Orientierungssatz

1. Die Anwendung des § 157 Abs 4 AFG in der bis zum 31.12.1982 geltenden Fassung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Rentenantragsteller eine Erklärung nach § 315b RVO abgegeben hat.

2. Für die Zeit vor dem 1.1.1983 sind Beiträge für einen gemäß § 155 Abs 1 AFG Versicherten, dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden ist, der Bundesanstalt für Arbeit vom Rentenversicherungsträger zu erstatten, wenn und soweit die Entscheidung, durch die die in § 155 Abs 1 AFG genannte Leistung bewilligt worden ist, wegen der Gewährung dieser Rente rückwirkend aufgehoben worden ist.

 

Normenkette

AFG § 155 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 157 Abs. 4 Fassung: 1977-06-27; RVO § 315b Fassung: 1977-06-27, § 165 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1977-06-27

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 15.06.1982; Aktenzeichen L 5 Ar 72/81)

SG Nürnberg (Entscheidung vom 04.12.1980; Aktenzeichen S 2 Ar 258/80)

 

Tatbestand

Die klagende Bundesanstalt für Arbeit (BA) begehrt von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) Unterfranken für die Zeit vom 21. Februar bis zum 10. März 1979 Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen (§ 157 Abs 4 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-).

Die bei der Beklagten rentenversicherte S  (S.) bezog vom 3. Juni 1978 bis zum 10. März 1979 von der Klägerin Arbeitslosengeld (Alg). Im August 1978 stellte S. einen Rentenantrag und erklärte gleichzeitig, ihre Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) solle erst nach Ablauf des Monats, in dem der Bewilligungsbescheid erteilt werde, beginnen. Mit Bescheid vom 5. März 1979 bewilligte die Beklagte S. eine Rente auf Zeit wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 21. Februar bis zum 31. Dezember 1979 und erstattete der Klägerin die für die Zeit vom 21. Februar bis zum 10. März 1979 an die Versicherte S. gezahlten Leistungen nach dem AFG, nicht jedoch die an die beigeladene Krankenkasse geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 54,48 DM.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß zur Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge verurteilt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 157 Abs 4 Satz 1 AFG seien erfüllt. Dem stehe § 315b Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht entgegen. Infolge der Akzessorietät sei bei Erstattung der Hauptleistung (Alg) auch die Nebenleistung (Beitrag zur Krankenversicherung) zu erstatten. Für den streitigen Zeitraum habe außerdem eine wirksame Erklärung gemäß § 315b RVO nicht abgegeben werden können, da nach § 165 Abs 6 Satz 1 RVO aufgrund des Vorrangs der Versicherungspflicht gemäß § 155 AFG eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung während des Rentenantragsverfahrens nicht habe eintreten können.

Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 157 Abs 4 AFG, § 315b RVO. Sie ist der Ansicht, § 315b RVO führe zur Verneinung einer Erstattungspflicht. Zwar sei die Versicherte S. vorrangig nach § 165 Abs 6 Satz 1 RVO iVm § 155 AFG versichert gewesen. Da aber rückwirkend die Leistungsbewilligung nach dem AFG aufgehoben worden sei, falle auch diese Versicherung rückwirkend fort. An ihre Stelle trete die Versicherung als Rentenantragstellerin, bei der § 315b RVO seine Wirkung entfalte. Im übrigen sei der Anspruch auf Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge nach § 157 Abs 4 Satz 1 AFG nicht notwendig an die Erstattung der Leistungen nach dem AFG gebunden, sondern seinem Wesen nach ein Ersatzanspruch, also davon abhängig, ob sie, die Beklagte, die Beiträge hätte leisten müssen.

Die Beklagte beantragt, die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 1982 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. Dezember 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

Die Beigeladene hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß die Beklagte zur Erstattung der von der Klägerin für die Zeit vom 21. Februar bis zum 10. März 1979 entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) verpflichtet ist.

Anspruchsgrundlage ist § 157 Abs 4 AFG, der hier idF des Art 2 § 7 Nr 1 des Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - 20. RAG - vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1040) anzuwenden ist. Die den Rentenversicherungsträger betreffenden Änderungen dieser Bestimmung durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I, 1857) finden keine Anwendung, da sie erst am 1. Januar 1983 in Kraft getreten sind. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Beiträge für einen nach § 155 Abs 1 AFG Versicherten, dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden ist, der Bundesanstalt vom Träger der Rentenversicherung zu erstatten, wenn und soweit die Entscheidung, durch die die in § 155 Abs 1 AFG genannte Leistung bewilligt worden ist, wegen der Gewährung dieser Rente rückwirkend aufgehoben worden ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Versicherte war während der streitigen Zeit vom 21. Februar bis zum 10. März 1979 als Bezieher von Alg nach § 155 Abs 1 AFG in der KVdA versichert; die Beiträge hat die klagende BA getragen (§ 157 Abs 1 AFG). Nachdem die Klägerin wegen der Rentenbewilligung - aufgrund der Ruhenswirkung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG - den Bescheid über die Bewilligung des Alg ab 21. Februar 1979 nach § 151 Abs 1 AFG aF aufgehoben hatte, hat die Beklagte zugleich auch die für diese Zeit zur KVdA entrichteten Beiträge an die klagende BA zu erstatten, und zwar in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen der BA, die hier nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG 54,48 DM betragen haben. Von weiteren Voraussetzungen ist die Erstattungspflicht nicht abhängig.

Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, daß die Versicherte durch Erklärung nach § 315b RVO den Beginn ihrer Mitgliedschaft in der KVdR bis zum 1. April 1979 aufgeschoben habe, so daß Aufwendungen zur KVdR für die streitige Zeit nicht erwachsen wären und sie deshalb auch keine Erstattungspflicht gegenüber der BA treffe. Der Ausgleichsanspruch des § 157 Abs 4 AFG hängt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht davon ab, ob und in welchem Umfang dem Rentenversicherungsträger Aufwendungen für die Krankenversicherung des Versicherten entstanden wären. Eine derartige Einschränkung ergibt sich - anders als dies etwa für den vergleichbaren Erstattungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 160 Abs 1 AFG zutrifft - weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus der Natur des Anspruchs. Es mag zwar nicht selbstverständlich sein, wie die Beklagte unter Hinweis auf die im 3. Kapitel des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches -SGB X 3- (Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten vom 4. November 1982, BGBl I, 1450) in §§ 102 ff vorgesehenen Erstattungsregelungen dargetan hat, daß ein "Erstattungsschuldner" schlechthin für die dem Gläubiger entstandenen Aufwendungen aufzukommen hat, und zwar unabhängig davon, ob ihm selbst nach dem Gesetz Aufwendungen dieser Art und dieser Höhe erwachsen wären; nach §§ 103 ff SGB X richten sich Bestand und Umfang der Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander regelmäßig nach den Vorschriften, die für den ausgleichspflichtigen Leistungsträger (Erstattungsschuldner) gelten. Diesen erst am 1. Juli 1983 in Kraft tretenden Bestimmungen ist indessen nicht zu entnehmen, daß eine derartige Lösung rechtsdogmatisch vorgezeichnet ist (vgl auch BSGE 39, 137, 141). Der Gesetzgeber hat von seinem Ermessen in § 157 Abs 4 AFG in der hier anzuwendenden, bis 31. Dezember 1982 gültig gewesenen Fassung nicht in dieser Weise Gebrauch gemacht, denn ein ausdrücklicher Hinweis fehlt, daß der Rentenversicherungsträger die Krankenversicherungsbeiträge nur zu erstatten hat, soweit er für dieselbe Zeit Beiträge zur KVdR zu entrichten gehabt hätte. Ob für § 157 Abs 4 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I S 582) etwas anderes gegolten hat, kann offenbleiben. In dessen Satz 2 war der Erstattungsanspruch auf den (Pauschal-)Betrag beschränkt, den der Träger der Rentenversicherung nach § 381 Abs 4 RVO aF freiwillig versicherten Rentenbeziehern für die Zeit zu zahlen hatte, für die die bewilligende Entscheidung aufgehoben worden ist. Diese Bestimmung, der nach ihren Motiven eine Abhängigkeit der Erstattungspflicht des Rentenversicherungsträgers von seiner eigenen Leistungspflicht zugrunde gelegen haben könnte (vgl die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des AFG, zu BT-Drucks V/4110, S 24 zu § 154 Abs 4), ist durch Art 2 § 7 Nr 1 des 20. RAG mit Wirkung ab 1. Juli 1977 ersatzlos gestrichen worden. Diese Streichung ist eine Folge der Neugestaltung der KVdR einschließlich der Beitragszuschuß-Regelungen für freiwillig oder privat krankenversicherte Rentner. Diesen wird seit 1. Juli 1977 ein Zuschuß nicht mehr - wie bisher nach § 381 Abs 4 RVO - in einem einheitlichen Pauschbetrag, sondern nach dem an seine Stelle getretenen § 1304e RVO (idF durch Art 2 § 1 Nr 26 des 20. RAG) grundsätzlich in Höhe von 11 vH der individuellen Rente gezahlt. Eine Begrenzung der Erstattungspflicht der Rentenversicherungsträger auf die Höhe dieses - individualisierten - Beitragszuschusses war offensichtlich nicht gewollt; vielmehr sind der BA seit 1. Juli 1977 in den in § 157 Abs 4 AFG genannten Fällen die gesamten Aufwendungen für die KVdA unabhängig davon zu erstatten, ob überhaupt eine Mitgliedschaft in der KVdR begründet worden ist und wie hoch der im Einzelfall errechnete Beitrag zu dieser Versicherung gewesen wäre (so auch Schönefelder/Kranz /Wanka, AFG, § 157 Anm 2, Stand Juni 1978).

Für diese Auslegung des § 157 Abs 4 AFG spricht insbesondere der systematische Zusammenhang dieser Bestimmung mit der Neugestaltung der Beitragsregelungen der KVdR in § 1304d RVO (idF des Art 2 § 1 Nr 26 des 20. RAG) und der entsprechenden krankenversicherungsrechtlichen Regelung des § 385 Abs 2 RVO (idF des Art 1 § 1 Nr 43 Buchst a des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977, BGBl I, 1069), die ebenfalls am 1. Juli 1977 in Kraft getreten sind. Nach diesen bis 31. Dezember 1982 gültig gewesenen Regelungen haben die Träger der Rentenversicherung zu den Aufwendungen der in der KVdR nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO Versicherten an die Krankenkassen pauschal für jedes Kalenderjahr insgesamt 11,7 vH der von ihnen gezahlten Rentenbeträge zu zahlen, vermindert ua um die Summe der Beitragszuschüsse nach § 1304e RVO und der "Erstattungen nach § 157 Abs 4 AFG". Daraus wird einerseits deutlich, daß die pauschale Beitragsentrichtung ohne Rücksicht darauf erfolgt, ob im Einzelfall eine Mitgliedschaft des Rentners nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO besteht oder eine Mitgliedschaft aufgeschoben worden ist. Für Fälle, in denen der Rentner nicht der KVdR angehört, ist ein Abzug von der Gesamtsumme der Rentenbeträge nicht vorgesehen (vgl Verbandskommentar, § 1304d RVO Anm 2, Stand Januar 1982). Andererseits ergibt sich aus dem Abzug der Erstattungen nach § 157 Abs 4 RVO, daß die Rentenversicherungsträger bezüglich derjenigen, für die sie Erstattungen an die BA geleistet haben, (dem Grunde nach) von der Verpflichtung befreit sind, Beiträge zur KVdR an die Krankenkassen zu leisten. Diese Befreiung hängt aber gerade nicht von einer im konkreten Fall bestehenden Beitragspflicht und ihrem Umfang ab, denn die Befreiung ist pauschal an den Betrag der nach § 157 Abs 4 AFG geleisteten Erstattungen geknüpft, der aber seinerseits (nur noch) von der Höhe der von der BA zur KVdA geleisteten Beiträge abhängig ist. Damit wird die beklagte LVA gegenüber der Krankenkasse in Höhe der Belastungen befreit, die die BA auf sie abgewälzt hat; sie erleidet mithin auch dann keinen Nachteil, wenn im konkreten Fall eine Mitgliedschaft in der KVdR - etwa mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 165 Abs 1 Nr 3 RVO oder wegen Aufschubs der Mitgliedschaft nach § 315b RVO - nicht bestanden hat und deshalb an sich - bei einer einzelfallbezogenen Abrechnung - Beiträge zur KVdR für den Rentenbewerber nicht hätten entrichtet werden müssen. Daß wegen des pauschalierten Beitragsabrechnungsverfahrens der KVdR nach § 1304d RVO iVm §§ 381 Abs 2, 385 Abs 2 (jeweils in der bis 31. Dezember 1982 gültig gewesenen Fassung) und § 3 der KVdR- Ausgleichsverordnung 1977 (BGBl I 3140) in derartigen Fällen auch für das Nichtmitglied Beiträge mit dem Gesamtbeitrag zu entrichten sind, zwingt nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 157 Abs 4 AFG dahin, daß eine Erstattungspflicht gegenüber der BA entfällt. Wäre dies richtig, erhielte der Krankenversicherungsträger zweimal für die gleiche Zeit Beiträge zur Krankenversicherung, nämlich von der BA nach § 155 AFG und nochmals vom Rentenversicherungsträger innerhalb der pauschalen Beitragszahlungen nach § 1304d RVO.

Auch aus § 315b RVO selbst ergibt sich nicht, daß die Erstattungspflicht des Rentenversicherungsträgers entfällt, wenn der Rentenbewerber - wie hier - nach dieser Bestimmung fristgemäß innerhalb eines Monats nach Rentenantragstellung erklärt hat, daß die Mitgliedschaft in der KVdR, die ansonsten kraft Gesetzes gemäß § 306 Abs 2 RVO mit dem Tage der Rentenantragstellung beginnt, erst mit Ablauf des Monats beginnen soll, in dem der die Rente bewilligende Bescheid zugestellt wird. Diese ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juli 1977 durch das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz -KVKG- vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) in der RVO neu vorgesehene Möglichkeit des Aufschubs der Mitgliedschaft in der KVdR hat für die Fälle der hier vorliegenden Art keine rechtliche Bedeutung. Dies ergibt sich nicht nur aus dem systematischen Zusammenhang dieser Regelung mit § 165 RVO und § 155 AFG, sondern auch aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift.

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, konnte die von der Versicherten abgegebene Erklärung über den Aufschub der Mitgliedschaft in der KVdR für die hier streitige Zeit schon deshalb keine Wirkung haben, weil die Versicherte während des Bezugs von Alg von der Mitgliedschaft in der KVdR ausgeschlossen war und auch nach Aufhebung der Alg-Bewilligung ausgeschlossen geblieben ist. Die Versicherte war während des Bezugs von Alg, der bis 10. März 1979 gedauert hat, nach § 155 AFG versichert; diese Versicherung schließt die Mitgliedschaft in der KVdR nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO für die Dauer des Alg-Bezugs aus. Nach § 165 Abs 6 Satz 1 Nr 1 RVO wird nämlich in der KVdR (§ 165 Abs 1 Nr 3 RVO) nicht versichert, wer nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig ist. Anderweitig versicherungspflichtig iS dieser Vorschrift sind auch die Bezieher von Alg nach §§ 155 ff AFG (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 165 RVO, Anm 17a, dd S 17/75 - 3 -; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 157 Anm 21, Stand August 1973). Dies gilt auch dann, wenn die BA die Bewilligung des Alg wegen der Rentengewährung rückwirkend aufgehoben hat. Damit tritt - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht rückwirkend die Versicherungspflicht in der KVdR an die Stelle derjenigen in der KVdA mit der Folge, daß die Erklärung nach § 315b RVO auch für die Zeit der Aufhebung der Leistungsbewilligung Rechtswirkungen entfalten oder den Aufschub der Mitgliedschaft in der KVdR bewirken könnte. Nach § 155 Abs 2 Satz 3 AFG wird nämlich das mit dem tatsächlichen Bezug von Alg begründete Versicherungsverhältnis nicht berührt, wenn die Entscheidung der Arbeitsverwaltung, die zu diesem Leistungsbezug geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Durch diese Vorschrift sollte eine rückwirkende Aufhebung des Versicherungsverhältnisses in der KVdA ausgeschlossen werden, um zu verhindern, daß ansonsten die Arbeitsverwaltung gegen die Krankenkasse Anspruch auf Erstattung der - zu Unrecht entrichteten - Beiträge erheben und die Krankenkasse ihrerseits die diesen Beiträgen entsprechenden - ebenfalls zu Unrecht erbrachten - Leistungen vom Versicherten zurückfordern müßte (vgl die Begründung zum Entwurf des AFG, zu BT-Drucks V/4110, S 23 zu § 152). Damit verdeutlicht § 155 Abs 2 Satz 3 AFG den Grundsatz, daß Versicherungspflicht in der Krankenversicherung vorausschauend erkennbar sein muß und deshalb rückwirkende Veränderungen grundsätzlich unbeachtlich sind (vgl BSGE 39, 235, 238). Die Ausgleichsregelung des § 157 Abs 4 AFG bewirkt deshalb nur, daß die von der BA rechtswirksam entrichteten Beiträge nunmehr als vom Rentenversicherungsträger geschuldet gelten, ohne daß es bei dieser Konstruktion darauf ankommt, ob der Versicherte im Erstattungszeitraum seine Mitgliedschaft in der KVdR aufgeschoben hatte.

Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck des § 315b RVO bestätigt. Diese Vorschrift sollte einen Aufschub der Mitgliedschaft in der KVdR für diejenigen ermöglichen, die bereits anderweitig beitragsfrei (zB nach dem Bundesversorgungsgesetz -BVG-) versichert sind und nunmehr während der Laufzeit des Rentenantragsverfahrens als Mitglieder der KVdR Beiträge zahlen müßten, ferner für diejenigen, die wegen der Ungewißheit über den Ausgang des Rentenverfahrens ihre private Krankenversicherung aufrechterhalten und daher mit doppelten Beiträgen belastet würden. Zwar würden ihnen die Beiträge im Falle der Rentenbewilligung für die Zeit vom Beginn der Rente bis zur Zustellung des die Rente bewilligenden Bescheids nach § 381 Abs 3 RVO erstattet. Unzuträglichkeiten hätten sich jedoch in den Fällen ergeben, in denen der Rentenantrag abgelehnt wird oder der Antragsteller Rente vor dem Tag beantragt hat, von dem an sie ihm zusteht; um in diesen Fällen eine doppelte Beitragszahlung oder eine Beitragszahlung trotz anderweitiger beitragsfreier Versicherung zu vermeiden, wird Rentenantragstellern die Möglichkeit eingeräumt, den Beginn der Mitgliedschaft in der KVdR hinauszuschieben (vgl die amtliche Begründung zu § 315b in BR-Drucks 76/77 S 29 = BT-Drucks 8/166 S 27). Aus dieser Funktion des § 315b RVO wird deutlich, daß er in Fallgestaltungen, wie sie § 157 Abs 4 AFG erfaßt, nicht wirksam werden kann. Der arbeitslose Rentenbewerber muß für die Laufzeit des Rentenantragsverfahrens keine Beiträge zur KVdR entrichten, solange er Alg bezieht und deshalb in der KVdA nach § 155 AFG beitragsfrei versichert ist; denn durch diese Versicherung wird die Versicherung aus § 165 Abs 1 Nr 3 RVO verdrängt. Für ihn entsteht daher für die Zeit des tatsächlichen Bezugs von Alg keine neue oder doppelte Beitragslast, die in Fällen der Ablehnung des Rentenantrags endgültig von ihm zu tragen wäre. Der erklärte Aufschub über den Beginn der Mitgliedschaft in der KVdR kann in diesen Fällen erst von dem Zeitpunkt an wirksam werden, in dem der Alg-Bezug tatsächlich endet. Erst mit diesem Zeitpunkt kann die bisher durch die vorrangige Versicherung nach § 155 AFG verdrängte Versicherung in der KVdR beginnen. Mithin bleibt für die hier streitige Zeit des Alg-Bezuges vom 21. Februar bis zum 10. März 1979 der nach § 315b RVO von der Versicherten erklärte Aufschub der Mitgliedschaft in der KVdR wirkungslos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658709

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