Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vom Betrieb in der Mittagspause angetretene Fahrt mit einem Motorroller zum Wohnheim, die dem Zwecke der Einnahme eines Mittagessens diente, steht mit der versicherten Tätigkeit in einem auch rechtlich wesentlichen Zusammenhang.
2. Streitigkeiten über Ersatzansprüche eines Krankenversicherungsträger gegen Unfallversicherungsträger können auch dem bei einem LSG für Streitsachen aus der Krankenversicherung gebildeten Senat übertragen werden.
Der Umstand, daß in einem auch dem Krankenversicherungsträger zugegangenen Bescheid dem Verletzten gegenüber seine Unfallversicherungsentschädigungsansprüche bindend abgelehnt worden sind, berechtigt den Unfallversicherungsträger nicht, aus RVO § 1504 erhobene Ersatzansprüche des Krankenversicherungsträger abzulehnen. Die gegenteilige Auffassung des Unfallversicherungsträger kann im Revisionsverfahren auch nicht mit der möglichen Versagung jeder Leistungen an den Verletzten nach RVO § 554 (RVO § 557 aF) begründet werden.
Orientierungssatz
Die Ablehnung der Entschädigungsansprüche des Verletzten hat auch dann gegenüber der KK keine bindende Wirkung, wenn der Unfallversicherungsträger die Ablehnung des Ersatzanspruchs der KK in den Bescheid mit aufgenommen hat, aber weder der Verletzte noch die KK diesen Bescheid angefochten haben.
Der Krankenversicherungsträger ist nicht gezwungen, von der Befugnis aus RVO § 1511 Gebrauch zu machen. Er kann vielmehr seinen Entschädigungsanspruch im Wege der Leistungsklage geltend machen. Für dieses Verfahren, dessen Streitgegenstand nur der Ersatzanspruch der KK ist, hat der Bescheid über den Entschädigungsanspruch des Verletzten schon deshalb keine Bindungswirkung, weil die KK nicht zu den materiell vom Bescheid unmittelbar Betroffenen und somit nicht zu den Beteiligten iS von SGG § 77 gehört.
Normenkette
RVO § 548 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30, § 554 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 1511 Fassung: 1925-07-14; SGG § 25 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 77 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 1965 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Ersatz von Leistungen, die sie dem Automechaniker M U (U.) aus Anlaß eines Verkehrsunfalls vom 21. Februar 1961 gewährt hat.
U. war in der Autoreparaturwerkstätte des Unternehmers N welcher der Beklagten als Mitglied angehört, als Automechaniker beschäftigt und wohnte im C-heim in A. Am 21. Februar 1961 wollte er in der Mittagspause zum C-heim fahren. Er benutzte hierfür einen Motorroller (Vespa), den er im Herbst 1960 gekauft und in der Werkstätte seines Arbeitgebers überholt hatte. Der Roller war weder versteuert noch zugelassen, und U. besaß damals auch keinen Führerschein. Auf der Fahrt bremste ein vor U. fahrendes Kraftfahrzeug ab, weil eine Ampel von grün auf gelb umschaltete. U. konnte seinen Roller nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen und fuhr auf das vor ihm stehende Fahrzeug auf. Hierbei zog er sich eine komplizierte Trümmerfraktur der rechten Kniescheibe zu. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom 10. April 1961 wurde gegen U. wegen Vergehens gegen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und des Steuerrechts eine Geldstrafe von 80,- DM, hilfsweise eine Gefängnisstrafe von 8 Tagen festgesetzt.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 22. August und 27. November 1961 Ersatzansprüche für verauslagtes Krankengeld, Hausgeld und Transportkosten in Höhe von 790,64 DM geltend.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 25. Oktober 1962 sowohl den Anspruch des Verletzten U. auf Entschädigung als auch die Ansprüche der Klägerin ab. Zur Begründung ist in dem Bescheid u. a. ausgeführt: U. habe in der Mittagspause den überholten Motorroller nach Hause fahren wollen, obwohl er nicht zugelassen, versteuert und versichert gewesen sei. Außerdem sei der Verletzte nicht im Besitz des erforderlichen Führerscheins gewesen. Obwohl der Ausgangspunkt des Weges die Arbeitsstätte gewesen sei, habe U. zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter Versicherungsschutz gestanden, weil sich der Unfall auf einem zu eigenwirtschaftlichen Zwecken unternommenen Weg ereignet habe. Der Verletzte habe sich während der Mittagspause gewöhnlich im Aufenthaltsraum des Betriebes aufgehalten. Die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides lautet: "Falls der Berechtigte mit dem Bescheid nicht einverstanden ist, kann er innerhalb eines Monats ... schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem ... Sozialgericht in Augsburg ... Klage erheben. ... Wird die Klage nicht erhoben, so wird der Bescheid für die Beteiligten bindend.". Dieser Bescheid ist sowohl dem Verletzten U. als auch der Klägerin zugestellt worden. Mit Schreiben vom 9. November 1962 hat die Beklagte ihrerseits der Klägerin gegenüber einen Ersatzanspruch in Höhe von 1.291,70 DM geltend gemacht. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 1962 geantwortet, bevor sie hierzu Stellung nehmen könne, bäte sie um Mitteilung, ob der Bescheid vom 25. Oktober 1962 Rechtskraft erlangt habe.
Am 13. Dezember 1962 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Augsburg Klage auf Ersatz ihrer Aufwendungen in Höhe von 790,64 DM erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, der eigentliche Zweck der Fahrt sei nicht das Heimfahren des Rollers gewesen, vielmehr habe U., wie er auch der Klägerin gegenüber schriftlich erklärt habe, mittags zum Essen heimfahren wollen.
Das SG Augsburg hat durch Urteil vom 21. Mai 1963 die "Klage gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1962" abgewiesen. Zur Begründung hat das SG u. a. ausgeführt, der Bescheid vom 25. Oktober 1962 sei rechtskräftig geworden, weil die Klage nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat erhoben worden sei. Die Auffassung der Klägerin, daß der Bescheid für sie nicht verbindlich sei, weil sie keine Klage auf Feststellung der Unfallentschädigung nach § 1511 der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern eine Erstattungsklage nach § 1509 Abs. 1 RVO aF erhoben habe, treffe nicht zu. Voraussetzung für die Erstattungsklage sei die rechtskräftige Feststellung, daß ein entschädigungspflichtiger Wegeunfall vorgelegen habe. In dem angefochtenen Bescheid sei aber zwischen der Klägerin und der Beklagten das Gegenteil ausgesprochen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 1965 den Verletzten U. als Zeugen vernommen und durch Urteil von demselben Tage unter Aufhebung des Urteils des SG Augsburg vom 21. Mai 1963 die Beklagte verurteilt, der Klägerin die aus Anlaß des Unfalls am 21. Februar 1961 des Versicherten U. entstandenen Aufwendungen nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 1505 ff RVO aF) zu erstatten. Die Revision ist vom LSG zugelassen worden.
Zur Begründung hat das LSG u. a. ausgeführt: Die Auffassung des SG und der Beklagten, die Klage auf Erstattung der Leistung gemäß § 1509 RVO aF sei unzulässig gewesen, weil die Entschädigungspflicht gegenüber dem Verletzten verbindlich verneint worden sei, sei irrig. Die Frage, ob es sich um einen versicherten Arbeits- oder Wegeunfall handele, sei bei der Prüfung des von der Krankenkasse erhobenen Ersatzanspruchs als Vorfrage mitzuentscheiden, wenn über sie noch nicht in einer die Krankenkasse bindenden Weise entschieden worden sei. Der Bescheid vom 25. Oktober 1962 sei nur gegenüber dem Verletzten U. bindend geworden. Die Krankenkasse gehöre nicht zu den Beteiligten, für die der Bescheid in der Sache nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend geworden sei (BSG 15, 118). Die Klägerin habe nicht nach § 1511 RVO die Feststellung der Unfallentschädigung für den Verletzten U. betrieben und sei auch nicht in einem Klageverfahren des Verletzten beigeladen gewesen.
Hinsichtlich der Gründe für die Fahrt des Verletzten U. zum C-heim ist im Urteil des LSG folgendes ausgeführt: "U befand sich in der Mittagspause des 21. Februar 1961, als sich der schadenbringende Unfall ereignete, auf dem Wege von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung im C-heim, und zwar unbestritten auf dem auch sonst von ihm üblicherweise eingeschlagenen Weg. Dieser Weg diente nicht - wie die Beklagte meint - ausschließlich zu eigenwirtschaftlichen Zwecken, sondern war von dem Verletzten wesentlich deshalb unternommen worden, um das Mittagessen im Heim einzunehmen. Glaubwürdig hat der verletzte U als Zeuge ausgesagt, daß er an diesem Tage deshalb während der Mittagspause nach Hause gefahren ist, weil er am Vorabend das Abendessen nicht eingenommen hatte und er dieses deshalb am nächsten Mittag einnehmen konnte. An seiner Aussage zu zweifeln besteht kein Anlaß. Der Zeuge hat sich mit seinen früheren Erklärungen vom 16. Mai 1961 und 13. Juli 1962 gegenüber der Beklagten nicht in Widerspruch gesetzt. Auch damals hatte er erklärt, daß er zum Mittagessen nach Hause gefahren sei. Aus der Angabe des Verletzten vom 13. Juli 1962, er habe das Moped nach Hause geschafft, weil es im Betrieb im Wege gestanden habe, zieht die Beklagte zu Unrecht die Folgerung, der Weg habe nur eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient; denn diese Angabe kann im Zusammenhang mit der Aussage des Verletzten als Zeugen und seinen übrigen Erklärungen, insbesondere auch gegenüber der Klägerin am 4. März 1963, nur dahin ausgelegt werden, daß der Verletzte an diesem Tage gelegentlich seiner Heimfahrt zum Mittagessen auch das Motorrad mitgenommen hat. Zudem bestand für den Verletzten kein besonderer Grund, mittags nur deshalb nach Hause zu fahren, um das Motorrad aus der Betriebsstätte wegzuschaffen; denn er hätte dieses ebenso am Abend mitnehmen können.". Das LSG ist der Auffassung, der Weg zum C-heim habe wesentlich dem Zweck gedient, sich die zur Weiterarbeit erforderliche Stärkung zu verschaffen, und habe deshalb nach § 543 Abs. 1 RVO aF unter Versicherungsschutz gestanden.
Die Beklagte, der das Urteil des LSG am 2. August 1965 zugestellt worden ist, hat dagegen am 27. August 1965 Revision eingelegt und sie nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 2. November 1965 am 24. September 1964 und 14. Oktober 1964 begründet.
Die Revision rügt u. a., daß der 4. Senat des Bayerischen LSG für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig gewesen sei, und greift die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung des LSG in der Sache selbst beruhen, mit Rügen von Verfahrensmängeln an. Sie wendet sich gegen die Rechtsauffassung des LSG, daß ihr ablehnender Bescheid vom 25. Oktober 1962 der Klägerin gegenüber keine Bindungswirkung erlangt habe, und beruft sich darauf, daß sie nach § 577 Abs. 1 RVO berechtigt sei, den Schadenersatz dem Verletzten gegenüber ganz zu versagen. Der Prozeßbevollmächtigte hat die Erklärung abgegeben, daß der Schadenersatz ganz versagt werde.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen und damit die Klage der Klägerin abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision ist durch Zulassung statthaft und somit zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Die Revision rügt, der 4. Senat des Bayerischen LSG, der ein "Krankenversicherungssenat" sei, sei für die Entscheidung in diesem Rechtsstreit nicht zuständig gewesen, da es sich um eine "Unfallversicherungs-Streitsache" handele. Diese Rüge ist nicht geeignet, einen Mangel im Verfahren des LSG schlüssig zu begründen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der Unfallversicherung einschließlich der Lastenverteilung in den Fällen, in denen der Träger der Krankenversicherung Leistungen auf Grund der Folgen eines Arbeitsunfalls erbracht hat, sind im 5. Buch der RVO geregelt (§§ 1501 ff RVO, hier in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - RVO aF). Die Entscheidung über die Ersatzansprüche der Träger der Krankenversicherung oder der Unfallversicherung gegeneinander (vgl. §§ 1505, 1508, 1509, 1509 a RVO aF) kann jeweils nach der Lage des Falles von Vorfragen abhängen, für die das Recht der Krankenversicherung (2. Buch der RVO) oder der Unfallversicherung (3. Buch der RVO) maßgebend ist. Rechtsstreite, die einen derartigen Ersatzanspruch betreffen, gehören zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung, so daß sie einem für diese Angelegenheiten errichteten Senat des LSG (vgl. wegen der Landessozialrichter §§ 12 Abs. 2, 33 SGG) zuzuteilen sind. Das Präsidium des LSG (vgl. §§ 25, 36 SGG) ist jedoch nicht gehindert, die Rechtsstreite, die einen Ersatzanspruch eines Trägers der Krankenversicherung gegen einen Träger der Unfallversicherung betreffen, einem Sozialversicherungssenat zuzuteilen, der im übrigen für Rechtsstreite aus dem Gebiet der Krankenversicherung zuständig ist.
In erster Linie wendet sich die Revision gegen die Rechtsauffassung des LSG, daß der - bindend gewordene - Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 1962 für den Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihrer Aufwendungen keine Bindungswirkung habe. Diese Rechtsauffassung trifft jedoch im Ergebnis zu. Wie der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist der Träger der Krankenversicherung zwar auch nach dem Inkrafttreten des SGG berechtigt geblieben, nach § 1511 RVO im Wege der Prozeßstandschaft den Entschädigungsanspruch des Verletzten gegen den Träger der Unfallversicherung zu betreiben, obwohl die Geltendmachung des Ersatzanspruchs des Trägers der Krankenversicherung nicht mehr voraussetzt, daß die Entschädigungspflicht des Trägers der Unfallversicherung rechtskräftig festgestellt ist, hierüber vielmehr - als Vorfrage - im Verfahren über eine Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 5 SGG) des Trägers der Krankenversicherung gegen den Träger der Unfallversicherung zu entscheiden ist. Andererseits ist der Träger der Krankenversicherung jedoch nicht gezwungen, von der Befugnis aus § 1511 RVO Gebrauch zu machen. Er kann vielmehr, wie im vorliegenden Fall, seinen Entschädigungsanspruch im Wege der Leistungsklage geltend machen. Für dieses Verfahren, dessen Streitgegenstand nur der Ersatzanspruch der Krankenkasse ist, hat der Bescheid über den Entschädigungsanspruch des Verletzten schon deshalb keine Bindungswirkung, weil die Krankenkasse nicht zu den materiell vom Bescheid unmittelbar Betroffenen und somit nicht zu den Beteiligten im Sinne von § 77 SGG gehört. Im einzelnen wird hierzu auf das Urteil vom 14. Dezember 1965 (2 RU 24/61 - BSG 24, 155) und die in ihm enthaltenen weiteren Nachweise Bezug genommen.
Der vorliegende Fall bietet keinen Anlaß, die Fragen der Verwirkung des Ersatzanspruchs bei sehr spät erhobenen Leistungsklagen zu prüfen (vgl. BSG 7, 199; 16, 79, 83).
Im Urteil vom 14. Dezember 1965 ist auch ausgeführt, daß in einem Verfahren über die Entschädigungsansprüche des Verletzten und andererseits im Verfahren über den Ersatzanspruch voneinander abweichende Entscheidungen darüber ergehen können, ob ein Arbeitsunfall vorliegt. Der Verletzte U. ist deshalb an dem zwischen der Klägerin und der Beklagten streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen könnte. Die Rüge der Revision, das LSG hätte den Verletzten U. nach § 75 Abs. 2 SGG beiladen müssen, trifft nicht zu. Der Verletzte hat allerdings an der Entscheidung über den Ersatzanspruch der Klägerin insofern ein Interesse, als sich aus ihr für ihn die Möglichkeit ergeben kann, die Beklagte zu einer Nachprüfung der Ablehnung seines Entschädigungsanspruchs zu veranlassen (§§ 619 RVO aF, 627 RVO). Daß das LSG von der - in sein Ermessen gestellten - Möglichkeit, den Verletzten U. nach § 75 Abs. 1 SGG beizuladen, keinen Gebrauch gemacht hat, ist kein wesentlicher Mangel des Verfahrens des LSG.
Der vorliegende Fall ist allerdings durch die - vom LSG nicht näher geprüfte - Besonderheit gekennzeichnet, daß die Beklagte die Ablehnung des Ersatzanspruchs der Klägerin in den Bescheid vom 25. Oktober 1962 aufgenommen hat. Diese für die Ablehnung des Ersatzanspruchs gewählte Form hat jedoch - entgegen der Auffassung der Revision - gleichfalls keine Bindungswirkung zur Folge, da eine Rechtsgrundlage für diese Form fehlt. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 14. Dezember 1965 darauf hingewiesen, daß die RVO keine Grundlage für eine Berechtigung des Unfallversicherungsträgers bietet, über den Entschädigungsanspruch des Verletzten mit Bindungswirkung für den Träger der Krankenversicherung zu entscheiden. Aus der Zuständigkeit für die Durchführung des Feststellungsverfahrens über den Entschädigungsanspruch des Verletzten und dessen Abschluß durch einen dem Verletzten gegenüber der Bindungswirkung fähigen Bescheid (Verwaltungsakt) ergibt sich infolge des Fehlens ausdrücklicher Vorschriften auch keine Berechtigung des Unfallversicherungsträgers, über den Ersatzanspruch des Krankenversicherungsträgers - oder z. B. des Rentenversicherungsträgers (vgl. §§ 1524, 1525 RVO) - durch einen der Bindungswirkung fähigen Verwaltungsakt zu entscheiden (vgl. als Gegenbeispiel z. B. § 1399 Abs. 3 RVO - BSG 15, 118).
Der erkennende Senat stimmt deshalb im Ergebnis mit dem LSG überein, daß das LSG berechtigt war, im Verfahren über den Ersatzanspruch der Klägerin ohne Rücksicht auf eine Bindungswirkung des Bescheides vom 25. Oktober 1962 über die Vorfrage zu entscheiden, ob der Unfall des Verletzten U. vom 21. Februar 1961 ein Unfall war, "für den" die Beklagte "zu entschädigen hat" (vgl. § 1504 RVO aF).
Die Revision greift die Entscheidung des LSG über diese Frage mit Rügen an, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen richten, auf denen sie beruht. Diese Rügen sind nicht geeignet, die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellungen zu beseitigen (§ 163 SGG).
Die "vorsorglich" gegen die Niederschrift über die Vernehmung des Verletzten U. in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 7. Juli 1965 erhobenen Rügen entsprechen nicht den Anforderungen des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG. Im übrigen enthält die Niederschrift ausdrücklich den Vermerk, daß sie "vorgelesen und genehmigt" worden sei (vgl. § 122 Abs. 2 SGG). Für das LSG bestand auch keine zwingende Veranlassung, der Beklagten eine Abschrift dieser Niederschrift zu übersenden, da es sich um eine Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung handelt, für die § 107 SGG nicht gilt und die Beklagte in dieser Verhandlung vom 7. Juli 1965 durch einen Assessor vertreten war (vgl. z. B. §§ 62, 127, 128 Abs. 2 SGG).
Die Ausführungen, mit denen die Rügen der Revision begründet worden sind, reichen nicht aus, um schlüssig darzutun, daß das LSG die gesetzlichen Grenzen des Rechts der freien richterlichen Überzeugungsbildung (§ 128 SGG) oder des Rechts, den Umfang der Beweiserhebungen zu bestimmen (§ 103 SGG), überschritten hätte, indem es die Angaben des Verletzten in der mündlichen Verhandlung ohne zusätzliche Beweiserhebungen seiner Überzeugungsbildung als glaubhaft zugrunde gelegt hat. Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Angaben des Verletzten U. in der Verhandlung vor dem LSG mit den Angaben bei der Unfalluntersuchung durch das Versicherungsamt Augsburg am 9. Mai 1961 nicht entscheidend im Widerspruch stehen und mit dem übereinstimmen, was U. bei der Vernehmung durch das Versicherungsamt am 13. Juli 1962 und in den Briefen auf Anfragen der Klägerin vom 4. Dezember 1962 und 4. März 1963 angegeben hat. Auch verstößt - entgegen der Auffassung der Revision - die Erwägung des LSG nicht "gegen Denkgesetze", daß U., wenn es ihm nur darauf angekommen wäre, den Motorroller nach Hause zu schaffen, das Fahrzeug auch auf dem Heimweg von der Arbeit hätte mitnehmen können.
Für die Entscheidung darüber, ob U. auf der Fahrt am 21. Februar 1961 nach § 543 Abs. 1 RVO aF unter Versicherungsschutz stand, ist also in tatsächlicher Beziehung zugrunde zu legen, daß U. in der Mittagspause zu seiner Unterkunft in das C-heim gefahren ist, weil er dort Anspruch auf ein Mittagessen hatte, und zu dieser Fahrt den Motorroller benutzt hat, um ihn auf diese Weise von der Werkstatt zur Unterkunft zu bringen. Hiernach war der Weg von der Arbeitsstätte zur Unterkunft auch durch den Umstand veranlaßt, daß U. die zur Fortsetzung der Arbeit notwendige Stärkung durch eine Mahlzeit auf Grund der Regelung der Halbpension im C-heim an diesem Mittag ohne zusätzliche Ausgaben erhalten konnte. Wie wohl auch die Revision nicht verkennt, rechtfertigt aber diese Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse am Unfalltage die rechtliche Schlußfolgerung, daß die Fahrt zum C-heim, auf der sich der Unfall ereignet hat, mit der bei der Beklagten versicherten Tätigkeit in einem auch rechtlich wesentlichen Zusammenhang stand (§ 543 Abs. 1 RVO aF).
Das LSG hat ohne Rechtsirrtum die für den Ersatzanspruch der Klägerin entscheidende Vorfrage bejaht, ob die Beklagte verpflichtet war, dem Verletzten U für die Folgen des Unfalles vom 21. Februar 1961 Entschädigung zu gewähren (vgl. §§ 1504 ff RVO aF).
Im Revisionsverfahren hat die Beklagte vorgetragen, sie sei berechtigt, dem Verletzten gegenüber den Schadenersatz nach § 557 Abs. 1 RVO aF zu versagen. Ihr Prozeßbevollmächtigter hat in ihrem Namen die Erklärung abgegeben, daß der Schadenersatz ganz versagt werde.
Dieser Vortrag ist insofern unvollständig, als die Beklagte nicht vorgetragen hat, ob der - in das pflichtgemäße Ermessen der Beklagten gestellte - Entschluß, von der behaupteten Versagungsbefugnis Gebrauch zu machen, der im Falle eines Widerspruchs (vgl. § 79 Abs. 1 SGG) von der Widerspruchsstelle nachzuprüfen ist, allein von der hauptamtlichen Verwaltung der Beklagten oder unter Mitwirkung eines ehrenamtlichen Selbstverwaltungsorgans (Rentenausschuß, Vorstand) gefaßt worden ist (vgl. hierzu das Urteil vom 9. September 1966 - 5 RKn 22/63 - Pressebericht veröffentlicht in Sozialgerichtsbarkeit 1966, 408). Auch hat die Revision nicht vorgetragen, welche Verletzung der verschiedenen im Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg aufgeführten Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und des Steuerrechts ihrer Auffassung nach mit dem Eintritt des Unfalls in einem ursächlichen Zusammenhang steht (vgl. BSG 25, 161).
Doch kann das ebenso dahingestellt bleiben, wie die Bedenken, die sich daraus ergeben, daß der Strafbefehl keine Feststellung darüber enthält, ob der Bestrafte die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat (Urteil vom 23. Februar 1966 - 2 RU 52/63 - BG 1966, 400); denn das Nachschieben des neuen Ablehnungsgrundes, der eine entsprechende Ermessensentschließung der Beklagten voraussetzt und deshalb - entgegen der Auffassung der Revision - vom LSG nicht von Amts wegen zu prüfen war, ist nicht nur ein neues Verteidigungsmittel, das grundsätzlich in der Revisionsinstanz ausgeschlossen ist (vgl. z. B. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., S. 712, § 142 II 2). Es enthält vielmehr zugleich auch das neue tatsächliche Vorbringen, daß die Beklagte nunmehr den Entschluß gefaßt habe, von ihrer behaupteten Versagungsbefugnis Gebrauch zu machen. Dieses neue Vorbringen kann in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden. Dem entspricht auch, daß ein Bescheid, durch den der Versicherungsträger in einem Verfahren über den Entschädigungsanspruch des Verletzten den bisherigen angefochtenen Ablehnungsbescheid durch eine ausdrückliche Versagung des Entschädigungsanspruchs ergänzt, nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens wird (vgl. § 171 Abs. 2 SGG). Der Fall bietet keine Veranlassung, die Frage zu prüfen, ob neues tatsächliches Vorbringen auch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist, wenn ein Wiederaufnahmegrund gegeben ist.
Da, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, nach der Lage des Falles der Klägerin gegenüber der Beklagten Ersatzansprüche zustehen, wenn die Vorfrage nach dem Vorliegen eines von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfalles zu bejahen ist, hat das LSG somit ohne Rechtsirrtum die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, die Ersatzansprüche der Klägerin zu befriedigen.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet und war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.
Fundstellen