Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Vertretenen für Vorsatz und Fahrlässigkeit des Vertreters (BGB §§ 166 Abs 1, 278) gelten grundsätzlich auch im öffentlichen Recht.
2. Die grundsätzliche Haftung und damit die Verpflichtung des Vertretenen zur Rückzahlung der zu Unrecht erlangten Versorgungsleistungen ist jedoch in KOV-VfG § 47 eingeschränkt. So ist der Empfänger von Versorgungsleistungen nicht zur Rückzahlung nach KOV-VfG § 47 Abs 3 Buchst a verpflichtet, wenn der Vertreter (hier: der gesetzliche) wissentlich falsche Angaben iS dieser Vorschrift gemacht hat und der Empfänger der Versorgungsleistungen im Zeitpunkt der Bewilligung der Versorgungsleistungen strafunmündig war und aus der Täuschungshandlung des Vertreters im Ergebnis keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat.
Orientierungssatz
Zur Frage, ob eine Kriegsopferversorgungswaisenrente, die infolge unwahrer Angaben der inzwischen verstorbenen Mutter zu Unrecht gewährt wurde, von der Waise zurückgefordert werden kann.
Normenkette
KOVVfG § 47 Abs. 3 Buchst. a Fassung: 1960-06-27; BGB § 166 Abs. 1, § 278
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juli 1962 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Gründe
Die am 21. November 1942 geborene Klägerin bezog nach ihrem angeblich 1944 gefallenen Vater Waisenrente aus der Kriegsopferversorgung vom 1. Juli 1952 bis zum 31. Dezember 1957. Der Tod des Vaters war von ihrer gesetzlichen Vertreterin, der am 15. Juli 1954 gestorbenen Mutter erfunden vorgespiegelt worden. Im Berichtigungsbescheid des Versorgungsamts Landau (Pfalz) vom 5. November 1959 widerrief der Beklagte die mit Bescheid des Versorgungsamts F. vom 25. November 1952 ausgesprochene Rentenbewilligung und forderte 3.673,66 DM von der Klägerin zurück. Ihr Widerspruch hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) Speyer hob mit Urteil vom 20. Oktober 1961 die angefochtenen Bescheide insoweit auf, als von der Klägerin Waisenrente zurückgefordert wurde. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz wies mit Urteil vom 9. Juli 1962 die Berufung des Beklagten als unbegründet zurück und ließ die Revision zu. Es führte aus: Die Mutter der Klägerin habe zur Erlangung der Rente Tatsachen wissentlich falsch angegeben. Die Klägerin habe hiervon erst 1958 erfahren. Nach Nr. 10 und Nr. 14 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 47 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) müsse der Empfänger auch das Wissen des gesetzlichen oder bestellten Vertreters gegen sich gelten lassen. Die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Haftung des Vertretenen für Willenserklärungen des Vertreters (§§ 164, 166 BGB) könnten nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen werden. Im öffentlichen Rechte fehle eine derartige allgemeine Rechtsregel. Dieses lasse die Rücknahme von Verwaltungsakten und noch mehr die Rückforderung nur begrenzt zu, Ausnahmevorschriften müßten eng ausgelegt werden. Die Bösgläubigkeit der Mutter und eine zeitweise bestehende Bösgläubigkeit des Amtsvormundes dürfe nicht der Klägerin zugerechnet werden. Der Gesetzestext im § 47 VerwVG könne nicht durch VV ausgedehnt werden. Im übrigen habe die Versorgungsverwaltung ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Das Kreisjugendamt Rastatt habe durch seine Ermittlungen die unzutreffenden Angaben der Mutter der Klägerin entdeckt; gleiche Ermittlungen hätte auch das Versorgungsamt anstellen können. Die Unterlassung bedeute für die Versorgungsverwaltung eine Erhöhung des Risikos. Die Rückforderung entbehre daher der gesetzlichen Grundlage. Bei dieser Rechtslage brauche die Frage einer Anwendung des § 47 Abs. 4 VerwVG nicht mehr geprüft zu werden.
Gegen dieses dem Beklagten am 13. August 1962 zugestellte Urteil hat er am 11. September 1962 Revision eingelegt mit dem Antrag,
die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klage gegen die Verwaltungsbescheide vom 5. November 1959 und 29. Dezember 1959 abzuweisen.
Die Revision rügt Verletzung des § 47 Abs. 3 VerwVG; die Klägerin sei Empfängerin der Waisenrente gewesen und müsse die falschen Angaben ihrer Mutter gegen sich gelten lassen. Der Versorgungsantrag sei von der Mutter als der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin gestellt worden. Das Rechtsinstitut der Vertretung sei im § 8 VerwVG geregelt. Die VV zu § 47 VerwVG seien daher, soweit sie die Vertretung behandelten, gesetzlich gedeckt, verdeutlichten das Ziel des Gesetzgebers und forderten eine einheitliche Auslegung. Die Ansicht des LSG, daß für die Rückforderung die gesetzliche Grundlage fehle, sei daher nicht frei von Rechtsirrtum.
Die Klägerin hat sich in einer nach § 166 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässigen Form zum Revisionsvorbringen nicht geäußert.
Die Revision ist durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Wenn auch das LSG die Revision nicht uneingeschränkt zugelassen hat, so ist doch das Revisionsgericht befugt, das angefochtene Urteil unbeschränkt nachzuprüfen.
Streitig ist, ob die Klägerin die Willenserklärung ihrer Mutter bei Beantragung der Waisenrente in der Weise zu vertreten hat, daß ihr deren Bösgläubigkeit uneingeschränkt zuzurechnen ist, so daß sie für die zu Unrecht erlangte Waisenrente voll einzustehen und die Rente daher zurückzuzahlen hat.
Da die Klägerin die Rücknahme des rechtswidrig erteilten Verwaltungsakts über die Gewährung von Waisenrente (§ 41 VerwVG) nicht angefochten hat, beschränkt sich der Rechtsstreit auf die Rückforderung der zu Unrecht erlangten Waisenrente. Rechtsgrundlage hierfür ist § 47 Abs. 3 VerwVG, welcher den Versorgungsträger ermächtigt, zu Unrecht gewährte Leistungen zurückzufordern. Dies hat die Verwaltung mit Bescheid vom 5. November 1959 bewirkt. Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist Inhalt einer sachlich-rechtlichen Vorschrift, welche ein Rechtsverhältnis mit dem Inkrafttreten des VerwVG (1. April 1955; § 51 Abs. 1 VerwVG) ergreift (ebenso Bundesrat in Bundestagsdrucksache Nr. 1239 dritte Wahlperiode, Randzeile 39 S. 46 und Bundesregierung aaO zu Randzeile 39 S. 53). Bei einem Rückforderungsbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung; es kommt in den Fällen einer Rückforderung daher auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (so auch BSG 7, 8, 13). Daher ist die z. Zt. der Bescheidserteilung in Kraft befindliche Fassung des § 47 Abs. 3 VerwVG vom 2. Mai 1955 (BGBl. I S. 202) anzuwenden. Die Fassung aufgrund des ersten Neuordnungsgesetzes (NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl. I S 453), welche vom 1. Juni 1960 an in Kraft getreten ist, hat somit außer Betracht zu bleiben. Es erübrigt sich daher, auf Nr. 10 und Nr. 14 der Verwaltungsvorschriften zu § 47 Abs. 2 und 3 VerwVG einzugehen, weil diese Verwaltungsvorschriften erst mit dem ersten NOG eingeführt worden sind und sonach im Zeitpunkt der Bescheiderteilung (5. November 1959) und zwar auch im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 1959 noch nicht in Kraft waren. Nach § 47 Abs. 3 Satz 1 VerwVG aF ist im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsakts (§ 41 VerwVG) die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Leistungen grundsätzlich ausgeschlossen. Nach Satz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift gilt dies jedoch nicht, wenn "die Unrichtigkeit darauf beruht, daß der Empfänger Tatsachen, die für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung gewesen sind, wissentlich falsch angegeben oder verschwiegen hat, oder wenn er beim Empfang der Bezüge gewußt hat, daß sie ihm nicht zustanden". Das Gesetz äußert sich nicht über den Fall, daß der Leistungsempfänger durch seinen gesetzlichen Vertreter gehandelt hat, insbesondere darüber nicht, ob der vertretene Leistungsempfänger das Handeln des Vertreters in jeder Beziehung zu vertreten hat. So hat der Entwurf des § 47 Abs. 3 VerwVG zum ersten NOG (Bundestagsdrucksache Nr. 1239, dritte Wahlperiode S. 20) beabsichtigt, die Rechtsfolge der Rückerstattungspflicht davon abhängig zu machen, daß der Empfänger "oder sein Vertreter" Tatsachen wissentlich falsch angegeben oder verschwiegen hat. Zur Begründung dieser Änderung führt der amtliche Entwurf (Bundestagsdrucksache nach Nr. 1239 aaO zu Nr. 11 S. 36) aus: "Abs. 3 begründet eine Rückerstattungspflicht auch dann, wenn die falschen Angaben durch den Vertreter des Versorgungsberechtigten gemacht worden sind". Gleichwohl hat der Bundestag die Haftung des Vertretenen für das Wissen des Vertreters nicht in das Gesetz aufgenommen (vgl. Bundestagsdrucksache Nr. 1825, dritte Wahlperiode zu Art. II § 47 VerwVG S. 13 und S. 38). Daraus muß geschlossen werden, daß der Gesetzgeber die Klärung der Streitfrage, wieweit der Vertretene für die Erklärung des Vertreters bei der Rückforderung von Leistungen (§ 47 Abs. 3 VerwVG) einzustehen hat, absichtlich der Rechtsprechung überlassen hat; denn das Gesetz spricht weder in der hier angewendeten Fassung, noch in der Fassung vom 27. Juni 1960 davon, daß das Wissen des Vertreters auch dem Vertretenen zuzurechnen ist. Mithin ist zu prüfen, ob im öffentlichen Recht ebenso wie im bürgerlichen Recht (§§ 164, 166 BGB) der Vertretene das vorsätzliche Handeln des Vertreters zu vertreten hat. Der allgemeine Rechtssatz, daß die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung des Vertreters nicht diesem, sondern der Person des Vertretenen zuzurechnen sind (§ 166 Abs. 1 BGB), findet in § 278 BGB eine Konkretisierung auf Schuldverhältnisse dahin, daß der Schuldner das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters im gleichen Umfange zu vertreten hat wie eigenes Verschulden. Hierbei handelt es sich um eine der Erfolgshaftung verwandte Rechtsfigur (vgl. Palandt, BGB 24. Auflage § 278 Anm. 1). Wenn auch § 278 BGB nicht unmittelbar im öffentlichen Recht gilt, so ist doch der dieser Vorschrift zugrunde liegende Rechtsgedanke auf das öffentliche Recht anwendbar (Palandt, BGB § 278 Anm. 5), sofern nicht die Eigenart des öffentlichen Rechtsverhältnisses die Anwendung ausschließt (RGZ 112, 290; 130, 98). Das LSG hat die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über die Haftung des Vertretenen (§ 166 Abs. 1 BGB) nicht auf das öffentliche Recht für anwendbar gehalten, weil dieses zu sehr von den privatrechtlichen Rechtsverhältnissen verschieden sei, so daß es im öffentlichen Recht an einem allgemeinen, den Vorschriften über die Vertretung im BGB nachgebildeten Rechtssatz fehle, eine Lücke, die von der Rechtsprechung nicht ausgefüllt werden dürfe. Dieser Ansicht kann in ihrer Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Denn ebenso wie für das bürgerliche Rechtsverhältnis besteht im öffentlichen Recht das unabweisbare Bedürfnis der Stellvertretung für unmündige Rechtsträger. Um Mißbrauch zu verhindern, muß auch die grundsätzliche Haftpflicht des Vertretenen für Vorsatz und Fahrlässigkeit des Vertreters bestehen bleiben. Der vom LSG gezogenen Rechtsfolge, daß im öffentlichen Recht wegen seiner Verschiedenheit vom bürgerlichen Recht die Haftung des Vertretenen ausgeschlossen sei, ist also nicht zuzustimmen. Die Klägerin hat mithin die Handlung ihrer Mutter, welche für sie den Vorteil des Waisenrentenbezugs gebracht hat, grundsätzlich zu vertreten. Die grundsätzliche Haftung und damit die Verpflichtung der Vertretenen zur Rückzahlung der zu Unrecht erlangten Waisenrente ist jedoch in § 47 VerwVG eingeschränkt.
Mit § 47 Abs. 3 VerwVG hat der Gesetzgeber einen Vertrauensschutz zugunsten des Empfängers normiert, der gutgläubig ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 41 VerwVG der Vertretene immer für das unlautere Verhalten des gesetzlichen Vertreters einzustehen hat (§ 164 BGB); denn § 47 VerwVG hat die Voraussetzungen für eine Rückforderung, unabhängig von den Voraussetzungen des § 41 VerwVG (Berichtigung des Verwaltungsakts) festgelegt und die ausnahmsweise zugelassene Rückforderung von einer unerlaubten Handlung des Empfängers abhängig gemacht: der wissentlich falschen Angabe, dem wissentlichen Verschweigen und dem Wissen um die nicht zustehende Rente bei ihrer Entgegennahme. Gefordert wird tatsächliche Kenntnis (Schönleiter-Hennig VerwVG § 47 Anm. 13, letzter Absatz), also Vorsatz. Es muß also der subjektive Tatbestand einer Handlung des Rentenempfängers vorliegen, welche allgemein unter § 263 Strafgesetzbuch (StGB) fällt. Eine solche Handlung des Vertreters braucht aber nicht zu Lasten des Vertretenen zu gehen, weil die Schuld im strafrechtlichen Sinne nicht auf dritte Personen übertragbar ist (vgl. RGZ 61, 213).
Auch der Kommentar zum BGB, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Bd. I § 166 Anm. 21 schließt eine Haftung für die Arglist des gesetzlichen Vertreters aus, weil das Gesetz den Vertreter nicht habe befähigen wollen, den Vertretenen durch eine unerlaubte Handlung zu verpflichten.
Ebenso ist Ballerstedt in Archiv für die zivilistische Praxis 151. Bd. 1950/51 S. 526 f der Ansicht, daß der Vertretene von den rechtlichen Risiken sogar der rechtsgeschäftlichen Handlungen freizustellen ist, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt Vertreter und ein unmündiges Kind der Vertretene ist; denn der Vertretene kann in solchen Fällen weder die Auswahl der Person des Vertreters beeinflussen, noch dem Inhaber der elterlichen Gewalt Weisungen erteilen. Aus diesen Gründen ist die Haftung des Vertretenen, soweit der Vertreter unerlaubt gehandelt hat, einzuschränken. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß es Fälle gibt in denen im Zivilrecht eine Verletzung der Verhandlungspflichten dem Vertretenen Vorteile verschafft, die ihm bei ordnungsmäßiger Verhandlungsführung des Vertreters nicht zugeflossen wären und die ihm daher nicht verbleiben dürfen. Ballerstedt beschäftigt sich aaO auch mit dieser Frage. Vorliegend hat aber die Klägerin solche Vorteile nicht erlangt. Sie ist daher nach § 47 Abs. 3 Nr. 1 VerwVG nicht verpflichtet, die Waisenrente zurückzuzahlen, weil sie im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente (1952) noch strafunmündig war und weil sie aus der Täuschungshandlung ihrer Mutter jedenfalls im Ergebnis keinen wirtschaftlichen Vorteil hatte; denn ohne die Waisenrente hätte ihre Mutter, ihr Vater oder allenfalls der damalige Fürsorgeträger Unterhalt geleistet, ohne daß die Waise verpflichtet worden wäre, die Unterhaltsleistungen zurückzuzahlen (vgl. §§ 1601 ff BGB und 92 Abs. 2 BSHG).
Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist erst am 1. April 1955 in Kraft getreten (§ 51 Abs. 1 VerwVG); die Versorgungsverwaltung ist daher nur ermächtigt, nach diesem Gesetz Versorgungsleistungen, welche nach dem 30. April 1955 gewährt worden sind, zurückzufordern (BSG 19, 100). Die Rückforderung der Waisenrente für die Zeit vom 1. Juli 1952 bis 31. März 1955 richtet sich daher nach dem vor dem 1. Mai 1955 geltenden Recht, also zunächst nach dem Landesversorgungsgesetz von Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 1949 (Gesetzes- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz, Teil I, S. 11). Nach § 15 dieses Gesetzes finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen (VersorgVerfG) in der Fassung vom 20. März 1928 (RGBl I S. 71) entsprechende Anwendung. Die Verfahrensvorschriften regeln jedoch nur den Erlaß eines Berichtigungsbescheides (§ 65 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen), nicht aber, abgesehen von der Zuständigkeitsregelung in § 73 Satz 2 VersorgVerfG, die Rückforderung. Auf die Rückforderung hinsichtlich der Waisenrentenbezüge in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis 31. März 1955 finden daher die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen Anwendung (SozR VerwVG § 47 Nr. 15 und 16; BSG vom 6. Oktober 1965 - 10 RV 215/63). Diese Grundsätze schützen in gleicher Weise wie § 47 Abs. 3 VerwVG den guten Glauben des Leistungsempfängers an der Richtigkeit des Rentenbescheides (BVerwGE 17, 335; BSG 10, 72; 15, 81). Durch ihr Vertrauen auf den rechtmäßigen Bezug der Waisenrente war die damals strafunmündige Klägerin gehindert, im Ausmaß der Versorgungsleistungen Unterhaltsansprüche gegen Dritte geltend zu machen. Sie darf daher nicht schlechter gestellt werden als sie wirtschaftlich gestellt wäre, wenn der Verwaltungsakt nicht ergangen wäre. Die Folge ist, daß die Klägerin auch für die Zeit vor dem 1. April 1955 die empfangenen Versorgungsleistungen nicht zurückzuzahlen hat. Das hat im Ergebnis ohne Rechtsirrtum das LSG erkannt, weshalb die Revision des Beklagten keinen Erfolg haben konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen