Entscheidungsstichwort (Thema)

Übereignung eines transportablen Heimdialysegerätes. Rechtsweg bei Schadensersatzforderungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Kosten für die Anschaffung von Spezialaugengläsern können nur übernommen werden, wenn diese medizinisch notwendig sind.

 

Orientierungssatz

1. Durch Übernahme der Heimdialysebehandlung kommt die KK ihren sich aus RVO §§ 182, 182b ergebenden Verpflichtungen nach. Damit gewährt die KK ausreichende und zweckmäßige Krankenpflege iS des RVO § 182 Abs 2 und ein Hilfsmittel, das erforderlich ist, eine körperliche Behinderung iS des RVO § 182b auszugleichen. Die Übereignung eines transportablen Dialysegeräts und die Benützung eines Mittelklassewagens überschreitet das Maß des Notwendigen.

2. Für Schadensersatzforderungen ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß SGG § 51 Abs 1 nicht zulässig. Dieser wäre im Hinblick auf die notwendige klare Trennung gegenüber den Schadensersatzansprüchen, für die gemäß GG Art 34 der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben ist, für Schadensersatzansprüche nur ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs wegen unrechtmäßiger Ablehnung solcher Leistungen eröffnet, die in den Sozialversicherungsgesetzen selbst vorgesehen sind (vgl BSG 1970-02-10 11/7 RLw 25/68 = SozR Nr 2 zu GAL 1965 § 9 und BSG 1978-04-25 5 RJ 18/77).

 

Normenkette

RVO § 182 Abs. 2 Fassung: 1930-07-26, § 182b Fassung: 1974-08-07; SGG § 51 Abs. 1; GG Art. 34 S. 3; RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Fassung: 1974-08-07

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 18.12.1975; Aktenzeichen L 2 Kn 60/73)

SG Duisburg (Entscheidung vom 22.03.1973; Aktenzeichen S 2 (2 A) Kn 215/70)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1975 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig sind Ansprüche, die vom Kläger gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung geltend gemacht werden.

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die Übereignung eines transportablen Heimdialysegeräts sowie die laufenden Kosten für Betrieb und Wartung zu übernehmen, einen Mittelklassewagen zu stellen und die Betriebskosten zu tragen, die Kosten für die Anschaffung von Augengläsern, die sich an die jeweilige Helligkeit anpassen, zu übernehmen, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab August 1959 zu gewähren, die an die knappschaftliche Renten- und Krankenversicherung seit August 1959 entrichteten Beiträge zu erstatten und die von der Kreisverwaltung Dinslaken in der Zeit vom 5. Februar bis 27. August 1971 getragenen Kosten für Krankenhausbehandlung an diese zu erstatten. Außerdem macht der Kläger mehrere Schadensersatzansprüche geltend.

Grundlage für diese Ansprüche ist eine beim Kläger im Jahre 1959 festgestellte Nierenerkrankung, die seit dem Jahre 1971 eine regelmäßige Behandlung mit einer künstlichen Niere erforderlich macht. Der Kläger ist der Ansicht, daß er infolge falscher ärztlicher Betreuung durch die Ärzte der Beklagten noch nach dem 10. September 1959 im Untertagebetrieb beschäftigt worden sei und diese ihm den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Er hat deswegen einen Zivilprozeß gegen die Beklagte geführt, in welchem diese durch Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 28. Oktober 1971 verurteilt worden ist, dem Kläger ein Schmerzensgeld von 3.000,- DM zu zahlen. Außerdem wurde festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, daß er in der Zeit vom 10. September 1959 bis zum 8. Mai 1964 trotz seiner Nierenleiden, Herzbeschwerden und Herzanfälle im Untertagebetrieb als Grubenelektriker und Elektrohauer beschäftigt worden ist. Das Urteil beruht auf den Vorschriften über die Amtshaftung (§§ 839, 847 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - iVm Art 34 Grundgesetz - GG -).

Am 16. November 1970 erhob der Kläger eine Untätigkeitsklage gegen die Beklagte vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg, weil ihm kein Bescheid über ein ihm nach seiner Ansicht ab 5. Mai 1970 zustehendes Krankengeld erteilt worden sei. Außerdem seien von ihm zu Unrecht freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Monate September und Oktober 1970 erhoben worden. Schließlich müsse ihm ein Behandlungsschein für einen Nephrologen zugebilligt werden.

Während des Verfahrens vor dem SG hat die Beklagte die erhobenen Krankengeldansprüche anerkannt. Es wurde auch anerkannt, daß für die Monate September und Oktober 1970 zu Unrecht Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erhoben seien und eine fachärztliche Behandlung durch einen Nephrologen notwendig sei. Der Kläger erklärte, er nehme keinen der von ihm gestellten Anträge zurück, außerdem verlange er Schadenersatz wegen Knochenmarkschädigung in Form der Gestellung eines Mittelklassewagens einschließlich der entstehenden Fahrtkosten, Zahlung von 150.000,- DM zum Ausgleich für seine Leberschädigung sowie Zahlung eines Betrages von 100,- DM für jeden Tag seines Krankenhausaufenthaltes. Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen.

Gegen das Urteil des SG hat der Kläger Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1)

ihm ein transportables Heimdialysegerät zu stellen und zu übereignen, die Kosten eines fachgerechten Anschlusses dieses Gerätes einschließlich eines besonderen elektrischen Netzanschlusses zu tragen sowie die laufenden Kosten für Betrieb und Wartung zu übernehmen;

2)

ihm einen Mittelklassewagen zu stellen und die Betriebskosten zu übernehmen;

3)

zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Augengläsern, die sich an die jeweilige Helligkeit anpassen;

4)

Schadenersatz zu leisten für

a)

eine Leber- und Knochenmarkschädigung in Höhe von 200.000,- DM,

b)

den teilweisen Verlust der Fingerkraft an der linken Hand nach Operation in Höhe von 2.500,- DM,

c)

den teilweisen Verlust der Sehkraft in Höhe von 10.000,- DM,

d)

einen unnötigen Klinikaufenthalt seit 1971 - insgesamt 19 Monate - in Höhe von 100,- DM täglich,

e)

den Schaden, der ihm durch Weiterarbeit unter Tage und über Tage nach Erkrankungsbeginn ab 1959 entstanden ist;

5)

ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab August 1959 zu gewähren, hilfsweise, Schadenersatz für entgangene Rentenansprüche zu leisten;

6)

die an die knappschaftliche Renten- und Krankenversicherung seit August 1959 entrichteten Beiträge zu erstatten;

7)

die von der Kreisverwaltung Dinslaken in der Zeit vom 5. Februar bis zum 27. August 1971 getragenen Kosten für Krankenhausbehandlung an diese zu erstatten.

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) materiell-rechtlich eine Entscheidung über die unter Nrn 1) bis 4) des Klageantrags erhobenen Ansprüche für zulässig gehalten, weil zu Nr 1) des Klageantrags die Beklagte der Klageänderung zugestimmt habe und zu den Nrn 2) bis 4) die Klageänderung sachdienlich sei. Insoweit hat es die Berufung als sachlich nicht begründet zurückgewiesen. Hinsichtlich der Ansprüche zu den Nrn 5) bis 7) hat es die Berufung zurückgewiesen, weil die Klage unzulässig sei.

Das Urteil des LSG wurde dem Kläger am 29. April 1976 zugestellt. Am 28. Mai 1976 beantragte er beim Bundessozialgericht (BSG), ihm zur Durchführung des Revisionsverfahrens das Armenrecht zu bewilligen. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluß vom 18. August 1976 stattgegeben. Der Beschluß wurde dem beigeordneten Rechtsanwalt am 23. August 1976 zugestellt. Dieser legte unter Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist am 22. September 1976 die vom LSG zugelassene Revision ein.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, auch hinsichtlich der geltend gemachten Schadenersatzansprüche sei die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Für die Frage der Zulässigkeit sei die Natur des Rechtsverhältnisses entscheidend, aus dem der Anspruch hergeleitet werde. Er leite seine Ansprüche vor allem aus der gesetzlichen Krankenversicherung her. Auch für den Rentenanspruch und den Anspruch auf Ersatz der Krankenhausbehandlungskosten an die Kreisverwaltung Dinslaken seien die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig, weil die Beklagte über entsprechende Anträge des Klägers über eine Vielzahl von Jahren hinweg nicht entschieden habe. Das LSG hätte darauf hinwirken müssen, daß der Kläger insoweit eine Verurteilung der Beklagten zur Vornahme des entsprechenden Verwaltungsaktes beantragen sollte.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Stellung eines transportablen Dialysegeräts sei nach den Besonderheiten des Einzelfalles gerechtfertigt. Die Ursachen für die jetzigen Auswirkungen der Krankheit des Klägers lägen im Verantwortungsbereich der Beklagten. Deshalb unterfalle dieses Begehren dem Folgenbeseitigungsanspruch. Wenn die Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn er in den früheren Jahren nicht zu Unrecht immer wieder arbeitsfähig geschrieben worden wäre, nicht möglich sei, habe die Beklagte zumindest die Verpflichtung, alles zu tun, damit der frühere Zustand möglichst annähernd erreicht werde. Bestehe eine derartige Verpflichtung, dann habe der Kläger auch Anspruch auf einen für den Transport erforderlichen Mittelklassewagen.

Der Kläger beantragt,

I.

das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1975 wird aufgehoben,

II.

die Beklagte wird verurteilt,

1)

dem Kläger ein transportables Heimdialysegerät zu stellen und zu übereignen, die Kosten eines fachgerechten Anschlusses dieses Gerätes einschließlich eines besonderen elektrischen Netzanschlusses zu tragen sowie die laufenden Kosten für Betrieb und Wartung zu übernehmen;

2)

dem Kläger einen Mittelklassewagen zu stellen und die Betriebskosten zu übernehmen;

3)

zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Augengläsern, die sich an die jeweilige Helligkeit anpassen;

4)

Schadenersatz zu leisten für

a)

eine Leber- und Knochenmarkschädigung in Höhe von 200.000,- DM,

b)

den teilweisen Verlust der Fingerkraft an der linken Hand nach Operation in Höhe von 2.500,- DM,

c)

den teilweisen Verlust der Sehkraft in Höhe von 10.000,- DM,

d)

einen unnötigen Klinikaufenthalt seit 1971 - insgesamt 19 Monate - in Höhe von 100,- DM täglich,

e)

den Schaden, der ihm durch Weiterarbeit unter Tage und über Tage nach Erkrankungsbeginn ab 1959 entstanden ist;

5)

dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab August 1959 zu gewähren, hilfsweise, Schadenersatz für entgangene Rentenansprüche zu leisten;

6)

die an die knappschaftliche Renten- und Krankenversicherung seit August 1959 entrichteten Beiträge zu erstatten;

7)

die von der Kreisverwaltung Dinslaken in der Zeit vom 5. Februar bis 27. August 1971 getragenen Kosten für Krankenhausbehandlung an diese zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger habe seinen Rentenantrag aus dem Jahre 1964 zurückgenommen. Hierüber werde sie deshalb keinen Bescheid mehr erteilen. Eine Erstattung von Beiträgen für die Zeit von August 1959 bis zum 7. Juni 1967 könne nicht erfolgen, weil der Kläger während dieser Zeit der Versicherungspflicht unterlegen habe. Er sei Arbeitnehmer gewesen, es habe ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden und die Tätigkeit sei gegen Entgelt ausgeübt worden. Damit sei er versicherungspflichtig gewesen. Die Erstattung der vom Kläger nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung entrichteten Beiträge sei von der endgültigen Klärung der Rentenansprüche des Klägers abhängig. Während der Zeit der vom Sozialamt Dinslaken finanzierten stationären Behandlung vom 5. Februar bis zum 27. August 1971 habe an sie (die Beklagte) wegen der damaligen Aussteuerungsvorschriften kein Anspruch auf Krankengeld bzw Krankenhauspflege bestanden. Das Sozialamt Dinslaken habe auch keinen Ersatzanspruch geltend gemacht. Dem Kläger sei auf seinen diesbezüglichen Antrag ein Bescheid erteilt worden, der bindend geworden sei. Auf die Stellung eines transportablen Heimdialysegeräts und eines Mittelklassewagens bestehe kein Anspruch. Eine Brille mit Augengläsern, die sich in ihrer Farbtönung an die jeweilige Helligkeit anpassen, habe der Kläger erhalten, nachdem er hierüber eine augenärztliche Verordnung vorgelegt habe. Die Schadenersatzansprüche seien nicht begründet, wie das LSG richtig dargelegt habe.

 

Entscheidungsgründe

Dem Kläger war wegen der Versäumung der Revisionsfrist gemäß § 67 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung über das beantragte Armenrecht Revision eingelegt hat.

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das Berufungsgericht hat die Klage auf Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab August 1959, auf Erstattung der seit August 1959 entrichteten Renten- und Krankenversicherungsbeiträge sowie auf Erstattung der von der Kreisverwaltung Dinslaken in der Zeit vom 5. Februar bis 17. August 1971 getragenen Krankenhausbehandlungskosten zu Recht als unzulässig angesehen. Hinsichtlich des letzten Anspruchs hat der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 1974 keinen Widerspruch erhoben (vgl § 83 SGG), so daß es an der Durchführung eines Vorverfahrens als Klagevoraussetzung fehlt (§ 78 SGG). Gleiches gilt für die Klage auf Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente und Erstattung von Beiträgen schon deswegen, weil bezüglich dieser Ansprüche jedenfalls bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts kein Bescheid seitens der Beklagten erteilt worden war, der gemäß § 54 Abs 4 SGG neben einer Aufhebungsklage mit einer Leistungsklage hätte angefochten werden können.

Insoweit geht auch die mit der Revision erhobene Verfahrensrüge einer Verletzung des § 106 Abs 1 SGG fehl. Nach dieser Vorschrift hätte der Vorsitzende des erkennenden LSG-Senats auf einen Antrag des Klägers, die Beklagte zur Vornahme entsprechender Verwaltungsakte zu verurteilen (§ 88 Abs 1 SGG), nur dann hinwirken müssen, wenn das Gericht einen derartigen Antrag für sachdienlich angesehen hätte. Wie die eingehend begründeten und von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des LSG zeigen, hat es aber gerade eine entsprechende Klageänderung nicht als sachdienlich im Sinne des § 99 Abs 1 SGG angesehen.

Hinsichtlich der vom Kläger primär geltend gemachten Schadensersatzforderungen ist - entgegen der Auffassung des LSG - bereits der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs 1 SGG nicht zulässig. Dieser wäre im Hinblick auf die notwendige klare Trennung gegenüber den Schadensersatzansprüchen, für die gemäß Art 34 GG der - hier vom Kläger auch beschrittene - Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben ist, für Schadensersatzansprüche nur ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs wegen unrechtmäßiger Ablehnung solcher Leistungen eröffnet, die in den Sozialversicherungsgesetzen selbst vorgesehen sind (vgl BSG in SozR Nr 2 zu GAL 1965 § 9 und Urteil des erkennenden Senats vom 25.4.1978 - 5 RJ 18/77 - mit weiteren Nachweisen). Die vom Kläger betragsmäßig bezifferten Schadensersatzansprüche können sich aber schon begrifflich nicht auf derartige, gesetzlich vorgesehene Sozialversicherungsleistungen beziehen. Vielmehr handelt es sich dabei um Schadensersatzforderungen in Form von Geldleistungen, für die § 40 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung eine Regelung des Rechtswegs zu den Zivilgerichten enthält.

Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen entgangener Rentenansprüche, für den womöglich der Rechtsweg vor den Sozialgerichten gemäß § 51 Abs 1 SGG in Betracht käme, fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis als Prozeßvoraussetzung (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 36. Auflage, Grundzüge 5) B vor § 253), weil der Anspruch eine rechtsverbindliche Ablehnung des Rentenanspruchs voraussetzt, eine solche aber noch nicht vorliegt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger - wie der Vertreter der Beklagten in der heutigen mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat - während des Revisionsverfahrens ein Rentenbescheid erteilt worden ist, weil dieser gemäß § 171 Abs 2 SGG gegebenenfalls als mit der Klage beim SG angefochtenen gilt.

Bezüglich des Anspruchs, ein transportables Heimdialysegerät zu übereignen, einen Mittelklassewagen zu stellen und die laufenden Betriebs- und Wartungskosten für beide Objekte zu übernehmen, ist die Auffassung des LSG, daß die Beklagte durch die Übernahme der Heimdialysebehandlung ihren sich aus den §§ 182, 182b der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergebenden Verpflichtungen nachgekommen sei, rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte gewährt damit ausreichende und zweckmäßige Krankenpflege im Sinne des § 182 Abs 2 RVO und ein Hilfsmittel, das erforderlich ist, eine körperliche Behinderung im Sinne des § 182b RVO auszugleichen. Entgegen der Vorschrift des § 182 Abs 2 RVO würde die Übereignung eines transportablen Dialysegeräts und die Benützung eines Mittelklassewagens das Maß des Notwendigen überschreiten.

Die geltend gemachten weitergehenden Ansprüche können auch nicht - wie die Revision meint - auf den rechtlichen Gesichtspunkt eines Folgenbeseitigungsanspruchs gestützt werden. Die Revision trägt hierzu selbst vor, daß der Kläger danach nur so zu stellen wäre, wie er stehen würde, wenn die von der Beklagten schuldhaft herbeigeführte Krankheitsentwicklung nicht eingetreten wäre. Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 28. Oktober 1971, von dessen Tatsachenfeststellungen das LSG - von der Revision unbeanstandet - ausgeht, ist aber die der Beklagten anzulastende Verschlimmerung der Nierenerkrankung im Mai 1964 beendet gewesen und die Untertagearbeit des Klägers hat sich seitdem auf den Krankheitsverlauf nicht mehr verschlimmernd ausgewirkt. Demnach könnte sich ein Folgenbeseitigungsanspruch nur auf die Herstellung eines Zustands erstrecken, wie er ohne die Erkrankung bis zum Mai 1964 gewesen wäre. Nach der unangefochtenen und daher für den Senat bindenden Feststellung des LSG (§ 163 SGG) erfolgte die regelmäßige Behandlung des Klägers mit einer künstlichen Niere aber erst seit 1971. Durch diese spätere Behandlung können somit keine Folgen beseitigt oder gemildert werden, die von der Beklagten zu vertreten wären.

In dem schließlich noch gestellten Antrag des Klägers, die Beklagte zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Spezialaugengläsern zu verpflichten, kann offenbleiben, ob die Beklagte inzwischen die Kosten für derartige Augengläser übernommen hat. Da nach den Feststellungen des LSG bislang der erforderliche Nachweis über die medizinische Notwendigkeit derselben (vgl § 182 Abs 1 Nr 1b, Abs 2 RVO) nicht erbracht worden war, brauchte die Beklagte die Anschaffungskosten nicht zu übernehmen. Demnach hat das LSG auch insoweit die Klage zu Recht als unbegründet angesehen. Aus der Revisionsbegründung ist auch nicht ersichtlich, welche Rechtsnorm diesbezüglich verletzt sein soll.

Nach alledem muß dem Revisionsbegehren der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655086

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