Leitsatz (redaktionell)
Für den Ausschluß des Kindergeldanspruchs ist eine Personenidentität zwischen dem Antragsteller und dem Empfänger der für dasselbe Kind gezahlten Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüssen aus einer der gesetzlichen Rentenversicherung nicht notwendig.
Orientierungssatz
Auch nach der Neuregelung des Familienlastenausgleichs durch das EStRG ist der Doppelbezug von Kindergeld und vergleichbaren Leistungen aus öffentlichen Mitteln ausgeschlossen (BKGG § 8 Abs 1 Nr 1).
Ein Verstoß gegen GG Art 3 Abs 1 und GG Art 6 liegt nicht vor.
Normenkette
BKGG § 8 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1964-04-14; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 6 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; EStRG Fassung: 1974-08-05
Verfahrensgang
SG Kiel (Entscheidung vom 19.06.1975; Aktenzeichen S 5 Kg 3/75) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Juni 1975 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Kindergeld zusteht, obwohl seine Ehefrau zu ihrer Rente aus der Angestelltenversicherung Kinderzuschüsse erhält.
Der Kläger ist der Vater des am 26. November 1960 geborenen J und des am 12. Mai 1963 geborenen H. Seine Ehefrau bezieht eine Rente aus der Angestelltenversicherung und erhält für die beiden genannten Kinder einen Kinderzuschuß, der 1974 je 124,- DM monatlich betrug. Den Antrag des Klägers vom 2. Dezember 1974, ihm für seine beiden Söhne Kindergeld zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 1974 ab. Seinen Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 1975).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Juni 1975) und zur Begründung ua ausgeführt: Der Kindergeldanspruch des Klägers für seine beiden Söhne sei nach § 8 Abs 1 Nr 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) wegen des an seine Ehefrau gezahlten Kinderzuschusses zu deren Angestelltenrente ausgeschlossen. Wegen dessen Höhe sei auch § 8 Abs 3, richtig Abs 2, BKGG nicht anwendbar.
§ 8 Abs 1 Nr 1 BKGG verstoße nicht gegen die Grundsätze des sozialen Rechtsstaates (Art 20 und 28 des Grundgesetzes - GG -). Durch das gesetzliche Kindergeld sollten ua diejenigen, die keinen Anspruch auf Kinderzulagen bzw Kinderzuschüsse nach dem Beamtenbesoldungsrecht oder den gesetzlichen Rentenversicherungen haben, gegenüber diesen Gruppen nicht schlechter gestellt werden. Zwar sei der Kinderzuschuß ein Bestandteil der gesetzlichen Versicherungsrente. Er sei aber nur dann zu gewähren, wenn der Versicherte ein Kind, das die Anspruchsvoraussetzungen für den Kinderzuschuß erfülle, habe. Würde dem Kläger zusätzlich noch Kindergeld gewährt, so wäre er gegenüber anderen Kindergeldberechtigten ohne Anspruch auf Kinderzulagen oder Kinderzuschüsse ungerechtfertigt sozial bessergestellt. Die Kinderzuschüsse aus der Rentenversicherung stellten auch keine Gegenleistungen aus einem Versicherungsvertragsverhältnis dar. Der Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rentenversicherungsträger werde ua durch Zuschüsse des Bundes sichergestellt, die 1965 über 4,8 Milliarden betragen hätten. Die "Aufbesserung der Rente" bei vorhandenen Kindern werde daher von der Allgemeinheit aus Steuermitteln getragen. Das Kindergeld werde jedoch ebenfalls aus Steuermitteln finanziert. Die Tatsache, daß ab 1. Januar 1975 keine steuerlichen Kinderfreibeträge mehr gewährt würden, habe mit dem Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG nichts zu tun. Das gleiche gelte auch für die Versteuerung der Kinderzuschüsse, soweit diese die Höhe des steuerfreien Kindergeldes überschritten. Für steuerliche Fragen seien die Finanzgerichte zuständig. Einer Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht habe es nicht bedurft.
Mit seiner (durch Beschluß des SG vom 21. August 1975) zugelassenen (Sprung-)revision trägt der Kläger ua vor: Das Urteil des SG entspreche zwar formell dem Wortlaut des Gesetzes. Es stehe aber nicht mit dem erstrebten Gesetzeszweck im Einklang. Die Zahlung der Kinderzuschläge zur Rente sei keine Sozialleistung des Staates, sondern vertragsgemäße Gegenleistung für die Entrichtung der Beiträge. Diese seien so kalkuliert, daß alle Leistungen aus der Rentenversicherung, also auch die Kinderzuschüsse, dadurch gedeckt sein sollten. Die Zahlung des gesetzlichen Kindergeldes habe aber eine ganz andere Grundlage. Der Kläger habe bis zum 31. Dezember 1974 ständig einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kinder bei der Steuererklärung gehabt und 2.860,- DM jährlich absetzen können. Dieser Anspruch auf Berücksichtigung seiner durch die Kinder bedingten Belastungen sei mit der Steuerreform in einen Anspruch gegen den Staat auf Zahlung von Kindergeld umgewandelt worden. Im Prinzip habe sich aber an seinem Anspruch gegen den Staat auf Entlastung nichts geändert. Nach dem vielfach erklärten Willen des Gesetzgebers habe eine Gleichstellung der Unterhaltspflichtigen herbeigeführt werden sollen. Es sei aber nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen, diejenigen, die aus irgendwelchen anderen Gründen Leistungen für die Kinder beziehen, vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen. Die Neuregelung des Kindergeldes sei nicht die Fortsetzung des alten Bundeskindergeldgesetzes gewesen, sondern ein Teil der Steuergesetzgebung. Die Neuregelung sei an die Stelle von in verschiedenen Gesetzen aufzufindenden Regelungen getreten. Sie habe einen Ersatz für den Kinderfreibetrag bei der Einkommen- und Lohnsteuer sowie einen Ersatz für andere Sozialleistungen des Staates für Fürsorgeempfänger und einkommensschwache Arbeitnehmer bringen sollen. Dem widerspreche es zwar nicht, daß Sozialhilfeempfänger kein zusätzliches Kindergeld bekämen, wohl aber, daß ein Rentner hiervon ausgeschlossen sei, der aufgrund einer eigenen Leistung die Gegenleistung der Versicherungsanstalt erhalte. Da es der erklärte Wille des Gesetzgebers gewesen sei, nur insoweit etwas bei dem Kindergeld zu ändern, als jetzt der Einkommensmillionär und der geringer verdienende Bürger in gleicher Weise bei der Steuer entlastet werden sollten, könne man nicht die Entlastung einfach streichen.
Der Kläger beantragt entsprechend den in der ersten Instanz gestellten Anträgen,
den Bescheid des Arbeitsamts K vom 9. Dezember 1974 sowie den Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts K vom 13. Februar 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen Bescheid zu erteilen, nach welchem ihm für seine beiden Kinder J und H Kindergeld in Höhe von monatlich insgesamt 120,- DM ab 1. Januar 1975 zu gewähren ist,
hilfsweise,
das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsproblem dem Verfassungsgericht (Bundesverfassungsgericht) zur Prüfung und Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger habe zwar ab 1. Januar 1975 die Kinderfreibeträge des Einkommensteuergesetzes verloren, ohne beim Kindergeld einen Ersatz zu erhalten. Das sei aber bei der Zielsetzung der Reform des Familienlastenausgleichs nicht zu vermeiden gewesen. Nunmehr solle nämlich für jedes Kind nur eine Leistung (des Familienlastenausgleichs) gezahlt werden. Wegen der Höhe des Kinderzuschusses für den Betroffenen sei das grundsätzlich auch tragbar.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete (Sprung-)revision des Klägers konnte keinen Erfolg haben.
Die Beklagte und das SG haben zutreffend die Voraussetzungen für das von dem Kläger ab 1. Januar 1975 für seine beiden (am 26. November 1960 und 12. Mai 1963 geborenen) Söhne begehrte Kindergeld verneint, weil seine Ehefrau zu ihrer Rente aus der Angestelltenversicherung für beide Kinder Kinderzuschüsse erhält.
Nach § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung vom 31. Januar 1975 (BGBl I 412, 413) wird Kindergeld nicht für ein Kind gewährt, für das einer Person, bei der das Kind nach § 2 Abs 1 berücksichtigt wird, Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen zustehen. Abs 2 dieser Vorschrift bestimmt, daß das Kindergeld zur Hälfte geleistet werden kann, wenn die andere Leistung 75 vH des Kindergeldes nicht erreicht. Da im vorliegenden Fall die beiden Kinderzuschüsse mit monatlich je 124,-DM(für 1974) erheblich über dem etwa in Betracht kommenden Kindergeld liegen, spielt Abs 2 hier keine Rolle. Dem geltend gemachten Anspruch steht jedoch § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG entgegen. Zwar stehen dem Kläger selbst keine Kinderzuschüsse aus der Rentenversicherung zu, seine beiden Söhne werden aber bei seiner Ehefrau als deren Mutter - und damit bei "einer Person" iS des § 8 Abs 1 BKGG - berücksichtigt (§ 2 Abs 1 Nr 1 BKGG), weshalb er sich diese Leistungen anrechnen lassen muß (vgl auch SozR Nr 4 zu § 3 des Kindergeldgesetzes - KGG -). Die Revision verkennt insoweit auch nicht, daß der Ausschlußtatbestand des § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG erfüllt ist. Sie hält diese Regelung jedoch für die Zeit seit dem 1. Januar 1975 (vgl das Einkommensteuerreformgesetz - EStRG - vom 5. August 1974 - BGBl I 1769, 1847 -) für mit dem Sinn und Zweck des Kindergeldrechtes nicht vereinbar. Das trifft jedoch nicht zu.
Seit der erstmaligen Einführung eines gesetzlichen Kindergeldes mit dem KGG vom 13. November 1954 (BGBl I, 333) war der Kindergeldanspruch ausgeschlossen bzw betragsmäßig eingeschränkt, wenn für Kinder öffentlich-rechtliche Leistungen bestimmter Art gewährt wurden (vgl § 3 Abs 2 KGG). Dazu gehörten von jeher die Kinderzulagen bzw -zuschüsse aus der gesetzlichen Unfallversicherung und den gesetzlichen Rentenversicherungen (§ 3 Abs 2 Nr 3 KGG idF vom 13. November 1954 sowie § 3 Abs 2 Nr 7 KGG idF des Kindergeldergänzungsgesetzes - KGEG - vom 23. Dezember 1955 BGBl I, 841 - § 10 Nr 3; § 2 Abs 1 KGEG; § 3 Abs 3 Kindergeldkassengesetz vom 18. Juli 1961 - BGBl I, 1001 -; § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG aF vom 14. April 1964 - BGBl I, 265, der bis heute unverändert fortgilt). Dieser Ausschluß rechtfertigt sich aus dem das gesamte Kindergeldrecht beherrschenden Grundsatz, Doppelleistungen für dasselbe Kind auszuschließen (BSG in SozR Nr 4 zu § 3 KGG). Kindergeld soll danach nicht neben den in anderen Sozialgesetzen vorgesehenen Leistungen gewährt werden. Aus diesem Grunde sah das BKGG aF in den §§ 7 und 8, ähnlich wie bereits in den früheren Kindergeldgesetzen, den Ausschluß von Personenkreisen vor, die Kinderzuschläge nach besoldungsrechtlichen oder versorgungsrechtlichen oder nach anderen sozialrechtlichen Vorschriften erhalten. Für den Gesetzgeber war dabei ausschlaggebend, daß die in den Ausnahmebestimmungen aufgezählten Leistungen mit dem Kindergeld vergleichbar sind (BT-Drucks IV/818 S. 15 zu § 7). Ebenso wie die in dem bis zum 31. Dezember 1974 geltenden § 7 BKGG aF aufgeführten Leistungen wurzeln auch die Kinderzulagen bzw -zuschüsse aus der gesetzlichen Unfallversicherung und den gesetzlichen Rentenversicherungen in sozialen und fürsorgerischen Erwägungen, wobei es unerheblich ist, daß jene nach außen als Teil der Dienstbezüge und diese als Teil der Renten in Erscheinung treten. Im übrigen stellt die Kindergeldgesetzgebung nur eine der besonderen Formen von Kinderbeihilfen dar, die sich im Laufe einer langen Entwicklung herausgebildet haben, woraus sich die verschiedenen finanziellen Quellen erklären, aus denen die unterschiedlichen Leistungen fließen (BSGE 26, 160, 163). Die Kindergeldgesetzgebung begründet deshalb - ohne daß der Gleichheitssatz verletzt wäre - auch heute noch kein einheitliches System der Kinderbeihilfe (vgl BVerfGE 11, 105, 115). Das Bundessozialgericht (BSG) hat demgemäß keinen Verstoß, insbesondere gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 des Grundgesetzes (GG), gesehen, wenn der Gesetzgeber die Bezieher von Leistungen, die dem Kindergeld vergleichbar sind, von der Kindergeldgewährung ausschließt (BSGE 26, 160, 162, 163 zu § 7 BKGG aF). Was insoweit für die in dem früheren § 7 BKGG aF genannten Leistungen gilt, kann für die Kinderzulagen bzw -zuschüsse des § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG nicht abweichend beurteilt werden. So hat der 7. Senat des BSG in der genannten Entscheidung vom 23. März 1971 (SozR Nr 4 zu § 3 KGG) unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juli 1967 (BVerfGE 22, 163 ff = SozR Nr 63 zu Art 3 GG) keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des dem jetzigen § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG entsprechenden § 3 Abs 2 Nr 7 KGG gehabt und dort den Kindergeldanspruch des Vaters verneint, weil der Großvater des Kindes für das Kind einen Kinderzuschuß aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt. In gleichem Sinne hat das BSG zu § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG entschieden (vgl SozR Nr 3 zu § 8 BKGG S Aa 6). Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung in BVerfGE 22, 163 die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs 1 KGKG grundsätzlich bejaht, weil die Kindergeldgesetze allgemein dem sozialpolitischen Zweck dienten, einen "Familienlastenausgleich" herbeizuführen, und der Gesetzgeber gerade diejenigen kinderreichen Familien habe erfassen wollen, die nicht schon auf andere Weise aus öffentlichen Mitteln einen Ausgleich für die durch Kinder bedingten besonderen Lasten erhielten. Unter diesem Gesichtspunkt erscheine es sachgerecht, wenn nach dem Grundgedanken des § 3 Abs 1 KGKG, ebenso wie nach § 3 Abs 2 KGG und § 7 Abs 1 BKGG, das Kindergeld nur subsidiären Charakter habe und entfallen solle, wenn bereits aus anderem Rechtsgrund eine vergleichbare Kinderbeihilfe aus öffentlichen Mitteln gezahlt werde (aaO S 168).
Aus diesen von dem Bundesverfassungsgericht wiederholt gebilligten Grundsätzen des Kindergeldrechts (vgl auch BVerfGE 22, 100 ff, 105) vermag auch der erkennende Senat in der Regelung des § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG keinen Verstoß gegen Verfassungsnormen zu erkennen. Dabei kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Mittel für die Zahlungen der allgemeinen Leistungen der Unfall- oder Rentenversicherung durch Beiträge der Unternehmer, Arbeitgeber oder der Beschäftigten oder auch zum Teil aus Steuermitteln aufgebracht werden. Denn gerade die hier streitigen Kinderzulagen bzw -zuschüsse sind Leistungen, die ihrer Höhe nach nicht von den Beiträgen abhängig sind, die für oder von dem Versicherten oder Beitragspflichtigen aufgebracht werden. Diese Zuschüsse dienen allein der Minderung der durch Kinder erhöhten finanziellen Belastung und hängen - neben der gesetzlich bestimmten Höhe (bzw Mindesthöhe) - in den Rentenversicherungen nur von der Zahl der Kinder, in der Unfallversicherung zusätzlich von der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bzw der Rente ab (§ 1262 RVO, § 39 AVG, § 583 RVO). Sie unterscheiden sich daher in ihrer rechtlichen Qualität im Rahmen des Familienlastenausgleichs nicht von den Kinderzulagen, die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes bis zum 31. Dezember 1974 erhielten und die nach § 7 BKGG aF und den früheren entsprechenden Regelungen den Anspruch auf Kindergeld ausschlossen, wobei die tatsächliche Höhe dieser vergleichbaren Leistungen zB bei dem Zweitkindergeld nach dem KGKG nicht immer von Bedeutung war (vgl dazu BSG, Urteil vom 3. Juni 1965 - 7 RKg 16/63 S. 8, 10 - SozR KGKG § 35 Nr 1).
Mit dem EStRG ist der gesetzliche "Familienlastenausgleich" umgestaltet worden. Einerseits ist der Kinderfreibetrag der Einkommensteuer (§ 32 EStG aF) weggefallen (Art 1 Nr 40 EStRG), andererseits wurde die Bezugsberechtigung des Kindergeldes mit der Neufassung der §§ 1 und 10 BKGG (Art 2 Nrn 1 und 9 EstRG) auf das erste Kind ausgedehnt und die Leistungen auf 50,- DM für das erste, 70,- DM für das zweite und 120,- DM für das dritte und jedes weitere Kind erhöht. Ab 1. Januar 1978 verbessern sich diese Leistungen für das zweite Kind auf 80,- DM und die weiteren Kinder auf je 150,- DM monatlich (Art 2 des Steueränderungsgesetzes 1977 vom 16. August 1977 - BGBl I, 1586 -). Unverändert geblieben ist jedoch weiterhin § 8 Abs 1 Nr 1 BKGG, während dessen § 7 weggefallen ist (Art 2 Nr 6 EStRG), nachdem die dort aufgeführten Leistungen weitgehend nicht mehr gewährt werden. Die Ausschlußtatbestände sind nunmehr in § 8 BKGG zusammengefaßt.
Der Kinderzuschuß aus den gesetzlichen Rentenversicherungen (jährlich ein Zehntel der allgemeinen Bemessungsgrundlage - § 1262 Abs 4 RVO, § 39 Abs 4 AVG -) hat sich von 1957 bis heute von 35,70 DM auf 152,90 DM erhöht und wird nach wie vor unabhängig von der individuellen Rentenhöhe und den früher gezahlten Versicherungsbeiträgen gezahlt. Dies hat auch das BVerfG in drei im wesentlichen gleichgelagerten Fällen - (Beschlüsse vom 9. August 1977 - 1 BvR 274/75; 1 BvR 220/75 und 1 BvR 452/74) betont. Die Annahme der Revision, es handele sich bei den Kinderzuschüssen um eine vertragsgemäße Gegenleistung für die Entrichtung der Beiträge, trifft sonach nicht zu. Die Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Schwerverletzte beträgt 10 vH der Verletztenrente, wobei gewisse Mindestbeträge gelten (vgl § 583 Abs 1 und 2 RVO). Ab 1. Januar 1975 darf sie das auf das Kind entfallende Kindergeld nicht unterschreiten (§ 583 Abs 2 Satz 1 RVO idF des Art 28 Nr 3 Buchst a) des Einführungsgesetzes zum EStRG vom 21. Dezember 1974 - BGBl I 3656). Die Neuregelung des Familienlastenausgleichs stellt allerdings Rentnerfamilien mit Kindern, die deshalb steuerpflichtig sind, weil sie neben der Rente sonstige steuerpflichtige Einkünfte, sei es durch den Rentner, sei es - wie hier - durch dessen Ehegatten haben, insoweit gegenüber dem bis zum 31. Dezember 1974 bestehenden Rechtszustand schlechter, als ihnen kein steuerlicher Kinderfreibetrag mehr eingeräumt wird, sie aber weiterhin vom Kindergeldbezug ausgeschlossen bleiben. Rentnerfamilien ohne steuerpflichtiges Einkommen dagegen erfahren keine Verschlechterung und bei Familien, in denen keiner der Ehegatten Rentner ist, erfolgt je nach der Höhe des Einkommens ein gewisser Ausgleich zB durch die Verbesserung der Kindergeldleistungen.
Dadurch werden die Betroffenen jedoch, wie das BVerfG in den genannten Beschlüssen ausgeführt hat, nicht in ihren durch die Verfassung gewährleisteten Rechten beeinträchtigt; denn niemand hat einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Fortbestand einer steuerlichen Regelung. Das in Art 6 Abs 1 GG enthaltene Gebot, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern, geht nicht so weit, daß der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten (BVerfGE 28, 104, 113; 40, 121, 132; 43, 108, 121). Die steuerliche Entlastung oder das Kindergeld ist nicht die einzige Leistung, die der Staat für Kinder erbringt und durch die er die Eltern wirtschaftlich entlastet. So trägt er etwa ein Schul-, Bildungs- und Ausbildungssystem zum ganz überwiegenden Teil aus Haushaltsmitteln, das den Eltern von in Schul- oder Berufsausbildung stehenden Kindern zugute kommt. Dazu kommen Leistungen des Staates nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BVerfGE 43, 108, 121).
Das BVerfG hat es deshalb grundsätzlich mit Art 3 Abs 1 und Art 6 GG für vereinbar gehalten, daß im Rahmen der Neuregelung des Familienlastenausgleichs die Kinderfreibeträge des früheren § 32 EStG aF fortgefallen sind. Der Gesetzgeber könne nämlich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bestimmen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen wolle. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Förderung gerade mit steuerlichen Mitteln erfolgen solle, sei weitgehend seiner Entscheidung anheimgestellt (BVerfGE 43, 108, 121, 124). Im übrigen hat das BVerfG in den genannten Beschlüssen einerseits darauf abgehoben, daß gleichzeitig mit dem Wegfall des steuerlichen Kinderfreibetrages die Leistungen nach dem BKGG verbessert worden sind. Andererseits hat es für Rentnerfamilien aufgezeigt, in welch erheblichem Umfang der Kinderzuschuß zur gesetzlichen Rentenversicherung seit 1957 erhöht worden ist, nämlich von 35,70 DM auf 152,90 DM. Überdies sieht § 32 EStG in der Fassung des EStRG vor, daß einem Steuerpflichtigen unter gewissen Voraussetzungen ein Haushaltsfreibetrag von 3.000,- DM gewährt wird, wenn er "mindestens ein Kind hat". Ferner hat der Gesetzgeber eine Reihe von weiteren steuerlichen Entlastungen für Kinder vorgesehen, auf die das BVerfG in der Entscheidung vom 23. November 1976 im einzelnen hingewiesen hat (vgl BVerfGE 43, 108, 122 ). Es kann unter diesen Umständen nicht festgestellt werden, daß die familienfördernden Maßnahmen bei Rentnerfamilien mit Kindern völlig unzureichend seien und der Gesetzgeber deshalb gegen das oben genannte Gebot des Art 6 GG verstoßen hätte (so auch BVerfGE 43, 108, 122). Das BVerfG hat unter den gegebenen Umständen in den oben genannten drei Fällen die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben (Beschlüsse vom 9. August 1977 - 1 BvR 274/75; 1 BvR 220/75; 1 BvR 452/74 -). Der Steuergesetzgeber habe die etwaige soziale Schutzbedürftigkeit der Rentnerfamilien mit Kindern gebührend berücksichtigt, und es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er die Kumulierung von Kindergeld und Kinderzuschuß aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausschließe, weil der Kinderzuschuß nicht zu den beitragsorientierten Versicherungsleistungen gehöre, sondern fürsorgerischen Charakter trage. Er bringe das allgemeine sozialpolitische Anliegen des Familienlastenausgleichs im abgegrenzten Bereich des Rentenversicherungsrechts zum Ausdruck. Das BVerfG hat im übrigen darauf hingewiesen, daß auch die besitzstandswahrende Regelung im Beamtenbesoldungsrecht keine andere Beurteilung erlaube, weil die dadurch begünstigte Personengruppe nicht nur den Steuervorteil verloren habe, sondern auch die sie bis dahin begünstigende Regelung über den Kinderzuschlag im öffentlichen Dienst geändert worden sei. Den Rentnern sei hingegen der Anspruch auf Kinderzuschuß in der für sie gegenüber dem Kindergeld günstigeren Höhe erhalten geblieben.
Etwas grundsätzlich anderes kann auch nicht für die Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gelten; doch war diese Frage nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Das SG hat somit die Klage zu Recht abgewiesen, so daß die (Sprung-) Revision zurückgewiesen werden mußte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen