Leitsatz (amtlich)
1. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des BVG § 62 ist gegenüber früheren Verhältnissen, nach denen keine Hilflosigkeit iS des BVG § 35 bestand und daher der Anspruch auf Pflegezulage abgelehnt wurde, schon dann eingetreten, wenn nach den späteren Verhältnissen mindestens für die Dauer eines Monats Hilflosigkeit besteht.
2. Zur Frage der Dauer der Hilflosigkeit als Voraussetzung für die Gewährung der Pflegezulage.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 35 Fassung: 1957-07-01
Tenor
1.) Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. September 1963 wird als unbegründet zurückgewiesen.
2.) Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der … 1927 geborene Kläger erhielt mit Bescheid vom 11. März 1953 aufgrund eines Urteils des Versorgungsgerichts Freiburg Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 90 v.H. ab 1. Oktober 1950 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen "1. Teilverlust des rechten Oberarms, 2. Lungensteckschuß im rechten Lungenoberfeld." Auf seinen Antrag gewährte ihm die Versorgungsbehörde mit Bescheid vom 16. Dezember 1955 ab 1. November 1955 Pflegezulage und erkannte gleichzeitig als weitere Schädigungsfolge ohne Erhöhung der MdE im Sinne der Entstehung "Sehnenscheidenentzündung der linken Hand" an. Wegen der Besserung dieser Sehnenscheidenentzündung wurde dem Kläger die Pflegezulage mit Ablauf des Monats Februar 1956 mit Bescheid vom 19. Januar 1956 entzogen. In dem Bescheid vom 28. März 1956 erkannte die Versorgungsbehörde nur "1. Teilverlust des rechten Oberarms und 2. Lungensteckschuß im rechten Lungenoberfeld" als Schädigungsfolgen mit einer MdE um 90 v.H. an. Mit dem späteren Bescheid vom 2. September 1957 gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) dem Kläger ab 1. Februar 1957 die Rente eines Erwerbsunfähigen und bezeichnete die Schädigungsfolgen nunmehr mit "1. Teilverlust des rechten Oberarms, 2. Lungenstecksplitter und Zwerchfellverwachsung rechts, 3. Neigung zu Sehnenscheidenentzündungen am linken Unterarm, 4. Verbiegung der Wirbelsäule." In dem Bescheid heißt es weiter, daß für die Thrombosen und die einmalig aufgetretene Zellgewebsentzündung am linken Arm die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit schädigenden Einwirkungen nicht nachgewiesen werden könne. Eine Hilflosigkeit im Sinne des § 35 BVG bestehe nicht, da die Sehnenscheidenentzündungen jeweils nur vorübergehend seien.
Im November 1961 beantragte der Kläger erneut die Gewährung der Pflegezulage, da er von Ende Oktober 1961 an arbeitsunfähig sei und wegen einer erneut aufgetretenen Sehnenscheidenentzündung am linken Unterarm einen Unterarmgips trage. Der Versorgungsarzt Dr. R. nahm für die Zeit, in welcher der Kläger einen Gipsverband getragen hatte, das Vorliegen einer Hilflosigkeit an. Der überprüfende Versorgungsarzt bezog sich in einem Prüfvermerk auf die Verwaltungsvorschrift (VV) Nr. 3 zu § 62 BVG und sprach sich gegen die Gewährung einer Pflegezulage aus, weil der Zustand bei dem Kläger nur vorübergehender Natur sei. Daraufhin lehnte das VersorgA der Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22. Januar 1962 ab, weil der veränderte Gesundheitszustand voraussichtlich nicht länger als sechs Monate anhalten werde, so daß die Voraussetzungen des § 62 BVG nicht erfüllt seien. Der Widerspruch, mit dem der Kläger die Gewährung der Pflegezulage für die Zeit vom 1. November 1961 bis Ende Februar 1962 begehrte, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1. August 1962). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 25. Januar 1963 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 30. September 1963 auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Konstanz - Zweigstelle Radolfzell - vom 25. Januar 1963 aufgehoben und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 22. Januar 1962 und 1. August 1962 verurteilt, dem Kläger Pflegezulage von insgesamt DM 400 zu zahlen. Es hat in der Begründung ausgeführt: der Kläger habe in der Berufungsinstanz die Pflegezulage für vier Monate beantragt, weil er 3 1/2 Monate infolge des Auftretens einer Sehnenscheidenentzündung am linken Arm hilflos im Sinne des § 35 BVG gewesen sei. Für ihn, dessen rechter Arm amputiert sei, habe die Anlage eines Gipses am linken Unterarm zur Behandlung der Entzündung (2 1/2 Monate) und das Tragen eines festen Verbandes in der Zeit der Nachbehandlung (1 Monat) bedeutet, daß er für diese Zeit tatsächlich bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang dauernd fremder Hilfe bedurfte. Bei den die Hilflosigkeit verursachenden Gesundheitsstörungen, nämlich der Sehnenscheidenentzündung am linken Unterarm und der Amputation des rechten Armes, handle es sich um anerkannte Schädigungsfolgen. Die Auffassung des SG und des Beklagten, daß die Voraussetzungen des § 35 und auch des § 62 BVG nur dann vorlägen, wenn der Zustand der Hilflosigkeit entsprechend der VV Nr. 3 zu § 62 BVG voraussichtlich mehr als 6 Monate anhalte, sei nicht zu billigen. Schon nach seinem Wortlaut verlange § 35 BVG keine dauernde Hilflosigkeit. Das Wort "dauernd" in Satz 1 dieser Vorschrift drücke lediglich aus, daß im Ablauf des täglichen Lebens fremde Hilfe dauernd bereit sein müsse. Wie lange der Zustand bestehen müsse, um einen Anspruch auf Pflegezulage rechtfertigen zu können, sei in § 35 BVG nicht geregelt. Aus dem ersten Wort des § 35 BVG "Solange" müsse entnommen werden, daß die Bewilligung der Pflegezulage auf kürzere Zeit erfolgen könne. Allerdings rechtfertigten vorübergehende Zustände von ganz kurzer Dauer nicht die Bewilligung der Pflegezulage. Dies ergebe sich aus dem Umstand, daß diese Versorgungsleistung nur in Monatsbeträgen bewilligt werde und praktisch auch in dem für den Versorgungsberechtigten ungünstigen Falle bei einer Entziehung noch im Monat der Bewilligung mit Rücksicht auf § 60 Abs. 4 BVG mindestens für 2 Monate gewährt werden müsse. Auch das frühere Reichsversorgungsgericht (RVG) habe in einem Urteil vom 11. Februar 1926 einen Anspruch auf Pflegezulage nur bejaht, wenn eine Hilflosigkeit von "gewisser Dauer" vorliege. Dieser Entscheidung habe ein Fall zugrunde gelegen, in dem der Beschädigte während eines etwa 8 Wochen dauernden Krankenlagers hilflos gewesen sei. Die Beurteilung, ob ein Zustand "von gewisser Dauer" oder ein "vorübergehender Zustand" vorliege, hänge weitgehend vom Einzelfall ab. Insoweit sei bei der Auslegung des Begriffs "gewissen Dauer" durch das erwähnte Urteil des RVG ein bestimmter Anhalt gegeben. Bei einer nur 8-wöchigen Krankheit hätte auch das LSG - ebenso wie s. Zt. das RVG - ablehnend entschieden. Es sei aber eine Abgrenzung in der Weise, daß nur ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als 6 Monaten als "gewisse Dauer" anzusehen sei, wie die VV Nr. 3 zu § 62 BVG dies ausführe, mit dem Gesetz nicht vereinbar. Nach ihrem Wortlaut beziehe sich diese VV nicht auf den Fall der Pflegebedürftigkeit, sondern nur auf eine wesentliche Änderung der MdE. Eine entsprechende Anwendung auf § 35 BVG sei nicht angebracht, weil die Interessenlage in beiden Fällen unterschiedlich sei. Einem Versehrten, der pflegebedürftig werde, entstünden schon in wenigen Monaten hohe Aufwendungen, während sich eine Veränderung der Erwerbsfähigkeit meist erst auf längere Sicht wirtschaftlich bemerkbar mache. Beim Kläger habe daher tatsächlich eine Hilflosigkeit "von gewisser Dauer" vorgelegen. Dieser Zustand habe sich auf die Zeit von Ende Oktober 1961 bis Mitte Februar 1962 erstreckt und sei daher nicht bloß als vorübergehend zu bezeichnen, selbst wenn man davon ausgehe, daß schon bei der Anlage des Unterarmgipses die Dauer der Sehnenscheidenentzündung erkennbar gewesen wäre. Mit dem Auftreten der akuten Entzündung sei auch eine wesentliche Änderung in den anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten. Diese Erkrankung sei etwas ganz anderes als eine "Neigung zu Sehnenscheidenentzündungen", wie sie mit dem Bescheid vom 2. September 1957 anerkannt sei. Bei der Befunderhebung zu diesem Bescheid habe überdies keine Sehnenscheidenentzündung, sondern eine Thrombose und eine Zellgewebsentzündung im Vordergrund gestanden, die nicht als Schädigungsfolgen anerkannt seien. Da sich die Bindung der Ablehnung der Pflegezulage im Bescheid vom 2. September 1957 nur auf diese Entscheidung selbst erstrecke, sei eine neue Prüfung bei einem neuen Krankheitsfall nicht ausgeschlossen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 13. Dezember 1963 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 20. Januar 1964, beim Bundessozialgericht (BSG) am 3. Januar 1964 eingegangen, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 3. Februar, beim BSG am 6. Februar 1964 eingegangen, begründet. Er beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Konstanz - Zweigstelle Radolfzell - vom 25. Januar 1963 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt eine Verletzung der §§ 35 und 62 BVG durch das LSG. Er trägt hierzu vor, es sei in dem früheren bindend gewordenen Bescheid vom 2. September 1957 die zu Sehnenscheidenentzündungen führende Neigung anerkannt und die MdE von 90 auf 100 v.H. erhöht worden, damit sei das vereinzelte Auftreten einer akuten Erkrankung schon mitberücksichtigt worden. Die nur abstrakte Anerkennung einer bloßen Neigung zu Sehnenscheidenentzündungen ohne Mitberücksichtigung eines gelegentlichen akuten Stadiums würde jeden rechtlichen Sinnes entbehren. Somit könne weder in dem Zustand der anerkannten Schädigungsfolgen noch in dessen Auswirkungen auf die Höhe der MdE eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 BVG festgestellt werden. Da insoweit auch über die Pflegezulage in dem bindend gewordenen Bescheid vom 2. September 1957 entschieden worden sei, könne dem Begehren des Klägers nur dann entsprochen werden, wenn hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 BVG eingetreten sei. Dies sei aber zu verneinen. Obwohl sich die VV Nr. 3 zu § 62 BVG ihrem Wortlaut nach nur auf die Neufeststellung der MdE beziehe, so interpretiere sie doch zutreffend den im Wortlaut des Gesetzes selbst gebrauchten Begriff der Wesentlichkeit als Voraussetzung jeder Neufeststellung. Wesentlich sei eine Änderung aber nicht allein durch ihren Umfang, sondern ebenso durch ihre Dauer. Eine Änderung der Verhältnisse könne noch so erheblich sein, sie sei aber dann nicht wesentlich, wenn sie sich nicht über eine Mindestdauer erstrecke. Der in der VV Nr. 3 zu § 62 BVG festgelegte Zeitraum von mehr als 6 Monaten stehe in Einklang mit anderen sozialrechtlichen Normen, wie zB den §§ 1253 und 1256 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF. Da die Pflegezulage ein Teil der Beschädigtenrente sei, unterliege sie der gleichen Behandlung wie die Rente selbst.
Aber auch dann, wenn der streitige Verwaltungsakt als erstmalige Entscheidung über die Gewährung der Pflegezulage angesehen werde, seien die Voraussetzungen nach § 35 BVG nicht erfüllt. Die Hilflosigkeit müsse für eine gewisse Dauer bestehen. Dies ergebe sich daraus, daß die Pflegezulage nur in Monatsbeträgen bewilligt werde und daß ihre Entziehung nur nach § 60 BVG erfolgen könne. Somit könne nur ein Zustand in Betracht kommen, der sich über eine Zeitspanne erstrecke, die nicht nur als vorübergehend bezeichnet werden könne. Die Interessenlage, die das LSG zwischen der Gewährung der Pflegezulage und der Erhöhung der MdE bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse unterschiedlich beurteile, könne die Entscheidung nicht stützen. Im übrigen wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen und die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren dem Beklagten aufzuerlegen.
Er ist der Auffassung, daß das LSG die §§ 35 und 62 BVG nicht verletzt hat.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und daher zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 22. Januar 1962 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 1962 streitig mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung der Pflegezulage für den Zeitraum von 4 Monaten (November 1961 bis Februar 1962) abgelehnt worden ist. Da bereits vorher ein Antrag des Klägers auf Gewährung einer Pflegezulage mit Bescheid vom 2. September 1957 abgelehnt worden war, ist der Anspruch auf Pflegezulage für die Zeit vom 1. November 1961 bis 28. Februar 1962 nur dann begründet, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG eingetreten ist. Nach § 62 BVG ist der Anspruch entsprechend neu festzustellen, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung des Anspruchs auf Versorgung (§ 9 BVG) maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Die für die Feststellung maßgebend gewesenen Verhältnisse sind diejenigen, die dem voraufgegangenen, den Anspruch betreffenden Bescheid zugrunde gelegen haben (s. dazu auch BSG in SozR BVG § 62 Nr. 20), im vorliegenden Fall also diejenigen, die dem Bescheid vom 2. September 1957 zu Grunde gelegen haben. In diesem Bescheid hat die Versorgungsbehörde zu dem Antrag des Klägers auf Pflegezulage ausgeführt, Hilflosigkeit im Sinne des § 35 BVG bestehe nicht, da die Sehnenscheidenentzündungen jeweils nur vorübergehend seien. Entscheidend dafür, ob eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG eingetreten ist, sind im vorliegenden Falle diejenigen Verhältnisse, die bei Versagung der Pflegezulage im Bescheid vom 2. September 1957 vorgelegen haben, verglichen mit denjenigen, die zum gleichen Anspruch im November 1961 festgestellt worden sind.
Soweit der Beklagte meint, daß schon deshalb keine Änderung eingetreten sein könne, weil sowohl im Bescheid vom 2. September 1957 wie auch im angefochtenen Bescheid nur zu beurteilen gewesen sei, ob wegen vorübergehend auftretender Sehnenscheidenentzündungen eine Hilflosigkeit vorliege, verkennt er die Verschiedenheit der beiden Bescheiden zu Grunde gelegten und in ihnen beurteilten Verhältnisse. Der Bescheid vom 2. September 1957 ist auf den Antrag des Klägers vom 25. Februar 1957 ergangen, durch den er die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen und die seitlich unbeschränkte Gewährung der Pflegezulage wegen des wechselnden Auftretens von Sehnenscheidenentzündungen, Zellgewebsentzündungen und Thrombosen begehrt hatte. In dem zu diesem Antrag erstatteten Gutachten des Reg. Med. Rat Dr. K… vom 13. August 1957 wurde eine anhaltende Hilflosigkeit des Klägers bei nur vorübergehend auftretenden Sehnenscheidenentzündungen verneint. Die Ablehnung im Bescheid vom 2. September 1957 betraf demnach die Versagung einer Pflegezulage unabhängig vom zeitlichen Auftreten einer solchen Entzündung. Im Gegensatz dazu hat der Kläger im Antrag vom November 1961, der zum angefochtenen Bescheid geführt hat, geltend gemacht, daß wegen des Auftretens einer einzelnen Entzündung in der Zeit vom Oktober 1961 bis Februar 1962, insbesondere aber wegen der erforderlich gewordenen Behandlung (Gipsverband und fester Verband), Hilflosigkeit eingetreten sei. Es sind demnach ganz andere Verhältnisse für die Gewährung der Pflegezulage geltend gemacht und beurteilt worden, als sie dem Bescheid vom 2. September 1957 zugrunde gelegt worden sind. Daß es sich auch nach Ansicht des Beklagten nicht um dieselben tatsächlichen Verhältnisse gehandelt hat, die im angefochtenen Bescheid beurteilt worden sind, geht einmal daraus hervor, daß sich der Beklagte zur Ablehnung des Antrags des Klägers nicht auf die Bindungswirkung (§ 77 SGG) des Bescheides vom 2. September 1957 berufen hat, zum anderen daraus, daß er in dem angefochtenen Bescheid selbst von veränderten Verhältnissen gesprochen, diese aber nicht als wesentlich i.S. des § 62 BVG angesehen hat, weil sie nicht mehr als sechs Monate angehalten hätten. Insoweit hat das LSG festgestellt, daß der Kläger durch die Ende Oktober 1961 aufgetretene Sehnenscheidenentzündung am linken Unterarm und die dadurch notwendige Anlage eines Unterarmgipses und festen Verbandes vom November 1961 bis Februar 1962 so hilflos war, daß er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfange fremder Hilfe dauernd bedurfte. Diese Feststellungen hat der Beklagte mit begründeten Revisionsrügen nicht angegriffen, so daß sie für den Senat gemäß § 163 SGG bindend sind. Der Beklagte bezweifelt auch nicht, daß der Kläger in der Zeit vor Oktober 1961 nicht hilflos i.S. des § 35 BVG gewesen ist und wegen des Auftretens der Sehnenscheidenentzündung am linken Unterarm und der damit erforderlich gewordenen Anlegung des Unterarmgipses Ende Oktober 1961 eine Änderung des Gesundheitszustandes beim Kläger eingetreten ist. Er meint jedoch, diese Änderung sei nicht als eine "wesentliche" Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG anzusehen. Nach der VV Nr. 3 zu § 62 BVG i.d.F. vom 14. August 1961 sei nämlich eine wesentliche Änderung der MdE nur dann anzunehmen, wenn der veränderte Gesundheitszustand voraussichtlich mehr als sechs Monate anhalte und die Änderung wenigstens 10 v.H. betrage. Entsprechend sei bei der Gewährung der Pflegezulage nur dann eine Änderung des Gesundheitszustandes als wesentlich im Sinne des § 62 BVG anzusehen, wenn die Hilflosigkeit voraussichtlich mehr als sechs Monate dauere. Diese Auffassung geht fehl.
Der Wortlaut des § 62 BVG gibt keinen Hinweis dafür, wann eine Änderung der Verhältnisse als wesentlich anzusehen ist. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist eine Änderung bestimmter Verhältnisse denn wesentlich, wenn sie zu nicht nur geringfügigen Unterschieden des äußeren Erscheinungsbildes oder des Umfangs oder der Beurteilung die jeweils nach bestimmten Maßstäben erfolgt, geführt hat. Danach unterliegt es keinen Bedenken, daß - wie in der VV Nr. 3 zu § 62 BVG vorgesehen - nur die Änderung einer MdE um wenigstens 10 v.H. regelmäßig als eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 BVG angesehen wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um die Änderung der Verhältnisse, die für die Bewertung der MdE maßgebend gewesen sind sondern um die Verhältnisse, die für die Beurteilung der Hilflosigkeit maßgebend gewesen sind. Wenn diese sich aber so verändert haben, daß sie im Gegensatz zum früheren Zustand nunmehr eine Hilflosigkeit herbeigeführt haben, dann muß diese Änderung notwendig als wesentlich im Sinne des § 62 BVG angesehen werden. Ein noch größerer Unterschied als derjenige, der zwischen den Verhältnissen besteht, die keine Hilflosigkeit herbeigeführt haben, und denjenigen, welche die Hilflosigkeit herbeigeführt haben, ist nicht denkbar, jedenfalls nicht im Hinblick auf die für die Hilflosigkeit maßgebenden Verhältnisse bei der Gewährung einer Pflegezulage, auf die es hier allein ankommt. Da der Kläger nach den Feststellungen des LSG vor dem Auftreten der Sehnescheidenentzündung im Oktober 1961 nicht hilflos war, es ab nach diesem Zeitpunkt geworden ist, so ist damit an sich bereits die Wesentlichkeit der Änderung gegeben.
Ob aus der "Wesentlichkeit" der Änderung zu folgern ist, daß sie von einer gewissen Dauer sein muß, kann dahinstehen Jedenfalls geht aus der Natur der Versorgungsleistungen, so weit sie in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bestehen, hervor, daß sie nur für Zustände von gewisser Dauer zu gewähren sind, so daß auch die Pflegezulage nur dann gewährt werden kann, wenn die Hilflosigkeit von gewisser Dauer ist. Im BVG ist die gesamte Regelung der Versorgungsleistungen grundsätzlich auf Monatszeiträume abgestellt, so daß daraus gefolgert werden muß, daß nur kurzfristige Zustände keine Versorgungsleistung auslösen und auch kurzfristige Veränderungen der maßgebenden Verhältnisse keine Veränderungen in der Gewährung oder Nichtgewährung von Versorgungsleistungen herbeiführen können. Insoweit besteht auch eine einheitliche Auffassung, daß die in § 62 BVG erwähnte wesentliche Änderung von einer gewissen Dauer sein muß. Jedoch wird diese Dauer ausdrücklich nicht irgendwie nach Tagen, Wochen oder Monaten zeitlich genau begrenzt. In den früheren Fassungen der Verwaltungsvorschriften (bis zu der vom 3. September 1958) ist unter Nr. 1 Abs. 4 zu § 62 BVG hinsichtlich der Höhe der MdE ausgeführt, daß eine wesentliche Änderung nur vorliegt, "wenn sie nicht nur vorübergehend ist". In der Literatur wird zur "wesentlichen Änderung" i.S. des § 62 BVG gefordert, daß sie "nicht ganz vorübergehend", "nachhaltig andauernd", "nicht nur kurzfristig", "von gewisser Dauer" ist, ohne daß jedoch Maßstäbe für eine zeitliche Abgrenzung angegeben werden (Arendt, Komm. Z. RVG, 2. Aufl., Anm. 5 zu § 57 S. 313; van Nuis/Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen 1958, Teil 6, S. 50, 58; Schieckel/Gurgel, Komm. Z. BVG, 3. Aufl., Anm. 1 l, S. 482,7; Thannheiser/Wende/Zech, Handbuch des Bundesversorgungsgesetzes, 31. Ergänzungslieferung, Erläuterungen zu § 62; vgl. auch Wilke, Komm. z. BVG 1965, Anm. I zu § 35). Nur in den Erlassen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 12. Januar 1954 (BVBl 1954, 22) und vom 27. November 1956 (BVBl 1957, 2) ist eine zeitlich genaue Grenze gesetzt und ausgeführt, daß "als vorübergehend" in entsprechender Anwendung der VV Nr. 4 Abs. 2 zu § 41 BVG und der Rechtsprechung des ehemaligen RVG zum früheren Reichsversorgungsgesetz im allgemeinen ein "Zeitraum bis zu sechs Monaten anzunehmen" ist und daß die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im allgemeinen erfüllt sind, "wenn eine Heilstättenbehandlung von mehr als 6 Monaten Dauer erforderlich erscheint". Abgesehen davon, daß in dem Erlaß vom 12. Januar 1954 (BVBl 1954, 22) nicht gesagt ist, wann und in welchen Entscheidungen das RVG eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 57 RVG nur dann als wesentlich angesehen hat, wenn diese einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten umfaßt, läßt sich eine derartige zeitliche Begrenzung ohne weiteres weder aus dem Begriff "wesentlich" oder dem Wortlaut des § 62 BVG noch aus den zu einer ganz anderen Vorschrift des BVG (§ 41 erlassenem VV herleiten, die zudem für die Gerichte nicht verbindlich sind. Auch die in der VV Nr. 3 zu § 62 vom 12. August 1961 ausgesprochene zeitliche Begrenzung entbehrt einer Begründung.
Der Hinweis des Beklagten auf § 1253 RVO aF führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 1253 Abs. 1 Nr. 2 RVO aF erhielt Invalidenrente der Versicherte, der nur vorübergehend invalide war, wenn die Invalidität ununterbrochen 26 Wochen gedauert hatte oder nach Wegfall des Krankengeldes noch bestand. Diese Vorschrift befaßt sich weder mit dem Begriff "wesentlich", noch läßt sich aus ihr eine Gleichheit der Begriffe "vorübergehend" und "unwesentlich" herleiten, noch lassen sich sonstwie Rückschlüsse ziehen, die für eine zeitliche Begrenzung der in § 62 BVG erwähnten Änderung auf einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten sprechen. Unter diesen Umständen braucht nicht näher erörtert zu werden, ob nicht von vornherein der völlig andere Sinn und Zweck des § 1253 RVO aF Schlüsse auf die Auslegung des § 62 BVG verbietet. Wenn überhaupt eine Vorschrift der RVO zur Auslegung des § 62 BVG herangezogen werden kann, dann ist es der § 616 Abs. 3 RVO aF und der gleichlautende § 605 Abs. 3 RVO idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes. In dieser Vorschrift wird eine ähnliche Sachlage wie in § 62 BVG geregelt, nämlich der Fall, daß nach der Kapitalisierung einer Rente die Verhältnisse sich insofern geändert haben, als eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten ist. Für diesen Fall ist bestimmt, daß als wesentlich eine Verschlimmerung nur gilt, wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit des Verletzten für länger als einen Monat um mehr als um 10 v.H. weiter gemindert wird. Die hier gegebene zeitliche Abgrenzung der "wesentlichen Verschlimmerung", die schon dann vorliegt, wenn sie den Zeitraum eines Monats auch nur um einen Tag überdauert hat, spricht gegen die Auffassung des Beklagten, daß der Gesetzgeber mit dem Gebrauch des Wortes "wesentlich" eine länger als sechs Monate andauernde Veränderung (Verschlimmerung) des Gesundheitszustandes eines Beschädigten habe kennzeichnen wollen, weil lediglich eine längere Zeit anhaltende Erkrankung die Gewährung einer regelmäßig wiederkehrenden Geldleistung aus einer öffentlichen Kasse rechtfertige.
Wenn nun auch die erwähnte Vorschrift der RVO gegen die Ansicht spricht, daß der Gesetzgeber unter wesentlichen Veränderungen nur die Veränderung von wenigstens sechsmonatiger Dauer verstanden wissen wolle, so kann die in der RVO für den Fall der wesentlichen Verschlimmerung nach erfolgter Kapitalisierung der Unfallrente gegebene zeitliche Begrenzung von mindestens einem Monat und einem Tag nicht als allgemeine Definition des Wortes "wesentlich" angesehen werden und deshalb etwa auch im § 62 BVG der gleiche Zeitraum als Mindestdauer der Veränderung gefordert werden. Vielmehr muß mangels einer eigens für den § 62 BVG getroffenen Bestimmung die zeitliche Begrenzung aus den dem BVG allgemein innewohnenden Grundsätzen hergeleitet werden. Wie bereits hervorgehoben wurde, ist der Zeitraum, der für alle wiederkehrenden Versorgungsleistungen - und dazu gehört auch die Pflegezulage - maßgebend ist, der Monatszeitraum; er ist bestimmend für Berechnung, Zahlung, Beginn und Ende der wiederkehrenden Versorgungsleistungen. Allein der Einkommensausgleich wird kraft ausdrücklicher Bestimmung tageweise zuerkannt und wöchentlich gezahlt (§ 66 Abs. 2 BVG). Diese Regelung ist ausdrücklich und allein für den Einkommensausgleich getroffen; ob sie überhaupt als "Ausnahmeregelung" anzusehen ist, was nur dann der Fall wäre, wenn der Einkommensausgleich zu den wiederkehrenden Versorgungsleistungen gerechnet werden kann, mag dahinstehen. Ebenso kann in diesem Zusammenhang unerörtert bleiben, ob der Natur dieses Anspruchs nach überhaupt eine dem allgemeinen Grundsatz entsprechende monatliche Berechnung und Zahlung möglich wäre. Soweit die Bezüge für das Sterbevierteljahr in einem Betrage gezahlt werden "können", ist an dem erwähnten Grundsatz der Berechnung und Zahlung nach Monaten nichts geändert. Gleiches gilt für die Vorschrift im § 60a BVG, nach der zwar zur Verwaltungsvereinfachung eine vorläufige Feststellung für einen Zeitraum von zwölf Monaten vorgesehen ist, bei der es sich jedoch im Grunde genommen nur um eine Abrechnung nach dieser Zeit handelt, ohne daß das Prinzip der monatlichen Berechnung und Zahlung durchbrochen ist.
Wenn aber die Versorgungsleistung grundsätzlich nach Monaten berechnet und gezahlt wird, dann muß daraus geschlossen werden, daß grundsätzlich auch die Zustände, welche versorgungsrechtlich mit Leistungen entschädigt werden, mindestens einen Monat angedauert haben müssen. Für die Frage nach der Dauer der Veränderung i.S. des § 62 BVG bedeutet dies, daß auch die Veränderung mindestens einen Monat andauern muß, ehe Anlaß besteht, die bisher gewährte Leistung (oder Nichtleistung) der Veränderung anzupassen. Eine Veränderung im Einkommen des Beschädigten, also in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, dis für die Gewährung und die Höhe der Ausgleichsrente maßgebend sind, ist stets schon dann erheblich, wenn der veränderte Zustand auch nur einen Monat lang angedauert und seinen Ausdruck in einer Änderung des monatlichen Einkommensbetrages gefunden hat. Dieser Wille des Gesetzgebers kam in den früheren Fassungen des § 62 BVG deutlich durch die Bezugnahme auf die Vorschriften über die Ausgleichsrente zum Ausdruck. Diesem Willen kamen auch die Versorgungsbehörden in unbestrittener Übung nach, indem sie eine auch nur einen Monat andauernde Änderung des Einkommens zum Anlaß nahmen, von der Änderung an die Ausgleichsrente neu festzusetzen. Gleiches gilt im Prinzip auch heute noch, und zwar sowohl bei den gemäß Buchstabe a des § 60 a Abs. 1 BVG festgesetzten Renten als auch bei den gemäß Buchstabe b der gleichen Vorschrift vorläufig festgesetzten Renten (vgl. § 60 a Abs. 4 BVG), wenn auch bei den letztgenannten lediglich wegen der bezweckten Verwaltungsvereinfachung nicht jede einzelne monatliche Veränderung des Monatseinkommens sofort oder in vollem Umfang Berücksichtigung finden soll. Sind aber Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen, die sich auf die Dauer eines Monats erstrecken, als wesentliche Änderungen i.S. des 62 BVG anzusehen, dann ist kein vernünftiger Grund vorhanden, an die Dauer der Veränderung andere Anforderungen zu stellen, wenn es sich nicht um die wirtschaftlichen, sondern um die gesundheitlichen Verhältnisse handelt, oder, wie hier bei der Pflegezulage, um die Verhältnisse, die für die Hilflosigkeit maßgebend gewesen sind. Haben sich demnach die Verhältnisse eines Beschädigten so verändert, daß er nunmehr für einen Zeitraum von mindestens einen Monat hilflos i.S. des § 35 BVG geworden ist, so liegt damit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S. des § 62 BVG vor.
Zu Unrecht beruft sich der Beklagte für seine abweichende Ansicht auf den § 35 BVG und das im Wortlaut dieser Vorschrift gebrauchte Wort "dauernd", woraus er folgern will, daß die Hilflosigkeit wenigstens etwa sechs Monate lang angedauert haben müsse und folglich auch einen solchen Zeitraum angehalten haben müsse, um eine Neufestsetzung wegen Veränderung der Verhältnisse gemäß § 62 BVG zu rechtfertigen. Das Wort "dauernd" im § 35 BVG besagt jedoch nichts darüber, wie lange ein Beschädigter hilflos sein muß, um eine Pflegezulage erhalten zu können. Wie sich aus der Stellung dieses Wortes und aus dem Zusammenhang, in dem es steht, ergibt, bringt es nur zum Ausdruck, daß der Beschädigte, um hilflos zu sein, für die gewöhnlich wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens dauernd und nicht nur zeitweilig im Ablauf des Tages fremder Hilfe bedürftig sein muß (vgl. BSG 8, 99; 12, 20 u. 22 mit weiteren Hinweisen). Ebensowenig läßt das in § 35 BVG gebrauchte Wort "solange" einen Schluß auf die Dauer der Hilflosigkeit zu, die bestanden haben muß, um einen Anspruch auf Pflegezulage zu begründen. Mit diesem Wort ist im ersten Satz, des § 35 BVG nur zum Ausdruck gekommen, daß die Pflegezulage lediglich für die Zeit gewährt werden kann, in der die Voraussetzungen für ihre Gewährung vorliegen, ohne daß eine Mindestdauer der Hilflosigkeit als Voraussetzung für die Gewährung der Pflegezulage bestimmt ist.
Ebenso versagt der Hinweis des Beklagten auf die Literatur zu § 35 BVG. Dort sind zwar Ausdrücke wie "nicht nur vorübergehend", "nicht nur kurzfristig", "von gewisser Dauer" im Zusammenhang mit der Definition des Begriffes Hilflosigkeit gebraucht worden (vgl. van Nuis/Vorberg, aaO, 4. Teil S. 42; Thannheiser/Wende/Zech, aaO, Erläuterungen zu § 35 BVG), jedoch sind für diese allgemeinen Zeitbestimmungen weder bestimmte Zeitmaße angegeben noch ist begründet, warum wenigstens in diesen unbestimmten Zeitgrenzen eine Hilflosigkeit vorgelegen haben muß, um einen Pflegegeldanspruch auszulösen.
Gleiches gilt von dem Hinweis auf das Urteil des früheren Reichsversorgungsgerichts vom 11. Februar 1926 (M Nr. 16552/25, Pkt. 11, zitiert von Wende in KOV 1953 S. 37 nach Arendt Reichsversorgungsgesetz, § 31 Anm. 4 S. 167), das in den "Entscheidungen des Reichsversorgungsgerichts" nicht veröffentlich ist, in dem aber nach dem Zitat bei Arendt ein Krankenlager von etwa acht Wochen nur als eine vorübergehende Hilflosigkeit angesehen worden ist. Selbst wenn in dieser Entscheidung zum Ausdruck gekommen sein sollte - was nach dem Zitat nicht erkenntlich ist -, daß eine Hilflosigkeit von acht Wochen nur als eine vorübergehende anzusehen ist und daher nicht einen Anspruch auf Pflegezulage zu begründen vermag, so kann diese ohne jegliche Begründung wiedergegebene Ansicht des früheren Reichsversorgungsgerichts zu einer Vorschrift des RVG die Ansicht des erkennenden Senats in keiner Weise erschüttern.
Auch die von Beklagten angestellten rechtspolitischen Erwägungen sprechen nicht für seine Auffassung. Soweit er auf § 48 BVG hinweist und meint, der Gesetzgeber habe nur denjenigen Witwen eine Witwenbeihilfe gewähren wollen, die durch längere Pflege ihres hilflosen Ehemannes große persönliche Opfer haben bringen müssen, so daß auch nicht jede kurze Hilflosigkeit für die Gewährung der Pflegezulage und damit - falls der Beschädigte in dieser Zeit stirbt - zur Gewährung der Witwenbeihilfe ausreichen könne, sind seine Erwägungen weder vom Wortlaut des Gesetzes noch von dessen Sinn getragen. In § 48 BVG ist weder ausdrücklich etwas über die Dauer des Bezuges der Pflegezulage gesagt, noch läßt sich aus dem gesamten Inhalt schließen, daß die Witwenbeihilfe nur bei längerer vorangegangener Hilflosigkeit des Ehemannes gewissermaßen zum Ausgleich für das bei der Pflege des Ehemannes gebrachte Opfer gewährt werden soll. Daß diese Erwägung nicht zutreffen kann, ergibt sich daraus, daß in gleicher Weise wie den Witwen von Pflegezulageempfängern auch den Witwen von Empfängern einer Erwerbsunfähigen-Rente die Beihilfe gewährt wird, und daß ebenso auch die Waisen eine Beihilfe erhalten, bei denen von einer längeren Pflege oder einem sonstigen Opfer in eigener Person, das sie dem Beschädigten bis zu seinem Tode hätten erbringen müssen, nicht die Rede sein kann. Daß aber auch die Witwen von Empfängern einer Erwerbsunfähigen-Rente und die Waisen nur etwa dann eine Beihilfe erhalten sollen, wenn der Ehemann vor seinem Tode längere Zeit erwerbsunfähig gewesen ist, hat der Beklagte selbst nicht behauptet. Andererseits kann aber auch, nicht angenommen werden, daß die Witwen der Empfänger von Erwerbsunfähigen-Rente nach anderen zeitlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Erwerbsunfähigkeit des Ehemannes behandelt werden sollen als die Witwen von Pflegezulage-Empfängern hinsichtlich der Hilflosigkeit des Ehemannes. Die Erwägungen des Beklagten greifen somit nicht Platz und können seine Ansicht weder rechtfertigen noch bestätigen.
Schließlich kann auch der Ansicht des Beklagten, daß jedenfalls im vorliegenden Fall das Vorliegen einer wesentlichen Änderung i.S. des § 62 BVG verneint werden müsse, weil mit der Anerkennung der "Neigung zu Sehnenscheidenentzündungen" bereits das Auftreten von Sehnenscheidenentzündungen für einen kürzeren Zeitraum mit umfaßt sei, nicht gefolgt werden. Es mag zutreffen, daß die Versorgungsbehörde mit der Anerkennung der Gesundheitsstörung in dieser Weise zum Ausdruck gebracht hat, daß eine gelegentliche und zeitlich begrenzt auftretende Sehnenscheidenentzündung mit erfaßt sein soll. Es mag auch zutreffen, daß wegen solcher zeitlich auftretender Sehnenscheidenentzündungen die MdE angehoben worden ist, um damit einen Ausgleich zwischen Zeiten mit und ohne auftretenden Sehnenscheidenentzündungen vorzunehmen. Ein derartiges Mitumfassen zeitlicher Sehnenscheidenentzündungen kann aber nur hinsichtlich der Höhe der Rente durch die entsprechende Festsetzung der MdE erfolgt sein, niemals aber hinsichtlich einer Pflegezulage, die eine eigene Versorgungsleistung darstellt, von anderen Voraussetzungen als der Höhe der MdE abhängig ist und die im vorliegenden Fall auch vorher gar nicht gezahlt worden ist. Es kann also weder durch eine bloße Anerkennung der Gesundheitsstörung eine zeitweilig auftretende Hilflosigkeit miterfaßt und anerkannt sein, noch kann durch die Festsetzung der MdE und die Gewährung einer entsprechenden Rente ein Ausgleich für eine zeitweilig zu gewährende Pflegezulage erfolgt sein.
Ist somit für die Gewährung der Pflegezulage ausreichend, daß die Hilflosigkeit mindestens einen Monat angedauert hat, dann ist der Anspruch des Klägers auf Pflegezulage gemäß § 35 BVG begründet. Nach den Feststellungen des LSG ist der Kläger von Ende Oktober 1961 bis Mitte Februar 1962, also langer als einen Monat hilflos gewesen. Da sich die beim früheren Bescheid vom 2. September 1957 für die Ablehnung der Pflegezulage maßgebenden Verhältnisse wesentlich geändert haben, mußte die Pflegezulage auf Antrag des Klägers vom November 1961 gemäß § 62 BVG entsprechend der eingetretenen Hilflosigkeit festgesetzt werden. Das LSG hat daher zutreffend den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Pflegezulage in Höhe von insgesamt 400,- DM, und zwar für die vier Monate vom 1. November 1961 bis Ende Februar 1962 (gem. § 60 BVG) in Höhe der einfachen Pflegezulage im Betrage von 100,- DM monatlich (gem. § 35 BVG), zu zahlen.
Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil mußte daher gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen