Leitsatz (amtlich)
Dem Antrag des Versorgungsberechtigten (Versicherten), nach SGG § 109 einen bestimmten ausländischen Arzt gutachtlich zu hören, muß das Gericht nur dann entsprechen, wenn besondere Gründe dieses Verlangen rechtfertigen.
Normenkette
SGG § 109 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember 1968 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist Beschädigter des ersten Weltkrieges. Er bezieht seit 1. August 1956 (Bescheide vom 11. Juli 1957 und 25. Februar 1960) Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1960 beantragte der Kläger Rentenerhöhung wegen Leidensverschlimmerung. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 1. September 1964 abgelehnt. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Während des beim Sozialgericht (SG) anhängigen Klageverfahrens erteilte der Beklagte dem Kläger am 8. Februar 1967 im Hinblick auf ein durch das SG veranlaßtes Gutachten der Sachverständigen Dr. C/Dr. R von der Chirurgischen Abteilung des M-Hospitals in A vom 14. November 1966 einen weiteren Bescheid, mit dem er die Schädigungsfolgen neu formulierte, aber die MdE mangels einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse i. S. des § 62 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) bei 40 v. H. beließ. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. April 1967 abgewiesen und dabei gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über den Bescheid vom 8. Februar 1967 mit entschieden. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Erstattung eines Gutachtens durch die Universitätsklinik S (Elsaß) - zunächst von Amts wegen, dann nach § 109 SGG durch Prof. Dr. J - beantragt. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 1968 dahin abgeändert, daß anstelle des Prof. Dr. J ein von ihm noch zu benennender, in der Bundesrepublik Deutschland wohnender Arzt seines Vertrauens gehört werden solle. Am 30. Mai 1968 benannte der Kläger alsdann nach § 109 SGG den Gutachter Prof. Dr. H. von der Chirurgischen Universitätsklinik K. Nachdem dieser am 21. August 1968 eine Stellungnahme abgegeben hatte, die zur Rückgabe des Gutachtensauftrags führte, wiederholte der Kläger mit Schriftsatz vom 18. September 1968 den Antrag, Prof. Dr. J (S) nach § 109 SGG gutachtlich zu hören. Hierzu teilte ihm das Berufungsgericht am 1. Oktober 1968 mit, daß ein ausländischer Gutachter nicht beauftragt werden könne, weshalb anheimgestellt werde, binnen zwei Wochen einen anderen inländischen Gutachter zu benennen. Nach Fristablauf wurde der Kläger sodann am 12./15. November 1968 mittels Postzustellungsurkunde zur mündlichen Verhandlung (durch Niederlegung der Ladung bei der Postanstalt) am 12. Dezember 1968 geladen, zu der er nicht erschienen ist. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 12. Dezember 1968 durch Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 126 SGG zurückgewiesen. Es hat u. a. ausgeführt, die MdE sei auf Grund der Befunde in den Gutachten der Dres. I und C in dem vor dem SG Düsseldorf am 14. Januar 1960 abgeschlossenen rechtswirksamen Vergleich verbindlich festgesetzt worden. In diesen maßgeblichen Befunden sei, wie Dr. C und Dr. R in ihrem für das SG Düsseldorf erstatteten Gutachten überzeugend dargelegt hätten, keine objektive Änderung eingetreten. Es sei nicht ersichtlich, wieso das Gutachten dieser beiden Ärzte nicht objektiv sein solle. Insbesondere sei nicht erkennbar, daß die Gerichtsgutachter dem Kläger als einem Verfolgten des Nationalsozialismus gegenüber voreingenommen gewesen seien. Das Gutachten sei in sich schlüssig und entspreche der dem Senat aus zahlreichen anderen medizinischen Fachgutachten bekannten herrschenden medizinischen Lehre. Entscheidend sei nur, ob in den Befunden der maßgeblichen Gutachten vom 1. Juni und 28. September 1959 seit der Stellung des Neufeststellungsantrags des Klägers eine wesentliche Änderung i. S. einer Verschlimmerung eingetreten sei. Da dies nicht der Fall sei, habe gemäß § 62 BVG die auf Grund der vorgenannten Gutachten verbindlich festgesetzte MdE von 40 v. H. aus Rechtsgründen keine Änderung erfahren können. Da durch das Gutachten der Dres. C und R der medizinische Sachverhalt ausreichend aufgeklärt worden sei, habe der Senat von Amts wegen ein weiteres Gutachten nicht einzuholen brauchen. Nach Lage der Sache, insbesondere nach dem Inhalt des vorgenannten Gutachtens habe kein Anlaß bestanden, eine neurologische Begutachtung herbeizuführen. Der (wiederholte) Antrag des Klägers, nach § 109 SGG ein Gutachten von dem französischen Arzt Dr. J (Universitätsklinik in S) einzuholen, habe abgelehnt werden müssen, obwohl dieser Arzt sich zur Erstattung eines Gutachtens gegenüber dem Kläger bereit erklärt habe und obwohl die Voraussetzungen des § 109 Abs. 2 SGG nicht gegeben seien. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse zwar auf Antrag des Versorgungsberechtigten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Der Begriff des Arztes i. S. dieser Vorschrift bestimme sich, da dem SGG ebensowenig wie der ergänzend anwendbaren Zivilprozeßordnung (ZPO) nichts Gegenteiliges zu entnehmen sei, nach den einschlägigen Rechtsvorschriften, die im Geltungsbereich des SGG und der ZPO, also im Bundesgebiet und in West-Berlin, Geltung hätten. Nach § 2 Abs. 1 der Bundesärzteordnung (BÄO) vom 2. Oktober 1961 (BGBl I 1857) i. V. m. § 1 der Bestallungsordnung für Ärzte vom 15. September 1953 (BGBl I 1334) sei nach deutschem Recht "Arzt" nur, wem von der zuständigen deutschen Landesbehörde "die Bestallung als Arzt" (das sei die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs - früher Approbation) erteilt worden sei. Diese Bestallung erhalte nach § 3 BÄO und nach § 2 der Bestallungsordnung für Ärzte grundsätzlich nur, wer Deutscher i. S. des Art. 116 des Grundgesetzes (GG) sei. Im Rahmen der Vorschrift des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG sei also nur der "Arzt", der den ärztlichen Beruf nach den vorgenannten Vorschriften im Bundesgebiet und im Land West-Berlin ausüben dürfe. Nur wenn gemäß § 109 SGG beantragt werde, ein Gutachten von einem solchen Arzt einzuholen, müsse diesem Antrag stattgegeben werden. Dies bedeute, daß kein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit verpflichtet sei, in einem Kriegsopferversorgungsverfahren dem aus § 109 SGG gestellten Antrag eines Versorgungsberechtigten auf Anhörung eines ausländischen Arztes stattzugeben. Diese Regelung des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG sei durchaus sinnvoll und bedürfe keiner anderen als der gegebenen Auslegung. Denn die Durchführung der Beweisaufnahme nach § 109 SGG durch Einholung eines Gutachtens erfolge gemäß § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 402 ff ZPO. Diese Vorschriften der ZPO hätten ebenfalls nur im Bundesgebiet und in West-Berlin Geltung. Nur der in diesem Bereich wohnende und in diesem Bereich zur Ausübung des Arztberufs berechtigte Sachverständige sei nach § 407 Abs. 1 ZPO zur Erstattung eines Gutachtens verpflichtet. Nur ein solcher Arzt könne nach § 409 ZPO verurteilt, nach § 411 Abs. 1 ZPO verpflichtet, nach Abs. 2 dieser Vorschrift angemahnt und bestraft sowie nach Abs. 3 dieser Vorschrift zum Erscheinen vor Gericht gezwungen werden. Gegenüber einem im Ausland wohnenden Arzt könne ein deutsches Gericht keine der vorgenannten Hoheitsakte erlassen. Wäre es nach § 109 SGG verpflichtet, dem Antrag auf Erstattung eines Gutachtens durch einen ausländischen Arzt stattzugeben, so müßte es zwangsläufig die ordnungsgemäße Prozeßführung aus der Hand geben. Außerdem könne in einem Kriegsopferversorgungsverfahren auch kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag eines Versorgungsberechtigten, einen ausländischen Arzt gutachtlich zu hören, anerkannt werden. Denn im Geltungsbereich des SGG (und der ZPO) gebe es in ausreichender Anzahl Ärzte aller medizinischen Fachrichtungen, die - insbesondere soweit sie an Universitätskliniken oder einschlägigen Forschungsinstituten arbeiteten, wo ihnen auch ausländische medizinische Fachliteratur zur Verfügung stehe - in der Lage seien, die herrschende medizinische Lehre zu übersehen und auf den Einzelfall anzuwenden. Schon aus diesen (nur beispielhaften) Erwägungen habe dem Antrag des Klägers nach § 109 SGG, ein Gutachten von dem französischen Arzt Prof. Dr. J von der Universitätsklinik in Straßburg, der nach der Kenntnis des Senats keine Bestallung nach deutschem Recht besitze, einzuholen, nicht entsprochen werden müssen, weshalb es der Erörterung weiterer Gründe (wie z. B. die Probleme einer Versendung von Akten ins Ausland, die mangelhafte Kenntnis der deutschen Kausalitätsbegriffe und der für die MdE-Bemessung geltenden deutschen Erfahrungswerte) nicht bedurft habe. Ein Gutachten von Prof. Dr. H habe gemäß § 109 SGG nicht eingeholt werden müssen, weil der Kläger seinen dahingehenden Antrag nach Bekanntgabe der Bedenken des Prof. Dr. H (in dessen Schreiben vom 21. August 1968) durch die daraufhin mit Schriftsatz vom 18. September 1968 erfolgte erneute Benennung des Prof. Dr. J zurückgenommen habe. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sei somit das angefochtene Urteil des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das LSG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der von ihm verneinten Frage, ob die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in einem Kriegsopferversorgungsverfahren einem Antrag nach § 109 SGG auf Anhörung eines ausländischen Arztes stattgeben müssen, zugelassen.
Der Revisionskläger rügt die Verletzung des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG. Es komme darauf an, welche Definition dem Wortbegriff "Arzt" im Rahmen der Vorschrift des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG zu geben sei. Der Gesetzgeber habe mit § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG eine zwingende Verfahrensvorschrift in das Gesetz aufgenommen, die aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ergangen sei. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift "müsse" auf Antrag des Versorgungsberechtigten ein "bestimmter Arzt" gehört werden (§§ 118 Abs. 1 SGG, 402 ff ZPO). Diese in § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG bewußt vom Gesetzgeber eingefügte Wortfassung solle dem Versorgungsberechtigten grundsätzlich das Recht einräumen, den "Arzt seines Vertrauens" selbst benennen zu können. Die Vorschrift des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG diene allein dem Schutz des "Schwächeren", um eine Gleichbehandlung der Beteiligten vor Gericht bei der Beschaffung von Beweismitteln zu garantieren. Von diesem Recht Gebrauch machend, habe der Kläger Prof. Dr. J von der Universitätsklinik S (Frankreich) als seinen ärztlichen Gutachter benannt. Es werde eingeräumt, daß die in diesem Zusammenhang zur Klärung des Begriffs "Arzt" i. S. des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG durch das Berufungsgericht gegebene rechtliche Begründung etwas für sich haben könne; als zwingend sei sie indes nicht anzusehen. Denn ausländische Ärzte gäben z. B. für einen gesetzlichen Krankenversicherungsträger in der Bundesrepublik ärztliche Stellungnahmen über die Behandlung deutscher Staatsangehöriger wegen im Ausland notwendig gewordener stationärer Behandlung ab. Da diesen Stellungnahmen ein voller Beweiswert durch die zuständigen Krankenversicherungsträger zugesprochen werde, sei analog hierzu auch einem "Arzt" des Auslandes (Frankreich), der sich zur Gutachtenserstellung in einem vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Kriegsopferversorgungsverfahren bereit erkläre, gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG die Möglichkeit der Begutachtung auf klägerischen Antrag hin einzuräumen. Die Auffassung des angefochtenen Urteils, daß nur ein nach deutschem Recht bestallter Mediziner als Gutachter i. S. des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG tätig werden könne, sei somit nicht überzeugend.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Urteil des LSG lege mit überzeugenden Gründen dar, daß das Gericht dem gemäß § 109 SGG gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen ausländischen Arzt nicht habe stattzugeben brauchen. Der Einwand der Revision, daß ein ausländischer Arzt als Sachverständiger zugelassen werden müsse, weil auch seinen ärztlichen Stellungnahmen über Behandlung deutscher Staatsangehöriger wegen im Ausland notwendig gewordener stationärer Behandlung von den Krankenversicherungsträgern voller Beweiswert beigemessen werde, vermöge nicht durchzugreifen. Soweit ausländische Ärzte Stellungnahmen abgäben, dürfte es sich nicht um Sachverständigengutachten handeln, sondern um die schriftliche Aussage sachverständiger Zeugen. Gegenstand einer solchen Aussage sei die Bekundung von Tatsachen und nicht, wie beim Sachverständigenbeweis, im Schwerpunkt die Vermittlung von Erfahrungssätzen. Außerdem gehe es im vorliegenden Falle nicht um die Verwertbarkeit einer ärztlichen Stellungnahme, sondern um die rechtliche Zulässigkeit eines förmlichen Verfahrens im Rahmen der Beweisaufnahme nach § 109 SGG. Eine ordnungsgemäße Beweisaufnahme, wie sie das Gesetz fordere und mit verschiedenen Hoheitsbefugnissen des Gerichts absichere, könne nicht mehr garantiert werden, wenn das Gericht bei einem entsprechenden Antrag des Klägers gezwungen wäre, einen ausländischen Arzt als Sachverständigen zu bestellen.
Die Beteiligten habe ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§ 162 Abs. 1 Nr. 1; 164, 166 SGG); sachlich konnte sie keinen Erfolg haben.
Zu prüfen war, ob das LSG den Antrag des im Inland wohnenden Klägers, nach § 109 SGG einen bestimmten Arzt aus dem Ausland zu hören, mit Recht abgelehnt hat. Dies war für den vorliegenden Fall zu bejahen. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muß auf Antrag des Versorgungsberechtigten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Das LSG hat die Auffassung vertreten, als Arzt im Sinne dieser Vorschrift sei nur der anzusehen, dem nach den einschlägigen Rechtsvorschriften (hier des § 2 Abs. 1 BÄO vom 2. Oktober 1961 - BGBl I 1857 - i. V. m. § 1 der Bestallungsordnung für Ärzte vom 15. September 1953 - BGBl I 1334 -) - die im Geltungsbereich des SGG und der ZPO, also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin (vgl. § 15 BÄO und § 70 der Bestallungsordnung) gelten - von der zuständigen deutschen Landesbehörde die "Bestallung als Arzt" (das ist die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs) erteilt worden sei, wobei die Bestallung nach § 3 BÄO und nach § 2 der Bestallungsordnung grundsätzlich nur erhalte, wer Deutscher i. S. des Art. 116 GG sei. Diese Auffassung gibt im wesentlichen die von Peters/Sautter/Wolff (Kommentar zur SGb, 4. Aufl., § 109 SGG Anm. 1 S. II/74-64) vertretene Ansicht wieder, wonach Arzt i. S. des § 109 SGG nur der sei, der "zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Deutschland befugt ist". Hierbei bleibt jedoch unklar, ob damit nicht lediglich der Personenkreis gegenüber den nicht approbierten "Ärzten" (Heilpraktikern usw.) abgegrenzt werden sollte. Aus dem Gesetzeswortlaut allein läßt sich jedenfalls eine derart enge Auslegung nicht ohne weiteres entnehmen, denn § 109 SGG besagt nichts darüber, daß der hier genannte "bestimmte Arzt" Deutscher sein oder nach den einschlägigen Bestimmungen zur Ausübung des Arztberufs in der Bundesrepublik Deutschland befugt sein muß. Die Vorschrift spricht - im Gegensatz etwa zu § 122 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) - nicht einmal davon, daß es sich um einen "approbierten" Arzt handeln muß. Dasselbe gilt für die frühere Vorschrift des § 1681 RVO, der § 109 SGG nachgebildet worden ist. Allerdings hat auch schon das Reichsversicherungsamt (RVA) in seiner Grundsätzlichen Entscheidung vom 7. November 1935 (vgl. AN 1936, 22) zu § 1681 RVO ausgesprochen, daß Arzt i. S. dieser Vorschrift derjenige sei, der "im Deutschen Reiche die Approbation nach § 29 Gewerbeordnung erlangt" habe. Teutsch hält diese Auslegung jedoch für zu eng und ist der Ansicht, auch Ausländer könnten unter § 109 SGG fallen (Teutsch in SGb 1954 S. 101, 103). Dieser Auffassung kann für besondere Ausnahmefälle nicht jede Berechtigung abgesprochen werden. Im übrigen hat es auch das RVA in seiner Entscheidung dahingestellt sein lassen, ob ein zwar in Deutschland approbierter, aber im Ausland wohnender, eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzender Arzt als Sachverständiger nach § 1681 RVO benannt werden durfte. Selbst wenn man also der Entscheidung des RVA, die einen polnischen Arzt betraf, im Grundsatz folgen wollte, wäre u. U. noch zu prüfen, ob und inwieweit ein im Elsaß zugelassener Arzt einem in Deutschland approbierten Arzt ausnahmsweise vorgezogen werden müßte, nämlich dann, wenn der benannte ausländische Arzt besonders geeignet erscheint und deshalb seine Anhörung mit Rücksicht auf das durch § 109 SGG anerkannte Rechtsschutzinteresse des Versorgungsberechtigten notwendig erscheint. Der erkennende Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, daß im hier vorliegenden Rechtsstreit dem Antrag des Klägers, gemäß § 109 SGG einen ausländischen Arzt gutachtlich anzuhören, nicht entsprochen werden mußte. Zunächst ist zu beachten, daß das Gericht, obwohl es nach § 103 Satz 2 SGG an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden ist, einem nach § 109 SGG ordnungsgemäß gestellten Antrag auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes auch dann entsprechen muß, wenn es diese Anhörung für überflüssig hält, daß aber trotzdem ein nach § 109 SGG erstattetes Gutachten kein "Parteigutachten" ist; denn auch im Falle des § 109 SGG handelt es sich um eine Beweiserhebung durch das Gericht ebenso wie bei der Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten von Amts wegen nach § 103 SGG (vgl. BSG in SozR Nr. 22 zu § 109 SGG). Das bedeutet, daß auch die Beweiserhebung nach § 109 SGG wie jede andere Beweisaufnahme gemäß § 118 Abs. 1 SGG nach den Vorschriften der ZPO, insbesondere nach den §§ 402 ff ZPO, durchzuführen ist. § 109 SGG schränkt lediglich die Freiheit des Gerichts ein, eine ihm spruchreif erscheinende Sache zu entscheiden; alle übrigen Regeln über den Beweis durch Sachverständige bleiben jedoch unberührt (vgl. Teutsch aaO S. 101). Der ernannte Sachverständige ist somit nach den §§ 407, 409, 411 ZPO zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, er kann im Weigerungsfalle bestraft und durch wiederholte Bestrafung zur Erstattung des Gutachtens bzw. zum Erscheinen vor Gericht gezwungen werden (vgl. hierzu allgemein auch Siegfried in NJW 1962 S. 666, 670 unter F). Der nach § 109 SGG zum Sachverständigen ernannte Arzt muß deshalb in diesem Sinne der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen sein. Dies ist aber bei einem im Ausland wohnenden ausländischen Arzt grundsätzlich nicht der Fall. Denn die deutsche Gerichtsbarkeit macht an den Grenzen Deutschlands halt (vgl. Baumbach/Lauterbach, Kommentar zur ZPO, 28. Aufl., Anm. 1 zu § 363 ZPO). Es kann daher nicht der Sinn des § 109 SGG sein, das deutsche Gericht zur Anhörung eines ausländischen Sachverständigen zu zwingen, obwohl dieser nicht den Vorschriften des deutschen Prozeßrechts unterliegt und deshalb die Beweisaufnahme nach den geltenden Verfahrensvorschriften nicht durchgeführt werden kann oder das Gericht, wie das LSG mit Recht betont hat, zumindest die ordnungsgemäße Prozeßführung aus der Hand geben müßte. Damit kann aber eine uneingeschränkte Pflicht des Gerichts, nach § 109 SGG auch einen ausländischen Arzt entweder unmittelbar oder durch Vermittlung einer ausländischen Behörde (§§ 363, 402 ZPO) mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen, nicht anerkannt werden. Das dem Versorgungsberechtigten, Versicherten oder Hinterbliebenen eingeräumte Recht auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG findet daher dort grundsätzlich seine Grenze, wo auch der deutschen Gerichtsbarkeit Schranken gesetzt sind, nämlich an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland (ebenso Teutsch aaO S. 103). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn besondere Gründe für die Anhörung eines ausländischen Sachverständigen sprechen, etwa weil der Beteiligte im Ausland lebt und trotz vorliegender Befunderhebungen ausländischer Ärzte nach dem Sinn und Zweck des § 109 SGG außerdem noch die Einholung eines Gutachtens eines ausländischen Arztes unter den konkreten Umständen des Einzelfalles sachgemäß und deshalb geboten erscheint (vgl. hierzu auch die von Teutsch, aaO S. 103, erwähnten Ausnahmen). Ein solcher oder ähnlicher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. Denn besondere Umstände, die dem Versorgungsberechtigten ausnahmsweise das Recht geben mögen, die Anhörung eines ausländischen Arztes nach § 109 SGG zu beantragen, sind nicht gegeben, wenn ein im Inland wohnender Kläger - wie hier - lediglich behauptet, er habe als Verfolgter des Nationalsozialismus zu den inländischen Ärzten kein Vertrauen. Im übrigen hat das Berufungsgericht den Kläger darüber belehrt, daß die Erstattung eines Gutachtens durch einen ausländischen Arzt nach § 109 SGG nicht in Betracht komme und auch kein Anlaß bestehe, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Der Kläger hat daraufhin zwar in der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 1968 den Antrag auf Anhörung des Prof. Dr. J zurückgenommen, ihn aber nach der ablehnenden Stellungnahme des Prof. Dr. H erneuert. Ihm ist bekannt gewesen, daß das Tatsachengericht dem Antrag nach § 109 SGG nur stattgeben werde, wenn ein anderer inländischer Arzt benannt würde, wozu er am 1. Oktober 1968 unter Fristsetzung letztmals vor der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 1968 aufgefordert worden ist. Da er zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist und auch von der ihm gebotenen Möglichkeit, einen inländischen Arzt nach § 109 SGG zu benennen, keinen Gebrauch gemacht hat, leidet das Verfahren des LSG nicht an dem von der Revision gerügten Mangel einer Verletzung des § 109 SGG. - Bei Beschränkung der Revisionszulassung auf eine bestimmte Rechtsfrage ist zwar eine Nachprüfung des Urteils des Berufungsgerichts in vollem Umfang möglich (vgl. BSG in SozR Nr. 170 zu § 162 SGG). Die Revision hat jedoch sonstige Mängel im Verfahren des LSG oder Verstöße gegen Bundes- oder Landesrecht nicht gerügt, solche sind auch nicht ersichtlich. Sonach war die Revision des Klägers nach § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen