Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. Juli 1991 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab 12. Februar 1990 Krankengeld zu zahlen hat.
Der Kläger, der der Beklagten als Mitglied angehört, war seit dem 11. Februar 1987 arbeitsunfähig, und zwar zunächst wegen akuter Lumbalgie, zu der später eine depressive Erkrankung hinzutrat. Die Beklagte gewährte ihm nach Ablauf des Lohnfortzahlungszeitraums vom 26. März 1987 bis 10. August 1988 Krankengeld (78 Wochen unter Einschluß des Lohnfortzahlungszeitraumes). Am 25. Januar 1990 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen der fortbestehenden depressiven Erkrankung die Wiedergewährung von Krankengeld ab 12. Februar 1990. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 48 Abs 2 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) ab (Bescheid vom 2. März 1990 und Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 1990).
Die dagegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ für das Saarland vom 12. November 1990 und Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ für das Saarland vom 11. Juli 1991). In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils wird ua ausgeführt: Es könne offenbleiben, ob der Kläger – wie dies sein Hausarzt bescheinigt habe – seit dem 11. Februar 1990 arbeitsunfähig sei. Bestehe keine Arbeitsunfähigkeit, so habe er keinen Krankengeldanspruch nach § 44 SGB V. Sei er demgegenüber arbeitsunfähig, so beruhe dies nach der Bescheinigung seines Hausarztes und aufgrund seines eigenen Vortrags auf der bei ihm vorliegenden Depression. Wegen dieser Erkrankung und einer Lumbalgie sei dem Kläger jedoch bereits während der ersten Blockfrist von drei Jahren für 78 Wochen, also bis zur Beendigung des Krankengeldanspruchs, Krankengeld (unter Einschluß des Lohnfortzahlungszeitraumes) gewährt worden. Nach § 48 Abs 2 SGB V wäre deshalb mit Eintritt einer neuen Blockfrist ohnehin nur dann Krankengeld zu zahlen, wenn der Kläger zusätzlich zu einer bestehenden Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld mindestens sechs Monate nicht wegen der Depression arbeitsunfähig und erwerbstätig gewesen wäre oder aber zumindest statt einer tatsächlichen Erwerbstätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hätte. Diese Voraussetzungen erfülle er aber unstreitig nicht, so daß ihm Krankengeld nach den Vorschriften des SGB V unter keinen Umständen zustehe. Selbst wenn der Anspruch auf Krankengeld bereits vor dem 1. Januar 1989, also vor Inkrafttreten des SGB V, wiederaufgelebt sein sollte, hätte der Kläger keinen Leistungsanspruch. Denn auf seinen Fall seien die Vorschriften des SGB V und nicht die am 1. Januar 1989 aufgehobenen Krankengeldvorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung sei es ein anerkannter Grundsatz, daß das neue Recht, wenn es keine ausdrückliche Sonderregelung für sogenannte Übergangsfälle enthalte, grundsätzlich alle nunmehr im Gesetz genannten Sachverhalte erfasse, die – wie im vorliegenden Fall – ihren Abschluß erst unter Geltung des neuen Rechts fänden. Die Anwendbarkeit des § 48 Abs 2 SGB V sei auch nicht durch den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsatz der „Einheit des Versicherungsfalles” ausgeschlossen. Denn daraus ergebe sich nicht, daß spätere Rechtsänderungen keinerlei Einfluß auf bereits neu eingetretene Versicherungsfälle haben könnten. Daß der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen für die Wiedergewährung von Krankengeld wegen derselben Krankheit verschärft habe, verletze den Kläger auch nicht in seinen Grundrechten. Zwar unterfalle der Krankengeldanspruch dem Eigentumsschutz des Art 14 des Grundgesetzes (GG). Wo es sich aber um eine nicht unbedenkliche frühere Gewährung von Begünstigungen handele, könne der Gesetzgeber Einschränkungen vornehmen. Gerade dieser Gesichtspunkt komme hier zum Tragen, da das Krankengeld aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BSG in einer Reihe von Fällen systemwidrig einen rentenähnlichen Charakter erhalten habe. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes im Rahmen des Art 14 GG vor, da der Kläger ohnehin schon nach der früheren Rechtssituation, die in Literatur und Rechtsprechung erheblich umstritten gewesen sei, nicht hätte sicher sein können, nach Ablauf der ersten Blockfrist erneut Krankengeld zu erhalten.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 183 Abs 2 RVO, des § 48 Abs 2 SGB V sowie des Art 14 GG und macht geltend: Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG beurteilten sich Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche nach dem Recht, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten habe, sofern nicht später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß anderes bestimme. Diese Rechtsprechung habe das SG nicht beachtet. Da das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) keine ausdrückliche Regelung enthalte, nach der § 48 Abs 2 SGB V auch auf Altfälle Anwendung finden solle, gelte das alte Recht für die noch nicht abgeschlossenen Leistungsfälle weiter. Aber selbst wenn der Gesetzgeber beabsichtigt haben sollte, auch die noch nicht abgeschlossenen Leistungsfälle in das neue Recht einzubeziehen, so wäre dies jedenfalls, soweit es die vor dem 1. Januar 1989 eingetretenen Versicherungsfälle betreffe, mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das alte Recht hätte wenigstens übergangsweise auf die genannten Fälle noch angewendet werden müssen. Der Sinn der bisherigen Regelung in § 183 Abs 2 RVO sei es gewesen, einen möglichst nahtlosen Übergang vom Krankengeld- zum Rentenbezug herbeizuführen. In den Fällen, in denen Dauerarbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig auch das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit iS des Rentenrechts beinhalte, sei ein Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs vom Beginn einer neuen Blockfrist an eingetreten. Dadurch seien zahlreiche dauernd arbeitsunfähig kranke Versicherte, bei denen der Rentenversicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit oder des Alters noch nicht eingetreten sei, vor großer wirtschaftlicher Not bewahrt worden. Da ein anderweitiger nahtloser Übergang vom langfristigen Krankengeldbezug zum Rentenbezug für diesen Personenkreis nach wie vor fehle, sei es folglich nicht gerechtfertigt, das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs mit dem Hinweis zu beseitigen, das Krankengeld habe keinen rentenähnlichen Charakter. Auch fiskalische Gesichtspunkte rechtfertigten dies nicht. Eine solche Maßnahme widerspreche dem Grundgesetz. Der Anspruch auf das Krankengeld unterliege – wie andere sozialversicherungsrechtliche Positionen – dem Eigentumsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) seien gesetzgeberische Eingriffe in das Eigentumsrecht nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt und zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich seien und wenn sie den Betroffenen nicht übermäßig belasteten. Diesen Grundsätzen genüge § 48 Abs 2 SGB V nicht einmal im Ansatz. Daran, daß das Recht auf den wiederkehrenden Anspruch auf Krankengeldzahlung beschränkt werde, bestehe kein öffentliches Interesse. Die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sei durch diese Leistung nicht beeinträchtigt. Der Gesetzgeber habe derartiges auch nicht behauptet. Er führe lediglich den Grund ins Feld, daß Krankengeld als Dauerleistung keine Rentenersatzfunktion haben solle. Das sei ein „kosmetischer”, aber kein eine Leistungsbeschneidung rechtfertigender Gesichtspunkt. Die für unerwünscht angesehene Rentenersatzfunktion ließe sich durch geeignetere und den Versicherten schonendere Maßnahmen abstellen. So könne der Gesetzgeber das Rentenrecht dahin abändern, daß beim Vorliegen dauernder Arbeitsunfähigkeit nach Erschöpfen des Anspruchs auf Krankengeld Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen sei. Darüber hinaus verstoße die getroffene gesetzgeberische Maßnahme gegen das Übermaßverbot. Sie sei für ihn, den Kläger, unzumutbar. Durch die Nichtgewährung des Krankengeldes büße er seine Existenzgrundlage ein. Der Gesetzgeber habe ihm keine Chance eingeräumt, sich auf andere geeignete Weise gegen den krankheitsbedingten Wegfall seines Arbeitseinkommens zu schützen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. November 1990 und das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. Juli 1991 sowie den Bescheid vom 2. März 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 12. Februar 1990 für weitere 78 Wochen Krankengeld zu bewilligen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz, weil die Tatsachenfeststellungen zur Entscheidung über den streitigen Krankengeldanspruch nicht ausreichen.
Aus den für das Revisionsgericht bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) Feststellungen des LSG ergibt sich nicht, ob der Kläger ab 12. Februar 1990 arbeitsunfähig gewesen ist und ob eine Depression die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit war, ferner wann die Depression in der vorhergehenden Blockfrist „hinzugetreten” ist. Auf die genannten Feststellungen kommt es jedoch für die Entscheidung über den geltend gemachten Krankengeldanspruch an.
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 182 Abs 1 Nr 2 RVO aF = § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Krankengeld wird zwar grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 183 Abs 2 RVO aF = § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 183 Abs 2 Satz 2 RVO aF = § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Aus diesen im alten wie im neuen Recht gleichlautenden Regelungen ergibt sich, daß der Grundsatz der unbeschränkten Krankengeldgewährung für die praktisch wichtigsten Fälle, daß nämlich die Arbeitsunfähigkeit auf derselben oder einer während der Arbeitsunfähigkeit hinzugetretenen weiteren Krankheit beruht, auf 78 Wochen beschränkt ist. Dabei wird zwischen der (ersten) Krankheit und der hinzugetretenen (weiteren) Krankheit rechtlich grundsätzlich kein Unterschied gemacht. Die schon bestehende, also „dieselbe” Krankheit und die hinzugetretene Krankheit bilden eine Einheit, ohne daß es darauf ankommt, ob die hinzugetretene allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht – wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit – einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang. Allerdings kann die hinzugetretene Krankheit für spätere Bezugszeiten in einem neuen Dreijahreszeitraum bedeutsam sein, wenn sie die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist. Dann wäre mit der hinzugetretenen als „derselben” Krankheit die Bezugszeit von 78 Wochen noch nicht verbraucht, wenn diese Krankheit erst während oder nach dem Krankengeldbezug in der vorherigen Blockfrist hinzugetreten ist.
Für die Anwendung des § 48 Abs 2 SGB V und seiner verschärften Voraussetzungen für die Wiedergewährung von Krankengeld ist es – nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes – entscheidend, ob der Versicherte im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen hat. Hat er zwar insgesamt für 78 Wochen Krankengeld erhalten, so steht § 48 Abs 2 SGB V der Wiedergewährung des Krankengelds jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit im neuen Dreijahreszeitraum allein auf einer „hinzugetretenen” Krankheit beruht, für die die Höchstdauer noch nicht ausgeschöpft ist. Im vorliegenden Falle liegt es nahe, daß die akute Lumbalgie, die den Kläger ab 11. Februar 1987 arbeitsunfähig gemacht hatte, später abgeklungen sein könnte und daß dann das Krankengeld allein wegen der hinzugetretenen depressiven Erkrankung gezahlt werden mußte. Wenn es sich – und dies läßt sich aus den Tatsachenfeststellungen des LSG nicht entnehmen – so verhalten haben sollte, so hätte der Kläger das Krankengeld im letzten Dreijahreszeitraum nicht für 78 Wochen wegen derselben Krankheit im Sinne von § 48 Abs 2 SGB V erhalten, und die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht vor. Das würde aber bedeuten: Dem Kläger wäre – wie beantragt – ab 12. Februar 1990 – ohne Rücksicht auf die durch die Gesetzesänderung vorgenommene Verschärfung der Voraussetzungen für das Wiederaufleben – erneut Krankengeld zu bewilligen, wenn er seit dem genannten Zeitpunkt arbeitsunfähig war. Auch insoweit wird das LSG noch entsprechende Feststellungen treffen müssen. Denn es hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht -die Frage bisher offengelassen, ob die vom Hausarzt bescheinigte depressive Erkrankung Arbeitsunfähigkeit bedingte.
Sollten die vom LSG noch nachzuholenden Feststellungen allerdings ergeben, daß dem Kläger im letzten Dreijahreszeitraum nur wegen derselben Krankheit Krankengeld gewährt worden ist, die die ab 12. Februar 1990 bestehende Arbeitsunfähigkeit bedingt, dann darf ihm Krankengeld grundsätzlich nur zugesprochen werden, wenn er in dem neuen Dreijahreszeitraum die erschwerenden Voraussetzungen des § 48 Abs 2 SGB V erfüllt. Das ist indessen nach den Tatsachenfeststellungen des LSG nicht der Fall.
Der Anwendung des neuen Rechts würde in diesem Falle nicht entgegenstehen, daß dann der Versicherungsfall der Krankheit vor dem Inkrafttreten des SGB V (1. Januar 1989) eingetreten wäre. Denn der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls kann nicht die Fortgeltung alten Rechts – hier des § 183 Abs 2 RVO -begründen. § 48 Abs 2 SGB V ist jedenfalls grundsätzlich in allen Fällen anzuwenden, in denen das „Wiederaufleben” eines Krankengeldanspruchs wegen derselben Krankheit in einen neuen Dreijahreszeitraum in die Zeit nach dem 31. Dezember 1988 fällt. Das entspricht dem erkennbaren Willen des Gesetzes und ergibt sich auch aus den allgemeinen intertemporalen Auslegungsgrundsätzen. Danach erfaßt ein Rechtssatz grundsätzlich solche Sachverhalte, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Zwar sind – wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat – Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche
– soweit nicht später in Kraft gesetztes Recht etwas anderes bestimmt (allgemeine Meinung; vgl aus der jüngeren Rechtsprechung des BSG zB BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3) – nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat. Dies gilt jedoch für das Krankengeld nicht uneingeschränkt. Da der Wiederauflebenstatbestand des § 183 Abs 2 RVO aF bzw § 48 Abs 2 SGB V gegenüber dem Versicherungsfall relativ verselbständigt ist, sind die Grundsätze des intertemporalen Rechts anzuwenden (s dazu das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil – 1/3 RK 25/90 – vom gleichen Tage). Das bedeutet: Treten die Voraussetzungen der Wiedergewährung des Krankengeldes erst unter Geltung des neuen Rechts ein, findet neues Recht Anwendung, auch wenn der Versicherungsfall der Krankheit bereits unter der Geltung des alten Rechts eingetreten ist. Hierfür spricht auch der Zweck des § 48 Abs 2 SGB V. Nach den Gesetzesmaterialien ging es dem Gesetzgeber darum, das „Wiederaufleben” von Krankengeldansprüchen nach Beginn einer neuen Blockfrist künftig zu erschweren, dh grundsätzlich alle Wiederauflebensfälle nach dem 31. Dezember 1988 zu erfassen. Damit sollte der im geltenden Recht enthaltene Anreiz beseitigt werden, das Krankengeld als eine nur unterbrochene Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen (BT-Drucks 11/2237, S 181). Für die Annahme, daß sich § 48 Abs 2 SGB V von vornherein nur auf künftige Versicherungsfälle und nicht auf Wiederauflebensfälle erstreckt, die auf Versicherungsfällen aus der Zeit vor Inkrafttreten des SGB V beruhen, fehlen nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach den Motiven des Gesetzes konkrete Anhaltspunkte.
Auch wenn die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 11. Februar 1986 nur durch dieselbe Krankheit bedingt gewesen sein sollte, könnten der Anwendung des § 48 Abs 2 SGB V aber verfassungsrechtliche Gründe entgegenstehen, wenn der Kläger bei Inkrafttreten des neuen Rechts, ohne die Voraussetzungen für eine Rente zu erfüllen, auf Dauer erwerbsunfähig gewesen sein sollte. Denn dann wäre er krankheitsbedingt gehindert, sich auf eine andere berufliche Tätigkeit umzustellen und hätte infolge der Gesetzesänderung seine bisherige Unterhaltssicherung verloren. Das LSG wird daher in diesem Falle auch zu erwägen haben, ob es sich bei der Anwartschaft auf die Wiedergewährung des Krankengeldes um eine durch Art 14 GG eigentumsgeschützte Rechtsposition handelt und ob der Gesetzgeber diese Anwartschaft dem Kreis der dauernd arbeits- und erwerbsunfähigen Versicherten ersatz- und übergangslos entziehen durfte.
Nach alledem waren das Urteil des LSG zur Nachholung der noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen aufzuheben und der Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen