Entscheidungsstichwort (Thema)
Knappschaftliche KVdR. Übernahme der Leistung. Krankengeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch die Bundesknappschaft trifft die Pflicht zur Übernahme der Krankengeldgewährung nach § 212 RVO, wenn sie die für die Krankenversicherung der Rentner zuständige Krankenkasse ist.
2. Die Mitgliedschaft als Voraussetzung für das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 183 Abs 2 RVO ist die Gewährung von Krankengeld nach dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 22.8.1942 (AN II, 476) im Rahmen der knappschaftlichen Krankenversicherung gleichzusetzen.
Orientierungssatz
Bei einem bereits vor dem Kassenwechsel begründeten Krankengeldanspruch ist die Übernahme der weiteren Krankengeldleistungen durch die neue Kasse nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Versicherte bei dieser Kasse nur noch ohne Krankengeldberechtigung versichert ist (vergleiche BSG vom 1981-04-28 3 RK 12/80 = SozR 2200 § 183 Nr 36).
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12, § 212 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1972-08-10; RKG § 19; RAMErl 1942-08-22
Verfahrensgang
SG Duisburg (Entscheidung vom 11.06.1980; Aktenzeichen S 21 Kr 123/79) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte oder die Beigeladene dem Kläger in der zweiten Blockfrist Krankengeld zu gewähren hat.
Der Kläger war seit Oktober 1973 Pflichtmitglied der Beklagten. Am 26. August 1975 erkrankte er und erhielt bis zum 21. Februar 1977 (78 Wochen) Krankengeld. Die Beigeladene bewilligte ihm mit Bescheid vom 1. Februar 1977 Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 21. Juli 1976 bis zum 25. August 1976. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem Ziel, die Knappschaftsrente auf Zeit in eine Dauerrente umwandeln zu lassen. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Nach einem gerichtlichen Vergleich vor dem Landessozialgericht (LSG) bewilligte die Beigeladene dem Kläger mit Bescheid vom 26. Oktober 1979 die Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1978.
Die am 4. Mai 1979 vom Kläger beantragte Wiedergewährung des Krankengeldes lehnte die Beklagte ab, da seit dem 22. Februar 1977 keine Mitgliedschaft mehr bestehe. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 11. Juni 1980 die Beigeladene für verpflichtet erklärt, dem Kläger ab 4. Mai 1979 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Es hat ausgeführt, der Kläger sei bei der Antragstellung am 4. Mai 1979 weiterhin arbeitsunfähig wegen derselben Erkrankung, er sei nicht mehr Mitglied der Beklagten, sondern Mitglied der Beigeladenen gewesen. Nach § 212 Reichsversicherungsordnung (RVO) sei diese zur Gewährung des Krankengeldes verpflichtet. Die Vorschrift des § 3 Abs 1 Halbsatz 2 der Verordnung über die knappschaftliche Krankenversicherung der Rentner stehe nicht entgegen, da es sich hier um einen wiederaufgelebten Krankengeldanspruch handele.
Die Beigeladene hat Sprungrevision eingelegt und macht geltend, der Kläger sei seit dem 22. Februar 1977 ihr Mitglied. Zur Gewährung des Krankengeldes sei aber die Beklagte verpflichtet. Die neue Kasse habe nach § 212 RVO keine Leistungen zu übernehmen, die nach der Art des bei ihr bestehenden Versicherungsverhältnisses oder nach ihrer Satzung nicht vorgesehen seien. Zur Gewährung des Krankengeldes sei sie auch aus Gründen der Finanzierung der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner nicht verpflichtet. Zu den Aufwendungen für die in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bezeichneten Versicherten leisteten die Rentenversicherungsträger Beiträge (§ 381 Abs 2 RVO). § 34 Nr 5 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) sehe dagegen für die Durchführung der Krankenversicherung der Rentner Erstattungen vor, die gem § 120 RKG für die Krankenversicherung der nach § 19 Abs 1 RKG versicherten und der in Art 2 § 27 des Knappschaftsrentenneuregelungsgesetzes (KnVNG) bezeichneten und in knappschaftlichen Krankenversicherung versicherten Personen vom Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung zu erbringen seien. In diese Erstattung fielen naturgemäß nur solche Leistungen, die Gegenstand der Krankenversicherung der Rentner seien. Die Leistungspflicht der übernehmenden Kasse gehe allerdings nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 212 RVO grundsätzlich einer Leistungspflicht der alten (abgebenden) Kasse vor. Dies könne aber nicht gelten, wenn übernehmende Kasse die Bundesknappschaft sei. Die Vor- und Nachteile aus § 212 RVO glichen sich in ihrem Verhältnis zu den übrigen Krankenkassen nicht aus, da sie in den Fällen des Wiederauflebens des Krankengeldanspruchs niemals die abgebende Kasse sei.
Die Beigeladene beantragt, das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Juni 1980 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie macht geltend, es würde dem Sinn des Gesetzes widersprechen, wenn sie dem Kläger alle drei Jahre für 78 Wochen Krankengeld zahlen müßte, obwohl er der Solidargemeinschaft einer anderen Krankenkasse angehört.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Mit Recht hat das SG die Beigeladene verurteilt, dem Kläger ab 4. Mai 1979 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Kläger kann von der Beigeladenen dem Grunde nach ab 4. Mai 1979 Krankengeld beanspruchen. Übereinstimmend mit dem Urteil des SG gehen die Beteiligten davon aus, daß der Kläger im Februar 1977 unmittelbar nach dem Ende der Mitgliedschaft bei der Beklagten Mitglied der Beigeladenen geworden und daß er ohne Unterbrechung bis zum 4. Mai 1979 und darüber hinaus Mitglied der Beigeladenen geblieben ist. Er ist damit gem § 206 RVO Versicherter gewesen und kann nach § 183 Abs 2 RVO Krankengeld beanspruchen, denn die Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit hat seit dem 26. August 1975 ununterbrochen bestanden, und bei Antragstellung am 4. Mai 1979 lief die 2. Rahmenfrist, in der der Krankengeldanspruch noch nicht verbraucht war. Für das Wiederaufleben eines bereits gegebenen und noch nicht erloschenen Krankengeldanspruchs genügt eine mitgliedschaftliche Zugehörigkeit des Arbeitsunfähigen zur gesetzlichen Krankenversicherung. Das Wiederaufleben setzt keine fortbestehende Mitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung voraus (BSGE 51, 287, 288 f = SozR 2200 § 183 RVO Nr 36).
Verpflichtet zur Leistung des Krankengeldes ist die Beigeladene und nicht die Beklagte. Ihre Leistungspflicht ergibt sich aus § 212 RVO. Tritt ein Versicherter, der Leistungen bezieht, zu einem anderen Träger der Krankenversicherung über, so übernimmt gem § 212 RVO dieser die weiteren Leistungen nach seiner Satzung. Die Mitgliedschaft bei der alten Kasse erlischt (§ 312 Abs 1 RVO). Mit der Mitgliedschaft bei der neuen Kasse entsteht der Anspruch auf die Regelleistungen gegen diese nach § 206 RVO. Die Leistungspflicht der neuen Kasse aus der bestehenden Mitgliedschaft geht grundsätzlich einer eventuellen Leistungspflicht der alten Kasse aus der beendeten Mitgliedschaft vor (BSGE 51, 281, 285 = SozR 2200 § 183 RVO Nr 35). Bei einem bereits vor dem Kassenwechsel begründeten Krankengeldanspruch ist die Übernahme der weiteren Krankengeldleistungen durch die neue Kasse nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Versicherte bei dieser Kasse nur noch ohne Krankengeldberechtigung versichert ist (BSG aaO). Der Senat hat in dieser Rechtsprechung § 212 RVO dahin ausgelegt, daß eine vollständige Übernahme der Leistungen stattzufinden habe, aber für diese Leistungen im einzelnen das Recht der neuen Krankenkasse maßgebend sei. Es kann nicht sinnvoll sein, die Leistungen der Krankenversicherung auf verschiedene Leistungsträger aufzuteilen in der Weise, daß das Krankengeld von der einen und die Krankenpflege von der anderen Kasse gewährt werden. Das Krankengeld als eine ergänzende Leistung ist weitgehend von den speziellen Leistungen der Krankheitsbekämpfung abhängig. Mit der Behandlung der Krankheit wird auch das Ziel verfolgt, den für den Krankengeldbezug maßgebenden Krankheitszustand, die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen. Solche Gesichtspunkte verdienen den Vorzug gegenüber versicherungsrechtlichen Erwägungen, die auf die Beziehungen zwischen dem Versicherten und der einzelnen Krankenkasse abstellen (BSG aaO).
Die Leistungspflicht der Beigeladenen ist nicht im Hinblick auf die Unterschiede zwischen der knappschaftlichen und der allgemeinen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ausgeschlossen. Wenn sich durch die Rechtsprechung des Senats zu § 212 RVO im Bereich der knappschaftlichen KVdR größere Belastungen ergeben als im Bereich der allgemeinen KVdR, so kann dies nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung oder dazu führen, daß sie bei Übertritt zur knappschaftlichen KVdR nicht angewendet wird.
Die Beigeladene hebt zunächst Unterschiede in der Finanzierung der knappschaftlichen und der allgemeinen KVdR hervor und führt aus, nach § 381 Abs 2 iVm § 385 Abs 2 RVO hätten zu den Aufwendungen der nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO Versicherten die Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten Beiträge zu leisten. Der Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung dagegen erstatte die Kosten der KVdR (§ 120 RKG). Die Beklagte meint, in diese Erstattung fielen naturgemäß nur solche Leistungen, die Gegenstand der KVdR sind. Dazu gehöre aber nicht das Krankengeld. Die Beigeladene beruft sich dazu auch auf ein Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 27. November 1981. Darin hat dieser ausgeführt, er trete der Meinung entgegen, aufgrund der neuen Rechtsprechung des Senats zu § 212 RVO sei die Einrichtung eines Kontos für Krankengeld an Rentner erforderlich. Das BSG habe keine Entscheidung über den Leistungsumfang der KVdR getroffen, sondern lediglich die Kassenzuständigkeit für die Gewährung von Krankengeld aus einem früheren Versicherungsverhältnis abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung abgegrenzt.
Für die Kostenerstattung nach § 120 RKG kann es indessen nicht entscheidend darauf ankommen, daß der Krankengeldanspruch sich aus einem vor Beginn der Mitgliedschaft in der KVdR eingetretenen Versicherungsfall herleitet. Maßgebend für die Erstattung muß vielmehr sein, daß die Beigeladene dem Kläger das Krankengeld wegen seiner Mitgliedschaft in der KVdR zu zahlen hat. Wenn es sinnvoll ist, die Gewährung des Krankengeldes als ergänzender Leistung zur Krankenpflege dem Träger der KVdR aufzuerlegen, dann muß die Erstattung nach § 120 RKG auch das Krankengeld erfassen. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Kosten für das Krankengeld in Fällen wie dem vorliegenden den Beitragszahlern der knappschaftlichen Krankenversicherung anzulasten.
Der Einwand der Beigeladenen, sie werde durch die Anwendung der neuen Rechtsprechung des Senats auf sie einseitig belastet, rechtfertigt es nicht, statt der Beigeladenen die Beklagte zur Leistung zu verurteilen. Allerdings hat der Senat ausgeführt, es falle nicht entscheidend ins Gewicht, daß die neue Krankenkasse aus dem Versicherungsverhältnis keine entsprechenden Beiträge erhalte. Da § 212 RVO für alle Krankenversicherungsträger gelte, könne davon ausgegangen werden, daß sich die Vor- und Nachteile im großen und ganzen ausglichen (BSGE 51, 281, 286). Diese Ausführungen hat der Senat in einem Fall des Übertritts von einer Ersatzkasse zu einer anderen gemacht. Sie gelten nicht beim Übertritt von einer nichtknappschaftlichen Krankenkasse zur Bundesknappschaft. Wie die Beklagte mit Recht hervorhebt, gleichen sich Vor- und Nachteile, die sich aus der neuen Rechtsprechung bei Übertritten in die KVdR ergeben, im Verhältnis zwischen der Bundesknappschaft und den nichtknappschaftlichen Krankenkassen nicht aus. Die Bundesknappschaft übernimmt nach den Vorschriften über die knappschaftliche KVdR Personen, die bis zur Rentenantragstellung bei nichtknappschaftlichen Krankenkassen versichert waren; sie gibt aber umgekehrt keine vorher bei ihr versicherten Personen mit der Rentenantragstellung an nichtknappschaftliche Krankenkassen ab. In der knappschaftlichen Krankenversicherung sind die in § 19 Abs 1 Nr 1 und 2 RKG genannten Personen versichert, wenn die Bundesknappschaft für die Feststellung der Rente zuständig ist. Diese Versicherung geht der Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO vor (§ 19 Abs 2 Satz 2 RKG). Zuständig für die Feststellung der Rente ist nach § 102 Abs 1 RKG der Träger des Versicherungszweiges, an den der letzte Beitrag entrichtet ist. Die Bundesknappschaft ist aber nach § 102 Abs 2 RKG für die Feststellung darüber hinaus auch dann zuständig, wenn die Wartezeit für die Bergmannsrente nach § 45 Abs 1 Nr 1 erfüllt ist oder als erfüllt gilt. Nach § 49 Abs 1 RKG genügt für diese Wartezeit das Zurücklegen einer Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten. Während nach § 257a Abs 1 Satz 1 RVO die nach § 165 Abs 1 Nr 3 bezeichneten Versicherten der Kasse angehören, bei der sie zuletzt Mitglied waren, gehören der knappschaftlichen KVdR nicht nur die Personen an, die zuletzt Mitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung waren, sondern auch solche Personen, die nur in früherer Zeit einmal die Wartezeit nach § 49 Abs 1 RKG erfüllt hatten.
Die Zuweisung einer im Verhältnis zu den übrigen krankenversicherten Personen größeren Zahl von Rentnern an die knappschaftliche KVdR stellt eine Belastung dieses Versicherungszweiges dar. In der allgemeinen KVdR geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Aufwendungen für diese Versicherung nicht voll durch Beiträge gedeckt sind. Der nichtgedeckte Teil belastet die Krankenversicherung und wird als Finanzierungsanteil gem § 393b Abs 1 RVO von den Krankenkassen und Ersatzkassen gemeinsam getragen. In der knappschaftlichen KVdR liegt es anders. Die Arbeitgeber und die Versicherten, die neben dem Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung und dem Bund die Mittel der knappschaftlichen Krankenversicherung aufbringen müssen (§ 117 RKG iVm § 380 RVO) werden durch die Übernahme der Krankengeldzahlung an Versicherte der knappschaftlichen KVdR nicht belastet, da die Kosten dafür der Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung trägt (§ 120 RKG).
Die zusätzliche Belastung des Trägers der knappschaftlichen Rentenversicherung durch die Anwendung der neuen Rechtsprechung des Senats bei Übertritt in die knappschaftliche KVdR verstößt nicht gegen Sinn und Zweck des Gesetzes. Zu einer besonderen Belastung dieses Trägers führen die Vorschriften über die knappschaftliche KVdR auch ohne die neue Rechtsprechung. Das RKG trägt der besonderen Belastung in der Bestimmung des § 104 Abs 4 durch die Regelung einer Erstattungspflicht der Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Träger der Rentenversicherung der Angestellten gegenüber der Bundesknappschaft Rechnung. Zu erstatten sind danach 25 % der Aufwendungen für die knappschaftliche KVdR. Dieser Prozentsatz ist für das Jahr 1979 auf 18, für das Jahr 1980 auf 10 und für das Jahr 1981 auf 9 herabgesetzt worden (Art 6 Nr 2 des Fünften Rentenversicherungsänderungsgesetzes - 5. RVÄndG - vom 6. November 1978 -BGBl I 1710-). Durch die Erstattungspflicht nach § 104 Abs 4 RKG sollen - zumindest zum Teil - die Mehraufwendungen ausgeglichen werden, die der knappschaftlichen Rentenversicherung durch die besondere Zuständigkeitsregelung in § 102 Abs 2 RKG entstehen (Ilgenfritz, Komm zum RKG, Stand März 1982 § 104 RdNr 7).
Dem Gesetzgeber des RKG ist allerdings bei Schaffung des § 104 Abs 4 (für 1967 durch § 30 Buchst c des Haushaltsgesetzes 1967 - BGBl II 1961 -, für die folgende Zeit durch Art I § 3 Nr 20 des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 - BGBl I 1259 -) die besondere Belastung durch die neue Auslegung des § 212 RVO nicht bekanntgewesen. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob § 104 Abs 4 RKG eine den Mehraufwand in der knappschaftlichen KVdR vollständig deckende Erstattung überhaupt bezweckt hat und ob dieser Zweck durch die neue Rechtsprechung des Senats vereitelt wird. Auch wenn dies der Fall sein sollte, wäre der Senat nicht an einer Änderung seiner Rechtsprechung zu § 212 RVO auch zu Lasten der Bundesknappschaft gehindert. Dem Finanzausgleich muß die Regelung der Zuständigkeit für eine Leistung vorgehen. Es ist grundsätzlich zuerst zu prüfen, welcher Träger nach dem Zweck des Gesetzes eine Leistung zu erbringen hat. Demgegenüber ist die Regelung des Finanzausgleichs und die Auslegung der dazu erlassenen Vorschriften nachrangig, wenn sie nicht ausnahmsweise umgekehrt die Auslegung einer mehrdeutigen Zuständigkeitsvorschrift bestimmen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ausgeführt, die Sachgerechtigkeit der Regelung über das Beitrittsrecht des Ehegatten zur Knappschaft hänge nicht vom Vorhandensein oder Fehlen eines Finanzausgleichs ab. Vielmehr habe sich der Finanzausgleich seinerseits an der Sachgerechtigkeit einer Regelung zu orientieren. Es begründe daher keine Ungleichbehandlung, wenn für den Mehraufwand, den ein Beitrittsrecht der Ehegatten zur Knappschaft angeblich verursache, kein Finanzausgleich vorgesehen sei (BVerfG SozR 2200 § 205 RVO Nr 4). Der Grundgedanke dieser Entscheidung gilt nicht nur bei der Klärung der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift, sondern auch bei ihrer Auslegung.
Aus der historischen Entwicklung des § 104 RKG ergibt sich darüber hinaus, daß damit jedenfalls in den Jahren von 1979 bis 1981 kein vollständiger Ausgleich der Mehraufwendungen bezweckt war und daß die Bestimmung nur nachrangigen Charakter haben kann. Durch Art 2 § 3 Nr 6 des 21. Rentenanpassungsgesetzes (RAG) vom 25. Juli 1978 (BGBl I 1089) wurde die vorher auf 27 % der Aufwendungen für die knappschaftliche KVdR festgesetzte Erstattung mit Wirkung vom 1. Januar 1979 auf 25 % herabgesetzt mit der Begründung, daß durch die Herabsetzung der Kumulierungsgrenzen beim Zusammentreffen von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung im 21. RAG geringere Aufwendungen entstünden (BT-Drucks VIII/1842 S 57). Dies hat mit der KVdR nichts zu tun. Darüber hinaus wurde die Erstattung später für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis zum 31. Dezember 1981 nochmals geändert - wie dargestellt -. Diese nur vorübergehend vorgesehene Herabsetzung der Erstattung auf weniger als die Hälfte ohne entsprechende Minderung des Mehraufwands aus der Zuständigkeitsregelung des § 19 Abs 1 RKG erlaubt den Schluß, daß die Erstattungen nur einen Teil des Mehraufwands decken sollen und daß der Gesetzgeber die Finanzierung den allgemeinen Bedürfnissen anpaßt.
Aus allen diesen Gründen ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes zurückzuweisen. Dem Kläger sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten, da sein anfänglich vertretenes Begehren in diesem Verfahren keine Aussicht auf Erfolg hatte. Er hatte zwar wörtlich beantragt, die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen. Aus der Begründung der später zurückgenommenen Anschlußrevision geht aber hervor, daß es dem Kläger ausschließlich um die Verurteilung der Beklagten gegangen ist.
Fundstellen