Leitsatz (amtlich)
BVG § 89 Abs 3 idF des HStruktG-AFG Art 2 § 1 Nr 6 erfaßt auch Übergangsfälle, in denen eine vor dem 1976-01-01 beantragte Witwenbeihilfe als Härteausgleich erst nach diesem Zeitpunkt bewilligt wird.
Diese Vorschrift ist nicht verfassungswidrig.
Leitsatz (redaktionell)
1. BVG § 89 Abs 3 gilt für alle Fälle, die vor dem 1978-01-01 noch nicht durch einen Bewilligungsakt der Verwaltung abgeschlossen waren. Dies verstößt weder gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung noch gegen den des Vertrauensschutzes.
2. BVG § 89 Abs 3 verletzt auch nicht den Grundsatz der Gewaltenteilung; eine willkürliche Verzögerung der Entscheidung könnte im Einzelfall gemäß SGG § 54 Abs 2 S 2 für rechtswidrig erklärt werden.
3. Der besondere Charakter des BVG § 89 rechtfertigt es, diese Leistung für die Vergangenheit zu versagen, selbst wenn die positive Entscheidung der Verwaltung erst durch Einlegen von Rechtsmitteln erstritten worden ist.
4. Ein vorbehaltlos geschlossener Prozeßvergleich hat die Bedeutung eines Bescheides iS des BVG § 89 Abs 3 iVm KOVVfG § 22 Abs 1).
5. Wenn die Versorgungsverwaltung eine Leistung durch einen Prozeßvergleich zuerkennt - mag dies auch nur "dem Grunde nach" geschehen sein -, hat diese Erklärung die Bedeutung eines "Bescheides" iS des KOVVfG § 22 Abs 1 iVm BVG § 89 Abs 3 nF. Selbst Schriftsätze in einem Rechtsstreit können diese Wirkung haben (vgl BSG vom 1959-07-30 2 RU 274/56 = BSGE 10, 218, 221, BSG vom 1977-08-02 9 RV 102/76 = SozR 1500 § 78 Nr 8 und BSG vom 1977-11-23 9 RV 84/76 = unveröffentlicht).
Normenkette
BVG § 48 Abs. 1 Fassung: 1975-12-18, § 89 Abs. 3 Fassung: 1975-12-18; AFGHStruktG Art. 2 § 1 Nr. 6 Fassung: 1975-12-18; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Fassung: 1949-05-23; AFGHStruktG Art. 2 § 2 Abs. 3 Fassung: 1975-12-18; KOVVfG § 22 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1953-09-03; BGB § 242
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 24.05.1977; Aktenzeichen S 10 V 408/76 und S 10 V 98/77) |
Tenor
Die Revisionen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24. Mai 1977 werden zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren zur Hälfte.
Tatbestand
Die Klägerin beantragte im Februar 1972 Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Ihr Ehemann ist im Januar 1972 unabhängig von Schädigungsfolgen im Sinne des BVG verstorben. Er bezog zuletzt eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vH. Das Versorgungsamt lehnte eine Witwenrente nach § 38 BVG, eine Witwenbeihilfe nach § 48 BVG, auch als Härteausgleich (§ 89 BVG), und eine Kannversorgung nach § 1 Abs 3 Satz 2 BVG ab (Bescheide vom 24. Mai 1972, 8. August 1973, 31. Oktober 1973, Widerspruchsbescheide vom 8. Januar 1973, 2. September 1974). Im anschließenden Rechtsstreit, in dem im Januar 1976 ein Gutachten erstellt wurde, verpflichtete sich der Beklagte durch gerichtlichen Vergleich vom 7. April 1976 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide "dem Grunde nach", der Klägerin eine Witwenbeihilfe im Wege des "Härteausgleichs" zu gewähren. Das Gericht hatte den Beteiligten vorgehalten, nach übereinstimmenden ärztlichen Beurteilungen sei beim Ehemann der Klägerin zur Zeit seines Todes die MdE unter Berücksichtigung des § 30 Abs 2 BVG mindestens mit 70 vH zu bemessen gewesen. Durch Ausführungsbescheid vom 25. August 1976, der am 14. September 1976 zugestellt wurde, stellte das Versorgungsamt die Witwenbeihilfe der Klägerin als Härteausgleich in Höhe von zwei Dritteln der Witwenrente fest, und zwar nach § 89 Abs 3 BVG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) - BVG nF - beginnend mit dem 1. August 1976 als dem Anfang des Monats, in dem der Bescheid für die Versorgungsbehörde bindend wird. Nachdem der Widerspruch erfolglos geblieben war (Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1977), begehrte die Klägerin mit ihrer Klage die Witwenbeihilfe ab 1. Januar 1972, hilfsweise ab 1. April 1976. Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als der Härteausgleich nicht bereits ab 1. April 1976 gewährt worden ist, und im übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 24. Mai 1977): Eine laufende Leistung, die als Härteausgleich nach § 89 Abs 1 BVG in Betracht komme, sei nach Abs 3 in der Neufassung nicht für die Zeit vor dem Monat, in dem der Bescheid für die Verwaltungsbehörde bindend wird, zu zahlen. Diese seit dem 1. Januar 1976 geltende Regelung erfasse alle Ansprüche, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen seien, auch die bereits anhängigen, über die noch nicht endgültig entschieden gewesen sei. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei nicht vorgeschrieben, und die Klägerin habe nicht bereits verbindliche Rechte erworben. "Bescheid" im Sinne des § 89 Abs 3 BVG nF sei jede behördliche Willensäußerung zur Regelung eines Rechtsverhältnisses, also auch der Prozeßvergleich vom 7. April 1976, durch den sich der Beklagte dem Grunde nach zur Gewährung von Härteausgleich verpflichtet habe. Daher müsse die Leistung mit dem 1. April 1976 beginnen, jedoch nicht früher.
- Das SG hat die Sprungrevision zugelassen.
Die Klägerin und der Beklagte haben diese Rechtsmittel eingelegt.
Die Klägerin begehrt weiterhin die Vorverlegung des Rentenbeginns, hat allerdings den Anspruch für den Monat Januar 1972 nachträglich fallen gelassen. Die Regelung des § 89 Abs 3 BVG nF könne nicht rückwirkend diejenigen Versorgungsleistungen erfassen, die bereits vor dem 1. Januar 1976 beantragt worden seien. Eine solche Rückwirkung hätte als Ausnahme ausdrücklich angeordnet werden müssen. Dafür spreche auch die Vorschrift des Art 2 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG, die den Versorgungsbesitzstand der Witwe, deren Ehemann beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits verstorben war, sogar ohne Rücksicht darauf erhalte, ob sie vor oder nach diesem Zeitpunkt einen Antrag gestellt habe. Eine andere Anwendung des § 89 Abs 3 BVG nF würde Art 3 Abs 1, Art 20 Abs 1 und Art 28 Abs 1 Grundgesetz (GG) widersprechen. Es wäre verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber die Verwaltung befugte, beliebig den Zeitpunkt des Leistungsbeginns zu bestimmen. Dies sei auch nicht bei einer Ermessensleistung zulässig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Würzburg vom 24. Mai 1977 aufzuheben, soweit es die Klage abgewiesen hat, und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25. August 1976 idF des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1977 zu verurteilen, die im Wege des Härteausgleichs gewährte Witwenbeihilfe bereits ab 1. Februar 1972 zu zahlen,
außerdem die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Würzburg vom 24. Mai 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
außerdem die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt eine unrichtige Anwendung des § 89 Abs 3 BVG nF, soweit das SG der Klage stattgegeben hat. Diese Vorschrift verbiete rückwirkende Härteausgleichsleistungen unabhängig vom Zeitpunkt des Antrages in allen Fällen, in denen sie zum ersten Mal nach dem 31. Dezember 1975 bewilligt werden. Mit "Bescheid" im Sinn dieser Bestimmung sei lediglich ein Bescheid über die Bewilligung der Leistung gemeint, nicht ein Vergleich, durch den eine Leistung ohne konkrete Feststellung allein dem Grunde nach zugesagt werde.
Der Vertreter der zum Verfahrenen beigeladenen Bundesrepublik schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an. § 89 Abs 3 BVG nF solle Härteausgleichsleistungen für bereits abgelaufene Zeiträume deshalb ausschließen, weil solche Zuwendungen vielfach nur zur Verrechnung mit anderen öffentlichen Leistungen führten. Dieses gesetzliche Verbot richte sich allein an die zuständige Verwaltungsbehörde und erfasse daher ab 1. Januar 1976 alle laufenden Ausgleichsleistungen ohne Rücksicht auf den Antragszeitpunkt. Normadressat sei nicht der Leistungsempfänger; materiell-rechtlich geschützte Rechtspositionen desselben - wie etwa eine Witwenbeihilfe als gesetzliche Regelleistung - würden nicht geschmälert. Da der Gesetzgeber die Fälle nicht unterschiedlich nach dem Zeitpunkt des Erstantrages habe zu differenzieren brauchen, sei der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt. Auch das Rechts- und das Sozialstaatsgebot würden nicht berührt. Diese Leistungen hätten im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens auf die Zukunftssicherung beschränkt werden dürfen, zumal die Antragsteller Sozialhilfe für die Vergangenheit beanspruchen und sich gegen grundlose Verzögerungen mit einer Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wehren könnten.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Klägerin und des Beklagten sind unbegründet.
Das SG hat mit Recht nur insoweit der Klage stattgegeben, als Leistungen für die Zeit vom 1. April 1976 bis zum 31. Juli 1976 begehrt werden. Der Beklagte durfte der Klägerin die Witwenbeihilfe nicht für die Zeit vom Monat des Prozeßvergleichs bis zum Erlaß des Ausführungsbescheides versagen (2). Hingegen bestimmt sich der Leistungsbeginn nicht schon durch den Versorgungsantrag (1).
1.
Der Beklagte hat der Klägerin durch den bindenden Prozeßvergleich (§ 101 Abs 1, § 199 Abs 1 Nr 2 SGG) die Witwenbeihilfe nicht als eine Kann-Leistung nach § 48 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2 BVG in der seit dem 3. Neuordnungsgesetz (NOG) vom 28. Dezember 1966/20. Januar 1967 (BGBl 1967 I 141) geltenden Fassung (Satz 3 idF des 3. AnpG-KOV vom 16. Dezember 1971 - BGBl I 1985 -, Satz 4 seit 1. Januar 1973 idF des 4. AnpG-KOV vom 24. Juli 1972 - BGBl I 1284 -) gewährt, die nach den §§ 60 und 61 BVG mit dem Monat nach dem Sterbemonat hätte beginnen müssen, sondern als "Härteausgleich" nach § 89 BVG. Die Verwaltung hat diese Leistung nicht bloß als solche bezeichnet; vielmehr waren auch deren Voraussetzungen erkennbar gegeben. Ein solcher Ausgleich kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) gewährt werden, wenn sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Härten ergeben (Abs 1). Für eine Witwenbeihilfe als Kann-Leistung hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin im Zeitpunkt seines Todes keinen zuerkannten Anspruch auf Rente nach einer MdE von mindestens 70 vH. Ein solcher Anspruch konnte nicht nach seinem Tod aufgrund der nachträglichen Erkenntnis der Anspruchsvoraussetzungen durch einen Zugunstenbescheid nach § 40 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) festgesetzt werden, weil weder der Beschädigte selbst dies beantragt noch zu seinen Lebzeiten die Verwaltung ein solches Berichtigungsverfahren von Amts wegen eingeleitet hatte (BSGE 22, 210 = SozR Nr 9 zu § 40 VerwVG; Nrn 13 und 16 zu § 40 VerwVG). Der BMA kann die Zustimmung zum Ausgleich allgemein erteilen (§ 89 Abs 2 BVG); für Fälle der vorliegenden Art hat er das getan (Rundschr vom 25. August 1965, Bundesversorgungsblatt - BVBl - 1965, 118, Nr 79).
Der Beklagte hatte der Klägerin den Härteausgleich nicht nach dem bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Recht (Verwaltungsvorschrift - VV - zu § 61 BVG iVm Nr 5 der VV zu § 60 BVG idF vom 26. Juni 1969 - Beil zum BAnz Nr 119 vom 4. Juli 1969 - iVm § 61 Buchst a und § 60 Abs 1 BVG), bestimmt durch den Versorgungsantrag, ab 1. Februar 1972 zu gewähren. Vielmehr war für den Beginn § 89 Abs 3 BVG idF des Art 2 § 1 Nr 6 HStruktG-AFG maßgebend (aA für solche Fälle: Schäfer, ZfS 1977, 122). Diese Vorschrift schließt laufende Leistungen nach Abs 1 für Zeiträume vor dem Monat aus, in dem der "Bescheid" für die Verwaltungsbehörde bindend wird. Dies gilt auch für einen Härteausgleich, dem der BMA allgemein zugestimmt hat (Rundschr des BMA vom 15. Juni 1976, BVBl 1976, 99; aA Wolff, SGb 1977, 14, 19). Der Abs 2 des § 89 BVG enthält keine Rechtsgrundlage für eine selbständige Härteausgleichsleistung eigener Art im Verhältnis zu einer solchen nach Abs 1, sondern regelt nur eine der in Abs 1 festgelegten Voraussetzungen, die Zustimmung des BMA.
§ 89 Abs 3 BVG nF ist am 1. Januar 1976 in Kraft getreten (Art 5 § 1 HStruktG-AFG). Von diesem Tag an schreibt das Gesetz für laufende Leistungen nach § 89 BVG schlechthin vor, daß der neu hinzugefügte Abs 3 stets zu beachten ist. Ausnahmen hat das Gesetz nicht zugelassen, zB nicht für die vor dem 1. Januar 1976 eingetretenen Todesfälle bei einer Hinterbliebenenversorgung oder allgemein für vorher gestellte Anträge (wie in dem in BSGE 8, 256, 258 entschiedenen Fall). Das HStruktG-AFG enthält überhaupt keine Übergangsvorschrift für den zeitlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung. In einem solchen Fall muß nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sowie insbesondere nach dem Zweck der gesetzlichen Anordnung und nach dem Zusammenhang, in dem sie steht, entschieden werden, ob sie auch Fälle erfassen soll, in denen eine Entscheidung noch aussteht (BGHZ 9, 101 f).
Da Zahlungen vor dem Monat der Gewährung ausgeschlossen sind, ist sinnvollerweise anzunehmen, alle Fälle, in denen ein Härteausgleich noch nicht vor dem 1. Januar 1976 zugesprochen wurde, sollten dem neuen Recht unterstellt werden. Dieser Auslegungsgesichtspunkt ist indes nicht genügend aufschlußreich; er ist durch andere zu ergänzen und zu präzisieren. Dadurch wird das Auslegungsergebnis des SG bestätigt.
Allerdings läßt sich entgegen der vom Vertreter der Beigeladenen vorgebrachten Ansicht die Herrschaft des § 89 Abs 3 BVG nF im vorliegenden Fall nicht damit rechtfertigen, daß diese Vorschrift allein ein förmliches Zahlungsverbot für die Versorgungsbehörde enthalte und nicht unmittelbar etwas materiell-rechtlich mit Wirkung für den Antragsteller regele (vgl zur materiell-rechtlichen Wirkung von haushaltsgesetzlichen Vorschriften: BSGE 37, 144, 145 = SozR 5870 § 14a Nr 1). Wenn die Bestimmung Näheres über den Beginn der Leistung vorschreibt, dann ordnet sie etwas über einen wesentlichen Teil der Rechtsbeziehung zwischen Verwaltung und Empfänger und damit über dessen sachlich-rechtliche Rechtsstellung an. Auch Ermessensleistungen werden nicht bloß als "Reflex objektiver Normen" gewährt (Wannagat/Rüfner, Sozialgesetzbuch - SGB -, AT § 38, Rz 4). Dies ist ausschlaggebend für den zeitlichen Geltungsbereich, wie noch dargelegt wird.
Der Fall der Klägerin ist nicht entsprechend der Übergangsvorschrift des Art 2 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG zu entscheiden, wonach die Neufassung des die Witwenbeihilfe betreffenden § 48 Abs 1 BVG, die hier nicht anzuwenden ist, nur dann gelten soll, wenn der Beschädigte nach Inkrafttreten dieser neuen Vorschrift gestorben ist, es sei denn, daß dadurch ein neuer Anspruch begründet wird. Diese Regelung bietet keinen Anhalt dafür, daß § 89 Abs 3 BVG nF ebenfalls allein in Fällen gelten soll, in denen der Tod oder die sonstige Schädigung erst nach dem 1. Januar 1976 eingetreten ist. Die neue Fassung des § 48 Abs 1 BVG hat im Gegensatz zu § 89 Abs 3 nF eine günstigere Rechtslage geschaffen (vgl dazu im einzelnen Wolff, SGb 1977, 14, 18 f), gilt aber nicht in Fällen wie dem der Klägerin. Sie kann nur einen Härteausgleich erhalten, und für solche Leistungen ist eine ungünstigere Regelung über den Beginn getroffen worden. Dieser Unterschied steht einer entsprechenden Anwendung der bezeichneten Übergangsvorschrift entgegen. Eine solche Analogie ist auch nicht nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen geboten. Die Sonderbestimmung des Art 2 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG mußte klarstellen, ob das Inkrafttreten der Neufassung des § 48 vom Zeitpunkt des Todes oder eines Antrages abhängt. Insoweit hätten allgemeine Rechtsgrundsätze über den zeitlichen Geltungsbereich neuer Vorschriften eine Unklarheit bestehen gelassen. Hingegen läßt sich nach solchen Regeln, die allgemein anerkannt sind, ohne ergänzende Vorschriften hinreichend bestimmen, wie sich das Inkrafttreten des § 89 Abs 3 BVG nF ab 1. Januar 1976 im einzelnen auswirkt.
Einem allgemeinen Rechtsgrundsatz folgend, knüpfen neue Gesetze prinzipiell nicht an vergangene, dh vor dem Inkrafttreten entstandene Tatsachen an und lassen in der Vergangenheit erworbene Rechte unberührt, soweit nichts Abweichendes bestimmt wird (BSG SozR 3100 § 18c Nr 2; Kisker, Die Rückwirkung von Gesetzen, 1963, S 8, auch 12f, 15, 21). Zwar ist der zeitliche Geltungsbereich einer Vorschrift durch eine Auslegung zu bestimmen, die von der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Rückwirkung getrennt werden muß (RGZ 54, 149, 154f). Aber jener Rechtsgrundsatz über die Anwendbarkeit neuer Gesetze ist für den Regelfall schon deshalb im Wege der verfassungskonformen Auslegung gerechtfertigt, weil eine belastende "Rückwirkung" in der Weise, daß die neue Regelung von ihrem Inkrafttreten an bereits abgeschlossene Tatbestände und gefestigte Rechtsstellungen erfaßte (vgl dazu Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, 1961, S 6f, 19), im allgemeinen verfassungswidrig ist (BVerfGE 39, 128, 143 mN; BSGE 35, 78, 80 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO). Daß eine neue Vorschrift sich nach ihrem Geltungswillen durch ihr Inkrafttreten in verfassungswidriger Weise auswirken solle, kann im allgemeinen nicht angenommen werden. Übereinstimmend mit jenem Grundsatz, wonach neue Bestimmungen abgeschlossene Tatbestände und Rechtsstellungen unberührt lassen, hat die Rechtsprechung des BSG bisher speziell für das Recht der sozialen Sicherung den zeitlichen Geltungsbereich neuer Vorschriften, für deren Inkrafttreten keine Einzelheiten abweichend angeordnet worden sind, festgelegt: Nicht erfaßt werden im allgemeinen Versicherungsfälle, die bereits vor dem Inkrafttreten eingetreten und abgeschlossen sind (BSGE 17, 38, 39; 23, 139, 140f mN = SozR Nr 1 zu § 559 RVO; BSGE 25, 249, 250f = SozR Nr 1 zu § 596 RVO; BSG 10. November 1977 - 3 RK 1/76 -; BSG 20. Oktober 1977 - 11 RLw 1/77). Gleiches gilt im Recht der Kriegsopferversorgung (KOV) für die vor dem Inkrafttreten abgeschlossenen Schädigungstatbestände, welche die Voraussetzung für die jeweilige Leistung bilden (anders insgesamt für BVG-Ansprüche bezüglich der vor dem 1. Oktober 1950 eingetretenen Schädigungsfälle: BSGE 20, 209 211 = SozR Nr 2 zu § 48 BVG). Die Vorschrift des § 602 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des UVNG vom 30. April 1963 (BGBl I 241), nach der Hinterbliebenenbeihilfen in Härtefällen gewährt werden können, gilt zwar nach der Übergangsbestimmung des Art 4 § 2 Abs 1 auch für Arbeitsunfälle, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten waren, setzt aber nach jenem allgemeinen Rechtsgrundsatz einen Tod nach dem Inkrafttreten voraus (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd II, S 590h; BSG SozR Nr 2 zu § 602 RVO).
Diese Rechtsgrundsätze allein sprechen nicht genügend gegen eine Anwendbarkeit des § 89 Abs 3 BVG nF auf Fälle wie den der Klägerin, in denen vor dem 1. Januar 1976 der Tod eingetreten und die Versorgung beantragt, nach altem Recht aber der Härteausgleich entsprechend dem Antrag zu beginnen hatte. In solchen Fällen ist eine Herrschaft des neuen Rechts nicht als eine verfassungswidrige Rückwirkung iS eines Verlustes von Leistungen für die Vergangenheit zu verstehen.
Entsprechend den dargelegten Grundsätzen ist eine andere herrschend anerkannte Regel, die hier zu beachten ist, allgemein für den zeitlichen Geltungsbereich des § 89 Abs 3 BVG nF entscheidend. Die sog "unechte Rückwirkung", dh die Ordnung der noch nicht abgeschlossenen, "offenen" Sachverhalte und Rechtsbeziehungen nach neuem Recht von seinem Inkrafttreten an, ist nach herrschender Rechtsprechung und Lehre nicht verfassungswidrig, soweit dies mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar ist (BVerfGE 39, 128, 143f; BSGE 24, 285, 286 ff = SozR Nr 13 zu § 183 RVO; BSGE 35, 78, 80; kritisch: Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd I, 1977, S 652 ff). Dann kann für Fälle dieser Art ohne verfassungsrechtliche Bedenken als Regelfall angenommen werden, daß sie von neuem Recht erfaßt werden.
Allein in verfahrensmäßiger Hinsicht war der Fall der Klägerin am 1. Januar 1976, als das HStruktG-AFG in Kraft trat, noch in dem Sinn "offen", daß er vom neuen Recht verfassungsgemäß erfaßt werden konnte. Erst durch ein im Januar 1976 erstattetes Gutachten wurden die bis dahin zweifelhaften sachlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Witwenbeihilfe endgültig klargestellt.
Außerdem stand zu jenem Zeitpunkt noch ein den Härteausgleich bewilligender Entschluß der Verwaltung aus, weil der Sachverhalt ungeklärt oder jedenfalls umstritten war. Solche Ermessensleistungen können aber erst auf Grund einer Entschließung verlangt werden, während für Leistungen, die auf einem Rechtsanspruch beruhen und bloß gemäß dem Gesetz festgestellt zu werden brauchen, neues Recht unanwendbar sein mag, falls die gesetzlichen Voraussetzungen abgeschlossen in der Vergangenheit liegen. Ob ein Härteausgleich gewährt werden soll, entscheidet die Verwaltung nach ihrem Ermessen durch einen Bewilligungsakt. Dies wirkt konstituierend, dh rechtsbegründend (Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht, I, 9. Aufl 1974, S 390f; allgemein für Ermessensentscheidungen: Wannagat/Rüfner, aaO, § 40, Rz 6). Im Hinblick auf die Geltung einer neuen Regelung läßt sich mit dem Vertreter der Beigeladenen die Auffassung vertreten, bis zur Entscheidung über einen Härteausgleich sei der Fall noch nicht abgeschlossen. Allerdings könnte dies auf einen Ausgleich beschränkt werden, der nicht auf einer allgemeinen Zustimmung des BMA beruht, während der Entscheidungsspielraum in den heute in § 89 Abs 2 BVG geregelten Fällen als durch die allgemeine Zustimmung eingeschränkt anzusehen wäre. Dementsprechend hatte für Fälle der ersten Art Nr 6 Satz 3 der VV zu § 60 BVG idF vom 31. August 1953 (Beil zum BAnz Nr 170 vom 4. September 1953 = BVBl 1953, 102) und idF vom 31. Juli/9. August 1956 (Beil zum BAnz Nr 157 vom 15. August 1956 = BVBl 1956, 106) den Beginn der Leistung auf den Monat der Entscheidung - wie heute - bestimmt; dagegen hatte nach Satz 1 der mit allgemeiner Zustimmung zu gewährende Ausgleich wie eine Anspruchsleistung zu beginnen.
Aber auch dann, wenn kein nennenswerter Spielraum für eine Ermessensausübung besteht, etwa bei einer allgemeinen Zustimmung zum Härteausgleich nach § 89 Abs 2 BVG - wie hier -, und wenn allein auf den Zeitpunkt abgestellt wird, bis zu dem sämtliche Voraussetzungen für eine Gewährung des Ausgleichs eingetreten sein müssen, war in materiell-rechtlicher Hinsicht ein solcher Sachverhalt nicht bereits mit den Tatsachen gegeben, die nicht für einen Leistungsfall des BVG genügen und als "Härtefall" gewertet werden - hier mit dem Tod des Ehemannes, mit der ursprünglich nicht ausreichenden Beschädigtenversorgung und mit dem Antrag. Für einen Härteausgleich ist nämlich außerdem typischerweise ein wirtschaftliches Bedürfnis unerläßlich (Nr 2 der VV zu § 89 BVG). Dies muß naturgemäß in jedem Bewilligungszeitraum bestehen und kann daher nicht als ein einmaliger Tatbestand abgeschlossen vor dem Inkrafttreten der neuen Regelung gegeben sein. Auch handelt es sich nicht um einen in der Vergangenheit eingetretenen Zustand, der nach der Natur der Sache gleichbleibend in der Gegenwart fortdauert und deshalb allenfalls noch im Hinblick auf die dargelegten Rechtsgrundsätze über den zeitlichen Geltungsbereich als abgeschlossen zu werten wäre. Für das Fortgelten früheren Rechtes mindestens mit Wirkung für die Vergangenheit, hier für den Beginn des Härteausgleichs mit dem Monat nach dem Sterbemonat, genügt es nicht, daß bloß einige Tatsachen, die die Leistung voraussetzen, abgeschlossen in der Zeit vor seinem Geltungsbeginn liegen; vielmehr müssen alle tatsächlichen Glieder einer "Sinneinheit", aus der sich Rechtsfolgen herleiten, in der Vergangenheit vollendet gewesen sein (Kisker, aaO, S 24, 26f, 28f). So war es hier eben nicht.
Die Geltung des § 89 Abs 3 BVG nF bei der Hinterbliebenenversorgung in Fällen des Todes vor dem 1. Januar 1976, wenn erst nach diesem Tag entschieden wird, entspricht schließlich dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Sie soll ebenso wie das gesamte HStruktG-AFG nennenswerte Einsparungen im Bundeshaushalt herbeiführen und dies naturgemäß mit sofortiger Wirkung, soweit nicht Ausnahmen ausdrücklich im Gesetz vorgeschrieben sind. Diesem Gesetzeszweck würde es aber widersprechen, diejenigen Fälle von der Einsparung auszunehmen, über die erst in Zukunft, dh nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, entsprechend einem jeweiligen Bedürfnis zu entscheiden ist. Besonders ein Härteausgleich kann deshalb, weil er von einem wirtschaftlichen Bedarf abhängt, nach seinem Zweck für die Vergangenheit versagt werden. Anderenfalls würde er vielfach mit sonstigen öffentlichen Leistungen verrechnet, die dem Empfänger für die Zeit vor der Bewilligung zustehen, und infolgedessen ihm im Ergebnis gar nicht zugute kommen. Härteausgleich für die Vergangenheit wird in Fällen der Bedürftigkeit durch Sozialhilfe überflüssig gemacht.
Weder die Anwendung des § 89 Abs 3 BVG nF auf den gegenwärtigen Fall noch der Inhalt dieser Vorschrift insgesamt sind verfassungswidrig (aA Schäfer, aaO, S 126f).
Wenn im allgemeinen eine solche "unechte Rückwirkung" eines Gesetzes verfassungskonform ist, so gilt das insbesondere für die Anwendung des § 89 Abs 3 BVG nF auf Fälle der vorliegenden Art. Grundsätzlich darf der Gesetzgeber frei bestimmen, ab wann eine neue Regelung gelten soll (BVerfGE 42, 263, 282; BVerfG - I. Senat - vom 21. Dezember 1977 - 1 BvR 820/76 und 1033/76 -). Mit der hier anzuwendenden Vorschrift hat der Gesetzgeber nicht die Grenzen freier Gestaltungsmacht überschritten, zumal diese im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sehr weit geht (BVerfGE 36, 73, 84). Ob und unter welchen Voraussetzungen eine neue Vorschrift in verfassungsmäßigem Umfang auch Sachverhalte erfaßt, die vor ihrem Inkrafttreten entstanden sind, beurteilt sich vor allem nach der Reichweite der zur Rechtsstaatlichkeit (Art 20 Abs 1, Art 28 Abs 1 GG) gehörenden Rechtssicherheit, wobei der Grundsatz des Vertrauensschutzes im Vordergrund steht und gegen öffentliche Interessen abzuwägen ist (BVerfGE 36, 73, 82; 40, 65, 75 ff mN; BSGE 9, 127, 130; 37, 144, 148; vgl auch die oben zitierte Rechtsprechung zur "unechten Rückwirkung").
Wer eine Ermessensleistung der KOV, speziell einen Härteausgleich ergänzend zu den gesetzlichen Leistungstatbeständen, begehrt, kann nicht unbedingt darauf vertrauen, daß die Gewährung stets auf den Antrag zurückwirkt. Die in der Zeit seit dem Tod des Ehemannes der Klägerin bis zum 31. Dezember 1975 geltende Verwaltungsvorschrift, nach der der Härteausgleich mit dem Antrag beginnt, wurde erst 1969 neu geschaffen, konnte sich also nur während einer verhältnismäßig kurzen Phase auswirken (vgl BSGE 24, 288 f). Dagegen bestand seit 1953 die zuvor dargelegte Rechtslage, die für einen Teil der Härteausgleichsleistungen der heutigen gleicht. Später war nach Nr 5 der VV vom 14. August 1961 (Beil zum BAnz Nr 161 vom 23. August 1961) der Beginn eines erstmaligen Härteausgleichs stets für zurückliegende Zeiträume nur vorgesehen, wenn für dieselbe Zeit aus öffentlichen Mitteln keine Leistungen gezahlt wurden, die zu erstatten waren. Die Verwaltung war bei der Gestaltung der VV nicht an die spätere günstigere Neuregelung nach allgemeinen Grundsätzen für alle Zeiten gebunden. Das ihr eingeräumte Ermessen umschließt grundsätzlich, falls nicht anders vorgeschrieben ist, die Ermächtigung, auch den Beginn einer Leistung zu bestimmen (Bley in: SGB - Sozialversicherung, Gesamtkommentar I, § 39, Anm 12, b; für Auslandsversorgung: BSG vom 14. März 1978 - 9 RV 2/77). Ebenso erstreckt sich die ins Ermessen gestellte Rückwirkung von Zugunstenbescheiden nach § 40 KOVVfG, die vor allem über Pflichtleistungen erteilt werden, nicht grundsätzlich auf den Antrag, der der berichtigten Entscheidung zugrunde lag (BSG 22. September 1977 - 10 RV 85/76; BSG SozR 3900 § 40 Nr 5). Übereinstimmend damit wird in § 40 Abs 2 SGB AT (1) vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015) allgemein für die Entstehung von Sozialleistungen, die ins Ermessen gestellt sind, auch für solche nach dem BVG (§§ 2, 5, 24), mit Wirkung ab 1. Januar 1976 (Art II § 23 Abs 1 Satz 1) bestimmt, daß der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die Entscheidung über die Leistung - abweichend von § 89 Abs 3 BVG nF - bekanntgegeben wird, es sei denn, daß die Verwaltung einen anderen Zeitpunkt festlegt. Dies soll aus dem Wesen der Ermessensentscheidung folgen (Peters/Hommel, SGB - AT, Zusatzband, § 40, Anm 9; Hauck/Haines, SGB - AT, § 40 Rz 4 und 5). Die Versagung für die Vergangenheit soll deshalb begründet sein, weil diese Sozialleistungen erst von der sie bewilligenden Entscheidung ab verlangt werden können (Bley, aaO, § 40, Anm 5, a; 6, a). Ob die für Ermessensleistungen geschaffene Vorschrift des § 40 Abs 2 SGB 1 schlechthin verfassungsmäßig ist (vgl zB Bedenken von Burdenski in: Burdenski/von Maydell/Schellhorn, Kommentar zum Allgemeinen Teil des SGB, 1976, § 40, Rz 10 ff), braucht in diesem Verfahren nicht entschieden zu werden. Jedenfalls rechtfertigt der besondere Charakter des Härteausgleichs nach § 89 BVG, diese Leistung für die Vergangenheit zu versagen. Sie wird gerade nicht als eine solche der Versorgung im Sinn des § 9 BVG auf Grund bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen gewährt, sondern nach dem Ermessen der Verwaltung in den Fällen, in denen die Lage, daß nach dem Gesetz eine Leistung nicht zu gewähren ist, als "besondere Härte" zu werten ist. Damit steht § 89 Abs 3 BVG nF nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz der §§ 60 und 61 BVG, nach dem die Leistungen mit dem Monat beginnen, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Die Voraussetzungen des Härteausgleichs sind nicht abschließend im Gesetz festgelegt, und zu ihnen gehört auch, wie dargelegt, der Bewilligungsakt. Da der Härteausgleich gerade dann in Betracht kommt, wenn eine typische, gesetzlich anerkannte Opferlage im Sinn des BVG nicht besteht, wird durch die Rückwirkung der verfassungsrechtliche Grundsatz, daß sie aus rechtsstaatlichen Gründen nicht in Eigentumsrechte oder eigentumsähnliche Rechtspositionen eingreifen darf (BVerfG, DÖV 1978, 172), nicht verletzt. Die Klägerin konnte schließlich, fachkundig unterrichtet, weder nach der wechselvollen Rechtsentwicklung der Verwaltungsvorschriften zu § 60 BVG noch seit der Veröffentlichung der einschlägigen Gesetzesentwürfe, insbesondere des Entwurfes eines Allgemeinen Teiles des SGB vom 29. Mai 1972 (BR-Drucks 305/72 - darin § 39 Abs 2 -), darauf vertrauen, daß ihr ein Härteausgleich von dem Monat nach dem Sterbemonat an bewilligt werde. Von der Rechtsänderung mußte sie im übrigen endgültig beim Abschluß des Prozeßvergleichs im April 1976 ausgehen, nachdem § 40 Abs 2 SGB 1 und § 89 Abs 3 BVG nF am 1. Januar 1976 in Kraft getreten waren.
Durch die gesetzliche Ermächtigung der Verwaltung, mit dem Zeitpunkt ihrer Entscheidung über einen Härteausgleich zugleich dessen Beginn festzulegen, wird nicht der Grundsatz der Gewaltentrennung (Art 20 Abs 2 und 3 GG) verletzt. Die gesetzliche Regelung ist hinreichend bestimmt und weitet in ihrer Wirkung den Ermessensbereich weniger aus, als wenn überhaupt keine Maßstäbe für die Ermessensausübung ausdrücklich festgelegt werden. Eine willkürliche Verzögerung der Entscheidung, die im Einzelfall einträfe, könnte im Wege der Gerichtskontrolle gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG für rechtswidrig erklärt werden; Anhaltspunkte hierfür sind in diesem Rechtsstreit weder von der Klägerin geltend gemacht noch sonst ersichtlich. - Daß übrigens die gegen den Widerspruchsbescheid vom 2. September 1974 erhobene Klage erst im Frühjahr 1976 erledigt wurde, erklärt sich wohl hauptsächlich daraus, daß das SG - vergeblich - über ein Jahr lang auf die Klagbegründung gewartet und dann erst den Beweisbeschluß vom 28. Oktober 1975 erlassen hat. Bei rechtzeitiger Einreichung der - von den damaligen Prozeßbevollmächtigten angekündigten - Klagbegründung hätte der das Verfahren abschließende Vergleich sicherlich schon vor dem Inkrafttreten des § 89 Abs 3 BVG nF zustandekommen können. - Einen Rechtsschutz gegen eine allzu langsame Bearbeitung bietet zusätzlich die Möglichkeit der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG, die nach Ablauf von sechs Monaten seit einem Antrag zulässig und begründet sein kann.
Das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG kann durch eine Anwendung des § 89 Abs 3 BVG nF auf die am 1. Januar 1976 noch nicht entschiedenen Fälle der vorliegenden Art deshalb nicht verletzt worden sein, weil solche Sachverhalte sich in rechtserheblicher Weise von denjenigen unterscheiden, in denen sämtliche Leistungsvoraussetzungen vor dem Inkrafttreten der neuen Vorschrift abgeschlossen gegeben waren. Damit bestand ein sachlich einleuchtender Grund für eine unterschiedliche Behandlung (BVerfGE 1, 14, 52; seither ständige Rechtsprechung).
Der Härteausgleich ist nicht etwa bereits seit dem Monat der ersten Verwaltungsentscheidung über eine Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 2 BVG als Härteausgleich oder über eine Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 4 BVG, dh ab August oder Oktober 1973, zu gewähren. Zwar hat die bewilligende Erklärung des Beklagten die ablehnenden Bescheide im Ergebnis teilweise ersetzt. Aber das ist nicht rückwirkend geschehen. Weder im Prozeßvergleich noch im Ausführungsbescheid hat die Verwaltung eine entsprechende Erklärung abgegeben. Sie war dazu auch nicht nach § 89 Abs 3 BVG nF verpflichtet. Diese Vorschrift schließt nach ihrem Wortlaut und Sinn laufende Leistungen für die Zeit vor der Bindung des eine Zahlung von Härteausgleich bewilligenden Bescheides, nicht eines Ablehnungsbescheides aus (ebenso zu § 40 Abs 2 SGB - AT: Bley, aaO, § 40, Anm 6 b). Eine andere Auslegung des § 89 Abs 3 BVG nF - zugunsten der Klägerin - ist nicht etwa deshalb geboten, weil Leistungen der Sozialhilfe, deren Form und Maß ins Ermessen der Verwaltung gestellt sind (§ 4 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -), ausnahmsweise ab Antrag für die Dauer einer vergangenen Hilfsbedürftigkeit zu gewähren sind, falls der Antragsteller rechtzeitig Rechtsbehelfe eingelegt hat und diese zum Erfolg führen (BVerwGE 5, 27, 31; BVerwG in: FEVS 14, 361; Buchholz 421.21 Studienförderung Nr 4 = FEVS 16, 361). Auf Sozialhilfe besteht ein Rechtsanspruch (§ 4 Abs 1 BSHG), während ein Härteausgleich nach § 89 BVG als eine Leistung außerhalb der gesetzlichen KOV allein nach dem Ermessen der Verwaltung zugesprochen werden kann. Sie soll als solche, die ein Bedürfnis voraussetzt, grundsätzlich nicht für Zeiten erbracht werden, für die andere Sozialleistungen, notfalls eine Sozialhilfe, in Betracht kommen.
Der Angriff der Klägerin gegen die beträchtliche Verschlechterung ihrer Rechtslage während ihres Versorgungsverfahrens ist verständlich, kann aber nicht zum Erfolg führen, weil die Gerichte die Vorschrift des § 89 BVG nF und ihre Anwendung auf diesen Fall nach Verfassungsgrundsätzen zu überprüfen hatten und eine Verfassungswidrigkeit, die zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art 100 GG geführt hätte, nicht feststellen konnten.
2.
Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Vertreters der Beigeladenen ist im vorliegenden Fall als "Bescheid" im Sinn des § 89 Abs 3 BVG nF, der den Zahlungsbeginn bestimmt, nicht erst der Ausführungsbescheid vom 25. August 1976 anzusehen (ebenso für ein zugrunde liegendes Gerichtsurteil, das die Versagung einer Ermessensleistung für fehlerhaft erklärt: Burdenski, aaO, § 40, Rz 12), sondern bereits der Prozeßvergleich vom 7. April 1976. Im Regelfall wird ein Härteausgleich durch einen schriftlichen "Bescheid" im Sinn des § 22 Abs 1 KOVVfG, dh durch eine ein Verwaltungsverfahren abschließende Mitteilung über die getroffene Entscheidung (vgl dazu § 22 Abs 2 Satz 2, Abs 3 und 4 KOVVfG, Nrn 4 und 5 Satz 1 der VV zu § 22), zugesprochen. Dann sind Zahlungen vor dem Monat, in dem diese Verlautbarung dem Empfänger bekanntgegeben (§ 27 KOVVfG) und damit für die Verwaltungsbehörde bindend wird (§ 24 Abs 2 KOVVfG; BSGE 7, 8, 11), nach dem Wortlaut des § 89 Abs 3 BVG nF ausgeschlossen. Wenn aber die Versorgungsverwaltung - wie hier - im Rahmen ihrer Verfügungsbefugnis eine umstrittene Leistung durch einen Prozeßvergleich zuerkennt, damit also die Entscheidung, diese Leistung zu gewähren, in einem förmlichen Gerichtsverfahrensakt bekannt gibt, hat diese Erklärung, wodurch die Verwaltung am Zustandekommen einer materiell-rechtlichen Einigung und einer Prozeßhandlung (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 1977, § 101, Anm 4 mN; auch Anm 6, 7, 10, 12) mitwirkt, die Bedeutung eines "Bescheides" im Sinn des § 22 Abs 1 KOVVfG iVm § 89 Abs 3 BVG nF. Selbst Schriftsätze in einem Rechtsstreit können diese Wirkung haben (BSGE 10, 218, 221; Urteile des erkennenden Senats vom 2. August 1977 - 9 RV 102/76 - und vom 23. November 1977 - 9 RV 84/76 -). Hier gilt nicht etwa deshalb etwas anderes, weil der Härteausgleich bloß "dem Grunde nach" bewilligt wurde. In einem solchen Fall bleibt nach üblichem juristischen Sprachgebrauch (§ 304 Abs 1 ZPO, § 130 Satz 1 SGG, § 22 Abs 2 und 3 KOVVfG, § 42 Abs 1 Satz 1 SGB 1; im Unterschied zu Teilregelungen: BSG SozR 3850 § 51 Nr 3) dem "Ausführungsbescheid" allein die Entscheidung über die Höhe vorbehalten; diese folgt zwingend aus dem Gesetz, falls die Verwaltung sich insoweit keine Abweichung im Rahmen ihres Ermessens vorbehalten hat. Was sie "dem Grunde nach" zuerkannt hat, bleibt auch über Veränderungen der Höhe des Zahlbetrages hinaus verbindlich (für einkommensabhängige Leistungen nach § 40a BVG: BSGE 42, 283 = SozR 3100 § 40a Nr 4; für den Fall des zeitweiligen Ruhens: BSG SozR 3100 § 65 Nr 2). Der Beklagte hat bei seiner Erklärung zu dem Prozeßvergleich nicht eingeschränkt, daß er noch nicht alle Grundvoraussetzungen des Härteausgleiches als gegeben ansehe. Mit dem Vergleich war die Verwaltung noch stärker gebunden, als wenn sie zwecks Erledigung des Rechtsstreits einen Abhilfebescheid erlassen und damit die Klägerin zur Klagerücknahme (§ 102 SGG) veranlaßt hätte; der Beklagte könnte im Unterschied zu einem solchen Verwaltungsakt seine Vergleichserklärung nicht nach den §§ 41 und 42 KOVVfG berichtigen (BSGE 15, 248 = SozR Nr 14 zu § 41 VerwVG; SozR Nr 4 zu § 101 SGG) oder wie allgemein bei Ermessensleistungen (BSG SozR 3900 § 41 Nr 4) nach Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts zurücknehmen.
Wenn § 89 Abs 3 BVG nF "Zahlungen" für die Zeit vor dem Monat, in dem der "Bescheid" für die Verwaltung bindend geworden ist, ausschließt, so kann aus der Verbindung der Begriffe "Zahlungen" und "Bescheid" nicht etwa geschlossen werden, allein solche "Bescheide" seien maßgebend, in denen ein Zahlbetrag genau der Höhe nach festgelegt wird. Falls bei einer geteilten Entscheidung, wie sie der Beklagte gegenüber der Klägerin getroffen hat, der Ausführungsbescheid für einige Zeit keinen Leistungsbetrag feststellt, wird für diesen Zeitraum das gesetzliche Zahlungsverbot nicht wirksam.
Mithin waren beide Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung entspricht diesem Ergebnis.
Fundstellen