Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der Kläger, Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG, wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, die die Beklagte im Rahmen der Konkursausfallversicherung für Arbeitnehmer der GmbH & Co KG entrichtet hat.
Der Kläger war Komplementär der R. (R.) & Co KG Bauunternehmung (im folgenden: GmbH & Co KG) und zugleich mit einer Einlage von 150.000,-- DM als Kommanditist beteiligt. Im Jahre 1970 schied er als Komplementär aus; an seine Stelle trat als persönlich haftende Gesellschafterin die im Jahre 1969 gegründete R. GmbH (im folgenden: GmbH). Seit 1976 war der Kläger alleiniger Geschäftsführer und seit 1977 Alleingesellschafter der GmbH.
Daneben war er zusammen mit H. R. persönlich haftender Gesellschafter der 1976 gegründeten R. OHG (im folgenden: OHG), die als Bauträger mit der R. & Co KG zusammenarbeitete.
Der Kläger und H. R. waren ferner je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks in O. (O.) mit einem Verkehrswert von 8.860.000,-- DM (Schätzung im späteren Zwangsversteigerungsverfahren). Auf dem Grundstück lasteten seit 1974 eine Buchgrundschuld in Höhe von 4,5 Millionen (Mio) DM nebst Zinsen, seit September 1977 eine weitere Buchgrundschuld in Höhe von 1 Mio DM nebst Zinsen sowie zahlreiche seit Oktober 1977 eingetragene Sicherungshypotheken für Forderungen zwischen 100,-- DM und 47.000,-- DM. Im Rahmen der Zwangsversteigerung wurde das Grundstück durch Beschluß des Amtsgerichts (AG) Frankfurt vom 26. Juli 1979 einem Kreditinstitut, dem Gläubiger der Buchgrundschuld von 4,5 Mio DM, zugeschlagen.
Am 2. Februar 1978 hatte eine Gläubigerin die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co KG sowie der GmbH beantragt. Durch die Beschlüsse vom 15. und 16. März 1978 lehnte das AG Frankfurt die Anträge jeweils mangels Masse ab.
Aufgrund von Anträgen der Allgemeinen Ortskrankenkasse Frankfurt bzw der Deutschen Angestellten-Krankenkasse Frankfurt-Höchst entrichtete die Beklagte im Rahmen der Konkursausfallversicherung die für die Arbeitnehmer der GmbH & Co KG in der Zeit vom 1. Dezember 1977 bis 14. März 1978 abzuführenden Pflichtbeiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 32.422,20 DM bzw 839,18 DM. Mit Bescheid vom 12. Dezember 1980 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung des Gesamtbetrages von 33.261,38 DM auf und wies auf die Grundsätze zur Durchgriffshaftung des geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH hin. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3. September 1981). Im Klageverfahren hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 3. Mai 1988 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 28. Oktober 1991 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers auf die Selbständigkeit der GmbH sei rechtsmißbräuchlich. Er hätte als ordentlicher Kaufmann die geschäftliche Tätigkeit der Gesellschaft, zumindest jedoch die versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, beenden müssen, bevor (ab Dezember 1977) die erheblichen Beitragsschulden angefallen seien. Zu der Krise der GmbH & Co KG sei es ab Juli 1977 gekommen, weil zu dieser Zeit eine Forderung gegen die OHG in Höhe von 1.362.800,-- DM offengestanden sei und nicht habe bezahlt werden können. Auch geringfügige Forderungsbeträge habe die OHG im Oktober 1977 nicht mehr begleichen können; Forderungen in Höhe von 100,-- DM hätten durch Eintragung von Zwangshypotheken gesichert werden müssen. An der mangelnden Realisierbarkeit ändere auch nichts, daß "die OHG" über ein Grundstück mit einem geschätzten Verkehrswert von 8,8 Mio DM verfügt habe. Nach eigenen Angaben habe sich der Kläger seit 1974 erfolglos bemüht, einen Käufer zu finden. Es sei nichts dafür ersichtlich, daß der Verkauf kurzfristig zu realisieren gewesen sei. Auch ein im April 1978 zustande gekommener, letztlich aber gescheiterter Kaufvertrag stelle sich mehr als Zufall dar. Im übrigen hätte selbst bei einem gelungenen Verkauf der vereinbarte Kaufpreis nicht einmal zur Erfüllung aller dinglich gesicherten Ansprüche ausgereicht.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die unzutreffende Anwendung des Rechtsinstituts der Durchgriffshaftung. Der ermittelte Sachverhalt ergebe keinen Mißbrauch der juristischen Person. Wenn das LSG ihm vorwerfe, er hätte die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse sofort beenden müssen, sei unklar, welcher Zeitpunkt oder welche Zeitspanne hiermit gemeint sei. Ferner könne ihm kein Mißbrauch unterstellt werden, wenn er davon ausgegangen sei, ein verkäufliches Grundstück mit einem Verkehrswert von 8,8 Mio DM zu haben und er diesen Verkauf auch betrieben habe. Soweit das LSG darauf abgestellt habe, daß ein Verkauf kurzfristig nicht möglich gewesen sei, habe es nicht erläutert, warum es hierauf bei der Frage des rechtsmißbräuchlichen Handels ankomme. Die Ausführungen des LSG zu dem gescheiterten Verkauf des Grundstückes seien Spekulation. Bei einem Verkauf hätten die auf dem Grundstück lastenden Belastungen eine Realisierung der Forderung der GmbH & Co KG nicht ausgeschlossen, weil die OHG dann kreditwürdig gewesen sei. Die Annahme des LSG, im Oktober 1977 hätten bereits geringfügige Forderungen von 100,-- DM durch Eintragung von Zwangshypotheken gesichert werden müssen, sei falsch. Bei der gebotenen Sachaufklärung hätte das LSG feststellen können, daß solche nicht auf dem Miteigentumsanteil des Klägers, sondern auf dem des H. R. eingetragen worden seien.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Oktober 1991 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 3. Mai 1988 zurückzuweisen, |
hilfsweise,
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den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, daß eine Haftung des Klägers aus den Grundsätzen des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns in Betracht komme.
II
Der Senat hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.
Aus den vom LSG festgestellten Tatsachen läßt sich der von der Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachte Beitragsanspruch gegenüber dem Kläger nicht ableiten.
Ein derartiger Anspruch der Beklagten ist gegenüber der GmbH & Co KG entstanden (1). Fraglich ist jedoch, ob ihn die Beklagte auch gegenüber dem Kläger als geschäftsführendem Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH geltend machen kann. Die Voraussetzungen einer Durchgriffs-Haftung (im herkömmlichen Sinne) sind nicht festgestellt (2); in Betracht kommt jedoch auch die Haftung des Klägers aufgrund der Annahme eines qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns (3). Vor allem insoweit wird das LSG noch Feststellungen zu treffen haben (4).
(zu 1) Beitragsansprüche in der geltend gemachten Höhe hat die Beklagte nach § 141n Abs 1 Satz 3 iVm § 141m Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) idF durch das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl I S 491) erworben. Hiernach gehen mit der Antragstellung durch die zuständige Einzugsstelle die Ansprüche auf Zahlung der Pflichtbeiträge gegen den insolventen Arbeitgeber auf die Beklagte über.
Diese Gesetzesfassung ist auf den vorliegenden Fall noch anwendbar. Zwar ist der Anspruchsübergang in der geschilderten Form durch § 141n Abs 1 Satz 3 AFG idF des Art 1 Nr 55 des Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) weggefallen. Die Neufassung ist jedoch erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen das Konkursverfahren nach dem 31. Juli 1979 eröffnet wurde (Übergangsvorschrift des § 141n Abs 3 AFG, gestrichen durch Art 19 des 3. Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. Juni 1990, BGBl I 1221). Im vorliegenden Fall liegt das Insolvenzereignis (Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse durch das AG Frankfurt vom 15. März 1978) vor diesem Zeitpunkt.
Der übergegangene Anspruch auf Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist öffentlich-rechtlicher Natur und kann durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden. Dies gilt auch, soweit sich dieser Anspruch nicht gegen den Arbeitgeber, die GmbH & Co KG, richtet, sondern gegen den Kläger als Verpflichteten kraft Durchgriffshaftung (Bundessozialgericht [BSG] vom 7. Dezember 1983, BSGE 56, 76, 79 = SozR 7685 § 13 Nr 1 mwN; ebenso Bundesgerichtshof [BGH] vom 16. Februar 1984, BGHZ 90, 187, 191 f).
(zu 2) Entgegen der Auffassung des LSG begründen die von ihm festgestellten Tatsachen jedoch noch keine Durchgriffshaftung des Klägers als geschäftsführender Alleingesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin (Komplementärin) der GmbH & Co KG für die Beitragsschulden (§ 161 Abs 2, § 128 Handelsgesetzbuch [HGB]).
Das LSG hat die Berufung des Klägers auf die rechtliche Selbständigkeit der GmbH (§ 13 Abs 2 GmbH-Gesetz [GmbHG]) als rechtsmißbräuchlich angesehen: Er sei als ordentlicher Kaufmann verpflichtet gewesen, die geschäftliche Tätigkeit der Gesellschaft oder jedenfalls die versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse der angestellten Arbeitnehmer sofort zu beenden, bevor seit Dezember 1977 die streitigen Beitragsschulden angefallen seien. Ab Juli 1977 sei es zu einer Krise der GmbH & Co KG gekommen, weil zu dieser Zeit Forderungen gegen die OHG in Höhe von ca. 1,4 Mio DM uneinbringlich gewesen seien. Die OHG habe zwar noch über ein gewerbliches Grundstück mit einem Verkehrswert von 8,8 Mio DM verfügt; der Kläger sei jedoch nach seinen Angaben jedenfalls seit 1974 ständig erfolglos bemüht gewesen, für das Grundstück einen Käufer zu finden. Deshalb sei im November 1977 nichts dafür ersichtlich gewesen, daß kurzfristig ein Verkauf zu realisieren sein würde. Der im April 1978 zustande gekommene, jedoch letztlich wieder gescheiterte, Kaufvertrag ändere hieran nichts.
Hinsichtlich der Vermögenssituation der GmbH & Co KG hat das LSG damit lediglich eine "Krise" ab Juli 1977 aufgrund der Uneinbringlichkeit einer Forderung in Höhe von ca 1,4 Mio DM festgestellt sowie die mangels Masse abgelehnten Konkursanträge Anfang 1978. Hieraus läßt sich jedoch - entgegen der Auffassung des LSG - noch kein Anspruch gegen den Kläger aufgrund einer Durchgriffshaftung im herkömmlichen Sinne ableiten. Insoweit sind vor allem zwei maßgebliche Fallgruppen zu unterscheiden, nämlich die der Vermögensvermischung und die der (materiellen) Unterkapitalisierung (aufschlußreich insoweit Geißler, GmbH-Rdsch 1993, 71 ff mwN).
Zur Vermögensvermischung fehlen im vorliegenden Fall tatsächliche Feststellungen des LSG dazu, daß die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert wurde (s BGH vom 13. April 1994, NJW 1994, 1801 mwN). Vielmehr spricht gerade der Umstand, daß das LSG eine offene Verbindlichkeit der OHG gegenüber der GmbH & Co KG beziffern konnte, gegen eine derartige Verschleierung.
Die Voraussetzungen für eine durch Unterkapitalisierung zu begründende Durchgriffshaftung (s BSG vom 7. Dezember 1983, BSGE 56, 76 = SozR 7685 § 13 Nr 1 mit Anm Pitschas, SGb 1985, 258; hierzu auch Roth, ZGR 1993, 1970 ff; ablehnend zur Unterkapitalisierung als Durchgriffsgrund BGH vom 4. Mai 1977, BGHZ 68, 312) hat das LSG ebenfalls nicht festgestellt.
Zur Begründung einer Durchgriffshaftung findet sich darüber hinaus auch die allgemeine Formel, ein Haftungsdurchgriff auf einen Gesellschafter sei ausnahmsweise dann in Erwägung zu ziehen, wenn eine Berufung auf die Selbständigkeit der juristischen Person mit Treu und Glauben unvereinbar, insbesondere, weil diese Rechtsfigur mißbraucht oder dem Zweck der Rechtsordnung zuwider verwendet worden ist (vgl BGH vom 29. November 1956, BGHZ 22, 226; BGH vom 8. Juli 1970, BGHZ 54, 222, 224; Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl 1993, § 13 RdNrn 86 ff). Hierfür reicht aber in keinem Fall der vom LSG erhobene Vorwurf aus, der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH hätte angesichts einer "Krise" der Gesellschaft und ihrer drohenden Zahlungsunfähigkeit den Geschäftsbetrieb einstellen oder versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse beenden müssen, um nicht weitere Beitragsschulden auflaufen zu lassen. Darin allein kann kein Verhalten gesehen werden, das unter den strengen Anforderungen der Durchgriffshaftung als treuwidriger Mißbrauch zu werten wäre. Im Gegenteil entstehen bei einer Insolvenz und ihrem statistisch häufigsten Fall, dem masselosen Konkurs, in aller Regel Arbeitsentgelt- und Beitragsausfälle, ohne daß damit ein Mißbrauch der Rechtsfigur einer juristischen Person verbunden sein müßte. Auch entspricht eine durch den Ausfall eines Hauptschuldners entstandene Zahlungsunfähigkeit durchaus einem typischen Wirtschaftsgeschehen (s Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl 1993, Anh Konzernrecht [nach § 44], RdNr 221 aE).
An dieser Beurteilung sieht sich der Senat nicht durch das Urteil des 1. Senats des BSG vom 26. März 1963 (BSGE 19, 18, insbes 20 f) gehindert. Hiernach soll zwar für eine Durchgriffshaftung für Sozialversicherungsbeiträge ausreichen, daß der Geschäftsführer einer nicht mehr lebensfähigen GmbH die versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse schuldhaft nicht beendet. Aus den Feststellungen des LSG läßt sich jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß die GmbH im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr "lebensfähig" war und erst recht nicht, daß der Kläger hiervon wissen mußte. Allein aus dem - aus späterer Sicht angenommenen - Bestehen einer "Krise" und dem Drohen der Zahlungsunfähigkeit kann dies nicht hergeleitet werden.
Der Senat läßt bei diesem Streitstand offen, ob die angeführte Rechtsprechung bereits für den vorliegenden in den Jahren 1977/78 spielenden Sachverhalt ebenso überholt ist wie jedenfalls nach dem gegenwärtigen Rechtszustand. Seit der GmbH-Novelle des Jahres 1980 (Gesetz vom 4. Juli 1980, BGBl I 836) ist nämlich die Zulässigkeit bereits der Gründung einer Einmann-GmbH ausdrücklich gesetzlich geregelt (vgl zB § 1 GmbHG); ferner verpflichtet die Zwölfte Richtlinie des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mbH mit einem einzigen Gesellschafter vom 21. Dezember 1989 (ABl Nr L 395, S 40) die Mitgliedstaaten zur generellen Zulassung der Einmann-GmbH und ermöglicht nach ihrer Präambel (5. Erwägungsgrund) die persönliche Haftung des Gesellschafters lediglich "in Ausnahmefällen". Dann aber darf ein Verhalten, das in gleicher Weise auch bei dem - uU noch nicht einmal beteiligten - Geschäftsführer einer Mehrmann-GmbH vorliegen kann, nicht (mehr) nur deshalb zu einer Durchgriffshaftung führen, weil es dem geschäftsführenden Alleingesellschafter einer Einmann-GmbH zur Last gelegt wird.
Ebensowenig können die (Geschäfts-)Beziehungen zwischen Kläger, GmbH, GmbH & Co KG und OHG eine Durchgriffshaftung aus dem allgemeinen Mißbrauchsgedanken begründen. Vielmehr greift hier die Konzernhaftung als spezielle Ausprägung einer Durchgriffshaftung ein (s hierzu die Ausführungen [zu 3]).
Der Senat sieht es (entgegen Pitschas, SGb 1985, 258, 259) nicht als Aufgabe des BSG an, einen "Grundtypus genuin öffentlich-rechtlicher Durchgriffshaftung wegen vorausgegangenen Rechtsmißbrauchs" zu entwickeln. Mangels ausreichenden Fallmaterials bei den einzelnen Fachsenaten des BSG und mangels griffiger, auf die vorliegende Problematik übertragbarer Kriterien in den anderen öffentlich-rechtlichen "Durchgriffs"-Fällen (s Pitschas aaO) ließen sich hier nur über einen äußerst langwierigen Prozeß eine problemgerechte Kasuistik und, daraus herzuleiten, allgemeingültige Regeln entwickeln. Zudem stellt sich das Problem einer Durchgriffshaftung nicht aufgrund vertraglicher Beziehungen, sondern gesetzlicher Schuldverhältnisse nicht nur im öffentlichen Recht, sondern (zB bei deliktischer Haftung) ebenso im Zivilrecht. Auf dieser Grundlage erscheint nur sachgerecht, entsprechend der bisherigen Vorgehensweise des BSG die aufgrund zivilgerichtlicher Erfahrung entwickelten Rechtsinstitute anzuwenden, soweit dies im Sozialrecht nicht zu systemwidrigen Ergebnissen führt. Die Notwendigkeit einer parallelen Behandlung sowohl im Zivil- wie im öffentlichen Recht wird im vorliegenden Fall besonders dadurch deutlich, daß die auf die Beklagte übergegangenen (s oben zu 1) Beitragsansprüche öffentlich-rechtlich sind und deshalb - wie hier - durch Verwaltungsakt durchgesetzt werden können, während die ebenfalls übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche zivilrechtlich bleiben, ohne daß sich eine differenzierende Behandlung beider Anspruchsarten aufdrängen würde.
Schließlich bietet sich auch nicht an, spezifisch konkursausfallrechtliche Regeln für eine Durchgriffshaftung aufzustellen. Insbesondere kann aus Sinn und Zweck der Konkursausfallversicherung kein stärkerer Schutz geschäftsführender Gesellschafter einer Einmann-GmbH vor der Durchgriffshaftung hergeleitet werden, wenn die Bundesanstalt für Arbeit (BA) nach § 141m AFG übergegangene (Arbeitsentgelt-bzw Beitrags-)Ansprüche geltend macht. Denn die Konkursausfallversicherung löst nicht etwa - auch nicht teilweise - die Arbeitsentgelt- und Beitragsansprüche gegen den Arbeitgeber ab (anders als etwa bei der Unfallversicherung, die die Betriebshaftpflicht des Unternehmers einschränkt: § 636 RVO), sondern dient allein der Sicherung des Arbeitnehmers (und der Sozialversicherung, s die Begründung des RegE, BT-Drucks 7/1750 S 9). Daß die Kosten für dieses Sicherheitssystem allein von den Arbeitgebern getragen werden, hat seinen Grund nicht in Vorteilen, die diese hieraus ziehen könnten, sondern allein darin, daß der Konkurs ausschließlich in deren Verantwortungsbereich fällt (s Ausschußbericht, BT-Drucks 7/2260 S 1, unter I 2).
(zu 3) Eine persönliche Haftung des Klägers könnte sich, als sogenannte Konzernhaftung, daraus ergeben, daß er an jenem ausgefallenen Hauptschuldner der R. & Co KG, nämlich der R. OHG, als einer der beiden persönlich haftenden Gesellschafter beteiligt war.
Dies könnte eine Haftung des Klägers aus der entsprechenden Anwendung der §§ 302 und 303 Aktiengesetz (AktG) im "qualifizierten faktischen GmbH-Konzern" begründen. Bei Erfüllung der hierfür geltenden Voraussetzungen hat dieses Rechtsinstitut für Einmann-Gesellschaften und gleichstehende Fälle die unbeschränkte persönliche Haftung des herrschenden Unternehmensgesellschafters zur Folge. Es beruht auf einer Rechtsprechung des BGH, die dieser anhand von mehreren Leitentscheidungen entwickelt hat (BGH vom 16. September 1985, BGHZ 95, 330 - "Autokran"; BGH vom 20. Februar 1989, BGHZ 107, 7 - "Tiefbau"; BGH vom 23. September 1991, BGHZ 115, 187 - "Video"; BGH vom 29. März 1993, BGHZ 122, 123 - "TBB" sowie BGH vom 13. Dezember 1993, ZIP 1994, 207; dem BGH folgend auch das Bundesarbeitsgericht [BAG]: BAG vom 15. Januar 1991, AP Nr 21 zu § 113 BetrVG 1972 - "Warmwassergeräte"; BAG vom 6. Oktober 1992, AP Nr 5 zu § 1 BetrAVG Konzern = NJW 1993, 954 -"AG Union"; BAG vom 14. Dezember 1993 - 3 AZR 519/93, demnächst in AP Nr 29 zu § 16 BetrAVG).
Die zitierte Rechtsprechung geht von der Erkenntnis aus, daß ein gewisser Gläubigerschutz in der Regel schon dadurch gewährleistet ist, daß die Gesellschaft und die Gesellschafter ein Interesse an einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit aus der, wenn auch beschränkt haftenden, Gesellschaft haben (BGHZ 95, 330, 334 - "Autokran"); dies wiederum setzt auch die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten voraus, da sonst auf die Dauer eine Teilnahme am Geschäftsverkehr nicht möglich ist. Eine andere Lage kann sich jedoch dann ergeben, wenn diese Gesellschaft nicht selbständig, sondern abhängig ist und ihre Geschäftstätigkeit an den Interessen des herrschenden Unternehmens ausrichten muß. Für derartige Sachverhalte hält das Aktienrecht Lösungen bereit, insbesondere die §§ 302 und 303 AktG, wonach bei Bestehen eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrages das herrschende Unternehmen Jahresfehlbeträge auszugleichen (§ 302 AktG) und nach dem Ende eines derartigen Vertrages den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten hat (§ 303 AktG). Hieraus wiederum wird ein direkter Zahlungsanspruch gefolgert, wenn die abhängige Gesellschaft vermögenslos ist und deshalb die Forderung nicht mehr erfüllen kann; denn dann hat eine vorherige Sicherheitsleistung keinen Sinn mehr (BGHZ 115, 187, 200 - "Video"; BGHZ 95, 330, 347 - "Autokran").
Nach der zitierten BGH-Rechtsprechung kann auch eine natürliche Person, die eine Gesellschaft beherrscht, im Sinne des Konzernrechts herrschendes Unternehmen sein, sofern sie sich auch außerhalb der Gesellschaft noch unternehmerisch betätigt. Nimmt sie gegenüber der von ihr abhängigen Gesellschaft eine dauernde und umfassende Leitungsmacht in Anspruch, so bildet sie mit dieser Gesellschaft einen sog qualifizierten faktischen Konzern. Auf diesen Konzern sind die §§ 302 und 303 AktG zum Schutz der Gläubiger entsprechend anzuwenden (vgl zusammenfassend Emmerich, JuS 1993, 695). Gegen diese Rechtsfortbildung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG vom 20. August 1993, NJW 1993, 2600 = ZIP 1993, 1306: Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde im Fall "Video"; kritisch hierzu Kindler, NJW 1993, 3120, jedoch lediglich unter Hinweis auf die erst Ende 1989 in Kraft getretene Zwölfte Richtlinie der EG auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, s unter [2]).
Es liegt nahe, hier den Ansatzpunkt zu einer direkten Einstandspflicht des Klägers für die Beitragsschuld der GmbH & Co KG zu suchen, da immerhin auffällt, daß der Hauptschuldner, wegen dessen Ausfall die GmbH & Co KG schließlich selbst zahlungsunfähig wurde, die OHG war, deren persönlich haftender Gesellschafter - neben H. R. - der Kläger war.
Die beschriebene Konzernhaftung scheitert nicht bereits grundsätzlich mangels Bedarfs für einen "Ausgleich" iS des § 302 AktG (a). Soweit sie sich - wie hier -auf Beitragsansprüche bezieht, kann sie durch Verwaltungsakt geregelt werden (b). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann zwischen dem Kläger und der von ihm abhängigen GmbH & Co KG ein qualifizierter faktischer Konzern bestanden haben, wenn sich der Kläger durch seine Beteiligung an der OHG anderweitig unternehmerisch betätigt hat (c). Die Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht aus, um hieraus einen objektiven Mißbrauch der beherrschenden Stellung des Klägers herzuleiten (d). Eine Konzernhaftung wäre aber von vornherein ausgeschlossen, wenn ein bloßer konkreter ausgleichsfähiger Einzeleingriff vorläge (e).
(zu a) Einer Konzernhaftung des Klägers in oben angegebenem Sinne kann jedenfalls nicht bereits entgegengehalten werden, daß ein durch ihn als herrschendes Unternehmen auszugleichender Jahresfehlbetrag iS des § 302 AktG nicht entstanden sei. Insoweit ist zwar folgende Argumentation denkbar: Der Kläger möge einen solchen "Fehlbetrag" verursacht haben. Dieser könne jedoch durch einen Anspruch der Gesellschaft (entsprechend § 302 AktG) oder, hieran anknüpfend (entsprechend § 303 AktG) eines Gesellschaftsgläubigers, gegen den Kläger nicht "ausgeglichen" werden. Denn bereits die Forderung der GmbH & Co KG gegen die OHG habe sich (auch) gegen den Kläger als persönlich haftenden Gesellschafter der OHG gerichtet; sie sei damit einem "Ausgleich" durch einen ebenfalls gegen den Kläger gerichteten Anspruch nicht zugänglich. Ein solcher Anspruch der Gesellschaft könne keine höhere Sicherheit als die - fortbestehende - Forderung gegen die OHG vermitteln. Die Forderung gegen die OHG sei im Vermögen der GmbH & Co KG verblieben und habe somit auch der Beklagten als Zugriffsobjekt für die Vollstreckung der auf sie übergegangenen Beitragsansprüche zur Verfügung gestanden (vgl § 66 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 3 Abs 1 und 2, § 4 Buchst b und § 5 Abs 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz iVm § 249 Abs 1 Satz 3, § 309, § 314 Abgabenordnung: Leistungsbescheide, Pfändungs- und Einziehungsverfügung eines Hauptzollamtes; vgl Schroeder-Printzen, SGB X, 2. Aufl 1990, § 66 Anm 2).
Eine derartige Argumentation verkennt, daß die - gepfändete - Forderung der GmbH & Co KG gegen die OHG dem Gläubiger nicht dieselbe Sicherheit zu bieten braucht wie ein direkter Zugriff auf den Kläger im Wege der Konzernhaftung. Dies wird bereits dadurch deutlich, daß die OHG sich gegenüber einer zugunsten der Beklagten gepfändeten und eingezogenen (Werklohn-) Forderung der GmbH & Co KG jedenfalls inzwischen auf Verjährung berufen könnte (vgl § 196 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 BGB); diese Einrede wiederum stünde ihr uU dann nicht zu, wenn der Kläger die Forderungen gegen die OHG ordnungsgemäß (gerichtlich) geltend gemacht hätte.
(zu b) Ebenso wie bei der Durchgriffshaftung im herkömmlichen Sinn (hierzu oben zu 1 am Ende) ist auch die Konzernhaftung durch Verwaltungsakt durchsetzbar. Denn es handelt sich hierbei nicht um eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners (der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der KG: § 161 Abs 2, § 128 HGB) verschiedene, eigene Verbindlichkeit (wie etwa bei einer Bürgschaft: hierzu BGH vom 16. Februar 1987, BGHZ 90, 187, 190 f), sondern wie bei der Durchgriffshaftung im herkömmlichen Sinne, um die Haftung des Klägers für die Forderung gegen die GmbH. Auch das BAG geht in seiner Rechtsprechung von der Identität der Forderung gegen die Gesellschaft mit der gegen den Gesellschafter kraft Konzernhaftung aus. Dies folgt daraus, daß es die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 2 Abs 1 Nr 3 bzw 4 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) auch bei geltend gemachter Haftung des herrschenden Unternehmens für Ansprüche auf Arbeitsentgelt bzw Betriebsrente gegen den insolventen Arbeitgeber annimmt (BAG vom 15. Januar 1991, AP Nr 21 zu § 113 BetrVG 1972 - "Warmwassergeräte", zu II 2 b der Gründe; BAG vom 6. Oktober 1992, AP Nr 5 zu § 1 BetrAVG Konzern = NJW 1993, 954 - "AG Union"). Dem entspricht, daß es für die unter den genannten Voraussetzungen begründete Ausfallhaftung (BGHZ 95, 330, 347 - "Autokran") keiner gesonderten Begründung zB durch Rechtsgeschäft oder Verwirklichung eines Delikttatbestandes; hierzu BGH vom 25. Februar 1975, VersR 1975, 739 f) bedarf (vgl auch BGHZ 95, 330, 335 - "Autokran"; BGHZ 115, 187, 200 f - "Video"; BGHZ 122, 123, 126 - "TBB").
(zu c) Zwischen dem Kläger und der GmbH bestand ein qualifizierter faktischer Konzern, wenn er sich in dem erforderlichen Umfang auch anderweitig unternehmerisch betätigt hat. Er kann auch als Einzelperson herrschendes Unternehmen im Sinne der konzernrechtlichen Haftung sein (so zuletzt BGH ZIP 1994, 207 mwN). Er hat gegenüber der von ihm abhängigen GmbH eine dauernde und umfassende Leitungsmacht in Anspruch genommen. Dies folgt aus seiner Eigenschaft als alleiniger Geschäftsführer (BGHZ 115, 187, 194 f - "Video").
Als anderweitige unternehmerische Betätigung reicht zwar nicht aus, daß der Kläger als geschäftsführender Alleingesellschafter der GmbH denknotwendigerweise auch einen bestimmenden Einfluß auf die GmbH & Co KG ausübte. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, daß die GmbH im Geschäftsverkehr neben der GmbH & Co KG eigenständig auftrat; vielmehr sind GmbH und GmbH & Co KG als einheitliches Unternehmen ohne selbständige Bedeutung der GmbH aufzufassen. Damit kann als anderweitige unternehmerische Betätigung ebensowenig genügen, daß der Kläger Kommanditist der KG war.
Die für die Konzernhaftung erforderliche anderweitige unternehmerische Betätigung kann jedoch in der Beteiligung des Klägers an der OHG liegen. Der BGH hat insoweit gefordert, daß diese Betätigung (zumindest) "auf der Grundlage maßgeblicher Beteiligung an anderen Gesellschaften ausgeübt wird; das gilt jedenfalls dann, wenn die unternehmerische Betätigung in der Ausübung von Leitungsmacht - auch - in jenen anderen Gesellschaften besteht" (so in der neuesten Entscheidung zur Haftung im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern: BGH ZIP 1994, 207, 208).
Das LSG hat zwar nicht festgestellt, in welcher Weise der Kläger seine "Leitungsmacht" in der OHG "ausgeübt" hat. Maßgebend wäre insoweit die - nicht festgestellte - Regelung im Gesellschaftsvertrag (§ 109 HGB); regelmäßig sind jedoch in einer OHG alle Gesellschafter zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet (§ 114 Abs 1 HGB). War - wie zu vermuten - diese Regelung nicht abbedungen (§ 109, 2. Halbs, § 114 Abs 2 HGB), so reicht dies im Rahmen der Voraussetzungen für die Konzernhaftung als anderweitige unternehmerische Betätigung aus. Anderenfalls müßte geprüft werden, welche Leitungsmacht dem Kläger innerhalb der OHG zustand.
(zu d) Als weitere Voraussetzung muß hinzutreten, daß das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft in einer Weise behandelt hat, die einen "objektiven Mißbrauch" der beherrschenden Stellung darstellt. Bei einer Einpersonengesellschaft ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die Gesellschaft infolge der im Konzerninteresse ausgeübten Einwirkungen ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann (BGHZ 122, 123, 130 - "TBB").
Im vorliegenden Fall hat das LSG zwar festgestellt, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH & Co KG hätten vornehmlich darauf beruht, daß ihre offenen Forderungen in Höhe von ca 1,4 Mio DM gegen die OHG nicht beglichen worden seien. Damit ist jedoch noch nicht festgestellt, daß eine Einwirkung des Klägers ursächlich dafür war, daß schließlich die Zahlungsunfähigkeit der GmbH & Co KG eintrat. Das LSG wirft ihm zwar vor, er habe jedenfalls ab November 1977 nicht mehr einer Realisierbarkeit der Forderung der KG gegen die OHG rechnen können, nicht jedoch, daß er diesen Zustand selbst herbeigeführt habe.
Ein die Konzernhaftung auslösender Mißbrauch kann auch nicht darin gesehen werden, daß der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter nicht für die Schulden der OHG bei der GmbH & Co KG aufgekommen ist. Dieses Verhalten könnte zwar dann ursächlich für die Zahlungsunfähigkeit der GmbH & Co KG gewesen sein, wenn er aus seinem Privatvermögen die Forderung jedenfalls in einem Umfang hätte begleichen können, welcher die Zahlungsunfähigkeit vermieden hätte. Das reine Nichtbegleichen einer solchen Forderung der abhängigen Gesellschaft kann aber nicht als "im Konzerninteresse ausgeübte Einwirkung" aufgefaßt werden. Denn die Konzernhaftung knüpft an Mißbräuche im Verhältnis zwischen der abhängigen Gesellschaft einer- und dem herrschenden Unternehmen andererseits an, nicht jedoch an das Verhältnis zwischen der abhängigen Gesellschaft und anderen (abhängigen) Unternehmen.
Eine Konzernhaftung läge jedoch nahe, wenn zB festgestellt werden könnte, daß der Kläger trotz sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit der OHG die GmbH & Co KG weiterhin veranlaßt hat, für diese Bauaufträge auszuführen. Das Eingehen einer Verbindlichkeit, die ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter sonst gleichen Bedingungen mit einem nicht verflochtenen Unternehmen nicht abgeschlossen hätte, legt die Annahme zumindest nahe, bei der Unternehmensführung seien im Hinblick auf das Konzerninteresse die einzelnen Belange der GmbH beeinträchtigt worden. Dann wären die Voraussetzungen für eine Konzernhaftung erfüllt (s BGHZ 122, 123, 130 - "TBB", dort auch zur Verteilung der Beweislast).
(zu e) Einer Konzernhaftung des Klägers könnte jedoch das Vorliegen eines bloßen konkreten ausgleichsfähigen Einzeleingriffs entgegenstehen. Hiermit sind solche Einzelmaßnahmen gemeint, die Ausgleichs- und Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen auslösen können (BGHZ 95, 330, 339 f - "Autokran", dort allerdings mit Zweifeln, ob solche Ansprüche auch bei einer Einmann-GmbH entstehen können). Denn diese könnten wiederum die Gläubiger der Gesellschaft pfänden und sich überweisen lassen, so daß die Konstruktion eines "Durchgriffs" nicht erforderlich wäre (zu derartigen Ansprüchen s Thelen, ZIP 1987, 1027).
Als konkreter ausgleichsfähiger Einzeleingriff könnte uU gewertet werden, wenn der Kläger als Geschäftsführer der GmbH & Co KG Geschäftsbeziehungen mit der OHG über einen Zeitpunkt hinaus unterhalten hätte, in dem zu erwarten war, daß diese ihre Verbindlichkeiten nicht mehr ordnungsgemäß würde erfüllen können. Hierin könnte ein Verstoß gegen das Verbot liegen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen einer GmbH an einen Gesellschafter auszuzahlen (§ 30 Abs 1 GmbHG). Eine derartige Auszahlung kann bereits darin liegen, daß die Gesellschaft zugunsten eines Gesellschafters eine schuldrechtliche Verpflichtung (hier: einen Werkvertrag) eingeht, die ein gewissenhafter Geschäftsführer mit einem Nichtgesellschafter nicht abgeschlossen hätte; als weitere Voraussetzung müßte sich die GmbH im Zeitpunkt der Durchführung der Leistungen bereits in einer Krise befunden haben, in der ihr Stammkapital gefährdet oder sie bereits überschuldet war (BGH vom 1. Dezember 1986, NJW 1987, 1194, 1195). Dabei wäre unerheblich, daß solche Verbindlichkeiten nicht gegenüber dem Kläger persönlich, sondern gegenüber der OHG eingegangen worden wären (vgl BGH vom 20. März 1986, ZIP 1987, 1050 mwN). Ein derartiger Verstoß zöge den Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Kläger als Empfänger einer durch § 30 GmbHG untersagten Leistung nach § 31 Abs 1 GmbHG nach sich; dieser würde (statt in 5) erst nach 30 Jahren verjähren, wenn dem rückzahlungsverpflichteten Gesellschafter einer "bösliche Handlungsweise zur Last" fällt (§ 30 Abs 5 GmbHG). Hierfür reicht, wenn er die Leistungen in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit angenommen und gebilligt hat (BGH vom 11. Mai 1987, NJW 1988, 139 = ZIP 1987, 1113, 1115 mit Anmerkung Westermann).
Angesichts der strengen Voraussetzungen für eine Haftung des Klägers nach §§ 30, 31 GmbHG kann der Senat beim jetzigen Streitstand offenlassen, ob ein die Konzernhaftung ausschließender konkreter ausgleichsfähiger Eingriff auch dann anzunehmen wäre, wenn die Tatbestandsmerkmale nach § 31 Abs 1, § 30 GmbHG zwar erfüllt wären, der Kläger sich jedoch auf die 5-jährige Verjährung nach § 31 Abs 5 GmbHG berufen könnte.
Noch ferner läge ein entsprechender konkreter ausgleichsfähiger Einzeleingriff durch eine Haftung des Klägers als Geschäftsführer nach § 43 Abs 2 iVm Abs 3 GmbHG. Zwar ist es einem Geschäftsführer verboten, aus dem gebundenen Vermögen Zahlungen zu tätigen (§ 43 Abs 3 GmbHG). Der Gesellschafter/Geschäftsführer einer Einmann-GmbH haftet jedoch grundsätzlich nicht nach § 43 Abs 2 GmbHG (BGH vom 28. September 1992, BGHZ 119, 257, 261 f; zu möglichen Ausnahmen s zuletzt BGH vom 21. März 1994, ZIP 1994, 872 = NJW-RR 1994, 806 f mwN).
(zu 4) Das LSG wird nach alledem vor allem abzuklären haben, ob die oben näher dargelegten Voraussetzungen für eine Konzernhaftung des Klägers vorliegen.
Wenn nicht, wird das LSG vor Zurückweisung der Berufung auszuschließen haben, ob nicht doch die Voraussetzungen für eine Durchgriffshaftung (im herkömmlichen Sinn) vorliegen. Aus dem bisher festgestellten Sachverhalt ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für eine Vermögensvermischung, eine mißbräuchliche Unterkapitalisierung der GmbH bzw der GmbH & Co KG oder die Verwirklichung des allgemeinen Mißbrauchstatbestands. Schließlich könnte eine unmittelbare Haftung des Kläger auch aus § 171 Abs 1 HGB (Haftung des Kommanditisten bis zur Höhe der Einlage) folgen, wenn er der GmbH & Co KG seine Einlage in Höhe von 150.000,-- DM nicht geleistet hätte.
Im vorliegenden Verfahren kann offenbleiben, ob sich Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus Konkursverschleppung (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] bzw §§ 177a, 130a HGB, § 64 Abs 1 GmbHG iVm § 823 Abs 2 BGB) ergeben. Denn hierbei handelt es sich nicht um die auf die Beklagte übergegangenen Beitragsansprüche, die diese durch einen Verwaltungsakt geltend machen kann. Vielmehr würde eine derartige - direkte - Haftung des Klägers aus zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen folgen, die nicht durch einseitigen Hoheitsakt durchgesetzt werden können.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen