Leitsatz (amtlich)
1. SudetenV SV § 6 Abs 1 vom 1940-06-27 regelt nicht "die Voraussetzungen und das Ausmaß von Leistungsansprüchen und Rentenanwartschaften", sondern nur die Zuordnung der bei tschechoslowakischen Versicherungsträgern zurückgelegten Versicherungszeiten zu den verschiedenen deutschen Versicherungszweigen. Für die nach dem SVFAG zu behandelnden Versicherungszeiten ist diese Zuordnung ausschließlich in FAG SV § 4 Abs 2 geregelt.
2. SVFAG § 4 Abs 2 S 4 erfaßt nicht die unmittelbar zur RfA entrichteten Beiträge.
3. Auch bei Wanderversicherten können auf die für den Knappschaftssold erforderliche Wartezeit von 300 Beitragsmonaten nur Knappschaftsbeiträge angerechnet werden.
Normenkette
RVO § 1544 Fassung: 1943-02-22; SVFAG § 3 Fassung: 1953-08-07, § 4 Abs. 2 S. 4 Fassung: 1953-08-07; SVSudetenV § 6 Abs. 1 Fassung: 1940-06-27
Tenor
1.) Der Rechtsstreit wird, soweit die Hannoversche Knappschaft beteiligt war, in der Hauptsache für erledigt erklärt.
2.) Auf die Revision der Ruhrknappschaft wird das Urteil des Landessozialgerichts in Celle vom 27. November 1959 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin ihres am 21. Dezember 1894 geborenen und im Laufe des Rechtsstreits, am 7. März 1959, verstorbenen Ehemannes J... G..., des Versicherten und ursprünglichen Klägers. Sie begehrt nach ihm die Gewährung von Knappschaftssold gemäß § 9 der Verordnung über die Neuregelung der Rentenversicherung im Bergbau vom 4. Oktober 1942 für die Zeit vom 1. April 1952 bis zum 31. Dezember 1956 und von Bergmannsrente gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 31. März 1959.
Der Versicherte war nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) von Juni 1919 bis Oktober 1927 als Hauer und Oberhauer, anschließend bis September 1939 als Grubensteiger und schließlich bis August 1945 als Vermessungssteiger und Fahrsteiger im Kohlenbergbau des Sudetenlandes tätig. Während dieser Zeit sind für ihn folgende Beiträge entrichtet worden:
vom 18. Juni 1919 bis zum 20. April 1923 zur Revierbruderlade in B = 47 Monatsbeiträge,
vom 1. Mai 1923 bis September 1938 zur Angestellten-Versicherung in P = 185 Monatsbeiträge
von Oktober 1938 bis Ende 1942 zur Reichsversicherungsanstalt für Angestellte = 36 Monatsbeiträge
und vom 1 Januar 1943 bis August 1945 zur Revierbruderlade in B bzw. zur Reichsknappschaft = 32 Monatsbeiträge,
insgesamt 300 Monatsbeiträge.
Im August 1945 wurde er aus dem Sudetenland vertrieben und war vom 23. August 1945 bis zu seinem Tode in der Bundesrepublik ansässig. Er war zuletzt als Vermessungstechniker bei der Stadt S... beschäftigt.
Am 15. Januar 1951 beantragte er bei der H... Knappschaft die Gewährung des Knappschaftssoldes. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 30. März 1951 mit der Begründung abgelehnt, die Wartezeit von 300 Beitragsmonaten sei nicht erfüllt, da die Versicherungszeiten vom 1. Mai 1923 bis zum 30. September 1938 nicht als knappschaftliche Versicherungszeiten angerechnet werden könnten. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde vom Geschäftsausschuß der H... Knappschaft durch Bescheid vom 19. Juni 1951 zurückgewiesen.
Die hiergegen beim Knappschafts-Oberversicherungsamt in C... am 5. Juli 1954 eingelegte Berufung ging mit dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) am 1. Januar 1954 als Klage auf das Sozialgericht (SG) in Hannover über.
Der Versicherte machte zunächst geltend, daß nach der Übernahme der deutschen Bergbau-Angestellten in die knappschaftliche Rentenversicherung durch die Sudetenverordnung vom 27. Juni 1940 die Reichsknappschaft alle Verpflichtungen aus der Zeit vor 1938 übernommen habe. Insbesondere sei angeordnet gewesen, daß die bei der Allgemeinen Pensionsanstalt in P... zurückgelegten Versicherungszeiten bei Anwendung der Verordnung über die Neuregelung im Bergbau vom 4. Oktober 1942 zu berücksichtigen seien. Dementsprechend hätten auch frühere Berufskollegen schon vor 1945 den Knappschaftssold erhalten. Er bezog sich auf eine Bescheinigung des ehemaligen Amtmanns der sudetendeutschen Knappschaft in B..., R... S..., nach welcher seit dem Frühjahr 1943 eine von dem Präsidenten der Reichsknappschaft, J... gezeichnete Anweisung bestanden haben solle, daß der Knappschaftssold auch dann zu gewähren sei, wenn Bergbau-Angestellte vor dem 1. Oktober 1938 bei der Allgemeinen Pensionsanstalt in Prag versichert gewesen seien. Die daraufhin vom Knappschafts-Oberversicherungsamt bei dem Amtmann S... und dem ehemaligen Präsidenten der Reichsknappschaft J... eingeholten Auskünfte ergaben jedoch, daß lediglich eine Verordnung des Reichsarbeitsministers vorbereitet worden ist mit dem Ziel, die bei der Allgemeinen Pensionsanstalt in P... vor dem 1. Januar 1939 zurückgelegten Versicherungszeiten als Beitragsmonate im Sinne des § 9 der Verordnung vom 4. Oktober 1942 anzusehen, daß es aber durch die Kriegsereignisse zu dem Erlaß einer solchen Verordnung nicht mehr gekommen ist. Soweit Leistungen gewährt worden seien, habe es sich um eine Vorwegnahme der in Aussicht gestellten Verordnung gehandelt.
Nach Inkrafttreten des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (FAG) vom 7. August 1953 vertrat der Versicherte die Ansicht, daß sein Anspruch vom 1. April 1952 an gemäß § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG begründet sei. Aus dieser Vorschrift gehe eindeutig hervor, daß die im Bergbau zurückgelegten Versicherungszeiten stets in der knappschaftlichen Rentenversicherung angerechnet werden müßten.
Auf Aufforderung des SG brachte der Versicherte zwei eidesstattliche Versicherungen von Arbeitskollegen, des ehemaligen Revisors bei der früheren B... Kohlen-Bergbau-Gesellschaft I... S... und des ebenfalls dort beschäftigt gewesenen Markscheiders W... K... bei, in denen bescheinigt ist, daß der Versicherte von 1919 bis 1939 auf verschiedenen Schächten der B... Kohlen-Bergbau-Gesellschaft als Hauer und Grubensteiger und von 1939 bis 1945 als Markscheider unter Tage tätig gewesen ist.
Der Versicherte und ursprüngliche Kläger beantragte, ihm Knappschaftssold für die Zeit vom 1. April 1952- an zu gewähren.
Die Hannoversche Knappschaft, die ursprüngliche Beklagte, beantragte, die Klage abzuweisen. Sie vertrat die Auffassung, § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG sei im vorliegenden Falle nicht anwendbar. Für Fremdrentner nach § 1 FAG gelte nach § 2 grundsätzlich das Bundesrecht unter Berücksichtigung der in den §§ 3 bis 7 vorgesehenen Besonderheiten. Nach § 3 seien, wenn eine der sogenannten Einführungsverordnungen Platz greife, deren Vorschriften maßgebend für die Prüfung, ob die Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien und zu Lasten welchen Rentenversicherungsträgers die erworbenen Anwartschaften gingen. Der § 6 Abs. 1 der Sudetenverordnung vom 27. Juni 1940 bestimme, daß die nach Art. 7 Abs. 1 des Abkommens vom 14. März 1940 von Trägern der Reichsversicherung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten als Versicherungszeiten des entsprechenden Zweiges der Reichsversicherung gelten sollten. Da die sudetendeutschen Bergbau-Angestellten in der tschechischen Angestelltenversicherung versichert gewesen seien, müßten deren bis zur Einführung des Reichsrechts zurückgelegten Versicherungszeiten als bei der Deutschen Angestelltenversicherung zurückgelegte Zeiten angesehen werden.
Das SG Hannover verurteilte die ursprüngliche Beklagte, die H... Knappschaft, durch Urteil vom 11. April 1956, dem Kläger Knappschaftssold für die Zeit vom 1. April 1952 zu zahlen und ihm die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG lägen vor, da der ursprüngliche Kläger nachgewiesen habe, daß er in der Zeit vom 1. Mai 1923 bis 30. September 1938 Unter-Tage-Arbeit im Bergbau ausgeübt habe. Da er unter Anrechnung dieser Beitragsmonate mehr als 300 Monate knappschaftlicher Rentenversicherung nachgewiesen und während dieser Zeit mehr als 180 Monate wesentlich bergmännische Arbeiten geleistet habe, seien die Voraussetzungen für die Gewährung des Knappschaftssolds für die Zeit vom 1. April 1952 an gegeben.
Gegen das ihr am 17. Mai 1956 zugestellte Urteil hat die H... Knappschaft am 1. Juni 1956 Berufung beim LSG in Celle eingelegt.
Sie wiederholte im wesentlichen ihren schon in erster Instanz vertretenen Rechtsstandpunkt. Aus dem Umstand, daß für den Versicherten von 1938 bis 1942 Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet worden seien, sei zu entnehmen, daß er während dieser Zeit keine oder nur gelegentlich wesentliche bergmännische Arbeiten verrichtet habe.
Sie beantragte,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Bescheide vom 19. Juni und 30. März 1951 wieder herzustellen.
Der ursprüngliche Kläger beantragte,
die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptete, daß er auch in der Zeit von 1938 bis 1945 unter. Tage gearbeitet habe und legte Gehaltsabrechnungen vom 15. September 1939, 1. Dezember 1939, 15. Dezember 1940 und 1. Januar 1945 vor, aus denen sich ergibt, daß er vom 1. Mai 1939 bis zum 31. Dezember 1940 und im Januar 1945 eine Grubendienstzulage bezogen hat. Er gab ferner einen Übersetzungsauszug des Arbeitsausschusses für Sozialversicherung vom 27. Juni 1955 zu den Akten, aus dem sich seine Versicherungszeiten bei der Pensionsanstalt in P... und der Revierbruderlade in B... ergeben.
Das LSG in Celle erließ am 5. Dezember 1957 folgendes Urteil:
Die Berufung der H... Knappschaft gegen das Urteil des SG Hannover vom 11. April 1956 wird zurückgewiesen. Sie hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Zwar stelle die Wartezeit von 300 Monaten eine besondere Wartezeit dar, die in knappschaftlich versicherten Betrieben erfüllt sein müsse. Die Beiträge müßten der Knappschaft daher tatsächlich zugeflossen sein. Die Beiträge, die zu einem anderen Versicherungszweig gezahlt worden seien, könnten grundsätzlich keine Anrechnung finden, und zwar selbst dann nicht, wenn sie für wesentlich bergmännische Arbeiten entrichtet worden seien. Diese Regelung greife aber dann nicht ein, wenn, wie hier, der Versicherte unter die Vorschriften des FAG falle. Im vorliegenden Fall sei § 3 FAG in Verbindung mit § 6 der Sudetenverordnung nicht anwendbar, da § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG als Spezialgesetz vorgehe. Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung sei auch sachlich gerechtfertigt, denn wenn nach § 6 der Sudetenverordnung sogar Beitragszeiten solcher Personen in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen seien, die nicht in bergmännischen Unternehmen beschäftigt gewesen seien, müßten erst recht die für einen anderen Versicherungszweig nachgewiesenen Versicherungszeiten solcher Personen, die Bergarbeit unter Tage geleistet haben, in der knappschaftlichen Rentenversicherung angerechnet werden. Da der Versicherte demnach im Bergbau eine Versicherungszeit von 300 Monaten zurückgelegt habe und auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt seien, stehe ihm Knappschaftssold bzw. - vom 1. Januar 1957 an - Bergmannsrente zu.
Gegen das ihr am 11. Januar 1958 zugestellte Urteil hat die H... Knappschaft am 25. Januar 1958 Revision eingelegt.
Nach dem inzwischen erfolgten Ableben des Versicherten nahm die Klägerin, die mit ihm bis zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt hatte, den Rechtsstreit auf.
Das Bundessozialgericht (BSG) hob in seiner Entscheidung vom 16. April 1959 das Urteil des LSG Celle vom 5. Dezember 1957 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Der inzwischen verstorbene Ehemann der Klägerin sei im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 FAG in der gesetzlichen Rentenversicherung bei stillgelegten deutschen Versicherungsträgern versichert gewesen, da die bei der Bruderlade zurückgelegten Beitragszeiten auf die Reichsknappschaft und die bei der tschechoslowakischen Angestelltenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten auf die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA) übergegangen seien (§ 6 der Verordnung vom 27. Juni 1940 - RGBl I 957 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Abkommens vom 14. März 1940 - RGBl II 108 - in Kraft gesetzt durch die Verordnung vom 25. April 1940 - RGBl II 107 -) und diese als stillgelegte Versicherungsträger aufzufassen seien (BSG 4, 96; 6, 250). Der zuständige Versicherungsträger sei daher unter entsprechender Anwendung der allgemeinen Wanderversicherungsvorschriften gemäß § 7 FAG die Ruhrknappschaft. Durch eine zwischen den Knappschaften getroffene Verwaltungsvereinbarung könne die gesetzliche Zuständigkeitsregelung nicht abgeändert werden.
Im Laufe des weiteren Verfahrens vor dem LSG wurde durch Beschluß vom 12. Juni 1959 die R... in B... beigeladen. Diese schloß sich dem von der H... Knappschaft vertretenen Rechtsstandpunkt an.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 27. November 1959 nahm die Klägerin die Klage gegen die Bescheide der H... Knappschaft zurück und beantragte,
die R... zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin ihres am 7. März 1959 verstorbenen Ehemannes für die Zeit vom 1. April 1952 bis 31. Dezember 1956 Knappschaftssold und für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis 31. März 1959 Bergmannsrente zu gewähren.
Die R... beantragte,
die Klage abzuweisen.
Das LSG folgte der Rechtsauffassung der Klägerin und erließ am 27. November 1959 folgendes Urteil:
Die Beigeladene (d.h.also die R...) wird verurteilt, der Klägerin nach ihrem am 7. März 1959 verstorbenen Ehemann J... G... für die Zeit vom 1. April 1952 bis zum 31. Dezember 1956 Knappschaftssold und vom 1. Januar 1957 bis 31. März 1959 Bergmannsrente zu zahlen.
Die Beigeladene hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
In den Gründen wiederholte das Berufungsgericht im wesentlichen die schon in seinem Urteil vom 5. Dezember 1957 angeführten Gründe. Zusätzlich führte es noch aus, der Gesetzgeber sei bei Erlaß des FAG in seinem Bestreben, die Ausgleichung möglichst weitgehend durchzuführen, mit der Fassung des § 4 FAG offensichtlich bewußt über die allgemeine Regelung des § 6 der Sudetenverordnung hinausgegangen; § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG müsse daher auf Fälle dieser Art Anwendung finden.
Gegen das ihr am 22. Januar 1960 zugestellte Urteil legte die R... durch Schriftsatz vom 4. Februar 1960, beim BSG eingegangen am 5. Februar 1960, Revision ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 1. März 1960, eingegangen beim BSG am 8. März 1960. Das LSG habe die Vorschriften der §§ 103 Satz 1, 128 Abs. 1 SGG und der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 2 FAG verletzt.
Ihre Verurteilung zur Gewährung der Bergmannsrente für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis 31. März 1959 sei schon deshalb unrichtig, weil nicht festgestellt worden sei, daß der Versicherte 180 Monate Hauer- oder gleichgestellte Arbeiten im Sinne der Hauerarbeiten-Verordnung (HaVO) vom 4. März 1958 (vgl. §§ 49 Abs. 6 und 59 Abs. 2 RKG) verrichtet habe. Da der Versicherte auch als Markscheider bzw. Vermessungssteiger gearbeitet haben solle, sei im Hinblick auf § 5 Nr. 5 HaVO eine Klärung in dieser Richtung unerläßlich gewesen. Das Vordergericht habe somit gegen § 103 Satz 1 SGG verstoßen. Der gerügte Verfahrensmangel sei auch wesentlich. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, daß das Berufungsgericht zu der Feststellung gekommen wäre, daß der Versicherte nicht mindestens 180 Kalendermonate Hauer- oder diesen gleichgestellte Arbeiten unter Tage verrichtet habe, so daß aus diesem Grunde ein Anspruch auf Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG in Verbindung mit § 49 Abs. 2 RKG nicht gegeben sei.
Vor allem aber sei die Auffassung des Berufungsgerichts, der Versicherte habe die für den Knappschaftssold vorgeschriebene Wartezeit von 300 Beitragsmonaten (vgl. § 9 der Verordnung vom 4. Oktober 1942 - RGBl I 569 -) in der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt, rechtsirrig.
Für die Fremdrenten nach § 1 FAG gelte gemäß § 2 aaO grundsätzlich das Bundesrecht unter Berücksichtigung der in den §§ 3 bis 7 aaO vorgesehenen Besonderheiten. Nach § 3 aaO gälten die Vorschriften über die Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechts in Gebieten, die nach dem 31. Dezember 1937 vorübergehend dem Deutschen Reich eingegliedert gewesen seien oder unter deutscher Verwaltung gestanden hätten insoweit, als sie sich auf die Voraussetzungen und das Ausmaß von Leistungsansprüchen und Rentenanwartschaften beziehen. § 6 Abs. 1 der Verordnung vom 27. Juni 1940 über die endgültige Regelung der Reichsversicherung in den ehemaligen tschechoslowakischen, dem Deutschen Reich eingegliederten Gebieten (RGBl 1940 I 957; RGBl 1941 I 116, 697; RGBl 1943 I 565) bestimme, daß die nach Art. 7 Abs. 1 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Regierung des Protektorats Böhmen und Mähren vom 14. März 1940 (RGBl II 108) von Trägern der Reichsversicherung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten (Anwartschaften) als Versicherungszeiten des entsprechenden Zweiges der Rentenversicherung zu gelten hätten. Da der Versicherte als Bergbauangestellter in der tschechoslowakischen. Angestelltenversicherung versichert gewesen sei, seien die Versicherungszeiten bis zur Einführung des Reichsrechts als Zeiten der Deutschen Angestelltenversicherung anzusehen. Die von dem Versicherten vom 1. Mai 1923 bis September 1938 in der tschechoslowakischen Pensionsversicherung der Angestellten zurückgelegten Versicherungszeiten seien daher nach § 3 Abs. 1 FAG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 der Verordnung vom 27. Juni 1940 aus der Deutschen Angestelltenversicherung zu entschädigen und könnten bei der Prüfung, ob die Wartezeit von 300 Monaten für den Knappschaftssold erfüllt sei, nicht berücksichtigt werden (vgl. RVA, AN 1935, 61; KOVA Dortmund, Mitteilungen der Ruhrknappschaft 1952, 18, 118).
Wollte man der Auffassung des Vordergerichts folgen und die in der tschechoslowakischen Pensionsversicherung der Angestellten in F... zurückgelegte Zeit nicht aus der dieser entsprechenden Deutschen Angestelltenversicherung, sondern in Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG aus der knappschaftlichen Rentenversicherung entschädigen, so würde das zu Leistungen führen, die nicht gerechtfertigt wären und dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Rentenberechtigten widersprächen. Denn dies würde eine Besserstellung der sudetendeutschen Bergbauangestellten über Tage gegenüber den deutschen Bergbauangestellten über Tage, die vom 1. Januar 1938 bis zum 31. Mai 1949 in der Angestelltenversicherung versichert gewesen seien und denen für diese Zeiten auch nur die Leistungen der Angestelltenversicherung gewährt würden, zur Folge haben.
Zu beachten sei noch, daß die sudetendeutschen Bergbauangestellten neben der tschechoslowakischen Angestelltenversicherung der sogenannten "B... Zusatzversicherung" angehört hätten. Den sudetendeutschen Bergbauangestellten ständen daher neben den gesetzlichen Angestelltenversicherungsleistungen die bis zum 30. September 1938 in der B... Zusatzversicherung erworbenen Zusatzleistungen zu. Sollte bei der Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG der Auffassung des Vordergerichts gefolgt werden, so würden die sudetendeutschen Bergbauangestellten trotz Beitragsleistung zu einer der deutschen Angestelltenversicherung entsprechenden Versicherung Anspruch auf die Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung und darüber hinaus noch auf die Leistungen aus der Brüxer Zusatzversicherung haben. Dies könne jedoch unmöglich richtig sein.
Seien nach der zwingenden Regelung des § 3 Abs. 1 FAG die Beitragszeiten des verstorbenen Versicherten für die Zeit vom 1. Mai 1923 bis September 1938 keine knappschaftlichen Zeiten, so sei für die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG kein Raum. Wollte man diese Vorschrift, wie in dem angefochtenen Urteil, als Spezialgesetz ansehen, so wäre § 3 Abs. 1 FAG überflüssig. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG könne nur dann zur Anwendung kommen, wenn für die Entschädigung einer Beitragsleistung eine Einführungsverordnung nicht in Betracht komme oder eine Versicherung nach Reichsrecht nicht bestanden habe, wie es zB bei Versicherungszeiten in Ungarn, Rumänien und Bulgarien der Fall sei.
Aus dem gleichen Grunde könne auch die Beitragszeit von Oktober 1938 bis Ende 1942 nicht knappschaftlich angerechnet werden. G... habe für diesen Zeitraum nach Einführung der deutschen Sozialversicherung im Sudetenland weiterhin nur Beiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet, und zwar insgesamt 36 Beitragsmonate. Hieraus gehe gleichzeitig hervor, daß er nicht als Untertage-Angestellter angesehen worden sei, da anderenfalls zumindest vom 1. Oktober 1938 an für ihn Beiträge zur Angestelltenpensionskasse der Sudetendeutschen Knappschaft in B... entrichtet worden wären. Die Nichtentrichtung dieser Beiträge lasse den Schluß zu, daß G... nicht der Versicherungspflicht nach den §§ 1, 28 RKG aF unterlegen habe. Es könne also nur die Versicherungszeit bei der Revierbruderlade in Brüx vom 1. Juni 1919 bis zum 30. April 1923, d.s. 47 Monate, als Wartezeit für den Knappschaftssold berücksichtigt werden.
Sie beantragt,
das Urteil des LSG in Celle vom 27. November 1959 und das Urteil des SG in Hannover vom 11. April 1956 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, daß eine nochmalige Feststellung durch das Berufungsgericht, ob der Ehemann der Klägerin 180 Monate wesentlich bergmännische Arbeiten verrichtet habe, nicht mehr notwendig gewesen sei, da auf Grund der vom Ehemann der Klägerin beigebrachten eidesstattlichen Versicherungen des I S... und des W... K... bereits festgestanden habe, daß die Voraussetzungen des Knappschaftssolds und der Bergmannsrente gegeben seien. Auch daraus, daß die sudetendeutschen Bergbauangestellten der B... Zusatzversicherung angehört haben, könne nichts Negatives gefolgert werden, da es sich vom 1. Januar 1929 an um eine freiwillige Versicherung gehandelt habe, die der Höherversicherung gleichzustellen sei. Im übrigen sei das Vorbringen der R... auch durch das FAG überholt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist, da das LSG sie zugelassen hat, auch statthaft. Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen somit nicht. Es konnte ihr auch der Erfolg nicht versagt bleiben.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27. November 1959 vor dem Berufungsgericht die Klage gegen die H... Knappschaft zurückgenommen und sie nunmehr gegen die R... gerichtet hat, ist letztere alleinige Beklagte - und nicht mehr Beigeladene - in diesem Rechtsstreit. Diese Klageänderung ist nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig, da sich die übrigen Beteiligten in dieser mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben, ohne der Änderung zu widersprechen.
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die Zulässigkeit der Berufung. Insbesondere steht § 146 SGG der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen, da bei Anwendung dieser Vorschrift nicht der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sondern der Zeitpunkt des Erlasses des erstinstanzlichen Urteils (§ 146 SGG aF) oder der Einlegung der Berufung (§ 146 SGG idF des 2. Änderungsgesetzes zum SGG) vom 25. Juni 1958 (BGBl I 409) maßgebend ist (SozR SGG § 146 Da 1 Nr. 1 und Da 3 Nr. 6). Gleichgültig ob man in diesen Übergangsfällen § 146 SGG in seiner alten Fassung oder in der ihm durch das 2. Änderungsgesetz gegebenen Fassung als anwendbar ansieht (vgl. dazu SozR SGG § 143 Da 2 Nr. 2 und 3), ist die Berufung im vorliegenden Fall zulässig, da sowohl im Zeitpunkt des Erlasses des sozialgerichtlichen Urteils wie auch im Zeitpunkt der Berufungseinlegung noch Rente für unbegrenzte Zeit betroffen war. Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn die Berufung im Laufe des Berufungsverfahrens willkürlich beschränkt worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die im Laufe des Verfahrens vorgenommene Beschränkung der Berufung war vielmehr durch die infolge des Ablebens des Versicherten erfolgte Klagebeschränkung erforderlich geworden.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, nach dem FAG und gegebenenfalls - für die Ansprüche vom 1. Januar 1959 an - nach dem Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG).
Der Versicherte gehört, wie auch nicht streitig ist, zu dem von dem FAG erfaßten Personenkreis, da er in einer gesetzlichen Rentenversicherung bei stillgelegten deutschen Versicherungsträgern, der Reichsknappschaft und der RfA versichert gewesen ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 FAG). Dies gilt nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 aaO auch hinsichtlich der zur Bruderlade in B... und zur Allgemeinen Pensionsanstalt in ... entrichteten Beiträge; denn nach § 6 der Verordnung über die endgültige Regelung der Reichsversicherung in den ehemaligen tschechoslowakischen, dem Deutschen Reich eingegliederten Gebieten vom 27. Juni 1940 (RGBl I 957) -Sudetenverordnung- in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Abkommens vom 14. März 1940 (RGBl II 108), in Kraft gesetzt durch die Verordnung vom 25. April 1940 (RGBl II 107), sind die bei der Bruderlade in B... zurückgelegten Beitragszeiten auf die Reichsknappschaft und die bei der Allgemeinen Pensionsanstalt in P... zurückgelegten Beitragszeiten auf die RfA übergegangen. Da sich der Versicherte bis zu seinem Tode ständig im Bundesgebiet aufgehalten hat und er von keinem dieser beiden Versicherungsträger eine Leistung erhalten hat, sind die Voraussetzungen des § 1 FAG erfüllt.
Weitere Voraussetzung der Anwendung des FAG, das lediglich subsidiären Charakter hat, ist zwar, daß die gegen einen stillgelegten Versicherungsträger bestehenden Ansprüche und Anwartschaften nicht auf einen handlungsfähigen, im Bundesgebiet oder in Berlin (West) belegenen Versicherungsträger durch Rechtsnachfolge übergegangen ist, da dann ein originärer Rechtsanspruch bestehen würde, der die Anwendung des FAG ausschließt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Hinsichtlich der bei der RfA zurückgelegten und der auf sie übergegangenen Versicherungszeiten ergibt sich dies aus dem Urteil des 1. Senats des BSG vom 29. Oktober 1956 (BSG 4, 96 [98 f.]). Hinsichtlich der bei der Reichsknappschaft zurückgelegten und der auf sie übergegangenen Versicherungszeiten ist zwar zu beachten, daß nach der Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 9. Januar 1958 (BSG 6, 245 [248 ff]) die heutigen Knappschaften grundsätzlich jedenfalls Rechtsnachfolger der Reichsknappschaft geworden sind. Für die hier in Frage stehenden Versicherungszeiten gilt dies jedoch ausnahmsweise nicht, weil die der heutigen H... Knappschaft gebietlich entsprechende frühere H... Bezirksknappschaft für den Kläger nicht originär zuständig war, er in ihrem Bezirk niemals knappschaftlich versichert gewesen ist.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich gemäß § 2 aaO nach den im Bundesgebiet geltenden Vorschriften unter Berücksichtigung der in den §§ 3 bis 7 aaO vorgesehenen Besonderheiten.
Nach Bundesrecht wäre der Anspruch der Klägerin nicht gegeben, da der Versicherte die nach § 9 der Verordnung über die Neuregelung der Rentenversicherung im Bergbau vom 4. Oktober 1942 (RGBl I 569) und § 49 Abs. 2 RKG für den Knappschaftssold bzw. die Bergmannsrente vorgeschriebene Wartezeit von 300 Beitragsmonaten nicht erfüllt hat. Bei der Berechnung der Wartezeit für diese speziellen knappschaftlichen Renten können nur diejenigen Versicherungszeiten berücksichtigt werden, die in der knappschaftlichen Rentenversicherung zurückgelegt worden sind. Selbst wenn man die von der Klägerin nachträglich noch als entrichtet behaupteten 15 zusätzlichen Beitragsmonate berücksichtigen könnte, würde diese Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung schon deshalb nicht erfüllt sein, weil jedenfalls die von 1938 bis 1942 zur RfA entrichteten Beiträge keinesfalls knappschaftliche Beiträge sind. Zwar sind nach § 1544 a Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF bei Wanderversicherten grundsätzlich die in allen Versicherungszweigen zurückgelegten Beitragszeiten für die Wartezeit zusammenzurechnen; hiervon ist jedoch die Wartezeit für die Knappschaftsrente und die Witwenrente der knappschaftlichen Rentenversicherung ausgenommen. Wenn auch der Knappschaftssold hier nicht ausdrücklich erwähnt ist, so muß doch für ihn Entsprechendes gelten, da für ihn dieselben Gründe maßgebend sind, die bei der Knappschaftsrente und der Witwenrente zu einer Sonderregelung geführt haben. Es sollte mit dieser Vorschrift der sonst anerkannte Grundsatz der Gleichwertigkeit aller Versicherungsbeiträge bei Wanderversicherten nicht gelten, wenn es sich um Sonderleistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung handelt, diese sollten vielmehr an die Zurücklegung besonderer knappschaftlicher Versicherungszeiten mit ihren höheren Beiträgen geknüpft sein. Dieser Grund trifft aber für den Knappschaftssold ebenfalls zu.
Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, kann § 3 Abs. 1 FAG auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechts in Gebieten, die nach dem 31. Dezember 1937 vorübergehend dem Deutschen Reich eingegliedert gewesen sind oder unter deutscher Verwaltung gestanden haben, insoweit, als sie sich auf "die Voraussetzungen und das Ausmaß von Leistungsansprüchen und Rentenanwartschaften" beziehen. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird § 6 Abs. 1 der Sudetenverordnung von dieser Vorschrift nicht erfaßt, da er lediglich die Frage regelt, welchem deutschen Versicherungszweig die bei tschechoslowakischen Versicherungsträgern zurückgelegten Versicherungszeiten zuzuordnen sind, aber keine Bestimmung über die Voraussetzungen und das Ausmaß von Leistungsansprüchen und Anwartschaften enthält. Der Umstand, daß im vorliegenden Fall die Zuordnung der entrichteten Beiträge zu dem einen oder anderen Versicherungszweig mittelbar von Bedeutung dafür ist, ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs gegeben sind, ist hierbei ohne Bedeutung; er ändert nichts daran, daß es sich bei § 6 aaO nur um die Zuordnung der entrichteten Beiträge zu den deutschen Versicherungszweigen handelt. Die Frage der Zuordnung der Beiträge aber wird für die vom FAG erfaßten Versicherungszeiten ausschließlich durch § 4 Abs. 2 FAG geregelt.
Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, daß die in § 4 Abs. 2 Satz 4 aaO getroffene Regelung, nach welcher alle im Bergbau zurückgelegten Zeiten ohne jede Einschränkung, also auch dann, wenn für sie weder nach dem betreffenden ausländischen noch nach Reichsrecht Beiträge zur Knappschaft zu entrichten gewesen wären, sehr weitgehend ist. Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 4 aaO, der davon spricht, daß auf Grund einer Pflicht- oder freiwilligen Versicherung im Bergbau zurückgelegte Zeiten "stets" der knappschaftlichen Rentenversicherung anzurechnen sind, ist aber so eindeutig, daß ernsthaft kaum etwas gegen die Auffassung des Berufungsgerichts und der Klägerin eingewandt werden kann, daß alle für eine im Bergbau verrichtete Tätigkeit entrichteten Beiträge, selbst wenn sie weder nach dem betreffenden ausländischen Recht noch nach Reichsrecht zur knappschaftlichen Versicherung entrichtet waren oder gewesen wären, jetzt als knappschaftliche Beiträge behandelt werden müssen. Dies um so mehr, als auch der Sinnzusammenhang keine einschränkende Auslegung zuläßt, da aus dem diesem Satz vorhergehenden, die Angestelltenversicherung betreffenden Satz deutlich zu entnehmen ist, daß der Gesetzgeber bei diesen Regelungen bewußt zu Gunsten der Versicherten über die reichsrechtlichen Vorschriften hinausgehen wollte.
Allerdings nimmt der erkennende Senat an, daß der Gesetzgeber bei Fassung des Satzes 4 dieser Vorschrift davon ausgegangen ist, daß die unmittelbar zur RfA entrichteten Beiträge nicht unter das FAG fallen würden, weil die aus ihnen entspringenden Leistungen und Anwartschaften im Wege der Rechtsnachfolge auf die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) übergehen würden und damit das FAG, das, wie bereits ausgeführt, nur subsidiären Charakter hat, insoweit nicht in Betracht komme. Es ist nicht vorstellbar, daß der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG den durch § 127 des Gesetzes über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937 (RGBl I 1393) eingeführten und bis zum 31. Mai 1949 geltenden Rechtszustand, nach welchem die in knappschaftlich versicherten Betrieben nicht mit wesentlich bergmännischen Arbeiten beschäftigten Angestellten in der Angestelltenversicherung und nicht in der Knappschaft versichert waren, rückgängig machen wollte; denn dies würde bedeuten, daß für alle diese Angestellten, also auch für die, welche stets im Gebiet der heutigen Bundesrepublik und in Berlin (West) ihren Wohnsitz gehabt haben - da auch sie ihre Beiträge zu einem später stillgelegten Versicherungsträger, der RfA - entrichtet haben, diese Zeit rückwirkend als knappschaftlich versicherte Zeit mit den für sie günstigeren rechtlichen Folgen angesehen werden müßte, obwohl sie während dieser Zeit nur die niedrigeren Beiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet haben. Wenn der Gesetzgeber diese schwerwiegende und kaum zu rechtfertigende Folge wirklich gewollt hätte, würde er dies zudem sicherlich nicht nur, wie hier, sozusagen nebenbei, sondern in einer diese Frage irgendwie im einzelnen regelnden besonderen Vorschrift bestimmt haben. Es ist aber auch überhaupt kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, daß dieser abgeschlossene Rechtszustand heute noch nachträglich geändert werden sollte. Allerdings ist dieser dem Gesetzgeber des § 4 Abs. 2 Satz 4 FAG vorschwebende Gedanke des Übergangs der Leistungen und Anwartschaften von der RfA auf die BfA, wie später durch Urteil des 1. Senats des BSG vom 29. Oktober 1956 (BSG 4, 91 ff) klargestellt worden ist, in dem Gesetz über die Errichtung der BfA vom 7. August 1953 (RGBl I 857) nicht zur Ausführung gelangt. Dies ändert aber nichts daran, daß der Gesetzgeber des § 4 Abs. 2 Satz 4 aaO von dieser Vorstellung ausgegangen ist, so daß diese Vorschrift dahin auszulegen ist, daß die unmittelbar zur RfA entrichteten Beiträge nicht von § 4 Abs. 2 Satz 4 aaO erfaßt werden, sondern nach wie vor Angestelltenversicherungsbeiträge und nicht knappschaftliche Beiträge sind.
Da es somit schon an der für den Knappschaftssold erforderlichen Wartezeit von 300 Beitragswochen fehlt, bedurfte es keiner Prüfung, ob der Versicherte 180 Monate wesentlich bergmännische Arbeiten verrichtet hat; denn der Rentenanspruch ist schon aus diesem Grunde unbegründet.
Nach dem FANG besteht ein Anspruch der Klägerin schon deshalb nicht, weil es sich bei den für den Versicherten von 1938 bis 1942 zur RfA entrichteten Beiträgen nicht um Beitragszeiten handelt, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind (§ 15 FANG i.V.m. § 3 FANG) Diese nach Reichsrecht zurückgelegten Beitragszeiten sind viel mehr nach den allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften anzurechnen. Dabei zählen zu den nach Reichsrecht zurückgelegten Versicherungszeiten nicht nur solche, die im früheren Reichsgebiet nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 entrichtet sind, sondern auch solche, die außerhalb dieses Gebiets auf Grund Reichsrechts zurückgelegt worden sind, also auch diejenigen, die nach Einführung der deutschen Sozialversicherung im Sudetenland nach deutschem Recht entrichtet worden sind. Die für den Versicherten von 1938 bis 1942 entrichteten Beiträge sind nach § 27 Abs. 1 a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) idF des Art. 3 Nr. 1 FANG Zeiten der Angestelltenversicherung und keine knappschaftlichen Versicherungszeiten, wie auch durch § 50 Abs. 2 Satz 1 RKG idF des Art. 4 FANG bestätigt wird. Nach dieser letzten Vorschrift sind anrechnungsfähige knappschaftliche Versicherungszeiten nur Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der deutschen knappschaftlichen Rentenversicherung Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung wirksam entrichtet worden sind. Diese Voraussetzungen aber sind nicht erfüllt.
Da somit der Anspruch der Klägerin schon aus diesem Grunde nicht gegeben ist, mußten das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen