Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragserstattung. italienischer Beamter
Orientierungssatz
Ein italienischer Beamter, der in der Bundesrepublik weniger als 60 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war, hat wegen der nach § 1233 Abs 1 S 1 RVO iVm Anh 6 Abschn C Nr 7 Buchst b zu Art 89 EWGV 1408/71 bestehenden Rechts zur freiwilligen Versicherung keinen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der für ihn zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge.
Normenkette
RVO § 1303 Abs 1 S 1, § 1233 Abs 1 S 1; EWGV 1408/71 Art 89; EWGV 1408/71 Anh 6 Abschn C Nr 7 Buchst b
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 21.07.1989; Aktenzeichen L 11 J 1629/86) |
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.08.1986; Aktenzeichen S 17 J 1793/86) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des während des Revisionsverfahrens am 20. Oktober 1989 verstorbenen Klägers auf Erstattung seiner Beiträge aus der Rentenversicherung.
Für den Kläger, der italienischer Staatsangehöriger war, sind 24 Pflichtbeiträge an die Beklagte entrichtet worden. Er bezog nach seinen Angaben eine Altersrente vom INADEL (Versorgungskasse für Beamte der Gemeinden) in Italien. Seinen Antrag auf Erstattung der Beiträge lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8. März 1986), da er zur freiwilligen Versicherung berechtigt sei. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile des Sozialgerichts -SG- Frankfurt am Main vom 22. August 1986 und des Hessischen Landessozialgerichts -LSG- vom 21. Juli 1989).
Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, daß der Kläger nach den innerstaatlichen Vorschriften in Verbindung mit den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (EWGV 1408/71) zur freiwilligen Versicherung berechtigt sei. Die Versicherungsberechtigung sei auch nicht nach § 1233 Abs 1a der Reichsversicherungsordnung (RVO) entfallen. Zu den nach § 1229 RVO von der Versicherungspflicht Befreiten gehörten nur deutsche Beamte, nicht aber Beamte anderer EG-Staaten.
Mit der Revision hat der Kläger seinen Anspruch auf Beitragserstattung weiterverfolgt. Er hat geltend gemacht, er müsse als Beamter eines EG-Staates in bezug auf seine Rechte auf Beitragserstattung einem deutschen Beamten gleichgestellt werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. August 1986 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 1989 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. März 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 1986 aufzuheben und die Beklagte zur Beitragserstattung gemäß § 1303 Abs 1 RVO zu verurteilen; hilfsweise hat er die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG beantragt. Außerdem hat er angeregt, den Rechtsstreit zwecks Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obwohl der bisherige Kläger während des Revisionsverfahrens gestorben ist. Der Rechtsstreit ist nicht unterbrochen worden, denn der Kläger ist durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten und keiner der Beteiligten hat beantragt, den Rechtsstreit auszusetzen (§ 202 Sozialgerichtsgesetz -SGG- iVm §§ 239 und 246 Abs 1 Satz 1 und 2 der Zivilprozeßordnung -ZPO-). Der Senat brauchte nicht festzustellen, ob die jetzt ebenfalls von dem Prozeßbevollmächtigten vertretene Witwe des Klägers dessen (Allein-) Erbin ist. Auch in diesem Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Entscheidung im anhängigen Rechtsstreit. Der auf die Rechtsnachfolger übergegangene Erstattungsanspruch aus § 1303 Abs 1 RVO ist nach § 44 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) zu verzinsen. Der Erstattungsanspruch der Witwe aus § 1303 Abs 3 RVO, der nur besteht wenn kein Erstattungsanspruch nach § 1303 Abs 1 RVO bestanden hat, könnte aber erst fällig werden, wenn die Witwe die Erstattung beantragt.
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der für ihn zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge. Nach § 1303 Abs 1 Satz 1 RVO besteht dieser Erstattungsanspruch nur, wenn die Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen ist, und kein Recht zur freiwilligen Versicherung besteht. Bei dem Kläger war zwar nach seiner Rückkehr nach Italien die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen. Er war auch in den letzten zwei Jahren, bevor er den Erstattungsantrag stellte, nicht in einem nach Art 10 Abs 2 EWGV 1408/71 gleichgestellten System eines EG-Mitgliedstaates pflichtversichert. Für den Kläger hat aber gemäß § 1233 Abs 1 Satz 1 RVO iVm Anhang VI Abschnitt C Nr 7 Buchst b zu Art 89 EWGV 1408/71 das Recht zur freiwilligen Versicherung bestanden. Er hat seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat gehabt und war in der deutschen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen. Sein Recht zur freiwilligen Versicherung ist auch nicht nach § 1233 Abs 1a RVO ausgeschlossen gewesen. Der Kläger gehörte nicht zu dem Personenkreis, der in den §§ 1229 bis 1231 RVO aufgeführt ist. Er zählt insbesondere nicht zu den Beamten iS von § 1229 Abs 1 Nr 3 RVO. Dies sind nur Beamte der Bundesrepublik Deutschland oder innerstaatlicher Körperschaften, wie das Bundessozialgericht (BSG) schon in den Urteilen vom 12. September 1979 (SozR 2200 § 1303 Nr 15) und vom 29. Januar 1981 (SozR 2200 § 1303 Nr 17) entschieden hat. Der Senat sieht auch nach Überprüfung der genannten Entscheidungen des BSG keinen Grund, seine Rechtsauffassung zu ändern. Die in diesen Urteilen genannten Gründe, die gegen eine Gleichstellung von den in § 1229 Abs 1 Nr 3 RVO genannten Beamten und Beamten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sprechen, bestehen unverändert fort. Auf die Begründungen dieser Urteile sowie die des Senatsurteils vom 26. Juni 1990 - 5 RJ 11/89 - wird deshalb Bezug genommen. Auch das jetzt vorgebrachte Argument, der Kläger sei bei Antragstellung schon 65 Jahre alt gewesen und eine freiwillige Versicherung habe für ihn keinen Nutzen mehr gehabt, ist nicht erheblich. Sowohl das Recht zur freiwilligen Versicherung als auch dessen Ausschluß sind nach abstrakten Kriterien bestimmt und nicht nach einem im Einzelfall festzustellenden Günstigkeitsprinzip.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen