Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung zur Leistungsgruppe
Leitsatz (amtlich)
Die Steuerklasse, die auf der Lohnsteuerkarte eines Ehegatten zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden ist, ist für die Höhe des Arbeitslosengeldes auch dann maßgebend, wenn die auf den Lohnsteuerkarten der Ehegatten zu Beginn des Kalenderjahres eingetragenen Steuerklassen offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprachen.
Orientierungssatz
§ 113 Abs 2 S 2 AFG idF des StEntlG 1981 findet nur Anwendung, wenn ein Steuerklassenwechsel nach dem nach § 113 Abs 1 S 1 AFG maßgeblichen Zeitpunkt stattgefunden hat.
Normenkette
AFG § 113 Abs 1 S 1 Fassung: 1975-12-18, § 113 Abs 2 S 2 Fassung: 1980-08-16, § 111
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 26.08.1986; Aktenzeichen L 14 Ar 26/86) |
SG Berlin (Entscheidung vom 13.11.1985; Aktenzeichen S 60 Ar 636/85) |
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1985.
Die Klägerin, die von 1979 bis zum 31. Dezember 1984 beschäftigt gewesen ist, ist verheiratet und hat ein Kind. Ihr Bruttoarbeitsentgelt betrug im Dezember 1984 3.193,-- DM, ihr Ehemann erzielte im Januar 1985 ein Bruttoarbeitsentgelt von 4.351,63 DM. Im Hinblick auf die bevorstehende Arbeitslosigkeit der Klägerin hatten die Eheleute, die 1984 beide der Lohnsteuerklasse IV angehörten, auf den Lohnsteuerkarten für 1985 für den Ehemann die Lohnsteuerklasse III und für die Klägerin die Steuerklasse V eintragen lassen. Auf ihren Antrag wurden mit Wirkung ab 1. März 1985 für die Klägerin die Lohnsteuerklasse IV 1 und für den Ehemann die Lohnsteuerklasse IV eingetragen.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin antragsgemäß ab 1. Januar 1985 Alg, und zwar in Höhe von 186,-- DM; die Gewährung erfolgte nach der Nettolohnersatzquote von 63 vH, der Leistungsgruppe D (verheiratet/Steuerklasse V) und einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 735,-- DM (Bescheid vom 4. Februar 1985). Auf den Widerspruch der Klägerin gewährte die Beklagte das Alg unter Berücksichtigung der Nettolohnersatzquote von 68 vH in Höhe von 200,40 DM (Bescheid vom 14. März 1985) und ab 1. März 1985 im Hinblick auf die Änderung der Lohnsteuerklasse nach der Leistungsgruppe A (verheiratet/Steuerklasse IV) in Höhe von 304,20 DM (Bescheid vom 19. März 1985). Im übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück, weil die zu Beginn des Kalenderjahres 1985 eingetragene Lohnsteuerklasse zugrunde zu legen gewesen und die Änderung der Lohnsteuerklasse erst zum 1. März 1985 wirksam geworden sei; ein Mißverhältnis der Arbeitslöhne beider Ehegatten könne bezüglich der zu Jahresbeginn eingetragenen Lohnsteuerklassen nicht berücksichtigt werden (Widerspruchsbescheid vom 12. April 1985).
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 13. November 1985). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 26. August 1986).
Es teilt die Ansicht der Beklagten, daß die Klägerin für die Monate Januar und Februar 1985 nicht das höhere Alg nach der Leistungsgruppe A beanspruchen könne. Es hat ausgeführt, maßgebend für die Zuordnung der Leistungsgruppe sei gemäß § 113 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Lohnsteuerklasse, die in der Lohnsteuerkarte zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen gewesen sei, in dem der Anspruch entstanden sei. Das sei hier die Lohnsteuerklasse V gewesen. Da das Beschäftigungsverhältnis bis zum 31. Dezember 1984 gedauert habe, sei die Klägerin erst am 1. Januar 1985 arbeitslos geworden; mithin sei erst zu diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Alg entstanden. Auf die von den Ehegatten zum 1. Januar 1985 vorgenommene Änderung der Lohnsteuerklassen sei die Vorschrift des § 113 Abs 2 Satz 2 AFG nicht anzuwenden, nach der die im Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechenden Lohnsteuerklassen maßgebend seien, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen offensichtlich nicht diesem Verhältnis entsprächen. Die Ehegatten hätten nämlich keinen Lohnsteuerklassenwechsel vorgenommen. Der Begriff des Lohnsteuerklassenwechsels werde im Einkommensteuergesetz (EStG) selbst nicht verwendet. Die steuerrechtliche Literatur verstehe darunter nur die im Laufe des Kalenderjahres erfolgende Änderung der Steuerklasse, während es sich bei der zum Jahresbeginn vorgenommenen Änderung um eine Lohnsteuerklassenwahl handele. Der § 113 Abs 2 AFG knüpfe hieran an und verstehe unter dem Steuerklassenwechsel nur die nachträgliche Änderung im Sinne des § 39 Abs 5 Sätze 3 bis 5 EStG, wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebe. Gegen eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs 2 Satz 2 AFG spreche auch, daß die Leistungen möglichst schnell und einfach berechnet werden müßten. Dazu sei es erforderlich, grundsätzlich die Eintragungen in der vorgelegten Steuerkarte zugrunde zu legen, ohne langwierige Ermittlungen über Umstände des Vorjahres anstellen zu müssen. Allerdings sei nicht zu verkennen, daß der § 113 Abs 2 AFG damit seiner Aufgabe, Manipulationen zu verhindern, nicht voll gerecht werde. Durch ungünstige Steuerklassenwahl könne es nicht nur, wie im Falle der Klägerin, zu einer im Verhältnis zum letzten Arbeitsentgelt zu geringen Leistung kommen. Zu Lasten der Beklagten könnten sich Ehegatten angesichts drohender Arbeitslosigkeit durch eine für die Leistungsgruppeneinstufung günstige Kombination bei der Steuerklassenwahl auch Vorteile verschaffen, gegen die sich die Beklagte nicht wehren könne. Es sei deshalb vorgeschlagen worden, den Begriff des Steuerklassenwechsels weit auszulegen und darunter auch die Steuerklassenwahl zu verstehen (Martens SGb 1982, 256). Eine derartige Auslegung scheitere jedoch an dem eindeutigen Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und den dargestellten Gründen der Praktikabilität.
Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des § 113 Abs 2 AFG durch das LSG. Sie meint, die nicht den Verhältnissen beider Arbeitslöhne entsprechende neue Steuerklassenkombination sei nicht nur in dem Falle unbeachtlich, in welchem sie zu einem höheren Alg führen würde. Sie sei auch dann unbeachtlich, wenn sie ein niedrigeres Alg zur Folge haben könnte. Zu Unrecht differenziere das LSG zwischen einem Steuerklassenwechsel und einer Steuerklassenwahl. Unbegrenzt steuerpflichtige Eheleute hätten zwischen den Steuerklassenkombinationen IV/IV und III/V bzw V/III ein Wahlrecht und könnten aufgrund dieses Wahlrechts beliebig wechseln. Jeder Wechsel sei ein Steuerklassenwechsel. Es ergebe keinen Sinn, bei einem Wechsel zum 1. Januar des Folgejahres von einer Steuerklassenwahl zu reden und anzunehmen, daß diese von § 113 Abs 2 Satz 2 AFG ausgenommen sei. Der Begriff des Steuerklassenwechsels von Eheleuten setze lediglich voraus, daß von einer bereits bestehenden Steuerklassenkombination in eine andere gewechselt werde. Seien beide Eheleute in der Steuerklasse IV/IV und scheide einer aus dem Erwerbsleben aus, so sei die Änderung der Steuerklasse für den im Erwerbsleben verbleibenden von Klasse IV in Klasse III kein Steuerklassenwechsel beider Ehegatten. Das gleiche gelte, wenn Eheleute das dauernde Getrenntleben herstellten; auch in einem solchen Falle handele es sich um eine Änderung, auf die allein § 113 Abs 1 Satz 2 AFG Anwendung finde. Was der Gesetzgeber in § 113 Abs 2 AFG mit dem Begriff des Steuerklassenwechsels gemeint habe, sei allein aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift zu entnehmen. Die Auffassung des LSG laufe darauf hinaus, daß ein späterer Wechsel nur dann zu berücksichtigen sei, wenn die vorherige Wahl offensichtlich falsch gewesen sei. Erfolge aber nach einer offensichtlich falschen Wahl später kein Wechsel, könnte je nach Lage des Falles der Arbeitslose oder die Beklagte im Vorteil sein. Das aber sei in keiner Weise überzeugend und gehe auch am Zweck der Vorschrift, Manipulationen auszuschließen, erkennbar vorbei. Ein solches Ergebnis lasse sich auch nicht mit der Notwendigkeit der Verwaltungspraktikabilität erklären. Der Arbeitslose müsse nämlich auch in solchen Fällen eine Entgeltbescheinigung vorlegen, auf der das Entgelt und die Steuerklasse des letzten Jahres eingetragen sei. Enthalte die Lohnsteuerkarte des neuen Jahres eine andere Eintragung, dann sei eine Prüfung, ob die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprächen, ohne weiteres möglich. Im vorliegenden Falle sei nun ein Wechsel von der Steuerklassenkombination IV/IV in III/V nicht zu beachten, weil der Wechsel dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne nicht entsprochen habe. Deshalb habe der Klägerin schon ab 1. Januar 1985 das Alg nach der Leistungsgruppe A gewährt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der ergangenen Bescheide zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1985 Alg nach der Leistungsgruppe A zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, die sie für zutreffend hält.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet; sie hat keinen Anspruch auf höheres Alg.
Nach § 111 Abs 1 AFG, gemäß § 242f Abs 3 AFG hier in der Fassung anwendbar, die die Vorschrift durch das Siebte Gesetz zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) erhalten hat, beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 EStG haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte ein solches Kind hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 68 vH (Nr 1) und für die übrigen Arbeitslosen 63 vH (Nr 2) des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts. Die Beklagte hat, nachdem sie zunächst § 111 Abs 1 Nr 2 AFG zugrunde gelegt hatte, der Klägerin durch Bescheid vom 14. März 1985 das Alg gemäß § 111 Abs 1 Nr 1 AFG mit der günstigeren Nettolohnersatzquote von 68 vH eingeräumt. Mehr als der Wochenleistungssatz von 200,40 DM, den die Anlage 2 der aufgrund der Ermächtigung des § 111 Abs 2 AFG erlassenen AFG-Leistungsverordnung 1985 vom 10. Januar 1985 (BGBl I 43) für das Alg nach § 111 Abs 1 Nr 1 AFG bei einem Arbeitsentgelt von 735,-- DM in der Leistungsgruppe D ausweist, stünde der Klägerin daher nur zu, wenn das Alg nach einem höheren Arbeitsentgelt oder einer günstigeren Leistungsgruppe zu bemessen wäre. Daß nach Maßgabe der Bemessungsvorschrift des § 112 AFG ein höheres Arbeitsentgelt zugrunde zu legen wäre, ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen weder ersichtlich noch jemals von der Klägerin geltend gemacht worden. Sie meint lediglich, daß ihr schon für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1985 das Alg nach der Leistungsgruppe A, dh ein wöchentlicher Leistungssatz von 304,20 DM, zusteht. Das ist indes nicht der Fall.
Die Leistungssätze der Leistungsgruppe A, bei deren Bildung als Lohnsteuerabzug die Steuer nach der Lohnsteuertabelle für die Lohnsteuerklasse I zugrunde zu legen ist, stehen nur nichtverheirateten Arbeitnehmern ohne Kinder und, was im Falle der Klägerin allein in Betracht zu ziehen ist, verheirateten Arbeitnehmern zu, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen ist. Das ergibt sich aus § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a AFG. Maßgebend ist die Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist; das bestimmt § 113 Abs 1 Satz 1 AFG in der seit dem Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) geltenden Fassung. Zu Beginn des Kalenderjahres 1985, in dem der Anspruch der Klägerin auf Alg durch Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen des § 100 Abs 1 AFG entstanden war, war jedoch nicht die Lohnsteuerklasse IV, sondern die Lohnsteuerklasse V eingetragen.
Daß das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit dem vorausgegangenen Jahr endete und die Lohnsteuerklasse IV auf der Steuerkarte des Vorjahres eingetragen war, ist unerheblich. Wie der Senat schon in dem nichtveröffentlichten Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 - (S 7) entschieden hat, steht der Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse des Vorjahres der eindeutige Wortlaut des § 113 Abs 1 Satz 1 AFG entgegen. Unerheblich für die Höhe des Alg bis zum 28. Februar 1985 ist ebenso, daß mit Wirkung vom 1. März 1985 für die Klägerin wieder die Lohnsteuerklasse IV eingetragen worden ist. Zwar werden spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse berücksichtigt (§ 113 Abs 1 Satz 2 AFG idF des HStruktG-AFG), grundsätzlich auch solche, die im Wege des Steuerklassenwechsels von Ehegatten vorgenommen werden (§ 113 Abs 2 idF des Steuerentlastungsgesetzes -StEntlG- 1981 vom 16. August 1980, BGBl I 1381). Haben Ehegatten die Steuerklassen gewechselt, wie das hier zum 1. März 1985 geschehen ist, so werden die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen nach § 113 Abs 2 Satz 1 AFG jedoch erst von dem Tage an berücksichtigt, an dem die Änderung wirksam wird. Das ist, wie der Senat unter Hinweis auf die Regelung des § 39 Abs 5 EStG entschieden hat, der auf der Lohnsteuerkarte bescheinigte Tag des Eintritts der Steuerklassenänderung (SozR 4100 § 113 Nr 5), hier also der 1. März 1985. Nach § 113 Abs 2 AFG mag daher aufgrund der Neueintragung die Steuerklasse IV vom 1. März 1985 an zu berücksichtigen sein, was hier nicht zu entscheiden ist, nicht jedoch schon für die Zeit davor, für die im vorliegenden Falle die Höhe des Alg streitig ist.
Zu Unrecht meint die Revision, es müsse von der Lohnsteuerklasse IV ausgegangen werden, weil die Steuerklassen, die die Klägerin und ihr Ehemann zunächst für das Jahr 1985 gewählt haben, dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne der Ehegatten nicht entsprochen hätten. Allerdings sind dann, wenn Ehegatten die Steuerklasse gewechselt haben und die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen an dem Tage, an dem die Änderung wirksam wird, offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechen, nicht die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen, sondern die diesem Verhältnis entsprechenden Lohnsteuerklassen für die Höhe des Alg maßgebend (§ 113 Abs 2 Satz 2 AFG idF des StEntlG 1981). Diese Vorschrift findet indes nur Anwendung, wenn ein Steuerklassenwechsel nach dem nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG maßgeblichen Zeitpunkt stattgefunden hat. Das hat der Senat schon in dem genannten Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 - (S 7) entschieden. Folgerichtig hat er in Fällen, in denen die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, eingetragene Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen auf einem Austausch der Lohnsteuerklasse mit dem Ehegatten beruhte oder beruhen konnte, nicht darauf abgestellt, ob die neue Lohnsteuerklassenkombination dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprochen hat oder nicht (aaO; vgl ferner Urteil vom 18. März 1982 - 7 RAr 11/81 - DBl BA R 2770a AFG § 111 AFG). An dieser Rechtsprechung, nach der § 113 Abs 2 AFG (idF des StEntlG 1981) eine Sonderregelung nur zu § 113 Abs 1 Sätze 2 und 3 AFG (idF des HStruktG-AFG), nicht aber zu § 113 Abs 1 Satz 1 AFG ist, ist festzuhalten; ihre Richtigkeit ergibt sich aus der Gesetzesgeschichte.
Die Regelung des § 113 AFG geht auf das HStruktG-AFG zurück. Bis dahin hatte § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 AFG in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) vorgesehen, daß den Leistungssätzen des Alg bei Nichtverheirateten ein Lohnsteuerabzug nach der Einkommensteuergrundtabelle, bei Verheirateten nach der Einkommensteuer-Splittingtabelle zugrunde zu legen ist; Nichtverheiratete mit einem Kind waren Verheirateten gleichgestellt. Die bloße Unterscheidung von Verheirateten und Nichtverheirateten berücksichtigte jedoch nicht, daß die steuerliche Belastung des Verheirateten, dessen Ehegatte auch erwerbstätig war, sich je nach der gewählten Steuerklasse wesentlich unterschied. Das HStruktG-AFG sah es deshalb für erforderlich an, die Alg-Sätze für Arbeitslose, deren Ehegatte ebenfalls erwerbstätig ist, neu festzusetzen (vgl BT-Drucks 7/4127, Begründung I 2 zu Art 20, S 48). Bei der Festsetzung der Leistungssätze sollte deshalb künftig grundsätzlich die im Einzelfalle maßgebliche Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen berücksichtigt werden (aaO, Begründung II zu Art 20 § 1 Nr 25, S 52). Das erforderte die in § 113 AFG getroffene Regelung, welche Lohnsteuerklasse für die Zuordnung zu den Leistungsgruppen maßgebend ist.
Der damals neu eingeführte und bislang unverändert gebliebene Abs 1 des § 113 AFG sieht als Grundregel vor, daß die Lohnsteuerklasse maßgebend ist, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist (Satz 1), läßt aber auch spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse maßgeblich werden. Sie werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen (Satz 2); das gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird (Satz 3). Diese grundsätzliche Anbindung des Alg an die Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, dürfte zwar in der Mehrzahl der Fälle zur Folge haben, daß das Alg nach der Leistungsgruppe gezahlt wird, die der steuerlichen Belastung vor der Arbeitslosigkeit entspricht. Die Berücksichtigung späterer Änderungen der Lohnsteuerklasse auch während der Arbeitslosigkeit bewirkt jedoch, daß sich infolge einer Steuerklassenänderung während des Bezuges das Alg erhöht oder erniedrigt, und zwar in etwa in dem Verhältnis, in dem sich bei einer Beschäftigung der Nettolohn erhöht oder erniedrigt hätte. Das entspricht der Absicht des Gesetzes, durch das Alg einen bestimmten Prozentsatz des Nettolohns zu ersetzen, den der Arbeitslose erzielen würde, wenn er eine Beschäftigung hätte.
Ist es grundsätzlich unbedenklich, spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse zu berücksichtigen, solange Änderungen der Lohnsteuerklasse nicht im Belieben des Steuerpflichtigen stehen, erforderten nach der Überzeugung des Gesetzgebers die Rechte der Ehegatten, die beide lohnsteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, innerhalb der steuerrechtlich zugelassenen Steuerklassenkombinationen von III/V, IV/IV und V/III für jedes Kalenderjahr nach Belieben neu zu bestimmen, wer welcher Lohnsteuerklasse angehört und diese Bestimmung während des Kalenderjahres einmal und zusätzlich bei Arbeitslosigkeit zu ändern, besondere Bestimmungen. In der Tat kann eine strikte Anbindung des Alg an die jeweils eingetragene Steuerklasse auch bei Ehegatten dem Zweck des Alg, einen bestimmten Prozentsatz des ausfallenden Nettolohns zu ersetzen, nicht gerecht werden, auch wenn der Steuerklassenwechsel nicht vorgenommen wird, um beim Bezug von Alg in den Genuß einer zu höheren Leistungen führenden Leistungsgruppe zu gelangen. Wechseln die Eheleute wegen des Ausfalls des zu versteuernden Arbeitseinkommens beim arbeitslosen Ehegatten die Steuerklassen, was nach Maßgabe des Lohnsteuerrechts zB gerade dann sachgerecht ist, wenn für den arbeitslos gewordenen Ehegatten bislang die Steuerklasse III eingetragen war, gibt die nunmehr für den Arbeitslosen geltende Steuerklasse V nicht die steuerliche Situation wieder, die gelten würde, stünde er in Beschäftigung; die steuerliche Situation ist vielmehr im Beispielsfalle (anfangs III, anschließend V) ungünstiger und führt bei strikter Anbindung des Alg an die eingetragene Steuerklasse zu einer erheblich geringeren Leistung.
Nach § 113 Abs 2 Satz 1 AFG (idF des HStruktG-AFG) wurde ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten nur berücksichtigt, wenn der Wechsel vorgenommen wurde, weil der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch eine Teilzeitbeschäftigung ausübt. Diese Vorschrift konnte schon deshalb auf eine Änderung der bisherigen Steuerklassenkombination nicht anwendbar sein, die der Arbeitslose und sein Ehegatte anläßlich der Neuausstellung der Steuerkarte zu Beginn des Kalenderjahres vorgenommen hatten, in dem der Anspruch auf Alg entstanden war, weil es in den Fällen, in denen kein nach § 113 Abs 2 Satz 1 AFG berücksichtigungsfähiger Wechsel vorlag, überhaupt an einer maßgeblichen Lohnsteuerklasse gefehlt hätte. Im übrigen macht die Verwendung des Verbs "berücksichtigen" in § 113 Abs 2 Satz 1 AFG (idF des HStruktG-AFG) deutlich, daß sich die Vorschrift auf § 113 Abs 1 Satz 2 AFG bezog; denn dort ist geregelt, von wann ab spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse "berücksichtigt" werden. Schließlich weist auch die Gesetzesbegründung darauf hin, daß § 113 Abs 2 AFG (idF des HStruktG-AFG) nur den Steuerklassenwechsel nach Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, meinte. Zur Begründung der von ihr vorgeschlagenen neuen Vorschrift des § 113 AFG hat die Bundesregierung nämlich ausgeführt, daß in Anlehnung an das Lohnsteuerrecht für die Höhe des Alg grundsätzlich die Steuerklasse maßgebend sein soll, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, auf der Lohnsteuerkarte eingetragen war. Anschließend heißt es: "Spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse werden unter den gleichen Voraussetzungen wie im Lohnsteuerrecht berücksichtigt. Der Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten, der im Lohnsteuerrecht auch ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden kann, wird dagegen nur berücksichtigt, wenn er - auch ohne die Arbeitslosigkeit - objektiv geboten war" (BT-Drucks 7/4127, Begründung II zu Art 20 Nr 27, S 52 f). Wie das Wort "dagegen" besonders deutlich macht, soll die Regelung über den Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten nur spätere Änderungen der Lohnsteuerklasse betreffen, die an sich für den Anspruch maßgeblich ist.
Der § 113 Abs 2 AFG ist durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) erstmals geändert worden. Die Änderung erweiterte die berücksichtigungsfähigen Steuerklassenwechsel um eine Fallgruppe und sah zusätzlich vor, daß die Berücksichtigung des Steuerklassenwechsels vom Arbeitslosen beantragt werden mußte. Auch für diese Fassung des § 113 Abs 2 AFG gilt, daß sie nur einen Steuerklassenwechsel betreffen konnte, der nach dem nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG maßgeblichen Beginn des Kalenderjahres vorgenommen wurde, weil es andernfalls bei nichtberücksichtigungsfähiger Neubestimmung der Lohnsteuerklassenkombination zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch auf Alg entstanden ist, an einer maßgeblichen Lohnsteuerklasse fehlen würde. Die Fallgruppe, um die zur Vermeidung von Härten die berücksichtigungsfähigen Steuerklassenwechsel erweitert wurden, bestätigt darüber hinaus die Auffassung des Senats; denn nunmehr sollte ein Steuerklassenwechsel auch berücksichtigt werden, wenn der Wechsel vorgenommen wurde, weil die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragene Lohnsteuerklasse (also die, auf die es nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG grundsätzlich ankommt) dem für die Wahl der Lohnsteuerklasse maßgebenden Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht entsprach. Das 5. AFG-ÄndG beließ es im übrigen dabei, daß der Steuerklassenwechsel erst mit Wirkung des Tages berücksichtigt wurde, an dem die Eintragungen vorgenommen worden sind (§ 113 Abs 2 Satz 2 AFG idF des HStruktG-AFG). Bis dahin hatte der Arbeitslose mithin nur Anspruch auf Alg nach Maßgabe der "falschen" Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist. Nach der Lohnsteuerklasse, die dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten zu Beginn des Kalenderjahres entsprochen hätte (§ 113 Abs 2 Satz 3 AFG idF des 5. AFG-ÄndG), kam dem Arbeitslosen das Alg somit erst vom Tage der Eintragung an zugute.
Es ist nicht ersichtlich, daß die weitere Änderung des § 113 Abs 2 AFG, die die Vorschrift durch Art 3 des StEntlG 1981 erfahren hat, an der Funktion einer Sonderregelung ausschließlich zu § 113 Abs 1 Satz 2 und 3 AFG etwas ändern sollte. Die Neufassung ist nämlich lediglich damit begründet worden, daß ein Steuerklassenwechsel nunmehr immer dann berücksichtigt werden soll, wenn der Steuerklassenwechsel objektiv geboten war (vgl BT-Drucks 8/3701, Begründung zu Art 10 Nr 2, S 77). Insbesondere der in der Gesetzesbegründung angegebene Beispielsfall, daß sich nämlich der Arbeitsverdienst eines Ehegatten nach der Ausstellung der Lohnsteuerkarten erheblich verändert hat, macht deutlich, daß ein Systemwechsel nicht eintreten sollte.
Der Revision ist einzuräumen, daß eine Anwendung des § 113 Abs 2 Satz 2 AFG auf die Steuerklassenwahl zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, nicht nur in Fällen wie dem vorliegenden zu einem befriedigenden Ergebnis führen würde, sondern auch verhinderte, daß Ehepaare mit Rücksicht auf eine im nächsten Jahr drohende Arbeitslosigkeit eines Ehegatten für das neue Kalenderjahr eine Lohnsteuerklassenkombination wählen, die zwar bei dem weiterhin beschäftigten Ehegatten zu einem vorläufig hohen, aber im Lohnsteuerjahresausgleich bzw bei der Einkommensteuerveranlagung ausgleichbaren Steuerabzug führt, beim künftig arbeitslosen Ehegatten dagegen zu einem höheren Alg, obwohl § 113 Abs 2 AFG auch eine ungerechtfertigte manipulative Beeinflussung der Höhe des Alg durch Ehegatten verhindern sollte. Eine Anwendung des § 113 Abs 2 Satz 2 AFG auf die Steuerklassenwahl zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, würde ferner vermeiden, daß ggfs beiden Ehegatten Alg nach der günstigsten Leistungsgruppe C zu gewähren ist, also als ob sie Lohnsteuerabzügen jeweils nach der Steuerklasse III unterlägen. Zu einem solchen Fall kann es kommen, wenn zunächst der Ehegatte mit der Steuerklasse III arbeitslos wird, die Ehegatten nunmehr die Lohnsteuerklassen austauschen und die neue Lohnsteuerklassenkombination für das neue Kalenderjahr beibehalten. Entspricht im Sinne des § 113 Abs 2 AFG nicht die neue, sondern weiterhin die alte Steuerklassenkombination dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten, was allein danach zu beurteilen ist, ob der Wechsel ohne den durch lohnsteuerfreie Lohnersatzleistungen ersetzten Lohnausfall tunlich gewesen wäre (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 3), ist für das Alg des zunächst arbeitslos gewordenen Ehegatten weiterhin nach § 113 Abs 2 Satz 2 AFG die Steuerklasse III und damit die Leistungsgruppe C maßgebend. Wird nun auch der andere Ehegatte arbeitslos, ist für ihn gemäß § 113 Abs 1 Satz 1 AFG die zu Beginn des neuen Jahres eingetragene Lohnsteuerklasse III maßgebend. Unbefriedigende Ergebnisse ähnlicher Art wie im vorliegenden Falle hat auch die Regelung des § 113 Abs 2 Satz 2 und 3 AFG zur Folge, wenn Eheleute nach Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, im Vorgriff auf eine zu erwartende Änderung der Arbeitslöhne zu früh einen Steuerklassenwechsel vornehmen, der - später vorgenommen - zu keinem Nachteil beim Alg geführt hätte (vgl dazu den Fall BSG SozR 4100 § 113 Nr 5).
Wenn somit auch nicht zu verkennen ist, daß die Regelung des § 113 Abs 2 AFG nach wie vor Ungereimtheiten zeitigt, muß es jedoch in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen bleiben, Abhilfe zu schaffen. Das gilt insbesondere dann, wenn zur Abhilfe eine Änderung des Systems erforderlich ist, wie dies dem Grunde nach die Revision erstrebt.
Kann hiernach nicht in Abweichung von § 113 Abs 1 Satz 1 AFG berücksichtigt werden, daß die für die Klägerin zunächst für das Jahr 1985 gewählte steuerlich vernünftige Steuerklasse V dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne der Ehegatten iS des § 113 Abs 2 Sätze 2 und 3 AFG nicht entsprochen hat, ist die Klägerin nicht der Leistungsgruppe A, sondern der Leistungsgruppe D zuzuordnen (§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst d AFG). Da die Beklagte der Klägerin das Alg nach der Leistungsgruppe D bewilligt hat, haben die Vorinstanzen die Klage zu Recht abgewiesen. Die Revision muß daher ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen