Leitsatz (amtlich)
Die Minderung oder Entziehung der Rente auf Grund eines Bescheides nach KOV-VfG § 41 ("Berichtigungsbescheides") tritt mit dem Zeitpunkt ein, von dem an der frühere Bescheid über die Rentenbewilligung rechtswirksam ganz oder teilweise zurückgenommen worden ist; BVG § 60 Abs 2 aF (= BVG § 60 Abs 4 S 1 nF) gilt nicht für die Minderung oder Entziehung der Rente auf Grund eines Bescheides nach KOV- VfG § 41.
Leitsatz (redaktionell)
Die Nachprüfbarkeit des Berufungsurteiles im Rahmen der zulässig eingelegten Revision ist nicht auf die Rechtsfrage beschränkt, deren grundsätzliche Bedeutung dem Berufungsgericht Anlaß zur Zulassung der Revision gegeben hat.
Die Verwaltungsvorschrift Nr 10 S 1 zu KOV-VfG § 41 nach der "die Gewährung von Versorgung durch Berichtigungsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft entzogen oder gemindert werden kann, und zwar vom Ablauf des Monats an, der auf die Zustellung des Bescheides folgt", ist mit KOV-VfG § 41 nicht vereinbar.
Normenkette
BVG § 60 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1960-06-27; KOVVfGVwV § 41 S. 1 Nr. 10; KOVVfG § 41 Fassung: 1960-06-27; BVG § 60 Abs. 2 Fassung: 1956-06-06
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. September 1960 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 19. Dezember 1957 werden abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit mit dem "Teilberichtigungsbescheid" vom 15. August 1957 die Rente für die Zeit vom 1. April 1955 an entzogen worden ist.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Durch Bescheid vom 10. Mai 1948 bewilligte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover, Außenstelle Hannover, dem Kläger (geboren am 11.6.1911) auf seinen Antrag vom November 1945 nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 vom 1. August 1947 an Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. wegen "seelischem Erschöpfungszustand, leichter Krümmung des 4. Fingers links mit Narben in Hohlhand und Handrücken, Narbe linke Gesäßhälfte nach Verwundung". Dem Bescheid lag, soweit er den "seelischen Erschöpfungszustand" betraf, ein Gutachten der Nervenärztin Dr. K vom 2. März 1948 zugrunde; der Prüfarzt hatte diesem Gutachten zugestimmt; in einem Rentengutachten vom 28. Oktober 1947 hatte der Facharzt für innere Krankheiten Dr. B diesen Leidenszustand als "Nervöses Herz (funktionelle Herzstörung)" bezeichnet und einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Wehrdienst verneint. Am 20. Juni 1951 erließ das Versorgungsamt (VersorgA) I Hannover ohne ärztliche Nachuntersuchung mit derselben Leidensbezeichnung wie in dem Bescheid vom 10. Mai 1948 den "Umanerkennungsbescheid" nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG); es gewährte weiterhin Rente nach einer MdE um 30 v. H. Nach einer Nachuntersuchung durch Nervenarzt Dr. L erließ das VersorgA am 22. Dezember 1953 einen neuen Bescheid (Rentenentziehungsbescheid), den es auf § 62 Abs. 1 BVG stützte, es stellte fest, ein "seelischer Erschöpfungszustand" bestehe nicht mehr, und entzog - unter Abänderung der Bezeichnung der weiterhin anerkannten Schädigungsfolgen - die Rente vom 1. Februar 1954 an. Der Widerspruch des Klägers wurde am 31. August 1954 zurückgewiesen. Der Kläger erhob Klage. Das Sozialgericht (SG) Hannover erhob Beweis über den Gesundheitszustand des Klägers und hörte als ärztliche Gutachter Dr. B, Dr. L, Dr. D, Dr. B, Dr. St, Dr. M und Dr. T sie führten im wesentlichen aus, der Kläger leide an einer anlagebedingten Neurose - zirkulatorische Dystonie -, auf diesem Leiden beruhe der seelische Erschöpfungszustand, der in dem Bescheid vom 10. Mai 1948 als Schädigungsfolge anerkannt worden sei, der vegetative Symptomkomplex sei durch mangelnde Erlebnisverarbeitung (neurotische Fehlentwicklung) entstanden und werde auch dadurch erhalten. Das VersorgA erließ darauf den "Teilberichtigungsbescheid" vom 15. August 1957, den es auf § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) stützte; es hob die Bescheide vom 10. Mai 1948 und vom 20. Juni 1951 auf, soweit darin "seelischer Erschöpfungszustand" als Schädigungsfolge anerkannt werden war; insoweit lehnte es den Versorgungsantrag ab. Nach den ärztlichen Gutachten und Krankenblättern seien die von Frau Dr. K festgestellten neurasthenischen Erscheinungen nicht Ausdruck von Folgen der Gefangenschaft und Flucht, sie beruhten auf einer anlagebedingten seelischen Fehlhaltung und einer konstitutionell bedingten vegetativen Labilität; etwaige Folgen körperlicher und seelischer Mißhandlungen seien erfahrungsgemäß innerhalb einiger Monate nach Fortfall der schädigenden Einflüsse abgeklungen; die Anerkennung des "seelischen Erschöpfungszustandes" als Schädigungsfolge habe auf einer falschen ärztlichen Beurteilung beruht und sei außer Zweifel tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen. Durch Urteil vom 19. Dezember 1957 hob das SG Hannover den Bescheid vom 22. Dezember 1953, den Widerspruchsbescheid vom 31. August 1954 (im Urteil heißt es unrichtig: vom 31. August 1957) und den Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 auf und verurteilte den Beklagten, dem Kläger über den 1. Februar 1954 hinaus Rente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren. Auf die Berufung des Beklagten änderte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen am 22. September 1960 das Urteil des SG insoweit ab, "als der Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 aufgehoben und der Beklagte verurteilt wurde, eine Versorgungsrente nach einer MdE um 30 v. H. nicht nur über den Monat Januar 1954, sondern auch über den Monat September 1957 hinaus zu gewähren"; im übrigen wies es die Berufung zurück. Die Revision wurde insoweit zugelassen, "als durch das Urteil die Gewährung der Rente bis Ende September 1957 anstatt bis Ende August 1957 gewährt worden ist". Das LSG führte aus: Der Rentenentziehungsbescheid vom 22. Dezember 1953 sei rechtswidrig, eine Besserung der vegetativen Dystenie , des als Schädigungsfolge anerkannten "seelischen Erschöpfungszustandes", sei nicht eingetreten. Dagegen sei der Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 entgegen der Ansicht des SG rechtmäßig. Die Anerkennung des "seelischen Erschöpfungszustandes" als Schädigungsfolge in den Bescheiden von 1948 und 1951 sei tatsächlich und rechtlich zweifelsfrei unrichtig gewesen. Alle ärztlichen Sachverständigen stimmten darin überein, daß der von Frau Dr. K am 2. März 1948 festgestellte "seelische Erschöpfungszustand" ohne Zweifel nicht Schädigungsfolge sei, auch nicht im Sinne der Verschlimmerung. Es sei nicht (im Urteil heißt es offensichtlich irrtümlich "auch") anzunehmen, daß die geringen Verwundungsfolgen an der linken Hand und an der linken Gesäßhälfte, die die Erwerbsfähigkeit allenfalls um 10 v. H. minderten, die seelische Fehlhaltung, die vegetative Dystonie bzw. die Neurose herbeigeführt haben. Sofern der Kläger nach seinen Angaben seit Herbst 1944 bis 1945 besonderen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt gewesen sei, seien sie für die 1948 von Frau Dr. K und seither von den anderen ärztlichen Gutachtern beschriebenen seelischen und körperlichen Zustände nicht ursächlich, da solche rein seelischen Reaktionen nach der anerkannten Lehre der ärztlichen Wissenschaft, der auch die anderen Gutachter gefolgt seien, erfahrungsgemäß in Wochen bis Monaten abklingen. Der Kläger habe jedoch Anspruch auf Weitergewährung der Versorgungsrente bis September 1957, weil der Rentenentziehungsbescheid vom 22. Dezember 1953 rechtsunwirksam gewesen sei und der Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 nur für die Zukunft (ex nunc) wirke, und zwar im vorliegenden Falle erst für die Zeit vom 1. Oktober 1957 an. Da die Zustellung dieses Bescheides an den Kläger als am 24. August 1957 bewirkt gelte, trete der Entzug der Rente nach der hier entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 60 Abs. 2 BVG (in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Ersten Neuordnungsgesetzes - aF -) mit Ablauf des Monats ein, der auf die Zustellung des Bescheides folge, also mit Ablauf des Monats September 1957. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Mai 1960 - 9 RV 416/57 - in dem ausgeführt sei, daß die Entziehung der Rente vom Beginn des Monats an wirke, welcher dem Monat der Zustellung des Bescheides folge, könne sich das LSG nicht anschließen.
Zur Zulassung der Revision führte das LSG aus: "Die Revision mußte teilweise zugelassen werden, weil der Senat von der Entscheidung des BSG vom 5. Mai 1960 - 9 RV 416/57 - abgewichen ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)). Die Beschränkung der Zulassung der Revision auf den Rentenanspruch für den Monat September 1957 leitet der Senat ab aus dem Sinn und Zweck der "Zulassungsrevision", das Revisionsgericht nicht mit der Nachprüfung solcher Sachen zu belasten, die für die Rechtseinheit und Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist ...; die Beschränkung der Zulassung wirkt nur zugunsten des von diesem Anspruch betroffenen Beklagten und nicht für den Kläger, wenn er die Entscheidung des Senats aus einem anderen Grunde anfechten möchte."
Das Urteil wurde dem Beklagten am 31. Oktober 1960 zugestellt. Am 7. November 1960 legte der Beklagte Revision ein, er beantragte,
die Entscheidung des LSG dahingehend zu ändern, daß Versorgungsbezüge nach einer MdE von 30 v. H. nur bis zum 31. März 1955 zu gewähren sind, und die weitergehende Klage abzuweisen.
Zur Begründung führte der Beklagte aus: Es sei unbedenklich, wenn das LSG "die Revision bezüglich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 41 VerwVG ausgeschlossen" habe; soweit das LSG aber die Revision auf die Rentenzahlung für die Dauer eines Monats (September 1957) beschränkt habe, stehe der "Grundsatz der Einheitlichkeit der Entscheidung" entgegen, der Anspruch des Klägers auf Rente über den 1. Februar 1954 hinaus könne nur einheitlich beurteilt werden, das Revisionsgericht habe über den konkreten Streit und nicht über eine abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden. Das Urteil des BSG vom 5. Mai 1960 - 9 RV 416/57 - habe einen Fall betroffen, in dem der "Widerruf" des begünstigenden Verwaltungsakts vor Inkrafttreten des VerwVG ausgesprochen und deshalb der Bescheid nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts zu beurteilen gewesen sei. Der "Widerruf" durch einen Bescheid, der nach dem Inkrafttreten des VerwVG erlassen und auf § 41 VerwVG gestützt werde, sei nicht ebenso zu beurteilen. Nach dem Urteil des BSG vom 26. August 1960 - 11 RV 732/58 - (auszugsweise veröffentlicht in SozR Nr. 9 zu § 41 VerwVG) wirke der "Widerruf" nach § 41 VerwVG grundsätzlich ex tunc, jedoch nicht für die Zeit vor dem Inkrafttreten des VerwVG, also nicht für die Zeit vor dem 1. April 1955. Das LSG habe demnach zu Unrecht das Urteil des SG dahin abgeändert, daß dem Kläger Versorgungsbezüge noch bis 30. September 1957 zustehen.
Der Kläger beantragte,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten wurden im Revisionsverfahren darauf hingewiesen, daß gegen die vom LSG ausgesprochene Beschränkung der Zulassung der Revision Bedenken bestehen; sie äußerten sich aber insoweit nicht mehr.
Beide Beteiligte erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) einverstanden.
II.
Die Revision des Beklagten ist in vollem Umfang statthaft nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG.
Der Beklagte hat dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 1953 die Rente mit Ende Januar 1954 entzogen und mit dem "Teilberichtigungsbescheid" vom 15. August 1957 die früheren Bewilligungsbescheide zurückgenommen. Das SG hat den Rentenentziehungsbescheid und den Teilberichtigungsbescheid aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger "auch über den 1. Februar 1954 hinaus", gemeint ist "über den 31. Januar 1954 hinaus" - also ohne zeitliche Begrenzung - Rente weiterzugewähren. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG dahin abgeändert, daß der Beklagte Rente - nur - bis 30. September 1957 zu gewähren habe, es hat also für die Zeit vom 1. Oktober 1957 an der Berufung stattgegeben ; es hat die Berufung zurückgewiesen , soweit der Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Gewährung von Rente für die Zeit vom 1. Februar 1954 bis 30. September 1957 gewandt hat. Die Revision hat das LSG nur insoweit zugelassen, als im Berufungsverfahren die Verpflichtung zur Gewährung von Rente - auch noch - für den Monat September 1957 streitig gewesen ist. Ob die Berufung des Beklagten insoweit, als sie sich gegen die Verurteilung zur Gewährung von Rente für den Monat September 1957 gerichtet hat, unbegründet ist, ist aber davon abhängig gewesen, ob mit dem Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 die Rente vom 1. Februar 1954 an nach § 41 VerwVG hat entzogen werden dürfen und von welchem Zeitpunkt an die Entziehung rechtswirksam ist, insbesondere ob die Entziehung erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1957 an eingetreten ist. Das Urteil des LSG ist, soweit es den Anspruch des Klägers auf Rente für den Monat September 1957 betrifft, nur dann richtig, wenn das LSG diese beiden Rechtsfragen zu Recht bejaht hat. Es hat aber mit der Zulassung der Revision die Nachprüfung des Berufungsurteils durch das Revisionsgericht nicht auf eine dieser beiden Rechtsfragen - nämlich auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Entziehung rechtswirksam geworden ist - beschränken können. Die Frage, "ob die Nachprüfbarkeit des Berufungsurteils im Rahmen der zulässig eingelegten Revision auf die Rechtsfrage beschränkt ist, deren grundsätzliche Bedeutung dem Berufungsgericht Anlaß zur Zulassung der Revision gegeben hat", läßt der Beschluß des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Juli 1952, BGHZ 7, 62 ff., 63, auf den sich das LSG berufen hat, ausdrücklich offen. Das Urteil des BGH vom 8. Mai 1953, BGHZ 9, 357 ff., dagegen verneint sie, darin ist gesagt, daß "die Zulassung der Revision wegen einer bestimmten Rechtsfrage der Partei, zu deren Nachteil das Berufungsgericht die Rechtsfrage entschieden hat, das Rechtsmittel in vollem Umfange, nicht nur zu einem Angriff wegen der grundsätzlichen Rechtsfrage in die Hand gibt" und daß das Berufungsgericht mit den Ausführungen zur grundsätzlichen Rechtsfrage nur die Begründung für die Zulassung der Revision gibt, das Rechtsmittel aber unbeschränkt zuläßt (ebenso Baumbach-Lauterbach, ZPO 26. Aufl. Anm. 3 zu § 546 ZPO; Stein-Jonas, ZPO 18. Aufl. VI 2 a zu § 546 ZPO; Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 8. Aufl. § 140 II 2 a S. 697 unten; ferner Urteil des BGH vom 25. Oktober 1957, Lindenmaier-Möhring Nr. 27 bei § 546 ZPO; Urteile des BVerwG vom 14. August 1939, DVBl. 1959, 812 und des 3. Senats des BSG vom 25. April 1962, Sozialrecht Nr. 170 zu § 162 SGG = NJW 1962, 2031 = MDR 1962, 937). Der erkennende Senat ist der gleichen Auffassung. Wie Baur in einer Besprechung des Urteils BGHZ 7, 62 ff. (JZ 1953, 374) mit Recht sagt, heißt es in § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht "soweit", sondern "wenn" die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat; auch in § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist gesagt, die Revision findet nur statt "wenn" - und nicht "soweit" - das LSG sie zuläßt. Es entspricht auch nicht der Stellung des Revisionsgerichts, wenn ihm die "Marschroute" vom Berufungsgericht vorgeschrieben wird (so mit Recht Baur aaO). Da sonach im vorliegenden Fall im Revisionsverfahren geprüft werden muß, ob der Teilberichtigungsbescheid vom 15. Dezember 1957 rechtmäßig ist, umfaßt die vom LSG ausgesprochene Zulassung der Revision grundsätzlich die gesamte Zeit, für die mit diesem Bescheid der frühere "Bewilligungsbescheid" zurückgenommen worden ist, also die Zeit vom 1. Februar 1954 an; nur deshalb, weil der Beklagte mit der Revision das Urteil des LSG nicht angefochten hat, soweit er zur Gewährung von Rente für die Zeit bis 31. März 1955 verurteilt worden ist, darf im Revisionsverfahren das Urteil des LSG nur nachgeprüft werden, soweit der "Teilberichtigungsbescheid" die Entziehung der Rente für die Zeit vom 1. April 1955 an betrifft; das Revisionsgericht darf dem Beklagten nicht mehr zusprechen als er begehrt hat. Ob das LSG die Revision nur zugunsten des von diesem Anspruch (Rente für den Monat September 1957) betroffenen Beklagten hat zulassen dürfen und ob eine Revision des Klägers infolge der Zulassung nicht auch insoweit statthaft wäre, als durch den "Teilberichtigungsbescheid" die Rente vom 1. Oktober 1957 an rechtswirksam entzogen worden ist, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger, obwohl er vom Senat im Revisionsverfahren auf die Bedenken gegen die Beschränkung der Zulassung durch das LSG hingewiesen worden ist, Revision nicht eingelegt hat. Der erkennende Senat ist auf Grund der Revision des Beklagten grundsätzlich auch befugt zu prüfen, ob das LSG zu Recht entschieden hat, der Rentenentziehungsbescheid vom 22. Dezember 1953 sei rechtswidrig; denn die Entscheidung darüber, ob der Beklagte für die Zeit vom 1. April 1955 an noch Rente zu gewähren hat, kann auch davon abhängen, ob das Urteil des LSG, soweit es den Rentenentziehungsbescheid betrifft, richtig ist; auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 22. Dezember 1953 kommt es aber nur dann an, wenn das LSG zu Unrecht angenommen hat, der Teilberichtigungsbescheid vom 15. August 1957 sei rechtswidrig.
Die Revision, die hiernach statthaft ist, ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 164 SGG), sie ist deshalb zulässig. Sie ist auch begründet. In erster Linie ist zu prüfen, ob das LSG zu Recht entschieden hat, der Beklagte habe mit dem "Teilberichtigungsbescheid" die Rente nach § 41 VerwVG erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1957 an entziehen, also die Bewilligungsbescheide erst mit Wirkung von diesem Tage an zurücknehmen dürfen. Der Bescheid vom 15. August 1957 besagt nicht ausdrücklich, von welchem Zeitpunkt an der Beklagte mit diesem Bescheid die Rente hat entziehen wollen. Da der Bescheid aber als Ergänzung des Bescheids vom 22. Dezember 1953 bezeichnet ist, durch den die Rente mit Abschluß des Monats Januar 1954 entzogen worden ist, und da die Anerkennung des "seelischen Erschöpfungszustandes" in den Bewilligungsbescheiden als tatsächlich und rechtlich unrichtig festgestellt wird, ist der "Teilberichtigungsbescheid" dahin auszulegen, daß der Beklagte die früheren Bewilligungsbescheide mit Wirkung vom 1. Februar 1954 an, also mit Rückwirkung hat zurücknehmen wollen. Auf Grund des insoweit rechtskräftig gewordenen Urteils des LSG steht fest, daß der Beklagte die Rente mit diesem auf § 41 VerwVG gestützten Bescheid für die Zeit vom 1. Februar 1954 bis 31. März 1955 nicht hat entziehen dürfen (vgl. hierzu BSG SozR Nr. 9 zu § 41 VerwVG). Mit Wirkung vom 1. April 1955 an hat der Beklagte die früheren Bewilligungsbescheide durch den "Teilberichtigungsbescheid" nach § 41 VerwVG zurücknehmen dürfen, soweit die früheren Bewilligungsbescheide zweifelsfrei tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen sind. § 41 VerwVG ermächtigt die Verwaltung, einen Verwaltungsakt, der von Anfang an rechtswidrig ist, zurückzunehmen und damit gleichzeitig eine neue Regelung zu treffen, durch die das Rechtsverhältnis der Beteiligten mit der wahren Sach- und Rechtslage in Übereinstimmung gebracht wird. Das Rechtsverhältnis der Beteiligten wird damit "ex tunc" und nicht, wie das LSG angenommen hat "ex nunc" auf eine andere Grundlage gestellt; die Rücknahme wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem der rechtswidrige Bescheid erlassen ist, es sei denn, daß das Gesetz, das die Ermächtigung zur Rücknahme enthält, erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft getreten ist (siehe hierzu BSG aaO). Das LSG hat sich für seine Auffassung, daß der "Berichtigungsbescheid", also der Bescheid, mit dem der frühere Bewilligungsbescheid teilweise als rechtswidrig zurückgenommen (und nicht, wie das LSG sagt, widerrufen) worden ist, nur "ex nunc" wirke, nicht auf das Urteil des 9. Senats des BSG vom 5. Mai 1960 stützen können, weil dieses Urteil einen Fall betroffen hat, in dem der Rücknahmebescheid am 22. November 1952, also vor dem Inkrafttreten des VerwVG ergangen und vom BSG deshalb nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts beurteilt worden ist; der erkennende Senat ist mit seinem Urteil vom 26. August 1960 (SozR Nr. 9 zu § 41 VerwVG), das die Rücknahme eines Bescheides nach § 41 VerwVG betrifft, deshalb auch nicht von dem Urteil des 9. Senats vom 5. Mai 1960 abgewichen. Im übrigen hat sich der 9. Senat des BSG für den Geltungsbereich des § 41 VerwVG der Auffassung des erkennenden Senats angeschlossen (vgl. Urteil vom 29. November 1962, SozR Nr. 18 zu § 41 VerwVG).
Die Voraussetzungen des § 41 VerwVG für eine - teilweise - Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 20. Juni 1951 ("Umanerkennung") - auf die Rücknahme des Bescheids vom 10. Mai 1948 kommt es für die Entscheidung über die Revision nicht an - haben vorgelegen, soweit es sich um die Zeit vom 1. April 1955 an handelt; das LSG hat zu Recht festgestellt, daß der Bescheid vom 20. Juni 1951, der ohne ärztliche Nachuntersuchung die Schädigungsfolgen und die Rente aus dem Bescheid vom 10. Mai 1948 übernommen hat (§ 86 Abs. 3 BVG), teilweise von Anfang an tatsächlich und rechtlich zweifelsfrei unrichtig gewesen ist. Dem Bescheid vom 20. Juni 1951 hat ebenso wie dem Bescheid vom 10. Mai 1948 in medizinischer Hinsicht das Gutachten der Nervenärztin Dr. K. vom 2. März 1948 zugrunde gelegen, in diesem Gutachten ist der "seelische Erschöpfungszustand" der bei dem Kläger damals vorgelegen hat, als Folge der russischen und polnischen Gefangenschaft und des nach Angabe des Klägers acht Monate währenden "Aufenthalts in den Wäldern unter unglaublichen Strapazen" angesehen worden. Abgesehen davon, daß das LSG im Hinblick auf die sich widersprechenden Angaben des Klägers und das Fehlen sonstiger Unterlagen zu Recht nicht hat feststellen können, daß Belastungen in dem vom Kläger geschilderten Ausmaß vorgelegen haben, hat das LSG ausreichende medizinische Unterlagen gehabt für die Feststellung, daß jedenfalls der "seelische Erschöpfungszustand", in dem sich der Kläger noch im Jahre 1948 bei der Untersuchung durch Frau Dr. K befunden hat, nicht mehr eine Folge der Strapazen des Wehrdienstes und der Gefangenschaft gewesen ist. Das LSG hat sich insbesondere auf das nervenfachärztliche Gutachten stützen dürfen, das Dr. St und Dr. B am 4. Juni 1956 nach eingehender Untersuchung des Klägers im Niedersächsischen Landeskrankenhaus W. erstattet haben. Dort ist im wesentlichen - ebenso wie in den Gutachten des Nervenarztes Dr. L vom 2. Oktober 1953 und des Facharztes für Nervenkrankheiten Dr. B vom 28. Februar 1960 - dargelegt, daß jedenfalls der seelische Zustand des Klägers im Jahre 1948 nicht Folge des Wehrdienstes, sondern Ausdruck einer anlagebedingten Neurose und einer auf ihr beruhenden "mangelnden Erlebnisverarbeitung" und einer neurotischen Fehlentwicklung ist; diese Auffassung entspricht der herrschenden medizinischen Lehrmeinung, das LSG hat sie mit Recht für überzeugend gehalten, es hat damit das nur kurze Gutachten von Frau Dr. K als unzutreffend und den Bescheid vom 20. Juni 1951, dem dieses Gutachten zugrunde gelegen hat, insoweit als von Anfang an tatsächlich und rechtlich zweifelsfrei unrichtig ansehen dürfen. Der "Berichtigungsbescheid" vom 15. August 1957 ist damit rechtmäßig, soweit damit der Bescheid vom 20. Juni 1951 teilweise mit Wirkung vom 1. April 1955 an zurückgenommen worden ist. Entgegen der Meinung des LSG ist die Entziehung der Rente durch diesen Bescheid nicht erst mit dem Ende des Monats wirksam geworden, der auf die Zustellung des Bescheids gefolgt ist, also nicht erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1957 an. Diese Auffassung des LSG beruht - ebenso wie die Verwaltungsvorschrift Nr. 10 Satz 1 zu § 41 VerwVG - auf der unrichtigen Meinung, daß "die Gewährung von Versorgung ... durch Berichtigungsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft entzogen werden" könne. Da die Rücknahme eines Bescheides nach § 41 VerwVG - grundsätzlich - auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem der frühere rechtswidrige Bescheid erlassen worden ist, kann es für den Anspruch auf "laufende Versorgungsbezüge" und damit für die Frage, von wann an solche laufenden Bezüge einzustellen sind, nur auf den Zeitpunkt ankommen, von dem an der frühere "Bewilligungsbescheid" rechtswirksam zurückgenommen ist, von diesem Zeitpunkt an besteht kein Anspruch auf Rente mehr oder es besteht nur noch Anspruch auf eine niedrigere Rente. Die Bezüge, die nach diesem Zeitpunkt gewährt sind, sind - ganz oder teilweise - zu Unrecht empfangene Leistungen im Sinne von § 47 VerwVG. Die Verwaltung darf damit auch Leistungen für den der Zustellung des "Berichtigungsbescheids" folgenden Monat nicht mehr gewähren, weil es an einer Rechtsgrundlage für solche Leistungen fehlt. Der Zeitpunkt, mit dem die Entziehung oder Minderung der Rente auf Grund eines "Berichtigungsbescheids" nach § 41 VerwVG eintritt, ist nicht, wie das LSG meint, entsprechend der Vorschrift des § 60 Abs. 2 BVG aF (vom Inkrafttreten des Ersten Neuregelungsgesetzes vom 1. Juni 1960 an: § 60 Abs. 4 Satz 1 BVG nF) zu bestimmen; dort ist gesagt, daß ohne Rücksicht darauf, von welchem Zeitpunkt an die Änderung der Grundrente "ausgesprochen" wird, eine Minderung oder Entziehung der Grundrente erst mit Ablauf des Monats eintritt, "der auf die Zustellung des die Änderung aussprechenden Bescheids folgt"; das bedeutet, daß der Anspruch, der auf Grund des früheren Bescheids zu Recht bestanden hat, dem Versorgungsberechtigten bis zu diesem Zeitpunkt erhalten bleibt. Im Falle einer Rücknahme des früheren Bescheids nach § 41 VerwVG wird jedoch der frühere Bescheid, der die bisherigen Leistungen festgestellt hat, als von Anfang an rechtswidrig beseitigt, und zwar "ex tunc", es fehlt also an einer Rechtsgrundlage nicht nur für die Leistungen in der Vergangenheit, sondern um so mehr auch für Leistungen in der Zukunft, also auch für den der Zustellung des "Berichtigungsbescheids" folgenden Monat. Die Verwaltungsvorschrift Nr. 10 Satz 1 zu § 41 VerwVG, nach der "die Gewährung von Versorgung durch Berichtigungsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft entzogen oder gemindert werden kann, und zwar vom Ablauf des Monats an, der auf die Zustellung des Bescheids folgt", ist daher nicht mit § 41 VerwVG vereinbar. Der erkennende Senat weicht mit dieser Feststellung nicht von den tragenden Gründen des Urteils des 9. Senats des BSG vom 29. November 1962 (SozR Nr. 18 zu § 41 VerwVG) ab; der 9. Senat hat in den Gründen seines Urteils ausdrücklich gesagt, daß er es für den ihm vorliegenden Fall dahingestellt sein lasse, ob die Verwaltungsvorschrift Nr. 10 zu § 41 VerwVG mit der "oben erwähnten Rechtsprechung des BSG" - mit der ebenso wie in diesem Urteil des 9. Senats die Wirksamkeit der Rücknahme "ex tunc" bejaht wird - in Einklang stehe, er hat weiter gesagt, "daß die Verwaltungsvorschriften Nr. 10 zu § 41 VerwVG für den vorliegenden Fall überhaupt nicht gelten". Soweit der 9. Senat trotzdem Ausführungen über die Bedeutung dieser Verwaltungsvorschrift gemacht hat, betreffen sie nicht die tragenden Gründe seines Urteils - die mit der Rechtsauffassung des erkennenden Senats übereinstimmen - sie sind ein "obiter dictum".
Das LSG hat sonach zu Unrecht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, soweit der Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Gewährung von Rente durch das SG für die Zeit vom 1. April 1955 an gewandt hat. Das Urteil des LSG ist daher abzuändern (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG). Auf die Berufung des Beklagten ist das Urteil des SG abzuändern, soweit das SG den Beklagten verurteilt hat, dem Kläger Rente für die Zeit nach dem 31. März 1955 zu gewähren, insoweit ist der "Teilberichtigungsbescheid" vom 15. August 1957, entgegen der Meinung des SG, rechtmäßig; im übrigen ist die Klage abzuweisen.
Der Bescheid vom 22. Dezember 1953, mit dem der Beklagte die Rente mit Wirkung vom 1. Februar 1954 an nach § 62 BVG wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse entzogen hat, ist damit hinfällig. Da der Beklagte die Leistungen, die der Kläger auf Grund des Bescheides vom 20. Juni 1951 erhalten hat, mit dem "Teilberichtigungsbescheid" vom 15. August 1957 nicht zurückgefordert hat, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, diese Leistungen zurückzufordern.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen