Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 1970 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger macht Entschädigungsansprüche der belgischen Staatsangehörigen Witwe C. de W. geborene de P. geltend, die während des Revisionsverfahrens verstorben ist. Sie begehrte Elternrente nach ihrem Sohn H. O. de W. -W.-, der während des 2. Weltkrieges zur Arbeitsleistung nach Deutschland dienstverpflichtet war. Er arbeitete bei einer Firma und wohnte in einem Lager, das eine andere Firma in Dortmund für die bei ihr beschäftigten belgischen und französischen Arbeiter unterhielt. Am Sonntag, dem 28. Januar 1945, wurde er im Lager bei einem Luftangriff durch Bombeneinwirkung getötet. Wegen seines Todes erhielt seine Mutter vom belgischen Staat eine Rente.
Im Juni 1964 beantragte das Königreich Belgien, der Mutter des W. eine Renten aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da der Tod des W. nicht in einem versicherten Betriebslager eingetreten sei, so daß ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall nicht vorliege.
Das Königreich Belgien hat Klage erhoben und u. a. vorgetragen: Es sei unerheblich, daß in dem Wohnlager Arbeiter verschiedener Firmen untergebracht worden seien. Ein derartiges Wohnlager habe aus so vielen Betriebslagern bestanden, wie es Arbeitergruppen gegeben habe, die für verschiedene Firmen gearbeitet hätten. Zwischen der Arbeitgeberin des W. und der anderen Firma habe ein Abkommen über die Unterbringung der ausländischen Arbeiter bestanden. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß nach der Anordnung des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz über die Vereinheitlichung von Unterbringungs- und Verpflegungssätzen vom 1. Juni 1943 – RABl I S. 345 – den Arbeitskräften in Gemeinschaftsunterkünften für die Unterbringung und Vollverpflegung 0,50 RM und 1,– RM täglich durch den Betrieb auf den Lohn anzurechnen gewesen seien.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen; Der Tod des W. sei nicht auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen. Bei Unfällen in Wohnlagern bestehe Versicherungsschutz nur, wenn das Lager im betrieblichen Interesse errichtet worden sei und sich der Unfall nicht bei rein eigenwirtschaftlicher Tätigkeit ereignet habe. W. sei nicht in einem Betriebslager ums Leben gekommen. Die in dem Rundschreiben des Reichsverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 13. Juli 1944 – RV 117/44 – aufgestellten Voraussetzungen seien nicht gegeben.
Der Kläger hat Berufung eingelegt, sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend geltend gemacht, die Arbeitgeberin des W. und die andere Firma hätten einen Konzern gebildet.
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Tod des W. sei nicht infolge eines Arbeitsunfalls eingetreten. Ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt im Lager und der betrieblichen Tätigkeit sei nicht gegeben. Auch für zwangsverpflichtete ausländische Arbeiter habe entsprechend den Bestimmungen der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung Versicherungsschutz regelmäßig nur bei der Arbeit und auf dem Weg von der Unterkunft zur Arbeitsstätte und zurück bestanden. Eine unterschiedliche Behandlung gegenüber deutschen Arbeitnehmern sei nicht begründet. Während des Krieges habe auch für diese eine Arbeitspflicht mit der Möglichkeit der Dienstverpflichtung an einem außerhalb ihres Wohnortes liegenden Arbeitsort bestanden. Eine besondere betriebsbezogene Verknüpfung zwischen dem Aufenthalt im Lager und der versicherten Tätigkeit des W. sei nicht vorhanden. Allein der Unistand, daß W. in einem Lager und nicht in einer privaten Unterkunft gewohnt habe, rechtfertige nicht schon die Annahme, daß die Lagerunterbringung wesentlich aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Die Arbeitsstätte des W. habe im Stadtbereich gelegen, so daß die Lage des Arbeitsplatzes eine Lagerunterbringung nicht erforderlich gemacht habe. Ein im betrieblichen Interesse errichtetes Lager liege nicht vor.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und begründet es wie folgt: Grundlage des Anspruchs sei nicht die EWG-VO Nr. 3, sondern das deutsch-belgische Sozialversicherungsabkommen und die Zusatzvereinbarungen. Die Auffassung des LSG sei zu eng; sie stehe nicht im Einklang mit diesem Vertragswerk, durch das eine möglichst weitgehende Wiedergutmachung gewährleistet werden solle. Mit der Dienstverpflichtung nach Deutschland sei für W. bereits ein erhöhtes Risiko verbunden gewesen. Es verstoße gegen den Sinn und Zweck der internationalen Vereinbarung, wenn die Unfälle der belgischen Arbeiter in Wohnlagern, von denen aus sie ihre Arbeit hätten verrichten müssen, von der Entschädigungspflicht ausgenommen würden. Beiden Vertragspartnern sei zweifellos bekannt gewesen, daß der Reichsverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften mit Rundschreiben vom 13. Juli 1944 – RV 117/44 – seinen Mitgliedern in gewissem Umfang die Anerkennung von Lagerunfällen als Arbeitsunfälle empfohlen habe. Es sei vom RVA seinerzeit schon betont worden, daß die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Lösung vom Betrieb durch eigenwirtschaftliche Handlungen nur mit Einschränkung auf Lagerunfälle anzuwenden seien. Das RVA habe in seinen Entscheidungen EuM 45,2 und 46, 5 darauf abgestellt, ob das Wohnen in einer sog. Wohnbaracke aus Bequemlichkeit im Interesse des Versicherten oder im Interesse des Betriebes gelegen habe. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte müsse der Versicherungsschutz der belgischen Arbeiter im vorliegenden Fall bejaht werden. Jedenfalls seien die in dem Erlaß des RAM vom 29. Juni 1944 aufgestellten Voraussetzungen gegeben, da das Wohnlager vom Arbeitsplatz aus mit einem Fußweg von einer viertel Stunde zu erreichen gewesen sei. Das LSG verkenne, daß die Entwicklung, welcher der RAM mit seiner Empfehlung habe Rechnung tragen wollen, noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Er habe weiteren Bericht angefordert, falls sich aus der unterschiedlichen Behandlung von Lagerunfällen ausländischer Arbeitskräfte Unzuträglichkeiten ergeben sollten. Im übrigen sei der Sachverhalt sinngemäß unter die in dem oben angeführten Rundschreiben aufgestellten Richtlinien einzuordnen. Jedenfalls sei aber der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen für Unfälle bei Dienst- und Geschäftsreisen zu bejahen. Würde für die Mutter des Getöteten eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung versagt, sei ein deutscher Kostenträger, der für die Folgen des Unfalls vom 28. Januar 1945 eintreten könnte, nicht vorhanden. Als Ausländerin, die außerhalb des Bundesgebietes wohne, sei die Mutter des W. nicht unter den Personenkreis gefallen, auf den das Bundesversorgungsgesetz anzuwenden sei. W. sei als im Reichsgebiet beschäftigter Ausländer nicht nach der Personenschädenverordnung versorgungsrechtlich geschützt gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 1970 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 6. März 1968 sowie des Bescheides der Beklagten vom 15. Juli 1965 zu verurteilen, die der Frau C. M. de P. nach ihrem am 28.1.1945 verstorbenen Sohn H. de W. bis zu ihrem Tode am 30. Januar 1971 zustehende Elternrente an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision hatte keinen Erfolg.
Die Befugnis des Königreichs Belgien, mit der Klage die Ansprüche der Mutter des belgischen Staatsangehörigen H. O. de W. W. – geltend zu machen, ergibt sich aus Art. 7 Abs. 3 der Dritten Zusatzvereinbarung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über Soziale Sicherheit vom 7. Dezember 1957 – Allgemeines Abkommen – über die Zahlung von Renten für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Abkommens, ebenfalls vom 7. Dezember 1957 (BGBl 1963 II 404 – 3. ZV), in der Fassung des Art. 5 des Zusatzprotokolls vom 10. November 1960 (abgedruckt bei Plöger/Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, Teil X – Belgien – S. 46, 48). Nach dieser Vorschrift kann das Königreich Belgien, das der Mutter des W. nach belgischen Rechtsvorschriften wegen des Todes des Versicherten eine Rente zahlte, die Feststellung der Leistungen – aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung – betreiben und Rechtsmittel einlegen. Die 3. ZV ist ungeachtet der Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 1958 (BGBl 1959 II 473 – EWG-VO Nr. 3) weiterhin anwendbar, da sie im Anhang D zu dieser Verordnung als weitergeltend aufgeführt ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Buchst. e der EWG-VO Nr. 3).
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Mutter des am 28. Januar 1945 bei einem Luftangriff in Deutschland tödlich verletzten belgischen Staatsangehörigen W. stand ein Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu. W. hat keinen Arbeitsunfall im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften erlitten.
Die Frage, ob bis zum Tode der Mutter des W. die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch erfüllt waren, ist nach den deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung zu beurteilen (s. Art. 5 Abs. 1 des Allgemeinen Abkommens). Maßgebend dafür, ob W. bei seiner Tätigkeit während des 2. Weltkrieges in Deutschland zu dem in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall versicherten Personenkreis gehört hat und die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls vorliegen, sind die Vorschriften, die im Unfallzeitpunkt in Kraft waren: §§ 537 bis 541, 542 der Reichsversicherungsordnung idf des 6. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 (6. ÄndG) – RGBl I 107 – (RVO aF) sowie die seinerzeit geltenden Sondervorschriften (z. B. die Notdienst-VO vom 15. Oktober 1938 – RGBl I 1441 –). Dies entspricht dem aus sozialversicherungsrechtlichen Erwägungen in der deutschen Sozialversicherung bestehenden Grundsatz, daß für Ansprüche aus Versicherungsfällen vor Inkrafttreten neuen Rechts die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften anzuwenden sind, sofern das neue Recht sich nicht ausdrücklich rückwirkende Kraft beilegt (vgl. BSG 22, 63, 65; 23, 139, 140 ff; 24, 88, 89 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 – BGBl I 241 – (UVNG) gilt gemäß Art. 4 § 1 nur für Arbeitsunfälle, die sich nach seinem Inkrafttreten ereignen; die in Art. 4 §§ 2 ff UVNG geregelten Ausnahmen greifen hier nicht ein.
Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 542 RVO aF sind jedoch, wie das LSG im Ergebnis mit Recht angenommen hat, nicht gegeben. Es fehlt an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfäll.
Allerdings entfällt der Versicherungsschutz nicht schon deshalb, weil die Kriegsgefahr, von welcher der Verletzte betroffen wurde, als eine allgemein wirkende Gefahr – wie z. B. Erdbeben, Überschwemmungen und sonstige Naturkatastrophen – anzusehen wäre, die wegen eines nur rein zufälligen Zusammentreffens mit der betrieblichen Tätigkeit den für einen Arbeitsunfall erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit nicht begründen würde (s. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 7. Aufl., S. 480 r; vgl. auch BSG 23, 79, 81 sowie Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., geschichtliche Entwicklung, S. 82). Bei den im 2. Weltkrieg von den Luftangriffen der Alliierten auf Deutschland ausgehenden Bedrohungen handelte es sich nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht schlechthin um solche allgemein wirkende Gefahren, obwohl die Angriffe auf die Zivilbevölkerung im Laufe des Krieges immer mehr verstärkt worden sind. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, daß schädigende Ereignisse durch Kriegseinwirkungen (§ 1 des Bundesversorgungsgesetzes – BVG) rechtlich zugleich Arbeitsunfälle im Sinne des Dritten Buches der RVO sein können (§ 54 BVG; vgl. BSG 23, 79, 81). Bei Unfällen infolge von Kriegseinwirkungen ist deshalb stets im Einzelfall zu prüfen, ob zwischen Unfall und betrieblicher Tätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Der Verletzte ist von dem Luftangriff an einem Sonntag außerhalb seiner Arbeitszeit im Wohnlager betroffen worden. Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß dieses Lager, wie die Revision geltend macht, als Gemeinschaftsunterkunft im betrieblichen Interesse errichtet war und die hierfür vom Reichsverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Rundschreiben vom 13. Juli 1944 – RV 117/44 – für erforderlich erachteten Voraussetzungen vorlagen (vgl. auch die Zustimmung des RAM vom 29. Juni 1944). Dies allein reicht jedoch nach der seit dem Urteil vom 21. Januar 1972 (2 RU 32/71 – zur Veröffentlichung vorgesehen) ständigen Rechtsprechung des Senats, an der er auch nach erneuter Prüfung festhält, nicht aus, den Versicherungsschutz für alle Unfälle zu begründen, die sich in der Unterkunft ereignen. Nicht jeder Unfall, den ein Beschädigter während des Aufenthaltes in einer im betrieblichen Interesse erstellten Gemeinschaftsunterkunft erleidet, erfüllt die Voraussetzungen eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls im Sinne des § 542 RVO aF. Vom Versicherungsschutz ausgenommen sind auch in sogenannten Betriebslagern – sowohl bei deutschen als auch bei ausländischen Beschäftigten – die rein eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten, bei denen die Verfolgung persönlicher Interessen derart im Vordergrund steht, daß die Beziehung zu dem Beschäftigungsunternehmen bei der Bewertung der Unfallursachen als rechtlich unwesentlich ausgeschieden werden muß. Der Beschäftigte kann auch in einem Betriebslager privaten Verrichtungen nachgehen, die in keiner näheren Beziehung zur versicherten Tätigkeit stehen. Maßgebend ist somit auch bei Unfällen in Gemeinschaftslagern, die im betrieblichen Interesse errichtet sind, ob zwischen der unfallbringenden Verrichtung und der Tätigkeit im Unternehmen ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. RVA in EuM 46, 5, 7; RVA in BG 1944, 20; Brackmann aaO, S. 486 a; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand: Juni 1971, Kennzahl 123, S. 2/3). Im Rundschreiben des Reichsverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 13. Juli 1944 wird der Aufenthalt in einem im betrieblichen Interesse errichteten Wohnlager ebenfalls nicht schlechthin als versichert angesehene. Es wird auch hier entsprechend dem in der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall zwischen dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich und der betrieblichen Sphäre unterschieden. Unfallversicherungsschutz ist bei Unfällen in sogenannten Betriebslagern im allgemeinen nicht gegeben, wenn der Unfall sich – wie hier – während der arbeitsfreien Zeit ereignet hat. Die Eigenart der Unterbringung kann allerdings dazu führen, daß auch Handlungen, die an sich der privaten Sphäre des Versicherten zuzurechnen sind, als solche betriebsbezogener Art anzusehen sind (Lauterbach aaO, § 548 Anm. 36; Podzun aaO, S. 5 zu 5). Das RVA ging davon aus, daß sich die Unfallversicherung der Arbeiter, die in einem Betriebslager untergebracht waren, auf Unfälle erstreckte, welche sich bei eigenwirtschaftlichen Handlungen während des Aufenthalts im Lager ereigneten, wenn der Unfall auf die besonderen Verhältnisse des Lagers zurückzuführen war (RVA in BG 1944, 114). Diese Auffassung kommt auch in früheren Entscheidungen des RVA (vgl. EuM 45, 2, 3; 46, 5, 6, 7) zum Ausdruck. In beiden Fällen ist der Versicherungsschutz bejaht worden, weil der Unfall durch die Beschaffenheit der im betrieblichen Interesse errichteten Wohngelegenheit oder Gemeinschaftseinrichtung oder durch besondere mit der Gemeinschaftsunterbringung verbundene Gefahren verursacht worden war. Durch solche Gefahren ist der Unfall des W. indessen nicht wesentlich beeinflußt worden. Die Verletzung durch Fliegerbomben ist – auch in ihrer Schwere – nicht auf die Art der Unterbringung zurückzuführen. Eine betriebsbezogene erhöhte Unfallgefahr ist hier nicht gegeben, denn das Lager ist bei einem allgemeinen Luftangriff auf Dortmund getroffen worden. Beherrschende Ursache für den Tod des Verunglückten waren unter den gegebenen Umständen Kriegsereignisse. Die Gefahren der versicherten Tätigkeit treten auch bei der Unterbringung in einer im betrieblichen Interesse errichteten Gemeinschaftsunterkunft jedenfalls dann hinter die von derartigen Luftangriffen ausgehende Gefahrenlage zurück, wenn sie den Beschäftigten bei der Verrichtung privater Dinge betrifft.
Die zwangsweise Dienstverpflichtung des W. rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung. Die Zwangsverpflichtung aus den besetzten belgischen Gebieten nach Deutschland ist nicht dem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen. Die Gefahrenlage, in die der Verletzte durch die Zwangsverpflichtung gekommen ist, gehört nicht zu den Risiken, die der Arbeitgeber und damit die gesetzliche Unfallversicherung zu tragen haben. Arbeitspolitische Maßnahmen des Staates, wie sie die Zwangsverpflichtung ausländischer Arbeitskräfte während des 2. Weltkrieges darstellen, bewirken – ohne entsprechende gesetzliche Regelung – für sich allein nicht ohne weiteres eine Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf den gesamten Aufenthalt des Beschäftigten.
Das deutsch-belgische Allgemeine Abkommen in Verbindung mit der 3. ZV sieht keine Wiedergutmachungsleistungen vor, es stellt vielmehr eindeutig darauf ab, ob nach den deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung ein Anspruch besteht. Es bezweckt – wie bei zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen üblich – die Gleichbehandlung von belgischen und deutschen Staatsangehörigen und beruht daher im wesentlichen auf den gleichen Grundsätzen, die in den EWG-Verordnungen Nr. 3 und 4 enthalten sind. Es liegen auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Vertragsstaaten bei Abschluß des Allgemeinen Abkommens und der 3. ZV übereinstimmend davon ausgegangen sind, die im 2. Weltkrieg aus arbeitspolitischen Gründen von den zuständigen deutschen Stellen möglicherweise vertretene, mit den Rechtsvorschriften der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung nicht in Einklang stehende und deshalb unbeachtliche Auffassung, Fliegerschäden seien bei lagermäßig untergebrachten Ausländern allgemein als Arbeitsunfälle zu werten, zur Grundlage ihrer Vereinbarung zu machen.
Aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung stand der Mutter des W. sonach eine Entschädigung nicht zu. Der Senat verkennt nicht, daß nach § 7 Abs. 2 BVG eine Leistungsverpflichtung der Versorgungsverwaltung nach dem BVG daran scheitert, daß die Mutter des W. nach den Rechtsvorschriften des Königreichs Belgien über Entschädigungsrenten für zivile Opfer des Krieges 1940 – 1945 und ihre Hinterbliebenen vom 15. März 1954 wegen des in Deutschland erlittenen Unfalls in Belgien einen Versorgungsanspruch hatte und keine diese Vorschrift ausschließende zwischenstaatliche Vereinbarung besteht. Ein Entschädigungsanspruch für die Folgen der Zwangsmaßnahmen könnte den belgischen Opfern des nationalsozialistischen Regimes in Fällen der vorliegenden Art nur durch besondere Regelungen eingeräumt werden, etwa durch eine zwischenstaatliche Vereinbarung, wie sie für die aus den belgischen Ostkreisen stammenden Kriegsopfer, die zum Dienst in der deutschen Wehrmacht zwangsweise verpflichtet worden sind, mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über Kriegsopferversorgung vom 21. September 1962 (BVBl 1964, 63 ff) abgeschlossen worden ist.
Das LSG hat somit zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen.
Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Unterschriften
Brackmann, Friedrich, Dr. Krasney
Fundstellen