Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31. März 1992 und des Sozialgerichts Duisburg vom 24. Mai 1991 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 28. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1990 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung eines Beitragszuschusses zu den Aufwendungen für eine private Krankenversicherung.
Die 1931 geborene Klägerin erhält von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit September 1989 (Bescheid vom 28. Dezember 1989). Seit Februar 1990 ist sie von der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) befreit, weil sie durch ihren Ehemann bei der Postbeamtenkrankenkasse mitversichert ist. Der Ehemann der Klägerin, der Mitglied dieser Krankenkasse ist, hat für sie Anspruch auf die nach dem Kostenerstattungsprinzip ausgestalteten Leistungen der Grundversicherung und der Zusatzversicherung dieser Krankenkasse. Hierfür muß er Beiträge entrichten, die im Vergleich zu einer Alleinversicherung um zunächst ca 60,00 DM, später ca 70,00 DM monatlich höher sind.
Den Antrag der Klägerin, ihr einen Zuschuß zu den Aufwendungen für diese Krankenversicherung zu gewähren, lehnte die BfA mit dem streitigen Bescheid vom 28. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1990 ab, weil eine echte Mitversicherung ohne eigene Anspruchsberechtigung hierfür nicht ausreiche.
Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Beklagte unter Aufhebung des streitigen Bescheides zur Gewährung des begehrten Beitragszuschusses verurteilt (Urteil vom 24. Mai 1991). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 31. März 1992). Das Berufungsgericht ist folgender Ansicht: Die Klägerin könne den Beitragszuschuß nach § 83e Abs 1 Nr 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und seit Januar 1992 nach § 106 Abs 1 Satz 1 Regelung 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) beanspruchen, weil sie im Innenverhältnis zu ihrem Ehemann verpflichtet sei, aus ihrer Rente dessen zusätzliche Aufwendungen für ihren Krankenversicherungsschutz zu tragen; die zusätzliche Krankenversicherungsprämie sei risikobemessen. Es sei hingegen nicht von entscheidender Bedeutung,
„wie ihr privater Krankenversicherungsvertrag organisiert sei, ob sie zB selbst direkter Vertragspartner der Krankenversicherung sei und gegenüber der Krankenversicherung eigene Ansprüche – ohne Mitwirkung ihres Ehegatten – geltend machen könne”. Dies seien mehr formale Gesichtspunkte, die für den eigentlichen Sinn des Beitragszuschusses in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht tragend seien.
Zur Begründung ihrer – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 83e Abs 1 Nr 2 AVG und von § 106 Abs 1 Satz 1 SGB VI; ferner habe das LSG die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) verletzt. Das Berufungsgericht habe den Begriff der „Aufwendungen” unzulässig ausgedehnt. Zwar habe es sich der Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG in SozR 2200 § 1314e Nr 19 mwN) zunächst angeschlossen, nach der für die Gewährung eines Beitragszuschusses ein eigenständiger Versicherungsschutz erforderlich sei, bei dem die Durchsetzung der Ansprüche nicht von der Disposition Dritter abhänge. Dann aber habe es eine Kehrtwendung vollzogen und nur noch darauf abgestellt, daß die Klägerin zu eigenen Aufwendungen für den Krankenversicherungsschutz verpflichtet sei, weil sie die Mehrbelastung ihres Ehemannes im Innenverhältnis letztlich tragen müsse. Hierbei habe es die Tragweite eines obiter dictum in der vorgenannten Entscheidung des BSG verkannt. Wenn das BSG dort die Gewährung eines Beitragszuschusses allenfalls dann in Betracht gezogen habe, wenn der Rentner im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer diesem zum Ersatz der für ihn verauslagten Prämien verpflichtet sei, könne sich das nur als Andeutung einer Fortentwicklung der Rechtsprechung für Fälle darstellen, in denen der Versicherungsnehmer als gesetzlicher Treuhänder das Innenverhältnis zum Versicherten so gestalte, daß ihm dieser nach bürgerlichem Recht zum Ausgleich verpflichtet sei; eine weitere Anwendungsmöglichkeit könne sich dann auftun, wenn auch der Ehemann in der gesetzlichen Rentenversicherung Mitglied sei oder wenn die Mitversicherte laut Versicherungsbedingungen eine eigene Versicherungsnummer besitze. Hingegen könne es nicht auf Ansprüche aus bürgerlichem Eherecht ankommen. Das weitere Vorbringen der Beklagten ergibt sich aus ihren Schriftsätzen vom 28. Juli und vom 24. September 1992 (Bl 17 bis 25, 32 bis 35 der Streitakte des BSG).
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des SG Duisburg vom 24. Mai 1991 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, nicht das LSG, sondern die Beklagte habe aus dem obiter dictum falsche Schlüsse gezogen. Eine die Gewährung eines Beitragszuschusses rechtfertigende Verpflichtung, dem Ehegatten zusätzliche Aufwendungen für den Krankenversicherungsschutz zu erstatten, könne sich aus dem Eherecht ergeben. Dies sei durch § 77 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nicht ausgeschlossen und entspreche den Grundsätzen, die zu den §§ 426 und 257 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entwickelt worden seien. Zum gleichen Ergebnis komme man auch über § 670 BGB. Im übrigen habe das LSG die Aussage des Ehemannes der Klägerin zutreffend gewürdigt. Inzwischen hätten die Eheleute die Erstattung des auf die Klägerin entfallenden Beitragsanteils durch einen Dauerauftrag zulasten des Kontos der Klägerin und zugunsten ihres Ehemannes geregelt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen den Auffassungen der Vorinstanzen steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Beitragszuschuß nicht zu.
Gemäß § 83e Abs 1 Nr 2 Regelung 2 AVG erhält der Rentenbezieher, der bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert ist, zu seiner Rente einen Zuschuß zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Diese Vorschrift ist wortgleich in § 106 Abs 1 Satz 1 SGB VI, der seit dem 1. Januar 1992 gilt, übernommen worden. Insoweit ist es beim bisherigen Rechtszustand verblieben (BT-Drucks 11/4124 und 11/4452, Begründung zu § 105 des Entwurfs, dort Abs 1 Satz 2). Die Klägerin ist seit Februar 1990 bei der Postbeamtenkrankenkasse nicht im Sinne der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen „versichert”.
Der erkennende Senat (BSG SozR 2200 § 1304e Nr 19 S 28 mwN; zustimmend Hauck in Hauck/Haines, SGB VI K § 106 Rz 7; Hoernick/Jorks, Rentenversicherung, Komm, Stand: November 1991, § 1304e RVO Anm 4) hat in Fortführung der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl auch Urteil vom 2. August 1989 – 1 RA 33/88) betont, daß eine Mitversicherung über einen anderen Versicherungsnehmer, zB im Rahmen einer sog Familienversicherung über den Ehemann, nicht ausreicht. Der Rentenbezieher hat eine die Gewährung des Beitragszuschusses rechtfertigende Versicherteneigenschaft nur dann erlangt, wenn er mit dem privaten Versicherungsunternehmen in einem gegenseitigen, entgeltlichen Versicherungsverhältnis steht, in dem er selbst Versicherungsnehmer oder beitragspflichtiger (Mit-)Versicherter mit einem eigenen, nicht von den Dispositionen eines Dritten abhängigen Anspruch auf Versicherungsleistungen ist. Der vorliegende Rechtsstreit unterscheidet sich von dem im og Urteil des Senats entschiedenen Fall schon dadurch, daß damals das Krankenversicherungsunternehmen bescheinigt hatte, für die Klägerin bestehe ein eigener Leistungsanspruch, so daß es (revisionsrechtlich: § 170 Abs 2 Satz 2 SGG) entscheidend auf die Frage ankam, ob die mitversicherte Ehefrau zu eigenen Beitragsaufwendungen rechtlich verpflichtet war. Demgegenüber hat hier das Berufungsgericht in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise durch Bezugnahme auf die Ausführungen im Urteil des SG festgestellt, daß nur die als Mitglied bei der Postbeamtenkrankenkasse versicherten Personen berechtigt sind, Ansprüche auf Leistungen sowohl für sich selbst als auch für die mitversicherten Angehörigen geltend zu machen; die mitversicherten Angehörigen sind danach auf die Durchsetzung des Anspruchs durch das Mitglied selbst angewiesen. Diese Feststellungen stimmen mit dem Inhalt des § 30 Abs 1 (auch unter Berücksichtigung von Abs 4 aaO) und § 1 Abs 2 Satz 2 der Satzung der Postbeamtenkrankenkasse, einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Rechtspersönlichkeit, überein, nach denen diese Krankenkasse Leistungen „ihren Mitglieder” gewährt und diese „für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch” auf die Leistungen haben. Die Klägerin gehört aber nicht zum Mitgliederkreis (§§ 12, 20 der Satzung).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Erfordernis des eigenen Rechtsanspruchs gegen das Krankenversicherungsunternehmen nicht um einen „formalen Gesichtspunkt”, sondern um eine Grundvoraussetzung des Anspruches auf Beitragszuschuß. Denn der Sinn dieses Beitragszuschusses an privat versicherte Rentner, diese den freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten gleichzustellen, kann nur zum Tragen kommen, wenn die Rechtsstellung des Rentenbeziehers zum privaten Krankenversicherungsunternehmen derjenigen eines Mitgliedes in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Hierauf hat der Senat auch in der vorgenannten Entscheidung ausdrücklich hingewiesen. „Versichert” ist also nur derjenige Rentenbezieher, der (und soweit er – vgl Urteil des 1. Senats des BSG vom 2. August 1989 – 1 RA 33/88) eigene Ansprüche auf Leistungen haben und diese rechtlich selbständig durchsetzen kann. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, das Gesetz habe die Gewährung eines Beitragszuschusses bei privat krankenversicherten Rentner von geringeren Anforderungen abhängig machen wollen.
Die Revision muß also allein schon aus dem von der Beklagten bereits in dem streitigen Bescheid benannten Rechtsgrund Erfolg haben. Auf die zwischen den Beteiligten darüber hinaus umstrittene Frage nach der Ersatzpflicht der Klägerin im Innenverhältnis zu ihrem Ehemann, die sich nur bei einer eigenen Anspruchsberechtigung der Mitversicherten gegenüber dem Krankenversicherungsunternehmen stellen würde, kommt es mithin nicht an. Demgemäß waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen