invalidenrente in Höhe von monatlich 990,00 DM. Als Rechtsgrundlage für diese Berechnung des Werts (Höhe) der Invalidenrente wurde § 2 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Gesetzes über die Aufhebung der VersO des ehemaligen MfS/AfNS vom 29. Juni 1990 (GBl I Nr 38 S 501; Aufhebungsgesetz ≪AufhebG≫) iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Ziff 9 Buchst b Satz 2 iVm Ziff 9 Buchst b Satz 5 des Einigungsvertrages (Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990, BGBl II S 885, im folgenden: EV) benannt: Nach § 2 AufhebG sind die nach der VersO festgesetzten Alters- und Invalidenrenten ab 1. Juli 1990 „mit dem Ziel der Anpassung an das Niveau im zivilen Bereich” um 50 vH des 495,00 DM übersteigenden Betrages zu kürzen; insgesamt dürfen sie den Betrag von 990,00 DM nicht überschreiten.
Der Kläger erhob Klage (nur) gegen die Festsetzung der Höhe seines Rechts auf Invalidenrente, und zwar mit dem Vorbringen, seine Rente sei ausschließlich nach den Bestimmungen der VersO zu berechnen und deshalb ab 1. Dezember 1990 in Höhe von (75 vH seiner zuletzt erzielten monatlichen beitragspflichtigen Durchschnittsvergütung von 3.875,00 Mark =) 2.907,00 DM zu zahlen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage nach Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit der Begründung abgewiesen, es liege kein Verstoß gegen den EV vor; insbesondere könne der Kläger aus EV Nr 9 keinen Besitzschutz für eine entsprechende Invalidenrente herleiten, da er am 1. Juli 1990 keinen Anspruch in dieser Höhe gehabt habe (Urteil vom 30. August 1994).
Der Kläger hat die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und vorgetragen, eine „Kürzung seiner Invalidenrente” aufgrund des AufhebG auf 990,00 DM sei unzulässig. Hierfür fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zwar hätten durch das AufhebG die VersO aufgehoben und die Renten mit dem Ziel einer Anpassung an das zivile Niveau in die Rentenversicherung der ehemaligen DDR überführt werden sollen. Hierzu sei es aber nicht mehr gekommen. Statt dessen sei es nach dem Beitritt der DDR um die Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland gegangen. Hierfür habe es einer längeren Übergangsphase bedurft, bei der das ursprüngliche rigorose Vorgehen der schematischen Rentenkürzung ua durch das AufhebG nicht mehr zu vertreten gewesen sei. Bestimmungen des AufhebG und anderer Gesetze hätten, soweit sie nicht der Konzeption und dem Inhalt des EV entsprachen, mit dem Beitritt der DDR und dem Inkrafttreten des EV ihre Rechtskraft verloren. Eine Weitergeltung des AufhebG sei – im Gegensatz zum Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAnglG-DDR) – im EV gerade nicht vorgesehen. Demgegenüber sei die VersO weiterhin anwendbar gewesen. Jedenfalls läge, wenn das AufhebG nach dem 2. Oktober 1990 noch anwendbar gewesen wäre, ein Verstoß gegen – was im einzelnen ausgeführt wird – den EV, Art 14 Grundgesetz (GG), den allgemeinen Gleichheitssatz, das Rechtsstaatsprinzip, Art 1 Abs 1 des 1. Zusatzprotokolls (1. ZP) zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art 6 und 14 EMRK vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 1994 und den Bescheid der Beklagten vom 27. November 1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1991 aufzuheben und die Beklagte bzw – für die Zeit ab dem 1. Januar 1992 – die Beigeladene zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 30. November 1990 die ungekürzte Übergangsrente zu gewähren und die aufgrund der Kürzung einbehaltenen Teile dieser Rente auszuzahlen, für die Zeit ab 1. Dezember 1990 die Invalidenrente in Höhe von 2.907,00 DM monatlich bis zum 31. Juli 1991 zu zahlen und festzustellen, daß der gesamte Zahlbetrag der Invalidenrente nach den für die Rentenanpassung geltenden Vorschriften ab an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen ist, ferner, festzustellen, daß ihm ab 1. Dezember 1990 ein Recht auf Invalidenrente mit dem monatlichen Wert von 2.907,00 DM zustand.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil des SG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
A. Die Sprungrevision des Klägers ist fristgemäß eingelegt worden. Sie ist aber nur insoweit zulässig, als sie das vom Kläger behauptete Recht auf eine Invalidenrente im Wert von mehr als 990,00 DM monatlich betrifft; soweit sich der Kläger erstmals im Revisionsverfahren gegen die Kürzung seiner Übergangsrente im Zeitraum vom 1. Juli bis 30. November 1990 gewandt hat, war sie als unzulässig zu verwerfen.
1. Der Kläger hat die vom SG nachträglich durch Beschluß zugelassene Sprungrevision unter Vorlage der (schriftlichen) Zustimmungserklärung der Beklagten zur Zulassung und Einlegung der Revision zwar erst am 23. Februar 1995 eingelegt und damit die Einlegungsfrist des § 164 Abs 1 Satz 1 iVm § 161 Abs 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gewahrt. Dies steht der fristgemäßen Einlegung seiner Revision jedoch nicht entgegen. Nach § 66 Abs 1 SGG beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist; dies gilt mangels anderer Anhaltspunkte in § 66 Abs 1 SGG auch dann, wenn die Revision nachträglich durch Beschluß zugelassen wird (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteile vom 1. April 1981 – 5a/5 RKn 3/79; 30. Oktober 1979 – 2 RU 73/79; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 66 RdNr 3). Hieran fehlt es, so daß gemäß § 66 Abs 2 SGG die Einlegung des Rechtsbehelfs (hier: Sprungrevision) innerhalb eines Jahres seit „Zustellung, Eröffnung oder Verkündung” zulässig war. Diese (Jahres-)Frist hat der Kläger eingehalten.
2. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27. November 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 1991 nur insoweit, als mit diesem Bescheid (neben der Kürzung und Rückforderung von Übergangsrente) ein Recht des Klägers auf eine Rente im Wert von mehr als 990,00 DM monatlich verneint wurde. Soweit die Beklagte in diesem Bescheid darüber hinaus die rückwirkende Kürzung der Übergangsrente des Klägers verfügt hat, war die Revision gegen das Urteil des SG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat den genannten (Kürzungs-)Bescheid diesbezüglich weder mit seinem Widerspruch noch mit seiner Klage angefochten, so daß diese Regelung in der Sache bindend geworden ist (vgl § 77 SGG). Der vom Kläger erstmals vor dem BSG gestellte Antrag, den Bescheid vom 27. November 1990 auch insoweit aufzuheben, ihm für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 1990 die ungekürzte Übergangsrente zu gewähren und die schon ab 1. August 1991 ohne weiteres einbehaltenen Teile dieser Rente auszuzahlen, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar (vgl § 168 Satz 1 SGG).
3. Zwar hat die Beklagte mit ihrem weiteren Bescheid vom 31. Juli 1991 die Rente des Klägers gemäß § 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) von 990,00 DM ab 1. August 1991 auf 802,00 DM gekürzt und damit in den Bestand des durch den Bescheid vom 27. November 1990 bindend zuerkannten Rechts des Klägers auf Zahlung einer Rente in Höhe von 990,00 DM eingegriffen. Gleichwohl ist der (Kürzungs-)Bescheid vom 31. Juli 1991 nicht Gegenstand des (Klage-)Verfahrens gegen den Bescheid vom 27. November 1990 geworden. Der Kläger hat den zuletzt genannten Rentenbewilligungsbescheid nämlich nur insoweit angefochten, als mit diesem die Gewährung einer höheren Invalidenrente als 990,00 DM abgelehnt worden war; im übrigen, dh soweit dem Kläger ein Recht auf Invalidenrente im Wert von monatlich 990,00 DM zuerkannt wurde, hat er den Verwaltungsakt nicht angefochten. Wird ein teilbarer Verwaltungsakt nur hinsichtlich seines nicht streitbefangenen Teiles durch einen später ergangenen weiteren Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt, ist für eine Einbeziehung dieses später ergangenen Verwaltungsaktes nach § 96 SGG in ein den Verwaltungsakt betreffendes früheres gerichtliches Verfahren kein Raum. Im übrigen unterscheidet sich der Regelungsgegenstand des Bescheides vom 31. Juli 1991 vom vorliegend angefochtenen Bescheid vom 27. November 1990 sowohl hinsichtlich des Lebenssachverhalts als auch der für die Regelung maßgeblichen Rechtsgrundlage und seiner zeitlichen Geltung; er ist zudem vom Kläger isoliert angefochten und das ihn betreffende gerichtliche Verfahren mit dem Einverständnis der übrigen Beteiligten vom Landessozialgericht (LSG) zum Ruhen gebracht worden. Die – wie aufgezeigt richtige – Nichteinbeziehung dieses Bescheides in den vorliegenden Rechtsstreit wurde mit der Revision auch nicht gerügt.
B. Die Revision des Klägers ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Entgegen der Ansicht des Klägers gibt es keine als Bundesrecht anzusehende Rechtsvorschrift (nur solche kommen als revisionsgerichtlicher Prüfungsmaßstab überhaupt in Betracht, vgl § 162 SGG; BSGE 76, 274, 276 = SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 6 Nr 1), die das von ihm behauptete Recht auf Invalidenrente im monatlichen Wert von über 990,00 DM vorsieht (dazu 1.). Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zutreffend entschieden, daß dem Kläger ab 1. Dezember 1990 kein Recht auf Invalidenrente im Wert von über 990,00 DM zusteht. Der Wert eines Rechts auf Invalidenrente aus der VersO wird durch EV Nr 9 iVm § 2 AufhebG auf diesen Betrag begrenzt (dazu 2.). Der bundesrechtliche Anwendungsbefehl des EV Nr 9 Buchst b Satz 2 hinsichtlich § 2 Buchst a AufhebG verstößt nicht gegen spezielleres Recht des EV (dazu 3.), höherrangiges Recht (dazu 4. und 5.) oder die EMRK (dazu 6.).
1. Der Kläger hat weder aufgrund der Reichsversicherungsgesetze, noch aufgrund der VersO ein Recht auf Rente im Wert von mehr als 990,00 DM monatlich.
a) Die Reichsversicherungsgesetze, namentlich das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), die Reichsversicherungsordnung (RVO) und das Reichsknappschaftsgesetz kamen als Rechtsgrundlage des für die Zeit ab 1. Dezember 1990 geltend gemachten Rechts auf (höhere) Rente vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil der EV diese Gesetze sowie die rentenrechtlichen Nebengesetze in seiner Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt I von einem Inkrafttreten im Beitrittsgebiet ausdrücklich ausgenommen hat. Dies geschah mit Rücksicht darauf, daß es sich bei den genannten Rentengesetzen beim Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR am 3. Oktober 1990 auch in den alten Bundesländern bereits um „auslaufendes” Recht handelte, das nach Art 83 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S 2261) mit Ablauf des 31. Dezember 1991 auch im bisherigen Bundesgebiet außer Kraft treten und durch die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ersetzt werden sollte.
b) Mangels Anwendbarkeit der genannten Reichsversicherungsgesetze im Beitrittsgebiet bestand dort grundsätzlich Raum und auch Bedarf für eine lückenfüllende und bis zum Inkrafttreten des SGB VI übergangsrechtliche Geltung von Recht der früheren DDR kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls: Nach Art 9 Abs 2 EV blieb Recht der früheren DDR in Kraft, soweit es in Anlage II zum EV aufgeführt ist, den dort genannten Maßgaben entspricht und mit dem GG sowie dem unmittelbar geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaft vereinbar ist. Diese Voraussetzung ist bei den Bestimmungen Teil IV/2 Nr 201 der VersO, auf die sich der Kläger für den von ihm behaupteten Anspruch beruft und wonach die monatliche Invalidenrente 75 vH der monatlichen Durchschnittsvergütung des MfS-Angehörigen des maßgeblichen Bemessungszeitraums betrug, allerdings nicht erfüllt. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III des EV hat die Fortgeltung dieser Vorschrift – im Gegensatz zu § 2 AufhebG – nicht angeordnet (dazu sogleich).
2. Die Höhe des Rechts des Klägers bestimmt sich vielmehr nach EV Nr 9 Buchst b Satz 2 iVm § 2 AufhebG. Danach darf ein nach der MfS-VersO erworbenes Recht auf Invalidenrente den Betrag von 990,00 DM monatlich nicht überschreiten. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist durch den EV angeordnet worden.
a) Der EV legt in seiner Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 (EV Nr 9) das Programm fest, ob und ggf wie und in welchem Umfang Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden sollen. Diese Vorschrift ist originäres Bundesrecht, sie enthält eine spezielle und grundsätzlich abschließende Regelung für die Überführung von Ansprüchen ua wegen geminderter Erwerbsfähigkeit und Alters, die nach Maßgabe eines ua Sonderversorgungssystems „erworben” worden sind; EV Nr 9 Buchst b bestimmt:
Die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod sind, soweit dies noch nicht geschehen ist, bis zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung zu überführen (Satz 1). Bis zur Überführung sind die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden, soweit sich aus diesem Vertrag, insbesondere den nachfolgenden Regelungen, nichts anderes ergibt (Satz 2). Ansprüche und Anwartschaften sind, auch soweit sie bereits überführt sind oder das jeweilige Versorgungssystem bereits geschlossen ist,
- nach Art, Grund und Umfang den Ansprüchen und Anwartschaften nach den allgemeinen Regelungen der Sozialversicherung in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragszahlungen anzupassen, wobei ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen sind sowie eine Besserstellung gegenüber vergleichbaren Ansprüchen und Anwartschaften aus anderen öffentlichen Versorgungssystemen nicht erfolgen darf, und
- darüber hinaus zu kürzen oder abzuerkennen, wenn der Berechtigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer mißbraucht hat (Satz 3).
Bei Personen, die am 3. Oktober 1990 leistungsberechtigt sind, darf bei der Anpassung nach Satz 3 Nr. 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen war (Satz 4). Bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis 30. Juni 1995 leistungsberechtigt werden, darf bei der Anpassung nach Satz 3 Nr. 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall am 1. Juli 1990 eingetreten wäre (Satz 5).
EV Nr 9 Buchst b findet Anwendung, wenn der (Gesamt-)Anspruch eines Rentners auch nur zum Teil auf einem Rentenanspruch beruht, der durch eine Erwerbstätigkeit erworben wurde, derentwegen eine Sonderversorgung (oder Zusatzversorgung) zugesagt worden ist (vgl BSG SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 9 Nr 4 S 49 f). Dies ist beim Kläger als Angehörigem des Sonderversorgungssystems des MfS der Fall; EV Nr 9 findet auf seine in diesem System erworbenen Rechte und Anwartschaften Anwendung.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist im Rahmen von EV Nr 9 Buchst b Satz 2 die VersO jedoch nicht unverändert in ihrer am 30. Juni 1990 geltenden Fassung, sondern nur in Gestalt eines Torsos, nämlich mit demjenigen Restgehalt sekundäres Bundesrecht geworden, den sie durch das – ebenfalls sekundäres Bundesrecht gewordene – AufhebG gefunden hatte. Dies ergibt sich aus folgendem:
Nach § 1 Satz 1 AufhebG sollten die VersO mit Wirkung vom 30. Juni 1990 aufgehoben und gemäß § 1 Satz 2 iVm § 3 Abs 1 AufhebG die „bestehenden Versorgungen”, dh die individuellen Ansprüche und Anwartschaften aus der VersO (erst) „mit Wirkung vom 1. Januar 1991” in die (damals geplante) Rentenversicherung der DDR überführt werden. Aus der Aufhebung der VersO mit Wirkung zum 30. Juni 1990 folgt allerdings nicht, daß die VersO ab 1. Juli 1990 jegliche Bedeutung verloren hatte. Ihre Vorschriften waren mit dem durch das AufhebG geänderten Inhalt zunächst noch Grundlage der geplanten Überführung individueller Ansprüche und Anwartschaften aus der VersO in die Rentenversicherung der DDR und für den Bestand an solchen Rechtspositionen bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 noch materielles Recht. Mit Wirksamwerden des EV zum 3. Oktober 1990 wurde das Ziel einer Überführung der nach der VersO erworbenen Anwartschaften und Ansprüche in die Rentenversicherung der DDR zwar aufgegeben und durch das Überführungsprogramm des EV Nr 9 ersetzt: Nach Satz 1 dieser Bestimmung war nunmehr eine Überführung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorgegeben, jedoch bestimmt EV Nr 9 Buchst b Satz 2, daß die leistungsrechtlichen Regelungen der „jeweiligen Versorgungssysteme” mit bestimmten Maßgaben bis zur Überführung „weiter anzuwenden” sind. Angesichts der offenkundigen Bruchstückhaftigkeit des AufhebG ist die VersO die einzige Rechtsgrundlage, die es ermöglicht, dieses „Versorgungssystem” iS des EV Nr 9 Buchst c weiterzuführen; sie bildet weiter die Rechtsgrundlage für ua iS von EV Nr 9 Buchst e in die Rentenversicherung nicht überführbare Rechte und Ansprüche (vgl §§ 9, 11, 13 AAÜG); außerdem enthält sie die „leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems” iS von EV Nr 9 Buchst b Satz 2.
Andererseits konnte die VersO aber auch nur noch insoweit sekundäres Bundesrecht werden, als sie 1. für die Durchführung des im EV Nr 9 festgelegten (Überführungs-)Programms erforderlich und sie 2. nicht bereits durch Bestimmungen des AufhebG geändert worden war. Derartige Änderungen enthalten insbesondere §§ 2 ff des AufhebG, aus denen sich auch vorliegend die Höhe des Rechts des Klägers auf Invalidenrente ergibt. § 2 AufhebG hat insoweit die Regelungen der VersO über die Rentenhöhe vollständig ersetzt; eines – ergänzenden – Rückgriffs auf Bestimmung der VersO bedarf es diesbezüglich nicht. Die Vorschrift bestimmt, daß ab 1. Juli 1990 Alters- und Invalidenrente „mit dem Ziel der Anpassung an das Niveau im zivilen Bereich” gezahlt werden und den Betrag von 990,00 DM nicht überschreiten dürfen. Hieran knüpft der EV an. Vom Funktionsnachfolger des ehemaligen MfS/AfNS waren demgemäß bis zur Überführung des MfS-Versorgungssystems in das bundesdeutsche Rentenrecht des SGB VI die leistungsrechtlichen Regelungen – also auch des § 2 Buchst b AufhebG – weiterhin (kraft Bundesrechts – vgl EV Nr 9 Buchst b Satz 2) anzuwenden.
c) Soweit der Kläger mit seiner Revision rügt, eine Weitergeltung des AufhebG sei im EV nicht vorgesehen, so daß nicht das AufhebG, sondern (nur) die VersO weiterhin anwendbar gewesen sei, übersieht er den materiell-rechtlichen Gehalt des AufhebG. Auch das AufhebG enthält „Regelungen für Sonderversorgungssysteme” iS des EV Nr 9; es bestimmt, in welcher Weise die nach Maßgabe der VersO erworbenen Rechte und Anwartschaften ab 1. Juli 1990 bis zur ursprünglich geplanten Überführung rechtlich zu behandeln sind, insbesondere ob und in welchem Umfang Renten (fort-)gezahlt und dynamisiert werden sowie ob und in welchem Umfang nach Maßgabe der VersO erworbene Anwartschaften zu DDR-Rentenversicherungsansprüchen führen. Für die Fortgeltung des AufhebG bedurfte es entgegen der Ansicht des Klägers auch keiner ausdrücklichen Erwähnung speziell dieses Gesetzes und ggf seiner Fundstelle (im GBl der DDR) in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III; auch die VersO ist dort nicht ausdrücklich genannt; anders als in EV Nrn 1 bis 8 wählte der Gesetzgeber nämlich zur Umschreibung in Kraft bleibenden Rechts der ehemaligen DDR bei Nr 9 – „Regelungen für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme (Versorgungssysteme)” – nicht die Regelungstechnik der Einzelbezeichnung, sondern er bediente sich einer Generalklausel. Dies hat seinen Grund darin, daß die Ausgangslage bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sehr unübersichtlich war. Rechtsgrundlagen waren – wie bei der VersO – häufig nicht veröffentlicht oder nicht vorhanden; die bekannten Regelungen wichen in vielem voneinander ab und waren zum Teil in unklarer Weise mit der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) verbunden (vgl BSG SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 9 Nr 2 S 24). Eine Auflistung der einzelnen Rechtsgrundlagen für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme hätte deshalb die Gefahr der Unvollständigkeit und ungerechtfertigter Gleich- oder Ungleichbehandlung in sich geborgen.
3. Der bundesrechtliche Anwendungsbefehl des EV Nr 9 Buchst b Satz 2 EV hinsichtlich § 2 Buchst a AufhebG verstößt nicht gegen spezielleres Recht des EV, soweit dadurch eine nach dem AufhebG gewährte Invalidenrente bis zur Überführung in das SGB VI auf den Betrag von 990,00 DM begrenzt bleibt. Die Aufrechterhaltung der durch § 2 AufhebG erfolgten Kürzungen nach der VersO erworbener Anwartschaften und Rechte ist mit dem EV vereinbar.
Mindeststandards sieht der EV bei der nachrangigen, lückenfüllenden und übergangsrechtlichen Anwendung früheren Rechts der DDR über Rentenberechtigungen aus Zusatz- und Sonderversorgungen kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls (nur) in EV Art 30 Abs 5 und in EV Nr 9 Buchst b Sätze 4 und 5 vor. Danach darf bei der Überführung von Anwartschaften und Ansprüchen in das SGB VI „Anpassung nach Satz 3 Nr 1”) der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen war (Satz 4); bei Personen, die in der Zeit vom 4. Oktober 1990 bis 30. Juni 1995 leistungsberechtigt wurden, durfte bei der Anpassung nach Satz 3 Nr 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall am 1. Juli 1990 eingetreten wäre.
Diese Zahlbetragsgarantie wird vorliegend schon deshalb nicht verletzt, weil auch bei einem am 1. Juli 1990 eingetretenen Versorgungsfall die Sonderversorgungs-Invalidenrente des Klägers aufgrund § 2 Buchst a AufhebG – also nach dem Recht der DDR – nicht höher gewesen wäre als 990,00 DM. Sonstige Vorschriften, die ein Recht des Klägers auf eine Rente im Wert von mehr als 990,00 DM begründen könnten, enthält der EV nicht.
4. Die Begrenzung des Wertes des Rechts des Klägers auf Rente in Höhe von 990,00 DM verletzt auch kein durch Art 14 Abs 1 GG geschütztes Eigentum. Zwar werden Renten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen durch Art 14 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1). Um derartige eigentumsgeschützte Rechtspositionen handelt es sich jedoch bei Ansprüchen und Anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR nicht. Der Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die vor dem Beitritt im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt und die vom Gesetzgeber der ehemaligen DDR rechtlich ausgestaltet worden sind (vgl hierzu entsprechend Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Beschluß vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92, SozR 3-8560 § 26 Nr 1 S 9 = SozVers 1994, 106; BSG SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 9 Nr 1 S 6 mwN). Ob Ansprüche und Anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen vor dem Beitritt der ehemaligen DDR gegenüber dieser und ihren Untergliederungen eine Rechtsposition begründeten, welche derjenigen aufgrund von Rechten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar ist, könnte nur im Blick auf die konkrete Rechtsordnung der ehemaligen DDR beantwortet werden. Hierzu ist das BSG, das sich ausschließlich am Prüfungsmaßstab des Rechts der Bundesrepublik Deutschland zu orientieren hat, nicht aufgerufen. Aber selbst wenn die Frage zu bejahen wäre, könnte sich dieses (Eigentums-)Recht aus Ansprüchen und Anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen jedenfalls nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland oder die Beklagte richten; letztere waren insoweit nicht Schuldner und Anspruchsgegner der Sonder- und Zusatzversorgungsberechtigten. Ebensowenig kann die Bundesrepublik Deutschland dafür verantwortlich und haftbar gemacht werden, daß Invalidenrenten aus der VersO (noch) durch den Gesetzgeber der ehemaligen DDR auf den monatlichen Wert von 990,00 Mark begrenzt wurden. Dieser gesetzgeberische Akt ist, selbst wenn er gemessen am Recht der ehemaligen DDR rechtswidrig gewesen wäre, nicht dem Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen. Die Bundesrepublik hat sich zwar seit jeher iS der Präambel des GG (aF) für das ganze Deutschland verantwortlich gefühlt. Ihre Staatsgewalt beschränkte sich aber nicht nur tatsächlich, sondern gemäß Art 23 Satz 1 GG aF auch staatsrechtlich auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (vgl BVerfGE 84, 90, 122; BVerfG SozR 3-8560 § 26 Nr 1 S 9; BSG SozR 3-8120 Kapitel VIII H III Nr 9 Nr 1 S 7). Ein Einstehenmüssen für Akte und Verheißungen der ehemaligen DDR ergab sich schließlich auch nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge; mit dem Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art 23 Satz 2 GG aF ist die ehemalige DDR als staatsrechtliches Gebilde erloschen; sie hat damit ihren Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit aufgegeben, Gebiet und Bevölkerung in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert, sich selbst aufgelöst und so die staatliche Einheit Deutschlands hergestellt; erst in demselben Zeitpunkt ist das GG in den am 3. Oktober 1990 zu Bundesländern gewordenen Ländern im Beitrittsgebiet in Kraft getreten (Art 3 EV; vgl BSG SozR 3-8750 § 11 Nr 3 S 33).
Der frühestmögliche Zeitpunkt überhaupt, zu dem Rechte und Anwartschaften aus Versorgungssystemen durch eine Inhaltsbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zu (potentiell) eigentumsgeschützten Rechtspositionen gegenüber der bundesdeutschen Staatsgewalt hätten ausgestaltet werden können, war der 3. Oktober 1990 (Inkrafttreten des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990, BGBl II S 885). Im EV hat der Gesetzgeber für Rechte und Anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen – abgesehen von der Zahlbetragsgarantie – jedoch noch keine hinreichend konkrete und dauerhafte Regelung getroffen, die geeignet gewesen wäre, derartige Rechtspositionen iS einer Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art 14 Abs 1 GG auszugestalten. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre – was der Senat ausdrücklich verneint – wäre der Inhalt des durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützten Eigentums gerade durch die Vorschriften des EV und ausschließlich durch diese bestimmt worden, zumal die Besonderheit der Eigentumsgarantie des Art 14 GG – zB gegenüber der Kunst- oder Religionsfreiheit – gerade darin besteht, daß der (bundesdeutsche) Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums durch Gesetz bestimmen muß (vgl BVerfGE 58, 300 ff = NJW 1982, 745; Böhmer, NJW 1988, 2561, 2563 Fn 8, 2566 ff mwN). An ein wie immer geartetes „Eigentums”-Naturrecht, das sich traditionell ohnehin nur auf persönliche Habe (Sachen und Grundstücke) erstrecken, nicht aber über die Garantie des Sacheigentums hinausgehende sozialversicherungsrechtliche Ansprüche gegen Träger hoheitlicher Gewalt umfassen könnte (vgl Merten, Verfassungsprobleme der Versorgungsüberleitung, 2. Aufl 1993, S 71), ist der (bundesdeutsche) Gesetzgeber nicht gebunden. Er unterlag mithin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt den Bindungen eines Individualgrundrechts aus Art 14 Abs 1 GG, als er im EV Fragen zur Überleitung regelte. Erst recht vermittelt Art 14 Abs 1 GG kein subjektiv öffentliches Recht des Klägers gegen die Bundesrepublik darauf, Versorgungsansprüche übergangsrechtlich mit einem höheren Wert fortzuführen oder erstmalig zu bewilligen, als sie der Gesetzgeber des EV bei Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR im Beitrittsgebiet vorfand.
5. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz durch Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber sonstigen Personengruppen der ehemaligen DDR, die Rechte und Anwartschaften auf Renten (dazu a), oder auf Zusatz- oder Sonderversorgungsansprüche erworben hatten, liegt bei Anwendung des in BVerfGE 92, 53, 68 f mwN aufgezeigten Prüfungsmaßstabes ebenfalls nicht vor (dazu b).
a) Für rechtliche Differenzierungen, die sich aus der Unterscheidung zwischen Sozialpflichtversicherung und FZR einerseits und den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen andererseits ergeben, gilt folgendes: Das bundesrechtliche Übergangsrecht unterscheidet bei der Überführung von Bestandsrenten, Anwartschaften und Ansprüchen danach, ob sich der Gesamtanspruch nach Grund und Höhe ausschließlich aus individuellen Beiträgen zur Sozialpflichtversicherung und zur FZR ergab; dann sind die für die überwältigende Mehrzahl der pflichtversicherten Personen und Bestandsrentner gültigen allgemeinen Übergangsregeln anzuwenden. Beruht der Gesamtanspruch jedoch – wie vorliegend – auch nur zum Teil auf einem Rentenanspruch, der durch eine Erwerbstätigkeit erworben wurde, derentwegen eine Zusatz- oder Sonderversorgung zugesagt worden ist, findet für die Überführung der Rechte und Anwartschaften in das SGB VI – übergangsrechtlich – das Sonderrecht von EV Nr 9 Anwendung. Das Bundesrecht trennt also zwischen „echten” Sozialversicherungsansprüchen und -anwartschaften (Sozialpflichtversicherung und FZR) einerseits und Ansprüchen und Anwartschaften kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung andererseits.
Aus dieser differenzierenden rechtlichen Behandlung der genannten Sachverhalte resultiert zwar (mittelbar) eine unterschiedliche Behandlung von Personengruppen, jedoch gibt es für diese sachliche Gründe. Sie bestehen wesentlich in folgendem: Nur bei Ansprüchen der ersten Gruppe (Sozialpflichtversicherung und FZR) kann annähernd von der das Rentenversicherungssystem des SGB VI kennzeichnenden konkreten Entgelt- und Beitragsbezogenheit der Renten ausgegangen werden, Grundsätzen, die auch unter Geltung des AVG und der RVO Bestand hatten. Ferner war aufgrund der Entgeltverhältnisse und der Beitragshöhe in der früheren DDR absehbar, daß insoweit das Niveau der SGB VI-Renten nicht überschritten und damit die Gleichheit gegenüber den westdeutschen Versicherten nicht verletzt werden würde. Außerdem war hier mit der Dynamisierung dieser einzelnen Renten die Gefahr einer gleichheitswidrigen Überzahlung gegenüber den anderen Rentnern im Beitrittsgebiet in aller Regel nicht verbunden. Schließlich waren nur insoweit verwaltungstechnisch für das SGB VI brauchbare Versicherungsunterlagen vorhanden. Demgegenüber war die Ausgangslage bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen sehr unübersichtlich: Rechtsgrundlagen waren häufig nicht veröffentlicht, Leistungsvoraussetzungen ungeklärt, individuelle Beitragsleistungen nur teilweise und in unterschiedlicher Höhe erforderlich oder gar Anspruchsvoraussetzungen. Das Leistungsniveau lag zumeist, wenn auch in den verschiedenen Systemen in unterschiedlicher Höhe, über dem der Sozialpflichtversicherung und der FZR. Rentenversicherungsrechtlich verwertbare Unterlagen über Versicherungsverläufe der Begünstigten waren zumeist nicht vorhanden. Schließlich waren wegen der augenfälligen, wenn auch in sich unterschiedlich begründeten Systemnützlichkeit der von Versorgungssystemen erfaßten Tätigkeiten Anhaltspunkte dafür gegeben, daß die der Berechnung der Zusatzrenten zugrundeliegenden Arbeitsentgelte möglicherweise aus politischen Gründen gegenüber den sonstigen Erwerbstätigen in der früheren DDR überhöht oder sogar „Unrechtsentgelte” waren (vgl BSG SozR 3-8120 Kap VIII H Nr 9, Nr 2 S 23).
b) Vor diesem Hintergrund ist für Ansprüche, die aufgrund von Zusagen einer Sonder- oder Zusatzversorgung „erworben” worden sind, das besondere Überführungsprogramm in EV Nr 9 angeordnet worden. Soweit innerhalb dieses für den Kläger maßgeblichen speziellen Überführungsprogramms für Sonder- (und Zusatz-)versorgungssysteme Personengruppen unterschiedlich behandelt werden, gibt es auch hierfür sachliche Gründe, die eine gleichheitswidrige Benachteiligung des Klägers iS des Art 3 Abs 1 GG jedenfalls für die Zeit der Überführungsphase ausschließen.
aa) Das Überführungsprogramm des EV Nr 9 für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme ist von einer dreistufigen Typik geprägt, die sich aus der Anknüpfung an die rechtliche Behandlung der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme durch das zuletzt vor dem 3. Oktober 1990 gültig gewesene Recht der ehemaligen DDR ergibt. Bereits in Art 20 Abs 2 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsvertrag) vom 18. Mai 1990 (BGBl II S 537) verpflichtete sich die ehemalige DDR, die bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme grundsätzlich zum 1. Juli 1990 zu schließen; bisher erworbene Ansprüche und Anwartschaften sollten in die Rentenversicherung überführt und dabei Leistungen aufgrund von Sonderregelungen mit dem Ziel überprüft werden, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen. Angestrebt wurde eine Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in das (damals noch) bestehende Rentenversicherungssystem der DDR, das seinerseits mit dem Ziel einer Angleichung an das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland fortentwickelt werden sollte. Zu diesem Zweck verpflichtete sich die ehemalige DDR in Art 20 Abs 1 Satz 1 des Staatsvertrages, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, „um ihr Rentenrecht an das auf dem Grundsatz der Lohn- und Beitragsbezogenheit beruhenden Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland anzugleichen”. Art 4 Abs 1 Satz 2 des Staatsvertrages bestimmte, daß die DDR bis zur Errichtung der Währungsunion mit dem 1. Juli 1990 die in Anlage III des Staatsvertrages bezeichneten Vorschriften aufhebt oder ändert und sie die in Anlage IV des Staatsvertrages bezeichneten neuen Rechtsvorschriften erläßt. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung (vgl Anlage IV Ziff II.5 des Staatsvertrages) erließ die DDR neben dem RAnglG-DDR vom 28. Juni 1990 (GBl I S 495) das vorliegend einschlägige AufhebG vom 29. Juni 1990. Dabei hatte der durch die erste freie Wahl zur Volkskammer am 18. März 1990 demokratisierte Gesetzgeber der DDR die Grundentscheidung getroffen, Versorgungsansprüche grundsätzlich nur in eine (einzige) Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung (der DDR) zu überführen, für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge einen Zahlbetragsschutz (mit abgeschwächter Steigerungsmöglichkeit) vorzusehen, ungerechtfertigte Leistungen zu beseitigen (§§ 26 f RAnglG-DDR, §§ 2 f AufhebG), überhöhte Leistungen iS von Überversorgungen auszuschließen und sachwidrige Besserstellungen (politische Vergünstigungen) abzubauen (vgl BSGE 72, 50, 64 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1).
Diese dreistufige, noch vom Gesetzgeber der DDR geschaffene Typik ergibt folgendes, nach bestimmten Sachverhalten und damit mittelbar nach Personengruppen differenzierendes Bild von Ungleichbehandlungen:
- Die Renten aus dem MfS-Sonderversorgungssystem wurden mit dem Ziel der Anpassung an das Niveau im zivilen Bereich auf den Höchstbetrag von 990,00 DM begrenzt (vgl § 2 AufhebG; zur Personengruppe der hiervon Betroffenen gehört der Kläger).
- § 23 Abs 2 RAnglG-DDR umschrieb die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sowie Beschäftigungen, bei denen wegen ihrer besonderen Regimenähe wenigstens zum Teil von ungerechtfertigten Besserstellungen (politischen Vergünstigungen) gegenüber vergleichbaren Ansprüchen und Anwartschaften aus anderen öffentlichen Versorgungssystemen und gegenüber der allgemeinen Arbeitswelt auszugehen war. Diese (mutmaßlich) politisch begünstigten Versorgungsansprüche wurden ab 1. Juli 1990 auf den Höchstbetrag von 1.500,00 DM festgesetzt; zusätzlich gezahlt werden konnte die Rente aus der Sozialpflichtversicherung, die zum 30. Juni 1990 höchstens 510,00 Mark betragen konnte, so daß bei diesen regimenahen Beschäftigungen der Ausgangswert für die zu überführenden Ansprüche höchstens die Summe der Zahlbeträge aus gleichartigen Renten der Rentenversicherung und Zusatzversorgungen, also der Höchstbetrag von 2.010,00 DM sein konnte (vgl BSGE 72, 50, 64 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 mwN).
- Demgegenüber bestimmte das RAnglG-DDR für die sonstigen Versorgungsansprüche, die (nach einer generellen Vermutung) auf Arbeit und Leistung, nicht aber auf politischer Vergünstigung beruhten, grundsätzlich die Fortzahlung in der bisherigen Höhe.
bb) An diese im Recht der früheren DDR angelegte dreistufige Typik durfte der Gesetzgeber im EV Nr 9 anknüpfen und die dort getroffene Differenzierung innerhalb der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme mit den Maßgaben des EV Nr 9 kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls lückenfüllend noch für eine Übergangszeit beibehalten, ohne damit selbst gegen Art 3 Abs 1 GG zu verstoßen.
Als konkreter Prüfungsmaßstab ist vorliegend derjenige anzulegen, den das BVerfG für Überleitungs- und Übergangsvorschriften sowie die Neuregelung komplexer Sachverhalte entwickelt hat: EV Nr 9 ist insgesamt auf die Überführung von Anwartschaften und Rechten aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen in das Recht des SGB VI angelegt. Diese Überführung war bis zum 31. Dezember 1991 vorgesehen, dh das SGB VI sollte mit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1992 im gesamten Bundesgebiet auch für (überführte) Rechte und Anwartschaften aus solchen Versorgungssystemen gelten. Nur für diese (relativ kurze) Übergangszeit sollten die „Regelungen für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme” kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls weitergelten (vgl den Wortlaut von EV Nr 9 Buchst b: „Bis zur Überführung …”). Materiell-rechtlich handelt es sich somit um eine Regelung, die im Hinblick auf rechtsstaatliche Erfordernisse nicht anders behandelt werden kann als Übergangsvorschriften. Zwar gilt auch für diese die Bindung des Gesetzgebers an den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl Art 1 Abs 3 iVm Art 3 Abs 1 GG). Allerdings bedarf der Gesetzgeber bei Übergangsvorschriften anläßlich einer Neuregelung mit zeitlich langfristigen Auswirkungen eines angemessenen gesetzgeberischen Spielraums zur Überleitung des alten in den neuen Rechtszustand. Bei den notwendigen Anpassungen müssen auch gewisse Unstimmigkeiten, die bei Dauerregelungen nicht hinnehmbar wären, in Kauf genommen werden (vgl BVerfGE 51, 257, 268; 49, 192, 210; 44, 283, 288 f). Dies gilt um so mehr, wenn es sich – wie vorliegend – um Übergangs- oder Überleitungsvorschriften handelt, die nach der in der ehemaligen DDR eingetretenen wirtschaftlichen Bankrottlage (vgl BVerfGE 84, 90, 131) der zumindest vorläufigen Aufrechterhaltung eines bei Wirksamwerden des Beitritts der früheren DDR bestehenden Versorgungsniveaus dienten.
Außerdem kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Gesetzgeber den gesamten Bereich der sozialen Sicherung für das Beitrittsgebiet neu zu regeln und er angesichts der seit 1989 eingetretenen Veränderungen in der ehemaligen DDR bis zum Wirksamwerden ihres Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland überhaupt nicht die erforderliche Zeit hatte, seine Regelungen nach Maßgabe der konkreten rechtstatsächlichen Verhältnisse ua der einzelnen Versorgungs- und Zusatzversorgungssysteme auszudifferenzieren und zuvor die dazu erforderlichen tatsächlichen Verhältnisse bis ins einzelne aufzuklären. Zum Zeitpunkt des Beitritts waren nämlich, worauf bereits hingewiesen wurde, Rechtsgrundlagen dieser Versorgungssysteme häufig nicht veröffentlicht und die Leistungsvoraussetzungen oft noch ungeklärt. In solchen Fällen der gesetzlichen Neuregelung komplexer Sachverhalte ist es vertretbar, daß dem Gesetzgeber – über den ihm ohnehin zustehenden Gestaltungsspielraum hinaus – zunächst eine Zeit zur Sammlung von Erfahrungen eingeräumt wird, und daß er sich in diesem Anfangsstadium mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen darf. Die damit (möglicherweise) verbundenen Unzuträglichkeiten können erst dann zu einer Verfassungswidrigkeit führen, wenn der Gesetzgeber eine spätere Überprüfung sowie eine sachgerechte Lösung trotz nunmehr ausreichenden Erfahrungsmaterials unterläßt (vgl BVerfGE 33, 171, 169 f; 37, 104, 118; 43, 291, 321; 54, 11, 37; 75, 108, 162).
cc) Nach allem war es auch in der hier vorliegenden (Umbruch-)Situation sachlich gerechtfertigt, für eine Übergangszeit noch an die (sozialen) Wertungen der ehemaligen DDR jedenfalls insoweit anzuknüpfen, als diese nicht erkennbar rechtsstaatlich unvertretbar waren. Dies gilt auch für die Regelungen des AufhebG über die Rentenhöhe, soweit diesen übergangsrechtlich als Bundesrecht Geltung beigemessen wurde. Anhaltspunkte dafür, daß der bundesdeutsche Gesetzgeber damit „sehenden Auges” offensichtliches Unrecht perpetuiert hätte, indem er einzelne Personengruppen diskriminiert oder sonst gegen Grundsätze eines Rechtsstaates verstößt, liegen nicht vor.
Im Gesetzgebungsverfahren der Volkskammer der DDR zum AufhebG wurde im Hinblick auf § 2 AufhebG darauf hingewiesen, das Gesetz verfolge das Ziel, „den Rentenempfängern nach der Versorgungsordnung des MfS keine ungerechtfertigt wesentlich günstigeren Startbedingungen für die Zeit nach der Währungsunion einzuräumen als im zivilen Bereich” (vgl Berichterstatter des Ausschusses für Arbeit und Soziales Dr. Brick, Protokolle der Volkskammer der DDR, 10. Wahlperiode, 19. Tagung, S 765). Der Gesetzgeber des EV durfte – zumal das AufhebG vom zu diesem Zeitpunkt bereits demokratisierten Gesetzgeber der ehemaligen DDR beschlossen worden war – davon ausgehen, daß das AufhebG tatsächlich dem in seinem § 2 verlautbarten Ziel diente, Ansprüche und Anwartschaften an das „Niveau im zivilen Bereich” anzupassen, und die Vorschrift zumindest nicht in erster Linie auf eine Diskriminierung oder gar auf eine indirekte – monetäre – „Bestrafung” der MfS-Versorgungsberechtigten angelegt war. Das in § 2 AufhebG genannte Ziel einer Anpassung an das „Niveau im zivilen Bereich” stand zudem nicht im Widerspruch zum Überführungsprogramm des EV. Ganz im Gegenteil: Auch dieses sieht in EV Nr 9 Buchst b Satz 3 vor, Ansprüche und Anwartschaften „nach Art, Grund und Umfang den Ansprüchen und Anwartschaften nach den allgemeinen Regelungen der Sozialversicherung in dem in Art 3 des Vertrages genannten Gebiet unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragszahlungen anzupassen, wobei ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen sind sowie eine Besserstellung gegenüber vergleichbaren Ansprüchen oder Anwartschaften aus anderen öffentlichen Versorgungssystemen nicht erfolgen darf”.
Es ist nichts dafür ersichtlich, daß eine Begrenzung der Anwartschaften und Rechte aus der MfS-VersO auf 990,00 DM monatlich – gemessen an diesem Ziel (Anpassung an das Niveau im zivilen Bereich und Überführung in das Rentenversicherungssystem) und an allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen – zu unverhältnismäßigen Ergebnissen geführt hat und damit auch die vorläufige Weitergeltung dieser Begrenzung nach EV Nr 9 sachlich nicht vertretbar gewesen wäre. So betrug die durchschnittliche Altersrente im Beitrittsgebiet am 1. Juli 1990 (nur) 551,22 DM monatlich, die FZR-Zusatzrente bei Altersrenten monatlich 85,65 DM (Gesamtbetrag: 636,87 DM; vgl Rentenanpassungsbericht 1990, BT-Drucks 11/8504, S 44). Die Beträge für eine durchschnittliche Invaliden-Altersrente lagen nur unwesentlich höher (557,19 DM Sozialpflichtversicherungsrente, 109,10 DM FZR-Rente, vgl BT-Drucks 11/8504, S 44). Nach Berechnungen des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger betrug die Rente eines – idealtypischen – Arbeitnehmers aus der Sozialpflichtversicherung und FZR bei 45 Arbeitsjahren und einem Verdienst in Höhe von jeweils 100 vH des Durchschnittsverdienstes aller Sozialpflicht- und FZR-Versicherten zum 1. Juli 1990 insgesamt 672,00 DM; selbst wenn in 45 Arbeitsjahren jeweils ein überdurchschnittlicher Verdienst in Höhe von 150 vH des Durchschnittsverdienstes aller Sozialpflicht- und FZR-Versicherten erzielt wurde, lag die Rente mit insgesamt 901,00 DM monatlich (vgl Kiel/Müller/Roth, DRV 1990, S 468, 476) immer noch unterhalb desjenigen Betrages, der dem Kläger zuerkannt wurde.
c) Der Senat hatte vorliegend mithin andere Maßstäbe anzulegen als in denjenigen Fällen, in denen es – gleichsam im „nächsten Überführungsschritt” – entscheidungserheblich auf die Verfassungsmäßigkeit der am 1. August 1991 in Kraft getretenen § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 AAÜG ankam und bei denen der Senat zu einer Aussetzung und Vorlage des Rechtsstreits an das BVerfG nach Art 100 GG gelangte: Zwar hat der Senat die durch § 6 Abs 2 und § 7 Abs 1 AAÜG vorgeschriebenen Entgeltbegrenzungen im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz im Grundsatz insoweit für verfassungsgemäß gehalten, als sie darauf gerichtet sind, in die SGB VI-Rente keine Elemente einfließen zu lassen, die nicht als Äquivalent für Arbeit und Leistung in einem erlaubten Beruf anzusehen sind, sondern auf politischer Begünstigung durch das DDR-Regime beruhen (vgl BSGE 72, 50, 61 ff). Er hielt es aber ua für unzulässig, daß die auf Dauer angelegte und nicht als widerlegbare Vermutung ausgestalteten Regelungen gerade nicht auf den Inhalt der jeweils ausgeübten Beschäftigung, auf individuelles Verhalten, persönliche Einstellungen oder konkret festgestellte Nützlichkeit der einzelnen Personen für das Regime abstellen, sondern daß ausschlaggebend für die benachteiligende Differenzierung allein die nach dem Typ der zugesagten Versorgung bestimmte Art der Berufstätigkeit und die Höhe des erzielten Arbeitsentgelts (so bei § 6 Abs 2 AAÜG) oder nur die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sonderversorgungssystem ist (so bei § 7 Abs 1 AAÜG): Die vom Gesetzgeber insoweit vorgenommene, an die og dreistufige Typik angelehnte Typisierung nach dem „Kriterium der relativen Systemnähe” trage nicht zur „Ausfilterung von sachfremden Anspruchselementen” bei, zumal der Gesetzgeber nicht einmal ansatzweise geprüft hat, ob und ggf in welchem Ausmaß wirklich politisch überhöhtes Arbeitsentgelt für die von § 6 Abs 2 AAÜG erfaßten Berufstätigkeiten gezahlt worden ist; die Typisierung beruhe auf keinen empirischen Grundlagen. Dies gelte sowohl für die Begrenzung der bei der Berechnung einer SGB VI-Rente zugrundezulegenden Arbeitsentgelte auf das 1,4fache des jeweiligen Durchschnittsentgelts Ost nach § 6 Abs 2 iVm Anlage 4 AAÜG (betreffend: Angehörige der Sonderversorgungssysteme der NVA, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzuges, der Angehörigen der Zollverwaltung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, für hauptamtliche Mitarbeiter der Gesellschaft für Sport und Technik, für hauptamtliche Mitarbeiter gesellschaftlicher Organisationen, für hauptamtliche Mitarbeiter der Nationalen Front, und für hauptamtliche Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB; vgl Vorlagebeschlüsse vom 14. Juni 1995, 4 RA 1/95 und 4 RA 98/94) als auch für die Entgeltbegrenzung nach § 7 Abs 1 Satz 1 iVm Anlage 6 AAÜG auf 70 vH des jeweiligen Durchschnittsentgelts Ost für Arbeitsentgelte, die während der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem des MfS erzielt wurden (Vorlagebeschlüsse des Senats vom 14. Juni 1995, 4 RA 54/94, 4 RA 56/94 und 4 RA 102/94). Der Senat hat im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung der §§ 6 Abs 2 und 7 Abs 1 AAÜG ausdrücklich nicht den – vorliegend anzuwendenden – Maßstab für vorläufige gesetzliche Regelungen bzw Übergangsvorschriften, sondern denjenigen für dauerhafte Gesetze angelegt und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Bundesgesetzgeber es mit dem Erlaß des AAÜG bewußt abgelehnt hat, ein Vorschaltgesetz oder eine unter Überprüfungsvorbehalt stehende vorläufige Regelung der Überleitung zu treffen; vielmehr sollte zum 1. August 1991 für das ab 1. Januar 1992 maßgebliche Rentenrecht eine dauerhafte Lösung geschaffen werden, und zwar unter Verzicht auf eine weiterreichende Übergangszeit für die Erforschung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten ua der Beschäftigung im MfS und der dort gezahlten Entgelte.
6. Die Anwendung der hier umstrittenen Vorschrift des § 2 AufhebG im Rahmen von EV Nr 9 wird schließlich auch nicht durch die vom Kläger benannten Bestimmungen der EMRK nebst Zusatzprotokoll ausgeschlossen. Bei der EMRK handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, dem der bundesdeutsche Gesetzgeber iS von Art 59 Abs 2 GG mit Gesetz vom 7. August 1952 (BGBl 1952 II S 685) zugestimmt hat. Sie hat den Rang eines einfachen Bundesgesetzes (vgl BVerfGE 10, 271, 274; 41, 358, 370; Bernhardt, EuGRZ 1996, 339; zur Stellung der EMRK in anderen Staaten vgl Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, 1985, Einführung Rz 6) und steht somit normhierarchisch nicht über, sondern auf der gleichen Stufe wie die vorliegend maßgebliche Vorschrift des EV Nr 9 iVm § 2 AufhebG, die ebenfalls den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hat (vgl Badura in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 1995, § 189 Rzn 38 f). Die EMRK besitzt weder Verfassungsrang noch einen Vorrang vor sonstigem Bundesrecht nach Art 25 Satz 2 GG (vgl hierzu Bernhardt, EuGRZ 1996, 339 mwN). Schon insoweit scheidet sie als übergeordneten Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit von EV Nr 9 iVm § 2 AufhebG aus. Vorliegend ist auch nichts dafür ersichtlich, daß die Garantien der EMRK weitergehen als diejenigen des GG oder daß ein Widerspruch zwischen den jeweiligen Garantien bestünde und es deshalb einer Auslegung der Grundrechte des GG im Einklang mit der EMRK bedürfte (vgl hierzu BVerfGE 74, 358, 370; 82, 106, 114; 83, 119, 128). Während der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 GG für alle Rechtsbereiche gilt, findet das in Art 14 EMRK geregelte Diskriminierungsverbot nur im Zusammenhang mit anderen Garantien der Konvention Anwendung (vgl Frowein/Peukert, aaO, Art 14 Rz 1; Bernhardt, EuGRZ 1996, 339 mwN). Eine diskriminierende Handhabung verfahrensrechtlicher Garantien oder eine sonstige Verletzung des Art 6 EMRK, für das im vorliegenden Fall zu beurteilende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, wurde vom Kläger nicht dargetan; für solche (Verfahrens-)Fehler ist auch sonst nichts ersichtlich.
Der durch die EMRK und durch Art 1 des 1. ZP vom 20. März 1952 (BGBl 1956 II S 1880) gewährleistete eigentumsrechtliche Mindeststandard wird vorliegend ebenfalls nicht verletzt. Nach Art 1 Abs 1 des 1. ZP hat jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf Achtung ihres Eigentums; niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, daß das öffentliche Interesse es verlangt und nur unter den durch Gesetz und die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. Das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält, wird durch die Gewährleistung des Eigentums in Art 1 Abs 1 des 1. ZP „in keiner Weise” beeinträchtigt (vgl Art 1 Abs 2 1. ZP). Der Begriff des Eigentums iS des Art 1 des 1. ZP ist dabei in einem völkerrechtlichen Sinne zu verstehen. Er beschränkt sich nach der Rechtsprechung der Straßburger Konventionsorgane nicht auf das Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen, sondern erstreckt sich auf alle „wohlerworbenen” vermögenswerte Rechte (vgl Frowein/Peukert, aaO, Art 1 des 1. ZP Rz 4 mwN). Auch die Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Vermögenspositionen in diesen völkerrechtlichen Eigentumsbegriff ist nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl EuGH für Menschenrechte, Entscheidung vom 16. September 1996 – 39/1995/545/631, Gaygusuz gegen Österreich; Frowein/Peukert, aaO, Art 1 des 1. ZP Rz 8 mwN). Ob diese Voraussetzungen allerdings hinsichtlich der Anwartschaften und Ansprüche aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen vorliegen, kann dahingestellt bleiben, da der Prüfungsmaßstab des Art 1 Abs 1 des 1. ZP im Gebiet der ehemaligen DDR, die der EMRK nicht beigetreten ist, vor dem 3. Oktober 1990 zu keinem Zeitpunkt anwendbar war. Rechte aus dieser Bestimmung konnten vom Kläger erstmals mit Wirksamwerden des Beitritts und damit der Geltungserstreckung des (Bundes-)Zustimmungsgesetzes zur EMRK vom 7. August 1952 auf das Gebiet der ehemaligen DDR geltend gemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt bestimmten sich seine Rechte jedoch ausschließlich nach den Bestimmungen des EV Nr 9 iVm § 2 AufhebG, so daß von einer Einschränkung seiner Rechtspositionen gegenüber dem Zustand vor dem Beitritt keine Rede sein kann. Auch im Hinblick auf Art 1 Abs 1 des 1. ZP stand es der Bundesrepublik Deutschland frei, ob und in welchem Umfang sie von der DDR begründete „(Eigentums-)Positionen” in die grundgesetzliche Rechtsordnung übernehmen wollte; hierbei unterlag sie nur den Vorgaben des GG und den von ihr selbst im EV eingegangenen Verpflichtungen (vgl Vorlagebeschluß des Senats vom 14. Juni 1995, 4 RA 1/95, S 17 f des Umdrucks).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
BSGE 80, 149 |
BSGE, 149 |
NJ 1997, 298 |
SozR 3-8585 § 2, Nr.2 |