Leitsatz (amtlich)

Hat eine landwirtschaftliche Alterskasse durch einen bindend gewordenen Bescheid zu Unrecht die Beitragspflicht einer Person, die kein landwirtschaftlicher Unternehmer iS des GAL § 1 Abs 3 und Abs 4 in seinen jeweiligen Fassungen gewesen ist, festgestellt und sind auf Grund dieses Bescheides Beiträge entrichtet worden, so ist die Frage, ob die Alterskasse den Beitragsbescheid zurücknehmen und die Rechtswirksamkeit der Beiträge beanstanden darf, nach den ungeschriebenen Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts für die Rücknahme teils belastender, teils begünstigender Verwaltungsakte zu beurteilen (Fortführung der Rechtsprechung BSG 1970-05-27 11/7 RLw 19/66 = BSGE 31, 190).

 

Normenkette

SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; GAL § 1 Abs. 3 Fassung: 1965-09-14, Abs. 4 Fassung: 1965-09-14, Abs. 3 Fassung: 1963-05-23, Abs. 4 Fassung: 1963-05-23, Abs. 3 Fassung: 1961-07-03, Abs. 4 Fassung: 1961-07-03, Abs. 3 Fassung: 1957-07-27, Abs. 4 Fassung: 1957-07-27, § 7 Abs. 5 S. 4 Fassung: 1963-05-23, § 12 Abs. 5 S. 4 Fassung: 1965-09-14, § 7 Abs. 5 S. 4 Fassung: 1961-07-03

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 1967 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Mit einem "Bescheid über die Ablehnung einer Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern-Oberpfalz" (der Beklagten) vom 25. November 1965 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein "Antrag vom 25. November 1965" werde abgelehnt; der Kläger sei nicht landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL); die seit dem 1. Oktober 1957 (dem Inkrafttreten des GAL) zu Unrecht entrichteten Beiträge seien zu beanstanden und zurückzuerstatten. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1966). Mit der Klage beantragte der Kläger, unter Aufhebung der beiden Bescheide zu erkennen, daß er weiterhin Mitglied der Beklagten sei. Das Sozialgericht (SG) Landshut gab der Klage statt (Urteil vom 3. August 1966). Auf die Berufung der Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG auf und wies die Klage ab (Urteil vom 11. Juli 1967). Es führte im wesentlichen aus: Der Kläger habe in einem Schreiben vom 31. Dezember 1957 der Beklagten die Verpachtung seiner landwirtschaftlich genutzten Grundstücke seit dem Jahre 1953 und den Einheitswert der von ihm selbst bewirtschafteten forstwirtschaftlichen Grundstücke mit dem Betrage von 4.482 DM - der unter der Mindestgrenze für eine dauerhafte Existenzgrundlage im Sinne von § 1 Abs. 4 des GAL vom 27. Juni 1957 (GAL 1957) liegt - mitgeteilt und für den Fall seiner Heranziehung zur Leistung von Beiträgen an die Beklagte vorsorglich Widerspruch erhoben; mit Schreiben vom 26. März 1958 habe er den (damaligen) Widerspruch zurückgenommen und sich zur Entrichtung von Beiträgen bereit erklärt; diese Beiträge habe er auch seit dem 1. Oktober 1957 fortlaufend entrichtet. Die Beiträge seien jedoch nicht rechtswirksam entrichtet worden. Der Kläger sei schon bei Inkrafttreten des GAL kein landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne von § 1 Abs. 3 und Abs. 4 GAL gewesen. Die Mitgliedschaft bei einer Alterskasse und die darauf beruhende Beitragspflicht seien von der Eintragung in das Mitgliederverzeichnis der Alterskasse unabhängig; die Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis habe nur deklaratorische Bedeutung; ein hierüber erteilter Bescheid sei ein belastender Verwaltungsakt, der, wenn er fehlerhaft sei, jederzeit zurückgenommen werden könne. Eine andere Auffassung ließe sich nur rechtfertigen, wenn die Beklagte über ihre die Aufnahme des Klägers in das Mitgliederverzeichnis betreffende Mitteilung hinaus durch "eigene Verwaltungsentscheidung" den Einzelfall abschließend geregelt hätte. In entsprechender Anwendung des § 1424 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) kämen Rückforderung und Rückerstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge ... dann nicht in Betracht, wenn durch einen nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend gewordenen Bescheid ein Altersgeld bereits bewilligt worden wäre. Aus der entsprechenden Anwendung des § 1424 Abs. 2 RVO ergebe sich ferner, daß erst nach Ablauf von zehn Jahren die Rechtswirksamkeit entrichteter Beiträge von der Alterskasse nicht mehr angefochten werden könnte. Die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte sei für das GAL im Gesetz abschließend geregelt, für die Heranziehung der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts sei hier kein Raum.

Mit der zugelassenen Revision beantragte der Kläger,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Landshut vom 3. August 1966 zurückzuweisen.

Er trug vor: Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 1965 sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Beklagten einen Antrag auf Aufnahme des Klägers in das Mitgliederverzeichnis vom 25. November 1965 abgelehnt, der Kläger aber einen solchen Antrag gar nicht gestellt habe, nachdem er schon 1957 in das Mitgliederverzeichnis der Beklagten aufgenommen worden sei. Der Bescheid der Beklagten von 1957 über die Aufnahme des Klägers in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten sowie über die Veranlagung zur Erhebung von Beiträgen sei bindend geworden. Bei diesem Bescheid habe es sich nicht nur um einen belastenden, sondern um einen teilweise auch begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt; die Begünstigung liege darin, daß die Beklagte mit der Aufnahme des Klägers in ihr Unternehmerverzeichnis seine Unternehmereigenschaft im Sinne des GAL bejaht habe. Auf dieser für den Kläger günstigen Feststellung beruhten auch die späteren Beitragsbescheide; wegen der teilweise auch begünstigenden Natur der Bescheide habe die Beklagte sie nicht zurücknehmen dürfen. Deshalb seien auch die Beiträge des Klägers nicht zu Unrecht entrichtet.

Die Beklagte beantragte,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie ist auch begründet in dem Sinne, daß das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.

Angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 25. November 1965 idF des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 1966 (§ 95 SGG). Beide Bescheide haben ihrem Wortlaut nach die Ablehnung eines Antrags des Klägers vom 25. November 1965 auf Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis der Beklagten zum Inhalt. Dem Kläger ist zuzugeben, daß er am 25. November 1965 keinen solchen Antrag gestellt hat. Ein Bescheid, der in seinem "Verfügungssatz" unklar oder mißverständlich ist, ist jedoch auslegungsfähig; für die Auslegung des Bescheides ist - ebenso wie dies für die Auslegung eines Urteils gilt, dessen Tenor unklar oder mißverständlich ist - auf die Begründung abzuheben, soweit sich aus ihr der Inhalt der mit dem Bescheid beabsichtigten Regelung ergibt. Hier läßt jedenfalls der Widerspruchsbescheid klar erkennen, daß die Beklagte mit dem Bescheid vom 25. November 1965 einen "Aufnahmebescheid des Jahres 1957" hat aufheben, d. h. zurücknehmen wollen, daß sie die seit 1957 entrichteten Beiträge als nicht rechtswirksam beanstandet hat und daß sie das weitere Verbleiben des Widerspruchsführers in ihrem Mitgliederverzeichnis als nicht berechtigt angesehen hat. Der Bescheid vom 25. November 1965 idF des Widerspruchsbescheides ist sonach zwar nicht klar formuliert, er ist aber nicht, wie der Kläger meint, schon "aus rein formalen Gründen" rechtswidrig.

Mit der Klage hat der Kläger sowohl die Aufhebung des Bescheides vom 25. November 1965 und des Widerspruchsbescheides als auch die Feststellung begehrt, daß er weiterhin Mitglied der Beklagten sei. Das SG hat diesem Begehren in vollem Umfange entsprochen, das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage in vollem Umfange abgewiesen; es hat die "rein deklaratorische Mitteilung (vom Jahre 1957), wie sie die Mitteilung über die Aufnahme in das Unternehmerverzeichnis darstellt", als einen fehlerhaften belastenden Verwaltungsakt angesehen. Ob diese rechtliche Beurteilung zutrifft, kann der Senat aufgrund der vom LSG bisher festgestellten Tatsachen nicht nachprüfen. Ein "Rücknahmebescheid" kann nur dann rechtmäßig sein, wenn das frühere Handeln der Verwaltung als Verwaltungsakt anzusehen ist, wenn dieser Verwaltungsakt rechtswidrig ist und wenn ein solcher Verwaltungsakt nach dem Recht des Sachgebiets, in dem er ergangen ist, rücknehmbar ist. Das LSG hat jedoch gar nicht festgestellt, was dem Kläger im Jahre 1957 von der Beklagten "mitgeteilt" worden ist. Seinem Urteil ist nicht zu entnehmen, daß ihm der von ihm beurteilte "Aufnahmebescheid" überhaupt vorgelegen hat. Fehlt es aber an den für die rechtliche Beurteilung erheblichen tatsächlichen Feststellungen und kann deshalb die Richtigkeit des Ergebnisses, zu dem das Berufungsgericht gelangt ist, vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft werden, so muß bei einer zugelassenen Revision das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Dies gilt auch dann, wenn der Revisionskläger - wie hier - insoweit keine Rüge erhoben hat. Das Revisionsgericht kann die fehlenden Feststellungen nicht selbst treffen und auch nicht aus den Beiakten entnehmen (Urteile des Bundessozialgerichts - BSG - vom 20. November 1959 und vom 7. Oktober 1964, SozR Nr. 6 und 9 zu § 163 SGG). Im übrigen ist der "Aufnahmebescheid von 1957" auch nicht in den Beiakten - den Akten des SG und der Beklagten -, die dem LSG vorgelegen haben und dem Senat vorliegen, enthalten.

Das LSG wird daher zunächst den "Aufnahmebescheid" bei dem Kläger anfordern und seinen Inhalt feststellen müssen; es wird auch ermitteln müssen, ob dem Kläger später noch Beitragsbescheide zugegangen sind. Sollte sich - wovon das LSG möglicherweise ausgegangen ist - ergeben, daß die "Mitteilung" von 1957 nicht mehr enthalten hat als die Widergabe der allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch eines landwirtschaftlichen Unternehmers auf Altersgeld, so wäre eine solche "Mitteilung" wohl nicht als ein Verwaltungsakt, d. h. als die hoheitliche Regelung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten anzusehen. Anders wäre es, wenn aus der "Mitteilung" zu entnehmen wäre, die Beklagte habe darin die Beitragspflicht des Klägers festgestellt und ihn zur Beitragsentrichtung veranlagt. Diese Mitteilung wäre - ebenso wie etwaige spätere Beitragsbescheide - als feststellender Verwaltungsakt zu werten. Dabei wäre entgegen der Auffassung des LSG anzunehmen, daß die Rücknahme solcher Bescheide im Recht der Altershilfe für Landwirte durch § 32 GAL 1965 nicht erschöpfend geregelt ist; insoweit wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom 27. Mai 1970 - 11/7 RLw 19/66 - verwiesen; dort ist dargelegt, daß das BSG zwar für Leistungsbescheide angenommen hat, die Möglichkeit der Rücknahme sei gesetzlich erschöpfend geregelt, nicht aber für andere Bescheide, insbesondere nicht für Beitragsbescheide. Da das GAL die Rücknahme solcher Bescheide nicht regelt, sind hier die ungeschriebenen Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts heranzuziehen. Ein "Verfügungssatz" des Bescheides von 1957 wäre die Feststellung der Beitragspflicht und die Aufforderung zur Beitragsleistung. Beanstandet die Beklagte die bisher aufgrund dieses Bescheides - und etwaiger späterer Beitragsbescheide - entrichteten Beiträge als rechtsunwirksam, so nimmt sie damit zugleich auch die früher erteilten Beitragsbescheide rückwirkend zurück. Sie befreit aber damit nicht nur den Betroffenen von einer ihm vorher auferlegten Belastung. Sind nämlich - wie im vorliegenden Fall - aufgrund der von der Alterskasse festgestellten Beitragspflicht Beiträge geleistet worden, so hat sich hieraus eine von dem Beitragszahler als günstig angesehene Rechtsposition, eine "Erwerbsberechtigung", entwickelt. Mit der Rücknahme der Beitragsbescheide wird auch diese "Erwerbsberechtigung" beseitigt. Die Berechtigung zur Rücknahme dieser Bescheide ist daher nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für die Rücknahme teils belastender, teils begünstigender Verwaltungsakte gelten. Insoweit wäre abzuwägen zwischen dem Verfassungsgrundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Verfassungsgrundsatz des Rechtsstaatsprinzips, das Rechtssicherheit und Anspruch auf Vertrauensschutz einschließt. Für diese Interessenabwägung ist erheblich, ob die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines feststellenden Verwaltungsakts zu klären ist oder die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines gestaltenden Verwaltungsakts; die "Bestandskraft" feststellender Verwaltungsakte ist im Zweifel schwächer als die Bestandskraft gestaltender Verwaltungsakte. Es spielt auch eine Rolle, ob die Ursache der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts in den "Verantwortungsbereich" der Verwaltung oder in den "Verantwortungsbereich" des Adressaten des Verwaltungsakts fällt. Weiter kommt es darauf an, wie lange ein Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Rücknahme schon bestanden hat; je länger er bestanden hat, desto mehr fällt das Vertrauensinteresse ins Gewicht. Erheblich kann ferner sein, ob der Adressat des Verwaltungsakts in der Zeit zwischen Erlaß und Rücknahme im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts bereits vermögenswirksame Dispositionen oder seine Lebensführung bestimmende andere Maßnahmen getroffen hat, die möglicherweise nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Schließlich kann auch erheblich sein, ob sich für den Begünstigten aus der Rücknahme eines Verwaltungsaktes der Zwang zu einer einschneidenden Änderung seiner Lebensführung ergeben würde, eine solche Änderung ihm aber wegen seines Lebensalters nicht mehr zuzumuten ist.

Der Senat kann diese Interessenabwägung hier nicht selbst vornehmen, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG hierfür nicht ausreichen. Für die Gewährung von Vertrauensschutz dürfte beachtlich sein, daß der Kläger schon Ende Dezember 1957 die Beklagte schriftlich auf die Verpachtung seines landwirtschaftlichen Besitzes und auf den - für eine "Existenzgrundlage" nicht ausreichenden - Umfang der von ihm selbst bewirtschafteten forstwirtschaftlichen Flächen hingewiesen hat; auch wenn er seinen Widerspruch gegen den "Aufnahmebescheid" zurückgenommen hat, so würde dies wohl kaum etwas daran ändern, daß die Rechtswidrigkeit des Aufnahmebescheides und etwaiger späterer Beitragsbescheide jedenfalls überwiegend in den Verantwortungsbereich der Beklagten fiele. Zu würdigen wäre vom LSG ferner die - unstreitige - Tatsache, daß der Kläger über acht Jahre lang Beiträge an die Beklagte entrichtet hat. Das LSG wird ferner auf die vom Kläger immer wieder vorgebrachte Behauptung eingehen müssen, er habe sich im Vertrauen auf die Bescheide der Beklagten auf eine Alterssicherung durch die Altershilfe für Landwirte eingerichtet und von anderen Möglichkeiten einer - wenn auch nur zusätzlichen - Alterssicherung keinen Gebrauch gemacht; eine andere Alterssicherung sei ihm jetzt nicht mehr möglich, und es entstehe ihm ein erheblicher Schaden, wenn ihm nunmehr die Aussicht auf die Alterssicherung des GAL genommen werde. Zu diesem Vorbringen ist dem Urteil des LSG nichts zu entnehmen.

Sollte der Kläger Vertrauensschutz hinsichtlich der von ihm aufgrund der Beitragsbescheide der Beklagten entrichteten Beiträge beanspruchen können, so wäre ihm darüber hinaus wohl auch die Möglichkeit einzuräumen, weitere Beiträge bis zum Erwerb eines Anspruchs auf Altersgeld zu entrichten. Nach § 2 Abs. 1 GAL 1965 erhält ein landwirtschaftlicher Unternehmer Altersgeld, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet hat, für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt hat und nach Vollendung des 50. Lebensjahres das Unternehmen abgegeben hat. Der Kläger könnte zwar nicht weiterhin aufgrund des § 14 GAL 1965 als beitragspflichtig angesehen werden, er hätte jedoch die Möglichkeit, weitere Beiträge aufgrund des § 27 GAL 1965 zu entrichten. Blieben ihm nämlich die bisher entrichteten Beiträge erhalten, so wäre er "eine Person, die nach dem GAL mindestens 36 Kalendermonate beitragspflichtig" gewesen wäre; sein gesamtes Vorbringen in dem Rechtsstreit wäre dahin zu deuten, daß die Beklagte verpflichtet sei, weitere Beiträge von ihm anzunehmen und als Grundlage eines etwaigen künftigen Anspruchs auf Altersgeld anzusehen. Bei einem späteren Antrag auf Altersgeld könnte die Beklagte ihm dann weder entgegenhalten, daß er zu keiner Zeit seit dem 1. Oktober 1957 landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei, noch daß er nicht ein "landwirtschaftliches Unternehmen" abgegeben habe. Sollte nämlich die Beklagte die bisher entrichteten Beiträge aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht als rechtsunwirksam ansehen dürfen, dann müßte sie den Kläger nach Treu und Glauben auch bei der späteren Prüfung des Altersgeldanspruchs so behandeln, als ob er während der Beitragsentrichtung bis November 1965 landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei und danach ein landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben habe. Daß aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes möglicherweise auch an eine Person, die das Gesetz nicht in den Kreis der Berechtigten einbezogen hat, Leistungen gewährt werden müssen, ist schon in dem Urteil des BSG vom 13. März 1968 (BSG 28, 26, 28) dargelegt.

Ob es dem Kläger - wie er dies in seinem Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat - darauf ankommt, daß seine weitere "Mitgliedschaft" bei der Beklagten festgestellt werde, erscheint zweifelhaft, weil diese Mitgliedschaft sowohl nach dem Recht des GAL 1957 als auch nach dem Recht des GAL 1961, in dem mit § 12 erstmals eine Vorschrift über die Mitgliedschaft eingefügt worden ist (= § 17 GAL 1965), für seine Beitragspflicht und für einen späteren Altersgeldanspruch ohne Bedeutung wäre. Das Klagebegehren läßt aber die Auslegung zu, der Kläger beanspruche - neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide - eine gerichtliche Feststellung darüber , daß er weiterhin berechtigt sei, rechtswirksame Beiträge an die Alterskasse zu entrichten. Ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung wäre dem Kläger im Hinblick darauf, daß nach den Gründen der angefochtenen Bescheide auch eine Berechtigung zur Weiterentrichtung von Beiträgen nach § 27 GAL 1965 ausgeschlossen wäre, kaum zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669751

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