Leitsatz (amtlich)
Hatte die oberste Verwaltungsbehörde gemäß RVO § 628b (idF des 3. UVÄndG) vor dem 1942-01-01 eine - nicht als gemeindliches Unternehmen geltende - öffentlich-rechtliche Stiftung dem GUV zugeteilt, so wurde - auch ohne ausdrückliche Aufhebung - diese Zuteilung am 1942-01-01 unwirksam wegen Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Zuständigkeits-Neuregelung.
Die am 1942-01-01 materiell zuständig gewordene BG durfte das Unternehmen erst nach Erledigung des Abgabeverfahrens (RVA-Bestimmungen vom 1942-07-08 AN 1942, 433) in ihr Betriebsverzeichnis aufnehmen (vergleiche BSG 1962-06-29 RU 109/58 = BSGE 17, 139)
Normenkette
RVO § 628b Fassung: 1928-12-20, § 728 Fassung: 1942-08-20, § 657 Fassung: 1963-04-30; UVGÄndG 6 Art. 3 § 2; UVGÄndG 3
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23. Januar 1964 dahin geändert, daß der Beklagte verurteilt wird, das Unternehmen der beigeladenen Stiftung "Katholisches Kinderheim St. J" in M mit Wirkung vom 1. Januar 1962 an der Klägerin zu überweisen.
Im übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Katholische Mädchenanstalt (seit 1959: Kinderheim) St. J, eine dem Deutschen Caritasverband angeschlossene öffentlich-rechtliche Stiftung ohne kommunale Beteiligung, wurde auf ihren Antrag - zusammen mit mehreren anderen badischen Körperschaftsbetrieben - durch Schreiben des Badischen Innenministeriums vom 3. Juli 1929 dem Badischen Gemeindeversicherungsverband (jetzt: Unfallversicherungsverband der badischen Gemeinden und Gemeindeverbände in Karlsruhe - UVV -) zugeteilt; diese Zuteilung stützte sich auf §§ 628 b, 537 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Dritten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 20. Dezember 1928 (3. ÄndG) in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 dieses Gesetzes und trat rückwirkend am 1. Juli 1928 in Kraft; bis dahin war die Mädchenanstalt mit dem Hauptbetrieb (Wäscherei, Plätterei, Näherei) und Nebenbetrieben bei der Bekleidungsindustrie-Berufsgenossenschaft (BG) unfallversichert gewesen.
In späterer Zeit (aktenkundig seit 1949) wurde die St. J-Stiftung außerdem noch von der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege als Unfallversicherungs(UV)-träger erfaßt. Nachdem erstmals 1957 das Bestehen dieser - vom Stiftungsvorstand selbst nicht beanstandeten - Doppelversicherung offenbar wurde, entstand zwischen dieser BG und dem UVV ein Schriftwechsel über die Zuständigkeit. Da dies zu keiner Einigung führte, erhob die BG am 12. Dezember 1961 gegen den UVV Klage, mit der sie die Feststellung ihrer Zuständigkeit als UV-Träger für die im Katholischen Kinderheim St. J beschäftigten Personen beantragte.
Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat - nach Beiladung der Stiftung - die Klage durch Urteil vom 14. September 1962 abgewiesen: An sich sei zwar die Klägerin nach § 537 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b RVO idF des 3. ÄndG iVm der Verordnung (VO) des Reichsarbeitsministers (RAM) über Träger der UV vom 17. Mai 1929 (RGBl I 104) der zuständige UV-Träger für Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege; diese Zuständigkeit trete aber hinter derjenigen des UVV zurück, die durch § 628 b RVO idF des 3. ÄndG iVm dem Zuteilungserlaß des Badischen Innenministeriums vom 3. Juli 1929 begründet worden sei. Dieser Erlaß sei ein Verwaltungsakt, der auch nach der Aufhebung des § 628 b RVO durch das 6. ÄndG vom 9. März 1942 wirksam geblieben sei. Insbesondere gelte der RAM-Erlaß vom 16. März 1942 - Gemeindliche UV - (AN 1942, 201) nicht rückwirkend, sondern nur für in Zukunft neu eintretende Fälle; er lasse frühere Zuteilungen an Träger der gemeindlichen UV auf Grund des § 628 b RVO idF des 3. ÄndG unberührt.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zur Überweisung des Unternehmens mit Wirkung vom 1. Januar 1962 an die Klägerin zu verpflichten. Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat durch Urteil vom 23. Januar 1964 das vorinstanzliche Urteil aufgehoben und festgestellt, daß die Klägerin als UV-Träger für die bei der Beigeladenen Beschäftigten seit dem 1. Januar 1942 zuständig ist: Die Zuteilung der Beigeladenen an den Beklagten sei durch die Anordnung des Badischen Innenministeriums vom 3. Juli 1929 zunächst wirksam erfolgt: unerheblich sei hierbei, ob die Beigeladene etwa kraft der RAM-VO vom 17. Mai 1929 noch kurz zuvor bei der Klägerin versichert worden sei. Die Zuständigkeit des Beklagten sei auch nicht durch die Neuregelung der gemeindlichen UV in der 5. DVO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 21. Dezember 1934 (RGBl I 1274) hinfällig geworden; § 39 Abs. 2 Satz 2 dieser DVO habe den § 628 b RVO in der Fassung des 3. ÄndG nicht außer Kraft setzen können.
Erst durch das 6. ÄndG vom 9. März 1942 sei eine sichere gesetzliche Grundlage für den Übergang der Zuständigkeit vom Beklagten auf die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1942 an gegeben. Der auf § 628 Abs. 2 RVO idF des 6. ÄndG fußende RAM-Erlaß vom 16. März 1942 (Gemeindliche UV) bringe den Grundsatz zum Ausdruck, daß neben den Fach-BGen die gemeindlichen UV-Träger sinnvollerweise nur soweit zuständig sein sollten, als es sich um Betriebe oder Tätigkeiten handelte, die als "Gemeindliche Unternehmen" betrieben würden; hierfür sei bei Unternehmen in selbständiger Rechtsform das Erfordernis überwiegender kommunaler Beteiligung aufgestellt worden. Noch klarer sei die Zuständigkeit der gemeindlichen Eigen-UV dann - gleichfalls mit Rückwirkung zum 1. Januar 1942 - durch die Änderung des § 628 RVO in der 1. DVO zum 6. ÄndG vom 20. August 1942 (RGBl I 532) abgegrenzt worden. Diese Bestimmungen stellten eine durchgreifende Neuregelung der Zuständigkeit der gemeindlichen Eigen-UV dar, die auf den ihr allein zukommenden Bereich der "Gemeindlichen Unternehmen" eingeschränkt werde. Angesichts des Fortfalls der Ermächtigungsnorm für oberste Verwaltungsbehörden, auch Unternehmen ohne gemeindlichen Charakter dem Gemeinde-UVV zuzuteilen, hätten die nunmehr eindeutigen gesetzlichen und Durchführungsbestimmungen so weitgehende Bedeutung gewonnen, daß daneben die Zuständigkeit auf Grund einer Einzelzuteilung nach früherem Recht keinen Raum mehr habe und als aufgehoben gelten müsse. Abweichendes sei auch nicht aus Art. 3 § 2 Abs. 1 Satz 2 des 6. ÄndG herzuleiten, denn ein "entsprechendes" Verfahren im Sinne dieser Vorschrift würde nur vorliegen, wenn entsprechend § 628 RVO die Beigeladene vor dem 1. Januar 1942 nicht dem Beklagten, sondern der Klägerin zugeteilt worden wäre.
Vom 1. Januar 1942 an sei mithin der Zuteilungserlaß des Badischen Innenministeriums vom 3. Juli 1929 wirkungslos geworden. Zwar könne grundsätzlich ein Verwaltungsakt auch dann wirksam bleiben, wenn die gesetzliche Ermächtigung zu seinem Erlaß fortgefallen sei. Hier aber habe der Gesetzgeber selbst eine neue Zuständigkeitsregelung getroffen, welche keinen Raum mehr für das Fortwirken einer früheren abweichenden Regelung lasse. Einer ausdrücklichen Aufhebung solcher abweichenden Regelungen habe es nicht bedurft, vielmehr hätte hier ein etwaiger Wille des Gesetzgebers, abweichende Regelungen aufrechtzuerhalten, zum Ausdruck gebracht werden müssen. Das Fehlen einer entsprechenden Vorschrift in Art. 3 des 6. ÄndG spreche dafür, daß sich die Klägerin mit Recht vom 1. Januar 1942 an als den zuständigen UV-Träger für die bei der Beigeladenen beschäftigten Personen betrachte. - Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 11. März 1964 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 9. April 1964 Revision eingelegt und sie zugleich folgendermaßen begründet: Durch § 628 RVO idF des 6. ÄndG sei dem Grundsatz nach die unbeschränkte gemeindliche Eigen-UV begründet worden. Dieser Grundsatz sei zwar durch den RAM-Erlaß vom 16. März 1942 wieder eingeschränkt worden. Die allein auf den Wortlaut gestützte Auslegung dieses Erlasses durch das LSG treffe aber schon deswegen nicht zu, weil die gemeindlichen UV-Träger auch solche Risiken versichert und zugeteilt erhalten hätten, die nicht als "Gemeindliche Unternehmen" betrieben würden, z. B. Haushaltungen, Kleinsiedler, Feuerwehr- und Hilfeleistungsunternehmen, Lebensretter. Das LSG habe verkannt, daß durch das 6. ÄndG der Umfang der gemeindlichen UV nicht etwa eingeschränkt, sondern - im Sinne einer Gleichstellung mit Reich und Ländern - ausgedehnt werden sollte, was das Weiterbestehen der Zuständigkeit für zugeteilte, nichtkommunale Betriebe rechtfertige. Einzelzuteilungen auf Grund des § 628 b RVO idF des 3. ÄndG seien durch die Nr. 2 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 überhaupt nicht berührt worden. Ein rechtsgültig zustande gekommener Verwaltungsakt bleibe grundsätzlich auch dann weiter wirksam, wenn die seine Grundlage bildende Rechtsnorm später wegfalle. Daran ändere auch nichts eine "durchgreifende" gesetzliche Neuregelung, wenn diese sich keine Rückwirkung beilege und frühere abweichende Regelungen nicht generell oder im einzelnen aufhebe. Von der durch Art. 3 § 1 Satz 3 des 6. ÄndG geschaffenen Aufhebungsbefugnis habe der RAM bezüglich der Einzelzuteilungen kraft alten Rechts keinen Gebrauch gemacht. Die Aufhebung des bisherigen § 628 b RVO habe demnach nur bewirkt, daß neue Zuteilungen von Körperschaften usw. an die gemeindliche UV unzulässig geworden seien.
Für die Weitergeltung des auf den Verwaltungsakt vom 3. Juli 1929 begründeten Rechtszustand spreche ferner auch der die gesamte UV beherrschende Grundsatz des Katasterfriedens, der umgekehrt zugunsten der BGen in Nr. 4 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 Ausdruck gefunden habe. Auch aus der - durch das Landesaufsichtsamt für Sozialversicherung genehmigten - Satzung des Beklagten vom 18. November 1954, nach deren § 2 Nr. 3 der UVV für die ihm früher nach § 628 b RVO zugeteilten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen zuständig sei, ergebe sich, daß die Aufsichtsbehörde an der Fortgeltung des früheren Rechtszustands keineswegs gezweifelt habe. Auch ein Widerspruch zum Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (UVNG) sei im Hinblick auf dessen Art. 4 § 11 nicht erkennbar. Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin und der Beklagte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt. Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist statthaft durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie hatte zum Teil Erfolg.
Der vom LSG vertretenen Auffassung zur Frage der unfallversicherungsrechtlichen Zuständigkeit für das Unternehmen der Beigeladenen in der Zeit bis zum 31. Dezember 1941 pflichtet der Senat im wesentlichen bei.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Mädchenanstalt St. J durch den badischen Ministerialerlaß vom 3. Juli 1929 wirksam dem beklagten UVV zugeteilt worden war und daß dieser Zuteilung insbesondere auch nicht die kurz zuvor erfolgte Errichtung der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege durch die Verordnung über Träger der UV vom 17. Mai 1929 entgegenstand. Diese Ansicht wird bestätigt durch den RAM-Erlaß vom 27. September 1929 (AN 1929, 412). Hierin hat der RAM allgemein darauf hingewiesen, daß die Zuteilung nichtkommunaler Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten gemäß § 628 b RVO damaliger Fassung nicht gegen deren Willen zulässig sei; im vorliegenden Fall war diesem Gesichtspunkt dadurch Rechnung getragen, daß der Vorstand der beteiligten Stiftung selbst die Zuteilung beantragt hatte. Im Hinblick auf die Errichtung der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege hat der RAM es wegen der Gewährleistung ihres Beitragsaufkommens als erwünscht bezeichnet, daß die in der Wohlfahrtspflege tätigen Unternehmen "restlos von der BG erfaßt" und deshalb grundsätzlich nicht dem UVV zugeteilt werden; diese Verlautbarung läßt erkennen, daß eine solche Zuteilung seinerzeit jedenfalls rechtlich als zulässig erachtet wurde.
Wie das LSG weiterhin mit Recht angenommen hat, wurde die Zuteilung gemäß § 628 b RVO nicht schon hinfällig auf Grund der Neugestaltung des Organisationsrechts der Gemeinde-UVVe im Abschnitt IV der 5. VO zum Aufbau der Sozialversicherung vom 21. Dezember 1934. Nach § 39 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 dieser VO war der Versicherungsverband Träger der UV aller Betriebe und Tätigkeiten seiner Mitglieder, für die nach der RVO die gemeindliche Eigen-UV zulässig war. Die RVO damaliger Fassung enthielt aber noch uneingeschränkt die durch das 3. ÄndG eingeführte Vorschrift des § 628 b, so daß die Zugehörigkeit von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen zum UVV kraft Einzelzuteilung durch die oberste Verwaltungsbehörde zweifelsfrei erhalten blieb (vgl. Fees, Arbeiterversorgung, 1936, 509, 512).
Dagegen wurde der Zugehörigkeit der beteiligten Stiftung zum beklagten UVV die Rechtsgrundlage entzogen durch die Neufassung des Dritten Buches der RVO im 6. ÄndG vom 9. März 1942 iVm der 1. DVO vom 20. August 1942 sowie dem RAM-Erlaß vom 16. März 1942 - Gemeindliche UV -. Unter völliger Abkehr vom Prinzip der Einzelzuteilungen durch die oberste Verwaltungsbehörde - § 628 b fiel weg - wurde der Gemeindlichen UV nunmehr ein ausgedehnteres fest umrissenes Zuständigkeitsfeld zugewiesen, dessen Kern die "Gemeindlichen Unternehmen" bildeten (§ 628 Abs. 1 iVm § 624 Abs. 1 Buchst. a RVO in der vom 1. Januar 1942 an geltenden Fassung). Bedeutsam erscheint hierbei, daß in selbständiger Rechtsform betriebene Unternehmen mit gemeindlicher Beteiligung nicht im Wege sinngemäßer Anwendung des § 624 Abs. 1 Buchst. b RVO - Bezeichnung durch Oberste Verwaltungsbehörde, "wesentliche" Beteiligung der öffentlichen Hand - der gemeindlichen UV zugeführt wurden, sondern daß hierfür Nr. 2 des angeführten RAM-Erlasses vom 16. März 1942 einen anderen Weg einschlug: Als Gemeindliche Unternehmen galten danach in selbständiger Rechtsform betriebene Unternehmen nur, wenn Gemeinden oder Gemeindeverbände an ihnen überwiegend beteiligt waren. Hier zeigte sich deutlich die Schranke, die dem - im allgemeinen stark erweiterten - Zuständigkeitsbereich der Gemeindlichen Eigen-UV gezogen wurde. Diesen Versicherungsträgern sollten die im Sektor der Gemeindewirtschaft und -verwaltung Beschäftigten nur zugewiesen werden, wenn deren Beschäftigungsverhältnisse rechtlich oder mindestens wirtschaftlich besonders eng mit der kommunalen Einflußsphäre verknüpft waren. Beschäftigte außerhalb dieser engeren Sphäre - auch wenn ihr Beschäftigungsverhältnis durchaus noch ein wesentliches kommunales Gepräge trug - kamen für die Gemeindliche Eigen-UV nicht mehr in Betracht. Mit der in dieser Abgrenzung klar erkennbaren Gesetzessystematik war nun aber die Aufrechterhaltung von Zuständigkeiten auf Grund des früheren § 628 b RVO nicht mehr vereinbar, soweit es sich hierbei um Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten handelte, an denen die Gemeinde nicht überwiegend oder gar - wie bei der in diesem Verfahren beigeladenen Stiftung - überhaupt nicht beteiligt war. Die vom Beklagten vertretene Auffassung, seit dem 1. Januar 1942 sei lediglich die Neubegründung solcher Zuständigkeiten unzulässig geworden (so auch noch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand Januar 1953, S. 532 c; Schwinger, Gemeinde-UV, 1942, S. 53, 188, 189), berücksichtigt nicht hinreichend die vom Gesetzgeber offenbar gewollte klare Grenzziehung. Diese Auffassung hätte zur Folge, daß die Gemeindliche UV neben den gesetzlich eindeutig bestimmten Kategorien - Gemeindliche Unternehmen, Haushaltungen, Feuerwehren, Kleinsiedler, Hilfeleistungen, Lebensretter - eine mehr oder minder große Anzahl von Unternehmen zu betreuen hätte, die unter sich weiter keine gemeinsamen Merkmale aufwiesen als allein den Umstand, daß sie irgendwann in der Zeit bis zum 31. Dezember 1941 einem UVV von der Obersten Verwaltungsbehörde zugeteilt worden waren. Eine Beibehaltung solcher rein historisch bedingten Relikte aus dem früheren Rechtszustand widersprach dem Sinn der mit dem 6. ÄndG beabsichtigten Zuständigkeitsaufteilung. Deshalb war - obwohl Art. 3 des 6. ÄndG insoweit keine ausdrückliche Regelung enthielt - die auf § 628 b gestützte Zuteilung der Beigeladenen für die Zeit vom 1. Januar 1942 an unwirksam geworden. Die dargelegten besonderen Umstände der damaligen Neuregelung stehen auch einer Heranziehung des vom Beklagten angeführten allgemeinen Grundsatzes (vgl. hierzu von Turegg/Kraus, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 4. Aufl., S. 73/74) entgegen, daß ein rechtsgültig zustande gekommener Verwaltungsakt auch nach Wegfall der seine Grundlage bildenden Rechtsnorm weiterhin wirksam bleibe. Ebenso können nach Meinung des Senats der Grundsatz des Katasterfriedens sowie der Wortlaut der vom Beklagten mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde beschlossenen Satzung bei der Beurteilung der in diesem Rechtsstreit zu entscheidenden Frage nicht ausschlaggebend ins Gewicht fallen. Hinsichtlich der jetzt durch das UVNG geschaffenen Rechtslage bedarf es keiner näheren Darlegungen, daß auch hiernach für eine Zuständigkeit der Gemeindlichen UV für gemeindefremde Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten kein Raum ist (vgl. § 657 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RVO idF des UVNG).
Trotz der nach alldem zutreffenden Beurteilung der materiellen Rechtslage durch das LSG konnte das angefochtene Urteil nicht aufrechterhalten werden. Das LSG hat nämlich nicht beachtet, daß die Klägerin formell fehlerhaft vorgegangen ist, indem sie - vermutlich etwa im Jahre 1949 - die Mädchenanstalt St. J ohne weiteres in ihr Betriebsverzeichnis aufnahm, was zu der jahrelang bestehenden Doppelversicherung dieses Unternehmens bei zwei UV-Trägern führte. Wie der Senat aber bereits entschieden hat (vgl. BSG 17, 139, 141), darf eine BG, die ihre materielle Zuständigkeit für ein beim UVV versichertes Unternehmen als gegeben erachtet, nicht in den Katasterbestand des formell zuständigen UVV dadurch eingreifen, daß sie gegen dessen Willen - hier sogar ohne dessen Kenntnis - dem Unternehmen einen Aufnahmebescheid erteilt. Die Klägerin hätte vielmehr die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Betriebsüberweisung einhalten müssen. Diese Grundsätze waren hinsichtlich der durch das 6. ÄndG bewirkten Betriebsübergänge geregelt in den Bestimmungen des RVA vom 8. Juli 1942 (AN 1942, 433), deren Abschnitt A ein - an Stelle der Einzelüberweisung tretendes - vereinfachtes Abgabeverfahren vorsah. Da das Unternehmen der Beigeladenen offensichtlich nicht im Wege dieses Verfahrens an die Klägerin gelangt ist, fehlt dem materiell gerechtfertigten Zuständigkeitsanspruch der Klägerin die ausreichende formelle Grundlage. Ihr Klagebegehren hätte daher das LSG hinsichtlich des Hauptantrags abweisen müssen; allein dem von der Klägerin gestellten Hilfsantrag war stattzugeben. Dies macht eine Änderung des Berufungsurteils in dem Sinne erforderlich, daß der Beklagte verurteilt wird, das Unternehmen der Beigeladenen mit Wirkung vom 1. Januar 1962 an der Klägerin zu überweisen. Im übrigen ist die Revision des Beklagten unbegründet und daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen