Leitsatz (amtlich)
Die Wassergewinnung ist nicht notwendiges Merkmal eines Wasserwerkes im Sinne des RAM-Erl 1942-03-16 Nr 4.
Normenkette
RVO § 628 Fassung: 1942-08-20; RAMErl 1942-03-16 Nr. 4
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 9. März 1961 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Der Kläger ist ein Wasser- und Bodenverband im Sinne der Ersten Verordnung über Wasser- und Bodenverbände vom 3. September 1937 (Wasserverbandverordnung - RGBl I 933); er ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach seiner ersten Satzung vom 24. September 1952 ist er damals durch Verschmelzung des ehemaligen Wasserversorgungsverbandes Watenstedt-Salzgitter-Barbecke und des ehemaligen Wasserbeschaffungsverbandes Südkreis Peine entstanden. Mitglieder des Verbandes sind 87 Gemeinden, darunter die Städte Peine und Lehrte. Nach §§ 3, 4 der Satzung hat der Verband die Aufgabe, Trink-, Brauch- und Feuerlöschwasser zu beschaffen, seine Mitgliedsgemeinden damit zu versorgen und für einen geordneten Betrieb und eine gleichmäßige Benutzung der Verbandanlage einschließlich der Ortsnetze zu sorgen; er hat die nötigen Grundstücke oder Rechte an Grundstücken zu erwerben, die erforderlichen gemeinsamen Anlagen herzustellen, zu unterhalten und zu betreiben. Nach den vom Landessozialgericht (LSG) getroffenen Feststellungen bezieht der Kläger das Wasser von der Hüttenwerk Salzgitter AG und von der Preussag; er beabsichtigt, im Norden des Verbandsgebietes ein eigenes Grundwasserwerk zu bauen und dort einen Teil des benötigten Wassers selbst zu gewinnen. Nach § 25 der zweiten, vom 14. April 1956 an gültigen Satzung dient der Verband "dem öffentlichen Wohle und ist somit gemeinnützig. Die Mitglieder haben dem Verbande nur die Beiträge zu leisten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Haushaltsführung erforderlich sind. Gewinne werden nicht erzielt."
Der Verband hatte bis Ende 1960 575000 lfdm Transportleitungen und 192000 lfdm Hausanschlußleitungen verlegt und an maschinellen Anlagen eine Druckerhöhungsstation für die Mitgliedsgemeinde Hohenassel gebaut und damit rund 28,6 Millionen DM in eigenen Anlagen investiert. Er beschäftigt einen ehrenamtlichen Verbandsvorsteher, einen Geschäftsführer (gleichzeitig 1. Verbandsingenieur), 3 Ingenieure, 2 Rohrmeister, 1 Hilfsrohrmeister, 1 Zeichner, 5 Verwaltungsangestellte und 1 Arbeiter. Im Jahre 1959 setzte der Verband etwa 5 Millionen cbm Wasser um.
Von Dezember 1952 an wurde der Kläger von dem beigeladenen Gemeinde-Unfallversicherungsverband Hannover als Mitglied geführt. Am 15. Dezember 1955 nahm die beklagte Berufsgenossenschaft den Kläger mit Wirkung vom 24. September 1952 an in ihr Betriebsverzeichnis auf und erteilte ihm hierüber einen Bescheid. Den vom Kläger eingelegten Widerspruch erklärte sie durch Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1956 für unbegründet.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim durch Urteil vom 27. Juni 1958 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, daß der Beigeladene für die Versicherung des Klägers auf Grund des § 628 in Verbindung mit § 624 Abs. 1 Buchst. a der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF und Nrn. 1 und 2 des Erlasses des Reichsarbeitsministers betr. Durchführung des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung; hier: Gemeindliche Unfallversicherung - RAM-Erlaß - vom 16. März 1942 (AN 1942, II 201) zuständig sei. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung unter Nr. 4 des RAM-Erlasses, nach der es für gemeindliche Verkehrsunternehmungen, Elektrizitäts-, Gas- oder Wasserwerke bei der früheren Zuständigkeit verbleibt, hat das SG nicht als gegeben angesehen, weil der Kläger Wasser nicht gewinne, sondern nur verteile und deshalb seine Anlagen nicht als Wasserwerk angesprochen werden könnten.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Niedersachsen durch Urteil vom 9. März 1961 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage mit im wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Der Begriff des Wasserwerks im Sinne der Nr. 4 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 setze keine eigene Wassergewinnung voraus. In der Bekanntmachung des Bundesrats betr. die Bildung der Berufsgenossenschaften vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143, 148) sei der von der Beklagten zu betreuende Industriezweig "Wasserwerke" als "Wasserversorgung, einschl. Hauswasserleitungen und Pumpstationen für Kanalisationszwecke" beschrieben. Weiter sei die Beklagte in dem bis zum Jahre 1910 ergänzten, vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten alphabetischen Verzeichnis der Gewerbebetriebe als zuständige Berufsgenossenschaft für folgende Betriebe bezeichnet worden: "Bewässerungsunternehmen, ... Wasserleitungen, Wasserversorgungen, Wasserverteilungsanlagen, Wasserwerke, Betrieb von Brunnen ... usw." Im Einklang hiermit habe das RVA in AN 1886, 77 die Zugehörigkeit einer mit Motoren betriebenen Hauswasserleitung zur Beklagten für den Fall angenommen, daß sie in gewerblichen Anlagen, Krankenhäusern, Gefängnissen oder anderen Staats- oder Kommunalgebäuden unter Verwendung eines ständigen Arbeiters betrieben würde. In keiner dieser Verlautbarungen sei für die Zugehörigkeit eines Betriebes zur Beklagten darauf abgestellt worden, daß das Wasser von dem Betrieb auch gewonnen werde. Dieser weite Begriff des Wasserwerks liege auch dem RAM-Erlaß vom 16. März 1942 zugrunde. Auch sonst werde der Begriff "Werk" in sehr weitem Sinne gebraucht. - Das von dem Beigeladenen angeführte Schreiben des RAM vom 24. Februar 1944 (AN 1944, 51) spreche nicht gegen die Auffassung der Beklagten. Der Umstand, daß darin zum Ausdruck gebracht worden sei, als Elektrizitäts- und Gaswerke seien auch bloße Energie-, Versorgungs- und Verteilungsanlagen (ohne Produktionsstätte) anzusehen, könne nicht zu dem Gegenteilsschluß führen, daß der RAM damals hinsichtlich der Wasserwerke anderer Auffassung gewesen sei. - Der Kläger könne sich auch nicht auf den Runderlaß des früheren Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 23. Juli 1941 (EuM 48, 177) stützen; dieser Erlaß habe keine Gesetzeskraft, er sei zudem für die vorliegende Streitsache ohne Bedeutung. - Unzutreffend sei auch die Meinung des Beigeladenen, nichtgewerbsmäßig, d. h. ohne Absicht der Gewinnerzielung betriebene Wasserwerke könnten nicht zu einer gewerblichen Berufsgenossenschaft gehören, sondern nur zur gemeindlichen Unfallversicherung. Das Gegenteil ergebe sich eindeutig aus dem Erlaß vom 16. März 1942 und der vorher jahrzehntelang bestehenden Rechtslage. Während das Gesetz die Versicherungsfreiheit bezw. die Zugehörigkeit beispielsweise der Fähr-, Fuhrwerks- und Fahrbetriebe zu einem bestimmten Versicherungsträger von der Gewerbsmäßigkeit abhängig gemacht habe (§ 537 Nrn. 6, 7 RVO aF), sei es bei Gas- und Wasserwerken ("Fabriken") hierauf niemals angekommen. Die Beklagte habe den Kläger deshalb mit Recht als Mitglied in ihr Betriebsverzeichnis aufgenommen.
Das LSG hat die Revision zugelassen; es hat die Frage, ob das Vorhandensein einer Wassergewinnungsanlage Merkmal eines Wasserwerks ist, als eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehen.
Der Beigeladene hat gegen das ihm am 7. April 1961 zugestellte Urteil am 3. Mai 1961 Revision eingelegt und diese am 30. Mai 1961 begründet. Er führt aus: Schon nach dem Sprachgebrauch sei wesentlicher Bestandteil eines Wasserwerks eine - dem Kläger fehlende - Anlage zur Gewinnung von Wasser. Dem entspreche die Beschreibung eines Wasserwerks in dem Nachschlagewerk von Herder. Die vom Sprachgebrauch geprägte Unterscheidung zwischen Wassergewinnung und Wasserversorgung habe auch versicherungsrechtlich ihren Niederschlag gefunden. Wäre die Annahme des LSG richtig, daß als Wasserwerk jedes umfangreiche, der Wasserversorgung dienende Rohrnetz anzusehen sei, in dem Gebrauchswasser fortbewegt, verteilt und im Verbrauch gemessen werde, so sei es nicht erklärlich, weshalb das RVA in dem alphabetischen Verzeichnis der Gewerbebetriebe eine solche Anlage neben einem Wasserwerk als gesonderten Betrieb aufgezählt habe. Weil reine Wasserversorgungsanlagen nicht zu den unter Nr. 4 des Erlasses vom 16. März 1942 aufgeführten Einrichtungen zählten, seien sie auch in dem Schreiben des RAM vom 24. Februar 1944 (AN 1944, 51) nicht erwähnt. Die vom Kläger unterhaltenen Wasserversorgungs- und Verteilungsanlagen hätten zu keiner Zeit - auch nicht vor Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 (6. ÄndG) - zur Zuständigkeit der Beklagten gehört. Auch die vom LSG angeführte Bekanntmachung des RVA vom 28. November 1927 (AN 1927, 554) hätte für die vom Kläger betriebenen Anlagen die Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht begründen können; denn Voraussetzung für die Gleichstellung wäre gewesen, daß es sich bei den Anlagen um ein Wasserwerk gehandelt hätte. Die Erfahrungen der Praxis hätten nicht nur die Unhaltbarkeit der Nr. 4 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 demonstriert, sondern auch verdeutlicht, daß das angefochtene Urteil dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsschutzes nicht gerecht werde. Für die Wartung der reinen Wasserversorgungsanlagen werde von den Gemeinden und den gemeindlichen Zweckverbänden überwiegend Personal der allgemeinen Verwaltung eingesetzt. Trete nun bei einer solchen Tätigkeit ein Unfall ein, so lehne die Beklagte unter Hinweis auf § 634 Abs. 1 RVO aF die Entschädigung wegen Fehlens ihrer Zuständigkeit ab.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 9. März 1961 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 27. Juni 1958 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte pflichtet der Begründung des angefochtenen Urteils bei. Zu dem Vorbringen des Beigeladenen, daß sie bei Unfällen im Betrieb des Klägers ihre Entschädigungspflicht zu bestreiten pflege, führt sie aus: Sie verneine ihre Zuständigkeit im Hinblick auf § 783 RVO aF lediglich bei größeren Bauarbeiten, z. B. bei umfangreichen Erweiterungsarbeiten, nicht aber bei Reparaturarbeiten und kleineren Bauarbeiten.
II
Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß Revisionskläger nicht der im zweiten Rechtszuge unterlegene Kläger, sondern der Beigeladene ist. Auch ein Beigeladener kann ohne Rücksicht darauf, ob er nach § 75 Abs. 1 oder Abs. 2 SGG beigeladen ist, Revision einlegen (vgl. BSG 8, 291, 292; 9, 112, 114; 16, 227, 229); ein nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladener Beteiligter darf allerdings keine abweichenden Sachanträge stellen (§ 75 Abs. 4 Satz 2 SGG). Ob der Gemeinde-Unfallversicherungsverband nach Abs. 1 oder 2 des § 75 SGG beigeladen ist, bedurfte nicht der Prüfung; denn seine Anträge im Revisionsverfahren decken sich mit den von dem Kläger in den Vorinstanzen gestellten Anträgen. Seine Revision ist daher zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Der Senat hatte zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage zulässig ist. Diese Frage hat er bejaht. Soweit der Kläger den Aufnahmebescheid der Beklagten vom 15. Dezember 1955 und den Widerspruchsbescheid angefochten hat, liegt eine Aufhebungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG vor. Da die beiden Verwaltungsakte den Kläger belasten, ist die Klage zulässig. Soweit Feststellung begehrt wird, daß für das Unternehmen des Klägers der Beigeladene zuständig sei, handelt es sich um eine nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässige Feststellungsklage; das Mitgliedschaftsverhältnis zu einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Daß das behauptete oder geleugnete Rechtsverhältnis die Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten betrifft, ist nicht erforderlich; es kann auch ein Dritter als eine solche Beziehungsperson in Betracht kommen (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. I S. 240 o; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 55 Anm. 2 S. 170/3). Nach dem Klagevorbringen soll das festzustellende Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen bestehen.
Mit der Aufhebungsklage werden, wie den Erklärungen der Beteiligten vor dem LSG und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundessozialgericht (BSG) zu entnehmen ist, die angefochtenen Verwaltungsakte der gerichtlichen Nachprüfung nur dahin unterbreitet, ob die Beklagte auf Grund des § 628 in Verbindung mit § 624 Abs. 1 Buchst. a RVO aF und dem RAM-Erlaß vom 16. März 1942 der für das Unternehmen des Klägers zuständige Versicherungsträger ist. Für den Fall der Verneinung dieser Frage wird die Feststellung begehrt, daß der Beigeladene zuständig sei. Dieses zusammengefaßte Klagebegehren ist, wie das LSG zu Recht entschieden hat, unbegründet; denn zuständiger Versicherungsträger ist die Beklagte.
Der RAM-Erlaß vom 16. März 1942, auf den die Beklagte ihre Zuständigkeit gründet, ist, wie der erkennende Senat in BSG 16, 227, 232, 233 dargelegt hat, rechtswirksam zustande gekommen und hat über den Zusammenbruch des Deutschen Reiches hinaus als Reichsrecht - später als Bundesrecht - fortgegolten. Er ist erst durch Art. 4 § 16 Abs. 2 Nr. 7 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - UVNG - vom 30. April 1963 (BGBl I 241) mit Wirkung vom 1. Juli 1963 außer Kraft gesetzt worden; für die spätere Zeit ist die versicherungsrechtliche Zuständigkeit für Unternehmen der Gemeinden und Gemeindeverbände in § 657 RVO nF neu geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls richtet sich daher die Zuständigkeit für die in Betracht kommenden Unternehmen nach dem angeführten Erlaß vom 16. März 1942.
Nach Nr. 4 des Erlasses werden "Personen, die in gemeindlichen Verkehrsunternehmungen, in gemeindlichen Elektrizitäts-, Gas- oder Wasserwerken oder ... beschäftigt werden, bei den bisher zuständigen Versicherungsträgern versichert". Für die Beantwortung der Frage, ob die von dem Kläger unterhaltenen Wasserversorgungsanlagen trotz des Fehlens einer eigenen Wassergewinnung als Wasserwerk im Sinne der angeführten Vorschrift anzusprechen sind, kommt es, wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 30. November 1962 - 2 RU 248/58 - ausgeführt hat, auf Sinn und Zweck der Vorschrift an. Diese dient der Wahrung des Katasterbestandes der durch die Nr. 4 betroffenen Versicherungsträger. Das LSG hat es daher mit Recht als für die Entscheidung ausschlaggebend angesehen, welcher Versicherungsträger vor dem Inkrafttreten des 6. ÄndG für Wasserversorgungsanlagen ohne eigene Wassergewinnung zuständig war. Gehörten damals Wasserversorgungsanlagen zu den versicherten Betrieben - als solche kamen in erster Linie Fabriken und ihnen gleichgestellte Betriebe in Betracht (§ 1 Abs. 1 und 3 des Unfallversicherungsgesetzes - UVG - vom 6. Juli 1884 - RGBl S. 69; § 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 - RGBl S. 585; § 537 Nr. 2 und § 538 Nrn. 2 und 4 RVO idF vor dem 6. ÄndG) -, so waren sie durch Nr. 19 der Bekanntmachung des Bundesrats betr. die Bildung der Berufsgenossenschaften vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143, 149) der Berufsgenossenschaft für Gas- und Wasserwerke zugewiesen. Die Zuweisung beruht auf der Ermächtigung der §§ 12 und 15 UVG, hat also Gesetzeskraft. Die weite Fassung "Wasserversorgung, einschließlich Hauswasserleitungen und Pumpstationen für Kanalisationszwecke" rechtfertigt die Annahme, daß für Wasserversorgungsanlagen in der Art, wie sie der Kläger betreibt, die Beklagte zuständig war, sofern überhaupt ein versicherter Betrieb vorlag. Dem steht nicht entgegen, daß in dem vom RVA aufgestellten, bis zum Jahr 1910 ergänzten alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige (Handbuch der Unfallversicherung Bd. III S. 20 ff) u. a. Wasserversorgungsanstalten und Wasserwerke gesondert als unter die Zuständigkeit der Beklagten fallende Gewerbezweige aufgeführt sind. Das Verzeichnis will eine lückenlose Unterrichtung gewährleisten und zählt deshalb die einzelnen Gewerbezweige unter möglichst vielen denkbaren Bezeichnungsweisen auf. Hieraus darf man nicht, wie der Beigeladene es will, folgern, daß Wasserwerke und Wasserversorgungsanlagen verschiedene Anlagen, vor allem Wasserversorgungsanlagen keine Wasserwerke im Sinne des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 seien. Dem LSG ist daher darin beizupflichten, daß vor dem Inkrafttreten des 6. ÄndG alle versicherten Wasserversorgungsanlagen zur Zuständigkeit der Beklagten gehörten. Daraus ist nach den vorstehenden Ausführungen über den Zweck der Nr. 4 des RAM-Erlasses zu schließen, daß es auch für die Zeit vom 1. Januar 1942 an bei dieser Zuständigkeit bleiben sollte. Es ist ferner nicht anzunehmen und entspricht auch offenbar nicht der Rechtsauffassung der Revision, daß der Erlaß vom 16. März 1942 die frühere Rechtslage nur insoweit hätte beibehalten wollen, als Wasserversorgungsanlagen als "Fabriken" oder ihnen gleichgestellte Betriebe versichert waren, während die bis dahin unversicherten Anlagen nunmehr in die Zuständigkeit der gemeindlichen Unfallversicherungsträger fallen sollten. Eine Einschränkung in dem Sinne, daß durch Nr. 4 des Erlasses die Zuständigkeit einer Berufsgenossenschaft nur für den Fall erhalten bezw. begründet werden sollte, daß das in Betracht kommende Unternehmen bereits im Betriebsverzeichnis der Berufsgenossenschaft eingetragen war oder daß es, wenn es bereits vor 1942 bestanden hätte, einzutragen gewesen wäre, enthält die Vorschrift nicht. Maßgebend ist, ob das Unternehmen, seine Versicherungspflicht vorausgesetzt, früher in die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft gefallen ist oder gefallen wäre. Anderenfalls würde die Erweiterung des versicherten Personenkreises durch das 6. ÄndG zu einer nicht zu rechtfertigenden Zersplitterung in der Zuständigkeit der Versicherungsträger für gemeindliche Unternehmen geführt haben. Aus diesen Gründen brauchte der erkennende Senat - was auch das LSG nicht getan hat - nicht zu prüfen, ob das Unternehmen des Klägers etwa wegen der Druckerhöhungsstation für die Gemeinde Hohenassel als "Fabrik" im Sinne des früheren Rechts zu gelten hat und deshalb, wenn es schon vor 1942 bestanden hätte, bei der Beklagten versichert gewesen wäre.
Durch das vom LSG angeführte, an das RVA gerichtete Schreiben des RAM vom 24. Februar 1944 (AN 1944, 51) wird die Auffassung der Revision, eine Wasserversorgungsanlage ohne eigene Wassergewinnung sei kein Wasserwerk im Sinne der Nr. 4 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942, eher widerlegt als gestützt. Dieses Schreiben betrifft die versicherungsrechtliche Zugehörigkeit von Versicherten in gemeindlichen Elektrizitäts- und Gaswerken und bringt zum Ausdruck, daß Elektrizitätsversorgungs- und Stromverteilungsanlagen als Elektrizitätswerke im Sinne der Nr. 4 des Erlasses vom 16. März 1942 anzusehen seien. Da es nach seiner Überschrift Wasserwerke nicht betrifft, kann auch nicht im Wege des Umkehrschlusses aus seinem Inhalt gefolgert werden, daß der Begriff des Wasserwerks - im Unterschied zu dem der Elektrizitäts- und Gaswerke - eng auszulegen und deshalb eine bloße Wasserversorgungsanlage kein Wasserwerk sei. Eher läßt sich in der weitgehenden Betrachtungsweise des RAM für Elektrizitäts- und Gaswerke ein allgemeiner, auch auf Wasserwerke anwendbarer Grundsatz erkennen.
Die Revision kann auch aus dem Runderlaß des früheren Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 23. Juli 1941 (EuM Bd. 48, 177) nichts für ihre Auffassung herleiten. Dieser Erlaß betrifft die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und der Zweiganstalt der Tiefbau-Berufsgenossenschaft für Bodenkultur- und Bauarbeiten, die von landwirtschaftlichen Unternehmern ausgeführt werden. Daraus läßt sich für den hier zu entscheidenden Fall nichts herleiten; denn der vorliegende Zuständigkeitsstreit bezieht sich nicht auf die Herstellung von Neuanlagen zur Wasserversorgung - solche Anlagen läßt der Kläger durch Unternehmer errichten, so daß insoweit die versicherungsrechtliche Zuständigkeit durch die Mitgliedschaft der Unternehmer bestimmt wird -, sondern auf den Betrieb und die Unterhaltung der fertigen Wasserversorgungsanlage.
Angesichts der weitgehenden Beschreibung der Zuständigkeit der Beklagten in der angeführten Bekanntmachung des Bundesrats vom 22. Mai 1885 ist es schließlich nicht entscheidend, wie in neuzeitlichen Nachschlagewerken die Bedeutung des Wortes "Wasserwerk" erläutert wird. Aber auch diese Erläuterungen stützen die Auffassung der Revision nicht. So ist z. B. mit der Erklärung des Großen Brockhaus "Wasserwerk: eine größere Anlage zur Wasserversorgung, umfaßt die Anlagen zur Gewinnung, Förderung, Aufbereitung, Speicherung und Verteilung des Wassers" nicht gesagt, daß nach dem Sprachgebrauch ein Wasserwerk nicht vorhanden sei, wenn eine einzelne der genannten Anlagen fehlt.
Nach alledem hat das LSG mit Recht die Beklagte auf Grund der Nr. 4 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 als den für das Unternehmen des Klägers zuständigen Versicherungsträger angesehen.
Die vom BSG zu treffende Entscheidung wird auch nicht durch das nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG verkündete UVNG beeinflußt. An die Stelle des durch Art. 4 § 16 Abs. 2 Nr. 7 UVNG außer Kraft gesetzten RAM-Erlasses vom 16. März 1942 ist nunmehr die Regelung des § 657 RVO nF getreten. Nach dessen Abs. 1 sind grundsätzlich die Gemeinden und Gemeinde-Unfallversicherungsverbände Träger der Unfallversicherung für Versicherte in Unternehmen der Gemeinden (Nr. 1) und in denjenigen von der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde des Landes bezeichneten Unternehmen, die unter überwiegender gemeindlicher Beteiligung in selbständiger Rechtsform betrieben werden (Nr. 2). Eine Ausnahmeregelung zugunsten der zuständigen Berufsgenossenschaften in der Art, wie sie in Nr. 4 des außer Kraft gesetzten RAM-Erlasses enthalten war, findet sich jetzt in § 657 Abs. 2 RVO. Welche Bedeutung es hat, daß es nunmehr in Abs. 2 an einer ausdrücklichen Gleichstellung der in einer selbständigen Rechtsform betriebenen Unternehmen mit überwiegender gemeindlicher Beteiligung und den gemeindlichen Unternehmen fehlt - die Materialien des UVNG ergeben, soweit ersichtlich, nichts für eine beabsichtigte Änderung der Rechtslage -, konnte der Senat dahinstehen lassen, weil Änderungen in der Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft einerseits und einem Eigenunfallversicherungsträger andererseits erst mit dem 1. April 1964 in Kraft treten, also gegenwärtig bei der Rechtsfindung außer acht zu lassen sind.
Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nach § 193 Abs. 4 SGG nicht zu erstatten.
Fundstellen