Leitsatz (amtlich)

Auch die wiederholte, beharrliche und grundlose Weigerung des Empfängers einer Rente wegen Berufsunfähigkeit, sich den vom Versicherungsträger vorgesehenen Umschulungsmaßnahmen zu unterziehen, rechtfertigt nicht die endgültige Entziehung der Rente nach RVO § 1286 Abs 1, sondern nur deren zeitliche Versagung nach RVO § 1243 Abs 2.

 

Normenkette

RVO § 1243 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23, § 1286 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. April 1972 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob eine zur Rentenentziehung berechtigende Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 1286 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vorliegt, insbesondere, ob die - beharrliche - Weigerung des Rentenempfängers, sich den vom Versicherungsträger vorgesehenen berufsfördernden Maßnahmen zu unterziehen, die Rentenentziehung rechtfertigt.

Der 1935 geborene Kläger war von 1949 bis 1955 im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern tätig. Anschließend lernte er als Metzger. Nach erfolgreichem Abschluß der Gehilfenprüfung im April 1957 war er in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Im Juli 1962 verlor der Kläger durch einen Verkehrsunfall das linke Bein im Oberschenkel. Die Beklagte gewährte ihm deswegen zunächst die Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) vom 1. Februar 1963 an (Antragsmonat). Seit April 1964 ist der Kläger in einer Spielzeugfabrik als Hilfsarbeiter voll erwerbstätig (sitzende Tätigkeit als Kunststoffspritzer). Im Nachuntersuchungsgutachten vom 22. Juli 1964 kam der ärztliche Sachverständige Dr. W zu dem Ergebnis, daß der Kläger als Metzger dauernd berufsunfähig sei, leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen in geschlossenen Räumen aber fortgesetzt ausüben könne. Hierauf wandelte die Beklagte die Rente in eine solche wegen Berufsunfähigkeit (BU) um (Bescheid vom 20. August 1964).

Wiederholte Bemühungen der Beklagten, beim Kläger berufsfördernde Maßnahmen durchzuführen, scheiterten an dessen Weigerung, sich auf andere als dem erlernten Metzgerhandwerk artverwandte Berufe umschulen zu lassen. Aufgrund dieses Sachverhalts versagte die Beklagte dem Kläger die Rente unter Hinweis auf § 1243 Abs. 2 RVO seit November 1965 fortlaufend (Bescheide vom 29.9.1965, 18.10.1966, 18.9.1967, 13.8.1968, 24.9.1969, 8.10.1971). Außerdem entzog die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats Dezember 1969, weil das Verhalten des Klägers beweise, daß ihm an einer erfolgreichen Umschulung auf einen gleichwertigen Beruf nicht gelegen sei. Er habe deutlich gemacht, daß er mit seiner bereits seit 13. April 1964 ausgeübten und relativ gut bezahlten Beschäftigung als Hilfsarbeiter zufrieden sei. Damit habe er den Berufsschutz als Metzger verloren, worin eine Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 1286 RVO zu erblicken sei (Bescheid vom 11. November 1969).

Die Klage gegen den die beiden Rentenversagungsbescheide vom 29. September 1965 und 18. Oktober 1966 betreffenden ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 1967 hatte keinen Erfolg. Dagegen gab das Sozialgericht (SG) der weiteren Klage gegen den Rentenentziehungsbescheid vom 11. November 1969 statt (Urteile vom 3. November 1970). Das Landessozialgericht (LSG) wies sowohl die Berufung des Klägers gegen das die Rentenversagung betreffende Urteil, als auch die Berufung der Beklagten gegen das den Rentenentziehungsbescheid aufhebende Urteil zurück. Es hielt eine Änderung in den Verhältnissen, welche dem Rentenumwandlungsbescheid vom August 1964 zugrunde gelegt worden waren, nicht für gegeben. Die Folgen der Weigerung, sich berufsfördernden Maßnahmen zu unterziehen, seien in § 1243 RVO abschließend geregelt; auch eine beharrliche Weigerung könne die Voraussetzung für eine Rentenentziehung nach § 1286 RVO nicht begründen (Urteil vom 20. April 1972).

Die Beklagte hat die vom LSG (hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung der Beklagten) zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO durch das LSG.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Zurückweisung der Berufung der Beklagten betrifft, außerdem das die Rentenentziehung betreffende Urteil des SG Augsburg vom 3. November 1970 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. November 1969 abzuweisen.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht durch einen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten im Sinne des § 166 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Das LSG hat eine die Rentenentziehung rechtfertigende Änderung in den Verhältnissen des Klägers im Sinne des § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO mit zutreffenden Gründen verneint. Es hat festgestellt, daß sich die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers seit der Bewilligung der BU-Rente durch den Rentenumwandlungsbescheid vom 20. August 1964 nicht gebessert haben. Zulässige und begründete Revisionsgründe sind hiergegen von der Beklagten nicht vorgebracht worden (§ 163 SGG). Soweit die Beklagte erstmals mit der Revision die Rentenentziehung auch auf eine Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse beim Kläger bzw. auf eine Anpassung und Gewöhnung an seinen Gesundheitszustand und an die Tätigkeit als Kunststoffspritzer stützen will, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das vom Revisionsgericht nicht berücksichtigt werden kann. Soweit die Beklagte damit sinngemäß auch die Beweiswürdigung durch das LSG angreifen will, fehlt es bereits an einer formgerecht vorgetragenen Verfahrensrüge (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Das LSG ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Umwandlung der EU-Rente in die BU-Rente vom 1. Oktober 1964 an allein im Hinblick auf die damals von der Beklagten für maßgeblich angesehene Berufsunfähigkeit des Klägers als Metzger erfolgt ist. Die wiederum erstmals in der Revisionsbegründung aufgestellte Behauptung, bei der Weitergewährung der BU-Rente habe ein Berufsschutz als Metzger nur eine "untergeordnete" Rolle gespielt, steht im Widerspruch zu den gegenteiligen Ausführungen im Rentengutachten vom 22. Juli 1964 und zu den entsprechenden Feststellungen im Rentenumwandlungsbescheid vom 20. August 1964. Sie findet auch sonst in den vorliegenden Aktenunterlagen keine Stütze und ist schließlich mit den von der Beklagten selbst vorgesehenen Umschulungsmaßnahmen nicht zu vereinbaren. Ob dem Kläger unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des BSG über die berufliche Verweisbarkeit von Facharbeitern bzw. gelernten Handwerkern (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 30.11.1972 in SozR Nr. 107 zu § 1246 RVO mit weiteren Nachweisen) die BU-Rente vom 1. Oktober 1964 an womöglich nicht hätte gewährt werden dürfen, kann offen bleiben. Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 1286 Abs. 1 RVO kann nämlich nicht angenommen werden, wenn lediglich eine veränderte Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei gleichem Sachverhalt vorliegt. Ebensowenig erlaubt - im Hinblick auf die abschließende Regelung in § 1744 RVO - eine nachträglich entwickelte, dem Berechtigten ungünstige höchstrichterliche Rechtsprechung, den bindend gewordenen Rentenbescheid zuungunsten des Berechtigten zu ändern oder aufzuheben (vgl. hierzu Dederer in DRV 1971, 189, 194 mit weiteren Nachweisen und neuerdings auch Lohmann in DRV 1973, 29, 33), so daß auch eine Umdeutung des angefochtenen Entziehungsbescheides in einen widerrufenden Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Wie der 5. Senat des BSG mit Urteil vom 28. März 1973 (Az.: 5 RKn 37/71) entschieden hat, muß bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Rentenentziehung nach § 1286 Abs. 1 RVO die unrichtige Einordnung des festgestellten Sachverhalts auf die Sachnorm (hier § 1246 Abs. 2 RVO) hingenommen werden, es sei denn, der Versicherte ist infolge einer nach der Rentenbewilligung eingetretenen Änderung in seinen Verhältnissen - die falsche Subsumtion als richtig unterstellt - nicht mehr berufsunfähig. Gerade daran fehlt es aber im vorliegenden Fall. Anders als in dem vom 5. Senat aaO entschiedenen Rechtsstreit hat der Kläger nach der Bewilligung der BU-Rente keine Tätigkeit aufgenommen, durch welche er womöglich neue - die Berufsunfähigkeit im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ausschließende - Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt hätte (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 5 zu § 1286 RVO und Urteil des erkennenden Senats vom 29.5.1969 - 12 RJ 390/65). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG handelt es sich bei der bereits mehrere Monate vor Gewährung der BU-Rente aufgenommenen Beschäftigung als Kunststoffspritzer um eine ungelernte Hilfsarbeitertätigkeit. Wenn überhaupt hierfür neue Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich gewesen sein sollten, so hatte sie sich der Kläger bereits vor Erlaß des Rentenbescheides vom 20. August 1964 angeeignet. Gegenteiliges ist aus den Akten nicht ersichtlich. Auch von der Revision wird nicht vorgetragen, daß der Kläger nach der Gewährung der BU-Rente sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet hätte.

Der Revision kann auch nicht in der Annahme gefolgt werden, daß die vom LSG festgestellte Weigerung des Klägers, sich berufsfördernden Maßnahmen zu unterziehen, für sich allein bereits eine Rentenentziehung nach § 1286 Abs. 1 RVO rechtfertige. Insoweit ist die dem angefochtenen Entziehungsbescheid beigegebene und insbesondere auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 4. Januar 1968 (Breithaupt 1968, 1014) gestützte Begründung, der Kläger habe sich durch sein mangelndes Interesse an einer beruflichen Umschulung von dem erlernten Beruf freiwillig getrennt und damit den Berufsschutz als Metzger verloren, vom LSG zu Recht als unerheblich angesehen worden. Das Schleswig-Holsteinische LSG hat in der angeführten Entscheidung zwar eine für die Rentenentziehung ausreichende Änderung in den Verhältnissen darin erblickt, daß den Versicherten - wie aus der Ablehnung von Umschulungsmaßnahmen ersichtlich - der nach der Rentenbewilligung ergriffene neue Beruf befriedige. Es hat damit indes die Entscheidung des BSG vom 16. September 1965 (BSG 24, 7) unberücksichtigt gelassen, wonach in dem auch bei der Entziehung der BU-Rente maßgeblichen Ausgangspunkt des "bisherigen Berufes" nach der Bewilligung der Rente keine Änderung mehr eintreten kann. Gleiches trifft aber zu, wenn - wie hier - die neue Berufstätigkeit als Kunststoffspritzer bereits vor der Rentengewährung aufgenommen, für diese aber der erlernte frühere Metzgerberuf als maßgeblich angesehen worden war (vgl. hierzu auch BSG 24, 7, 9). Wenn somit eine Lösung vom erlernten Beruf während des Rentenbezugs ohne Erwerb neuer - dem erlernten Beruf gleichwertiger - Kenntnisse und Fähigkeiten für eine Rentenentziehung nach § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO nicht ausreicht, muß dies um so mehr in bezug auf die subjektive Einstellung des Klägers zu berufsfördernden Maßnahmen gelten, aus welcher die Beklagte lediglich die Lösung vom bisherigen Beruf ableiten will.

Auch die Revision stimmt der Rechtsauffassung des LSG, daß ein Versicherter den bei Eintritt des Versicherungsfalles vorhandenen Berufsschutz während der Zeit des Rentenbezugs nicht verlieren könne, im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des BSG grundsätzlich zu. Sie bezweifelt aber, ob im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der "seit 1965" fortlaufenden Rentenversagung noch von einem Rentenbezug die Rede sein könne. Dieser Einwand übersieht, daß der Kläger aufgrund des Bescheides vom 20. August 1964 zunächst die BU-Rente vom 1. Oktober 1964 bis 30. Oktober 1965 erhalten hatte und sodann die Weigerung des Klägers, sich den vorgesehenen Umschulungsmaßnahmen zu unterziehen, die Beklagte veranlaßte, die Rente vom 1. November 1965 an gemäß § 1243 Abs. 2 RVO fortlaufend zu versagen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der seitdem unveränderte Sachverhalt mit Wirkung vom 1. Januar 1970 eine Rentenentziehung nach § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO begründen soll. Würde man der Argumentation der Beklagten folgen, so müßte dies dahin führen, daß der Versicherungsträger durch wiederholtes zeitliches Versagen der Rente schließlich die endgültige Entziehung der Rente herbeiführen könnte. Das würde aber eine Umgehung der vom Gesetzgeber für solche Fälle vorgesehenen Regelung des § 1243 Abs. 2 RVO bedeuten.

Die Revision verkennt, daß einem - gemessen an der Zielvorstellung des Gesetzes über eine möglichst umfassende Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit (vgl. §§ 1236 Abs. 1, 1237 RVO) - vorliegenden (subjektiven) Fehlverhalten eines Rentenempfängers nicht durch endgültige Entziehung, sondern durch zeitliches Versagen der Rente begegnet werden soll. Dies zeigt ein Vergleich der in den §§ 1243, 1287 RVO für die Rentenversagung und in § 1286 RVO für die Rentenentziehung bzw. Rentenumwandlung bestimmten unterschiedlichen Voraussetzungen. Wie auch aus § 1246 Abs. 2 Satz 3 RVO i. V. m. § 1286 Abs. 2 RVO erhellt, kommt eine Rentenentziehung mangels sonstiger Änderungen in den Verhältnissen des Versicherten - erst nach erfolgreicher Durchführung der Umschulung in Betracht. Dagegen soll die Rentenversagung nach der Fassung des § 1243 Abs. 2 RVO der ausnahmsweisen Erzwingung der Umschulung dienen, wenn der Versicherte auf den neuen Beruf im Sinne von § 1246 Abs. 2 RVO verwiesen werden könnte, wenn also der andere Beruf, brauchte der Versicherte wegen vorhandener Vorkenntnisse auf ihn nicht erst umgeschult zu werden, die Entziehung der Rente zu begründen geeignet wäre (vgl. hierzu auch Koch/Hartmann/v. Altrock/Fürst, Das Angestelltenversicherungsgesetz - Kommentar, Band IV, Teil V, Anm. 2 c zu § 20 AVG). Die Vorschrift hat somit Beugecharakter; sie soll dem Versicherten Gelegenheit geben, seine zur Rentenversagung führende Haltung zu überdenken und gegebenenfalls aufzugeben. Der Auffassung des LSG, daß die Folgen der vom Kläger verweigerten Mitwirkung an einer beruflichen Umschulung nach der Gewährung der BU-Rente ausschließlich nach § 1243 Abs. 2 RVO zu beurteilen sind, ist daher zuzustimmen. Die Versagung der Rente nach dieser Vorschrift geht als Sonderregelung der Rentenentziehung nach § 1286 RVO vor und schließt diese aus. Der gegenteiligen Auffassung der Beklagten kann auch deswegen nicht gefolgt werden, weil dann die Verweigerung der Durchführung einer vom Träger der Rentenversicherung nach der Rentengewährung vorgesehenen Maßnahme letztlich immer als eine Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 1286 Abs. 1 Satz 1 RVO angesehen werden müßte, womit die Vorschrift des § 1243 Abs. 2 RVO weitgehend überflüssig wäre. Eine derartige Folge ließe sich aber mit der aufgezeigten Systematik und dem Sinngehalt des Gesetzes nicht vereinbaren.

Der der Beklagten im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung eines Versagungsbescheides nach § 1243 Abs. 2 RVO entstehende Verwaltungsmehraufwand rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Im übrigen kann den verständlichen Verwaltungsbelangen der Beklagten dadurch Rechnung getragen werden, daß bei unverändert ablehnender Haltung des Klägers gegenüber den vorgesehenen Berufsförderungsmaßnahmen die Beklagte unter Ausschöpfung des ihr im Rahmen des § 1243 Abs. 2 RVO zustehenden Ermessensspielraumes die Rentenversagungsbescheide auch auf mehr als ein Jahr umfassende Zeiträume erstrecken kann. Der Einwand der Beklagten, es werde bei einer derartigen Verfahrensweise auch einmal der Zeitpunkt kommen, zu dem der Kläger infolge vorgerückten Alters aus triftigen Gründen die Umschulungsmaßnahmen ablehnen könnte, muß schon deswegen unbeachtlich bleiben, weil derzeit nicht entschieden werden kann, ob der Kläger nicht bereits vorher in die von der Beklagten vorgesehenen Maßnahmen doch noch einwilligt. Es kann daher offen bleiben, ob der Versicherungsträger dem Rentenverlangen im fortgeschrittenen Alter mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegentreten könnte (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -, 32. Aufl., Anm. 3 und 4 d zu § 242 BGB). Da nur die erfolgreich durchgeführte Umschulung den Versicherungsträger zur Entziehung der Rente berechtigt und ein solcher Erfolg nicht von vornherein zu unterstellen ist, kann die Weigerung des Rentenempfängers allein auch nicht als treuwidrige Vereitelung einer der Beklagten zustehenden Befugnis angesehen werden, so daß die Berechtigung der Beklagten zur Rentenentziehung nicht auf ein in § 162 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommendes allgemeines Rechtsprinzip gestützt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 79

NJW 1973, 1823

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