Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Arbeitslosmeldung. vorzeitige Arbeitslosmeldung
Orientierungssatz
1. Wenn ein Antrag auf Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit bindend abgelehnt worden ist, richtet sich bei einem neuen Antrag auf Arbeitslosenhilfe die maßgebliche Jahresfrist trotz ununterbrochen fortbestehender Arbeitslosigkeit nach der neuen Arbeitslosmeldung, die für den neuen Antrag erforderlich ist (vgl BSG 4.9.1979 7 RAr 61/78 = SozR 4100 § 134 Nr 15).
2. Im Falle des § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 AFG in der bis 31.12.1975 geltenden Fassung muß die an die Arbeitslosmeldung geknüpfte Jahresfrist dem ersten Tag des Bezuges der Arbeitslosenhilfe nicht unbedingt unmittelbar vorausgehen.
3. Die Arbeitslosmeldung kann schon vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit vorgenommen werden, obwohl eine Tatsache an sich erst gemeldet werden kann, wenn sie vorliegt.
4. Eine vor Eintritt der Arbeitslosigkeit vorgenommene Meldung kann in bezug auf einen Leistungsanspruch erst wirksam werden, wenn die Arbeitslosigkeit, wie gemeldet, eingetreten ist.
5. Bei fortdauernder Arbeitslosigkeit kann die in bezug auf ein erneutes Leistungsbegehren erneut abgegebene Arbeitslosmeldung erst zu dem Zeitpunkt wirksam werden, zu dem der Arbeitslose einen Leistungsfall annimmt.
Normenkette
AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Fassung: 1969-06-25; AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Bremen (Entscheidung vom 26.04.1984; Aktenzeichen L 5 Ar 6/84) |
SG Bremen (Entscheidung vom 07.10.1983; Aktenzeichen S 13 Ar 350/82) |
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der Kläger war, nachdem er im Dezember 1978 das erste Lehrerexamen abgelegt hatte, vom 1. Mai 1980 bis 31. Oktober 1981 als Lehreranwärter Beamter auf Widerruf. Den am 3. November 1981 gestellten Antrag auf Alhi lehnte die Beklagte mit Rücksicht auf das Einkommen der Ehefrau des Klägers (2.047,05 DM netto monatlich) ab (Bescheid vom 17. März 1982, Widerspruchsbescheid vom 8. April 1982).
In seinem Widerspruchsschreiben hatte der Kläger um Mitteilung gebeten, wie er vorgehen müsse, um Alhi zu bekommen, wenn acht Wochen nach der für den 29. Mai 1982 erwarteten Geburt des zweiten Kindes das Einkommen seiner Ehefrau für vier Monate wegfalle. Dem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte hierzu den Hinweis beigefügt, daß anheimgestellt werde, bei Änderung der Einkommensverhältnisse der Ehefrau erneut einen Antrag auf Gewährung von Alhi zu stellen.
Den am 8. Juli 1982 wegen Veränderung der Einkommensverhältnisse erneuten Antrag auf Alhi lehnte die Beklagte nunmehr mit der Begründung ab, daß der Kläger innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung (8. Juli 1981 bis 7. Juli 1982) nicht mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt habe, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könne (Bescheid vom 27. August 1982, Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1982). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung der ergangenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi in gesetzlicher Höhe für die Zeit ab 8. Juli 1982 zu gewähren (Urteil vom 7. Oktober 1983). Während der Berufung beschränkte der Kläger sein Begehren auf die Zeit vom 24. Juli bis 27. November 1982, in der seine Ehefrau nach der am 28. Mai 1982 erfolgten Entbindung lediglich Mutterschaftsgeld (während des Mutterschaftsurlaubs) in Höhe von 25,-- DM täglich bezogen hatte. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 26. April 1984).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, da die Anspruchsvoraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die streitige Zeit erfüllt seien, sei allein entscheidend, ob der Kläger bedürftig gewesen sei und die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Durch die Zeit, die er als Beamter auf Widerruf vom 1. Mai 1980 bis 31. Oktober 1981 zurückgelegt habe, habe der Kläger zwar die Anwartschaftszeit für Alhi erfüllen können, weil solche Zeiten den Beschäftigungszeiten gleichstünden. Erforderlich sei jedoch, daß 150 Tage der anwartschaftsbegründenden Zeit in die Rahmenfrist von einem Jahr fielen, die sich nach dem Tag der Arbeitslosmeldung richte. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger nicht, weil entgegen der Ansicht des SG auf die letzte Arbeitslosmeldung am 8. Juli 1982 abzustellen sei, was das LSG im Anschluß an die Entscheidung des Senats SozR 4100 § 134 Nr 15 des näheren ausgeführt hat. Doch habe die Beklagte hier dennoch Alhi zu gewähren, weil der Kläger im Wege des Herstellungsanspruchs so zu stellen sei, als ob er sich spätestens Anfang Juni 1982 erneut arbeitslos gemeldet hätte. Die Beklagte habe den Kläger auf seine Anfrage, wie er vorgehen müsse, um für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs seiner Ehefrau Alhi zu bekommen, angesichts des angegebenen voraussichtlichen Geburtstermins und der zurückliegenden Beamtenzeit darauf hinweisen müssen, daß er sich spätestens am 4. Juni 1982 arbeitslos melden müsse, um innerhalb der Rahmenfrist die Anwartschaftsvoraussetzung erfüllen zu können. Eine solche Meldung zum 4. Juni 1982 hätte dem Kläger den Anspruch für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs seiner Ehefrau gesichert. Für die Arbeitslosmeldung seien keine Fristen bestimmt. Der Leistungsberechtigte sei nicht gehindert, bereits eine gewisse Zeit vor dem in Betracht kommenden Leistungsbeginn sich arbeitslos zu melden und einen Leistungsantrag zu stellen; maßgebend sei der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitslose bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt unter Hinweis auf ein unmittelbar bevorstehendes Leistungsbegehren seine Arbeitslosigkeit oder den Fortbestand derselben anzeige (Urteil des Bundessozialgerichts -BSG- vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 31/79 -). Die Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflicht führe dazu, daß der Kläger so zu stellen sei, als ob er sich rechtzeitig arbeitslos gemeldet hätte. Der Kläger sei schließlich auch bedürftig; denn abzüglich des Ehegattenfreibetrages von 75,-- DM und der Freibeträge für zwei Kinder von je 35,-- DM verblieben vom Mutterschaftsgeld von wöchentlich 173,08 DM nur 28,08 DM, so daß in jedem Fall dem Kläger Alhi zu zahlen sei.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 134 AFG. Sie macht geltend, nach dem vom LSG genannten Urteil vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 31/79 - sei zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeitslosigkeit angezeigt werde, und dem Zeitpunkt, in dem eine vorzeitig angezeigte Arbeitslosmeldung wirksam werde, zu unterscheiden. Die Arbeitslosmeldung eines noch nicht bedürftigen Arbeitslosen werde erst zu dem Zeitpunkt wirksam, von dem an der Arbeitslose das Bestehen eines Anspruchs auf Alhi erwarte. Das sei hier der 24. Juli 1982 gewesen, weil der Kläger dem Arbeitsamt selbst mitgeteilt habe, daß erst von diesem Tage an das Familieneinkommen lediglich 25,-- DM täglich betrage. Habe somit eine vorzeitige Arbeitslosmeldung erst von diesem Tage an wirksam werden können, habe keine Pflicht des Arbeitsamtes bestanden, dem Kläger zu einer vorzeitigen Arbeitslosmeldung zu raten. Infolgedessen lasse sich ein Anspruch auf Alhi auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Herstellungsanspruchs begründen.
Die Beklagte beantragt,
die ergangenen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die vom LSG angeführten Gründe.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Alhi nicht zu.
Anspruch auf Alhi hat, wer ua innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen können (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG in der hier maßgebenden, seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497). Zeiten bestimmter Dienstverhältnisse, insbesondere das Dienstverhältnis als Beamter, das der Kläger zurückgelegt hat, stehen einer Beschäftigung, die zur Erfüllung der Anwartschaft dienen kann, gleich (§ 134 Abs 2 AFG). Die Jahresfrist, in der die den Anspruch auf Alhi begründende Zeit zurückgelegt sein muß, bestimmt sich, wie das LSG zutreffend erkannt hat, nach der Arbeitslosmeldung, die dem am 8. Juli 1982 gestellten Antrag auf Alhi vorausging, und nicht nach der Arbeitslosmeldung, die dem bestandskräftig abgelehnten Antrag auf Alhi vom 3. November 1981 vorausgegangen war. Das Erfordernis, im Jahr vor der Arbeitslosmeldung mindestens 150 Kalendertage anspruchsbegründender Art zurückgelegt zu haben, soll gewährleisten, daß nur derjenige Alhi erhält, der noch eine relativ enge Beziehung zum Arbeitsmarkt hat. Das erfordert, daß zwischen der Jahresfrist und dem Tag, an dem der Anspruch auf Alhi erstmals begründet ist, keine längere Zeit liegen darf. Dies hat zur Folge, daß nach Sinn und Zweck des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG die Frist nach der Arbeitslosmeldung zu berechnen ist, die zu dem für den Anspruch maßgebenden Antrag gehört. Der Senat hat daher entschieden, daß dann, wenn ein Antrag auf Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit bindend abgelehnt worden ist, bei einem neuen Antrag auf Alhi die maßgebliche Jahresfrist trotz ununterbrochen fortbestehender Arbeitslosigkeit sich nach der neuen Arbeitslosmeldung richtet, die für den neuen Antrag erforderlich ist (BSG SozR 4100 § 134 Nr 15). Das gilt nicht nur, wenn die Arbeitslosmeldungen wie in dem damals entschiedenen Fall mehr als ein Jahr auseinanderliegen, wie das SG gemeint hat, sondern allgemein. An der zu § 141a des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG - (idF des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 16. April 1956, BGBl I 243) vertretenen großzügigeren Auffassung, derzufolge auf eine frühere (ggfs mehrere Jahre zurückliegende) Arbeitslosmeldung dann zurückgegriffen werden könne, wenn die Arbeitslosigkeit ununterbrochen angedauert hat und der Arbeitslose annehmen durfte, das Arbeitsamt sehe ihn weiterhin als arbeitslos an (BSGE 15, 102, 104 f = SozR Nr 2 zu § 141a AVAVG aF), kann nicht festgehalten werden. Sie wird dem oben bezeichneten Zweck der sog kleinen Anwartschaft nicht gerecht. Die seit dem 1. Januar 1986 geltende Neufassung des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) bestärkt den Senat in seiner Auffassung. Nunmehr stellt das Gesetz nämlich für die Erfüllung der Anwartschaft ausnahmslos auf das Jahr vor dem Tag ab, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (Vorfrist). Diese der Rahmenfrist beim Arbeitslosengeld (Alg) nachgebildete einjährige Vorfrist geht dem ersten Tag, an dem ein Anspruch auf Alhi erstmals begründet sein kann, unmittelbar voraus. Damit ist sichergestellt, daß künftig zwischen der Entstehung des Anspruchs und der Jahresfrist, in der die Anwartschaft begründet sein muß, immer die engste denkbare Verbindung besteht.
Ist somit wegen der Jahresfrist frühestens auf die Arbeitslosmeldung abzustellen, die zusammen mit dem erneuten Antrag am 8. Juli 1982 erfolgt ist, hat der Kläger die sog kleine Anwartschaft nicht erfüllt. Innerhalb des Jahres vom 8. Juli 1981 bis 7. Juli 1982 hat er zwar bis zum 31. Oktober 1981 Zeiten als Beamter zurückgelegt, die einer Beschäftigung nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gleichstehen, jedoch nicht die erforderlichen 150, sondern nur 116 Kalendertage.
Trotz dieser zutreffend erkannten Rechtslage hat das LSG die Klage für die Zeit vom 24. Juli bis 27. November 1982 für begründet gehalten, weil der Kläger im Wege des Herstellungsanspruchs so zu stellen sei, als ob er sich spätestens Anfang Juni 1982 erneut arbeitslos gemeldet hätte. Das beanstandet die Revision zu Recht.
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, daß Nebenpflichten, die dem Leistungsträger aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsen, nicht ordnungsgemäß wahrgenommen worden sind. Schon hieran fehlt es. Die Beklagte hat ihre Beratungspflicht nicht dadurch verletzt, daß sie dem Kläger lediglich anheimgestellt hat, bei Änderung der Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau erneut einen Antrag auf Alhi zu stellen. Entgegen der Auffassung des LSG hätte der Kläger nämlich auch durch eine bis zum 4. Juni 1982 vorgenommene erneute Arbeitslosmeldung nicht bewirken können, daß für den Antrag, ihm ab Wegfall der Mutterschaftsleistungen des Arbeitgebers seiner Ehefrau Alhi zu gewähren, auf eine bis zum 3. Juni 1982 laufende Jahresfrist abzustellen gewesen wäre, innerhalb der der Kläger 150 Kalendertage als Beamter aufweisen kann.
Das ist allerdings nicht deshalb der Fall, weil § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG schon in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung dem Sinne nach dahin zu verstehen ist, daß die Jahresfrist dem Tage vorausgeht, an dem alle anderen Anspruchsvoraussetzungen als die Anwartschaftsvoraussetzung gegeben sind, was nach der Begründung zur Neufassung der Vorschrift durch das Siebte Änderungsgesetz von Anfang an Absicht des Gesetzes gewesen sein soll (BT-Drucks 10/4211 S 25 f). Zwar bestimmt § 134 Abs 1 Satz 2 AFG in der hier maßgebenden Fassung für den Fall, daß nach Erschöpfung des Anspruchs auf Alg keine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist, daß die Jahresfrist dem ersten Tag vorausgeht, an dem die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi erfüllt sind. In allen anderen Fällen, insbesondere in allen Fällen der sog originären Alhi, hat das Gesetz indessen auf das Jahr vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, abgestellt (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG). Das Gesetz hat damit ausdrücklich eine andere Regelung als in § 134 Abs 1 Satz 2 AFG und § 104 Abs 2 AFG getroffen. Dies hat zur Folge, daß im Falle des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AFG in der bisherigen Fassung die an die Arbeitslosmeldung geknüpfte Jahresfrist dem ersten Tag des Bezuges der Alhi nicht unbedingt unmittelbar vorausgehen muß.
Gegen die Auffassung des LSG ist auch nicht einzuwenden, daß sich die Arbeitslosmeldung nicht vorzeitig vornehmen lasse. Die Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, erfolgt bei persönlicher Antragstellung zumeist zwar unmittelbar vor oder gleichzeitig mit der Antragstellung. Indessen entspricht es herrschender Ansicht und Praxis, daß eine Meldung schon vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit vorgenommen werden kann, obwohl eine Tatsache an sich erst gemeldet werden kann, wenn sie vorliegt (vgl RVA GrE 3292 AN 1928, 350; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 100 Rdz 14; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Oktober 1985, § 100 Anm 5; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, § 105 Rdz 9).
Eine andere Frage ist allerdings, zu welchem Zeitpunkt eine vorzeitig vorgenommene Meldung wirksam wird. Es liegt auf der Hand, daß eine vor Eintritt der Arbeitslosigkeit vorgenommene Meldung in bezug auf einen Leistungsanspruch erst wirksam werden kann, wenn die Arbeitslosigkeit, wie gemeldet, eingetreten ist (vgl RVA aaO; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock aaO). Die Jahresfrist richtet sich in einem solchen Fall nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit, nicht nach dem Zeitpunkt ihrer vorzeitigen Meldung. Entsprechend wird eine Arbeitslosmeldung nach ihrer Funktion erst zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem der Meldende Leistungen wegen Arbeitslosigkeit beansprucht. Das Gesetz hat die Arbeitslosmeldung beim Alg und bei der Alhi als materielle Anspruchsvoraussetzung ausgestaltet, um das Arbeitsamt in die Lage zu versetzen, die zur Leistung verpflichtende Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Die im Zusammenhang mit Leistungsansprüchen verlangte Arbeitslosmeldung ist daher nicht lediglich Meldung, Anzeige, Erklärung oder Mitteilung der Tatsache einer bloßen Arbeitslosigkeit, sondern Mitteilung eines Leistungsfalles, also einer Arbeitslosigkeit, aus der der Arbeitslose einen Anspruch auf Alg oder Alhi ableitet. Bei fortdauernder Arbeitslosigkeit kann daher die in bezug auf ein erneutes Leistungsbegehren erneut abgegebene Arbeitslosmeldung erst zu dem Zeitpunkt wirksam werden, zu dem der Arbeitslose einen Leistungsfall annimmt. Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß der Senat dementsprechend in dem Urteil vom 21. Mai 1980 - 7 RAr 31/79 -, auf das sich das LSG berufen hat, eine vorzeitige erneute Arbeitslosmeldung frühestens zu dem Zeitpunkt als wirksam behandelt, zu dem der Arbeitslose sich als bedürftig angesehen hat.
Die Beklagte hätte daher dem Kläger mit Rücksicht auf den sonst drohenden Verlust der Anwartschaftsvoraussetzungen nur dann empfehlen müssen, sich spätestens am 4. Juni 1982 erneut arbeitslos zu melden, wenn sie den Kläger schon zu diesem Zeitpunkt als bedürftig ansehen mußte. Das ist indes nicht der Fall gewesen. Nach den Angaben des Klägers über den Zeitpunkt der Niederkunft seiner Ehefrau ist vielmehr erkennbar gewesen, daß sich das bei der Alhi des Klägers zu berücksichtigende Einkommen seiner Ehefrau nicht vor Mitte Juli 1982 durch den Wegfall des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld auf das Mutterschaftsgeld (während des Mutterschaftsurlaubs) von 25,-- DM täglich vermindern würde. Das allgemeine Anheimgeben, bei Änderung des Einkommens seiner Ehefrau erneut einen Antrag auf Alhi zu stellen, kann daher im vorliegenden Falle nicht beanstandet werden.
Hat die Beklagte ihre Beratungspflicht nicht verletzt, entfällt ein Herstellungsanspruch. Es stellt sich daher nicht die Frage, ob bei ununterbrochener Arbeitslosigkeit für eine erneute Arbeitslosmeldung auch gilt, daß sie sich im Rahmen des Herstellungsanspruchs nicht ersetzen läßt, wie der Senat für die zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderliche, tatsächlich aber nicht vorgenommene erste Arbeitslosmeldung nach Eintritt der Arbeitslosigkeit angenommen hat (vgl die zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteile vom 19. März 1986 - 7 RAr 17/84 und 7 RAr 48/84 -).
Auf die Revision der Beklagten sind nach alledem die entgegenstehenden Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen