Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zusammenleben eines Elternteils mit einem unter 25-jährigen Kind mit bedarfsdeckendem eigenen Einkommen. Aufteilung der tatsächlichen Aufwendungen nach Kopfteilen. Angemessenheitsprüfung. Produkttheorie. angemessene Wohnungsgröße. Maßgeblichkeit der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung ist auch bei Alleinerziehenden, die mit einem minderjährigen Kind zusammenleben, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, allein auf die Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abzustellen.
Orientierungssatz
Von der Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen ist bei Alleinerziehenden, die mit einem minderjährigen Kind zusammenleben, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, keine Ausnahme zu machen.
Normenkette
SGB 2 § 22 Abs. 1 S. 1; SGB 2 § 7 Abs. 3 Nr. 4; WoGG § 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufgehoben und der Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 verurteilt, der Klägerin für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den nach einem in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG geschlossenen Teilvergleich allein streitig gebliebenen Monat Juni 2012.
Die 1965 geborene Klägerin bewohnte im Jahr 2012 gemeinsam mit ihrer 1996 geborenen Tochter eine 80 qm große Dreizimmerwohnung, für die insgesamt 505 Euro zu zahlen waren (350 Euro Nettokaltmiete zzgl 80 Euro Nebenkosten sowie Heizkosten von 75 Euro monatlich). Das beklagte Jobcenter übernahm nur die aus seiner Sicht angemessenen Unterkunftskosten. Diese wurden aus dem Tabellenwert für einen Zwei-Personen-Haushalt im Wohnort der Klägerin nach dem WoGG zzgl 10 % abgeleitet. Dementsprechend bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II unter Berücksichtigung ihres Kopfteils von 193,60 Euro, während er bei der Tochter von bedarfsdeckendem Einkommen ausging, sodass sich für diese kein Leistungsanspruch ergab (Bescheid vom 23.5.2012 bezüglich des Monats Juni 2012).
Die dagegen erhobene Klage mit der Begründung, es seien die Werte der Wohngeldtabelle für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen, sodass sich eine zulässige Bruttokaltmiete von 321,20 Euro statt von 193,60 Euro errechne, ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 24.6.2016 und Urteil des LSG vom 3.5.2017). Das LSG hat ausgeführt, der Beklagte sei hinsichtlich der angemessenen Bedarfe für Unterkunft zutreffend von den Werten des § 12 WoGG unter Zugrundelegung eines Zwei-Personen-Haushaltes ausgegangen. Die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich reiner Wohngemeinschaften und Haushaltsgemeinschaften zwischen Verwandten, die keine Bedarfsgemeinschaft bildeten, sei auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Bedarfsgemeinschaft von Mutter und Tochter hänge von den Einkommensverhältnissen der letzteren ab, die sich jederzeit ändern könnten. Eine Bedarfsgemeinschaft könne in solchen Fallkonstellationen nicht generalisierend verneint werden, zumal auch hinsichtlich der Wohnverhältnisse nicht zwei Ein-Personen-Haushalte angenommen werden könnten.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, weil sie mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe, sodass, ausgehend von den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, bei ihr die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 zu verurteilen, ihr für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und der Beklagte ist unter Änderung des Bescheids vom 23.5.2012 zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2012 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen von 252,50 Euro zu zahlen.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile der Vorinstanzen sowie (nur noch) der Bescheid des beklagten Jobcenters vom 23.5.2012 (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; hierzu letztens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 9 mwN). Die Klägerin hat den Streitgegenstand zulässig auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f), um deren angemessene Höhe gestritten wird.
2. Der Sachentscheidung des Senats entgegenstehende Verfahrenshindernisse bestehen nicht. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).
Zutreffend richtet sich die Klage gegen das Jobcenter des beklagten Landkreises O. Zwar ist der Bescheid vom 23.5.2012 von der Samtgemeinde H. erlassen worden, doch liegt dem weder eine abweichende Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch eine Wahrnehmungszuständigkeit der Samtgemeinde zugrunde (vgl zu einer solchen BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 9 f). Nur der beklagte Landkreis ist ein zugelassener kommunaler Träger nach § 6a SGB II (Anlage zu § 1 der Kommunalträger-Zulassungsverordnung). Die Samtgemeinde ist vom Beklagten zur Durchführung der diesem als zugelassenen kommunalen Träger obliegenden Aufgaben nur in dessen Namen herangezogen worden (vgl § 3 Abs 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des SGB II vom 16.9.2004 und der darauf basierenden Kooperationsvereinbarung zwischen der Samtgemeinde H. und dem Landkreis O., dort §§ 1 und 2).
3. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist § 19 iVm §§ 7 ff sowie § 22 Abs 1 SGB II idF, die das SGB II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) erhalten hat, denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).
4. Die Klägerin erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und es lag für sie kein Ausschlusstatbestand vor. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.
a) Da die Klägerin die Wohnung nicht alleine, sondern mit ihrer minderjährigen Tochter bewohnte, ist zunächst die Verteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vorzunehmen (vgl zuletzt BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 21/17 R - vorgesehen für SozR 4). Diese hat, ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf zu erfolgen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen nutzt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Hintergrund dieses Kopfteilprinzips sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl zuletzt BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 13 ff).
b) Ausgehend von den tatsächlichen Kosten für die Unterkunft (430 Euro) und für die Heizung (75 Euro), also insgesamt 505 Euro, entfällt nach dem Kopfteilprinzip auf die mit ihrer Tochter zusammen wohnende Klägerin ein Betrag von 252,50 Euro.
5. Dieser Betrag ist angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II.
Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen ist die abstrakt angemessene Referenzmiete zu ermitteln, die sich aus dem Produkt der abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem maßgeblichen Standard ergibt, der sich in einem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im Vergleichsraum niederschlägt (Produkttheorie, stRspr siehe zB BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 21 ff; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70).
a) Hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße ist im Rahmen der Produkttheorie von den Werten des sozialen Wohnungsbaus auszugehen. Die Angemessenheit richtet sich grundsätzlich nach den Festlegungen der Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376). Für Niedersachsen gilt die Richtlinie über die soziale Wohnraumförderung (WfB 2003; zuletzt Niedersächsisches Ministerialblatt 2002, 554). Nach deren Ziff 11 ist für Alleinstehende eine Wohnfläche von bis zu 50 qm angemessen, für zwei Haushaltsmitglieder von bis zu 60 qm.
Allerdings ist im SGB II nicht auf die Anzahl der Mitglieder eines Haushalts, sondern der Bedarfsgemeinschaft abzustellen, denn die Frage der Angemessenheit kann stets nur im Hinblick auf den Leistungsberechtigten nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden. Nur für diesen Personenkreis ergeben sich im Hinblick auf die Angemessenheit Begrenzungen (stRspr BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21; vgl auch BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 28 ff zu § 6a BKGG). Lebt ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht mit anderen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, ist demnach bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf ihn als Einzelperson abzustellen (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 20 ff). Dies gilt auch für den Fall, dass zwar alle Bewohner einer Familie angehören, dazu gehörende Kinder aber deshalb nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, weil sie über bedarfsdeckendes Einkommen verfügen (BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23).
Nach diesen Maßstäben ist für die Angemessenheitsprüfung vorliegend nur auf die Klägerin abzustellen, da die Tochter gemäß der genannten Vorschrift deshalb nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört, weil sie ihren Bedarf aus eigenen Mitteln bestreiten kann.
b) Zur Bestimmung der Referenzmiete im Vergleichsraum hat das LSG zutreffend auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG (idF vom 9.12.2010, gültig vom 1.1.2011 bis 31.12.2015) zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 % zurückgegriffen, nachdem es festgestellt hatte, dass es an Datengrundlagen fehlt, aufgrund derer ein schlüssiges Konzept hätte ermittelt werden können, und dass eigene Erhebungen aufgrund fehlender Datengrundlagen für die Vergangenheit nicht mehr vorgenommen werden könnten (vgl BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 25 ff).
Für die Samtgemeinde H., in der die Klägerin wohnt, ist die Mietstufe I des Landkreises O. zugrunde zu legen (vgl Anlage zu § 1 Abs 3 WoGV: Mietenstufen der Gemeinden nach Ländern). Danach ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Betrag von 292 Euro, zzgl 10 %, also 321,20 Euro. Die bei der Klägerin zu berücksichtigende Bruttokaltmiete von 215 Euro (430 Euro brutto kalt geteilt durch zwei) liegt damit im Angemessenheitsbereich. Die kopfteiligen Heizkosten von 37,50 Euro sind ohnehin angemessen. Der Klägerin sind damit für Juni 2012 als Bedarf für Unterkunft und Heizung insgesamt 252,50 Euro - abzüglich bereits erbrachter Leistungen - zu zahlen.
c) Das Ergebnis, dass bei einem alleinerziehenden Elternteil, der mit einem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen eigenen Bedarf decken kann, für die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft von einem eigenständigen Ein-Personen-Haushalt bzw einer "Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft" auszugehen ist, folgt aus dem "Konstrukt" der Bedarfsgemeinschaft (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1) als Besonderheit des SGB II. Auf eine Haushaltsgemeinschaft kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden, weil eine solche von Verwandten nur in § 9 Abs 5 SGB II geregelt wird (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34).
6. Es bestehen keine durchschlagenden rechtlichen Gründe für eine Korrektur der genannten, auf die Bedarfsgemeinschaft Bezug nehmende Rechtsprechung (vgl dazu neuestens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-4200 § 22) für den Fall einer Alleinerziehenden, die mit ihrem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit ihr gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet. Der vom LSG angeführte Gesichtspunkt, dass sich die Beurteilung, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, in Abhängigkeit vom Einkommen des Kindes jederzeit ändern kann, greift nicht durch. Derartige Änderungen sind der Ausfluss des im SGB II grundsätzlich geltenden Monatsprinzips (stRspr, vgl nur BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 81 RdNr 18) und ergeben sich auch bei einer Einkommensänderung bei der Mutter.
Nichts anderes folgt aus der möglichen Änderung der Wohnverhältnisse aufgrund geänderten Einkommens. Entgegen der Auffassung des LSG führt das Abstellen auf das Monatsprinzip nicht zu Zirkelschlüssen. Die Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wohnsituation beruhen auf der Annahme, dass bei einem Kind, das seinen Bedarf aus eigenem Einkommen decken kann, zwingend nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen seien. Dafür ist jedoch insbesondere bei einem Kind, das hinreichend hohen Unterhalt erhält, kein Rechtsgrund zu erkennen. Auszugehen ist vielmehr bei der Bedarfsberechnung vom Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen, denn wenn und soweit das Kind diese und seine übrigen Bedarfe decken kann, gehört es nicht zur Bedarfsgemeinschaft und unterliegt auch nicht den Beschränkungen des SGB II hinsichtlich der Angemessenheit. Eine Beschränkung der Angemessenheitsgrenze für die Mutter auf die Hälfte der Aufwendungen eines Zwei-Personen-Haushalts hätte auch nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Wohnverhältnisse des Kindes, denn wenn die Mutter eine geforderte Kostensenkung durch Umzug oder eine andere Einschränkung ihrer Wohnverhältnisse umsetzen will, wirkt sich dies unmittelbar auf das Kind aus, obwohl dieses seine Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen decken kann. Führt die Mutter keine Kostensenkung durch, muss sie den fehlenden Teil der Aufwendungen für die Unterkunft systemwidrig entweder aus ihrem Regelbedarf finanzieren oder entgegen der Intention des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II aus dem Einkommen des Kindes.
Schließlich könnte eine Korrektur im Sinne einer Einschränkung hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten nicht nur bei Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern erfolgen, vielmehr müsste die Ausnahme systemgerecht auf alle Kinder unter 25 Jahren ausgedehnt werden (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II) und würde auch nicht nur bei Alleinerziehenden greifen, sondern auch bei so genannten "Patchwork-Familien", denn auch in diesen Konstellationen kann hinsichtlich eines Kindes aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens eine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft zu verneinen sein. Eine solche nicht genau überschaubare Zahl von Ausnahmen ist mit der klaren normativen Aussage des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht vereinbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen