Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung. Reihenfolge der Prüfung. örtliche Zuständigkeit. Prozeßfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Auch ein örtlich unzuständiges SG muß einen Rechtsstreit, für den der Rechtsweg der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben ist, auf Antrag an ein Gericht der zuständigen Gerichtsbarkeit verweisen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den Verfahrensmängeln gehören auch Verstöße gegen Vorschriften, welche die Zulässigkeit des Rechtsweges regeln.
2. Vor der örtlichen Zuständigkeit ist die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu prüfen. Die Bestimmungen des SGG geben keinen Anhalt dafür, daß beim Fehlen sowohl der örtlichen als auch der sachlichen Zuständigkeit zunächst nur die örtliche Zuständigkeit zu prüfen ist.
3. Ein Zwischenurteil über die Prozeßfähigkeit des Klägers ist nicht erforderlich; die abschließende Beurteilung dieser Frage ist dem sachlich zuständigen Gericht zu überlassen, ebenso wie die Frage des Vorverfahrens oder einer Beiladung.
Normenkette
SGG § 52 Fassung: 1953-09-03, § 57 Fassung: 1953-09-03, § 52 Abs. 3 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 21. April 1964 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 8. Juli 1964 aufgehoben.
Der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird für unzulässig erklärt.
Auf Antrag des Klägers wird der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Braunschweig verwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger macht Prozeß- und Verzugszinsen wegen verspäteter Auszahlung von Kriegsschadenrente nach dem Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG -) vom 14. August 1952 (BGBl. I 446), sowie Nebenforderungen geltend. Am 12./13. September 1963 erhob er Klage beim Sozialgericht (SG) Frankfurt/Main, das den Rechtsstreit mit Beschluß vom 17. Dezember 1963 an das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main verwies. Auf die Beschwerde des Klägers hob das SG diesen Beschluß wieder auf; dem Kläger wurde anheimgestellt, Verweisungsantrag nach § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an das örtlich zuständige Sozialgericht Braunschweig zu stellen. Der Kläger verweigerte einen Antrag auf Verweisung an ein anderes SG und beantragte, die Sache an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Das SG erklärte sich mit Urteil vom 21. April 1964 für örtlich unzuständig und wies die Klage ab; örtlich zuständig sei das SG Braunschweig. Im Berufungsverfahren beantragte der Kläger hilfsweise Verweisung an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgericht Frankfurt oder in Niedersachsen) sowie hilfsweise Verweisung an das SG Itzehoe bzw. Hamburg. Die Stellung eines Antrags auf Verweisung der Sache an das SG Braunschweig lehnte er ab. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung des Klägers mit Urteil vom 8. Juli 1964 zurück. Das SG habe mit zutreffender Begründung die Klage wegen mangelnder örtlicher Zuständigkeit abgewiesen ohne zu prüfen, ob die sachliche Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit gegeben sei. Die örtliche Zuständigkeit sei Prozeßvoraussetzung und müsse daher von Amts wegen geprüft werden, bevor in eine Prüfung der sachlichen Zuständigkeit eingetreten werden könne. Sei schon die örtliche Zuständigkeit des SG nicht gegeben, so komme eine weitere Prüfung der sachlichen Zuständigkeit nicht mehr in Betracht. Da der Kläger bei Klageerhebung in Braunschweig gewohnt habe, sei das SG Frankfurt nach § 57 SGG nicht zuständig. Die Voraussetzungen des § 57 Abs. 3 SGG seien nicht erfüllt. Somit habe dem hilfsweise gestellten Antrag, den Rechtsstreit an das SG Itzehoe oder Hamburg bzw. an die zuständige Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen, nicht entsprochen werden können.
Mit der nicht zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 106, 128 SGG. Die Auffassung, daß eine Verweisung an eine andere Gerichtsbarkeit nur durch das örtlich zuständige SG Braunschweig möglich sei, sei rechtsirrtümlich und verstoße gegen wesentliche Verfahrensvorschriften. Mit dem Hilfsantrag, die Sache an das SG Itzehoe zu verweisen, habe sich das LSG nicht auseinandergesetzt, weshalb die §§ 128, 103, 106, 57 SGG verletzt seien. Das gleiche gelte für die vom Kläger behauptete Zuständigkeit des SG Frankfurt. Verletzt sei auch § 75 SGG, weil der Vertreter der Interessen des Ausgleichsfonds nicht von Amts wegen beigeordnet sei. In der Schriftsätzen der Beklagten zu 4) an das LSG, wonach sie wegen des angeblichen Wohnsitzes in Berlin unzuständig sei, seien Bescheiderteilungen zu erblicken, die gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens hätten werden müssen; demnach hätten die Berliner Ausgleichsbehörden beigeladen werden müssen. Daher seien §§ 96, 75 SGG sowie die §§ 139 und 279 a Zivilprozeßordnung (ZPO) verletzt. Der Kläger hätte auch nach § 111 SGG persönlich geladen werden müssen. Der erkennende 3. Senat des LSG sei nicht gesetzlicher Richter gewesen, weil die Zuständigkeit des 2. Senats gegeben gewesen sei (Verstoß gegen § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der Kläger habe den Beschluß des SG vom 17. Dezember 1963 nur insoweit angefochten, als er sich nicht auch auf die Beklagten zu 2) - 4) bezogen habe. Durch die Aufhebung des Beschlusses sei gegen das Verbot der Schlechterstellung verstoßen worden. Die Verweisung werde - sofern diejenige an das Verwaltungsgericht Frankfurt nicht bestehen bleiben müsse - aus prozeßökonomischen Gründen an das Verwaltungsgericht Schleswig beantragt, wo bereits das Verfahren 7 A 74/64 anhängig sei. Der Kläger begehrt den Erlaß eines Zwischenurteils, das seine Prozeßfähigkeit feststellt, und beantragt im übrigen, unter Aufhebung der Urteile des LSG und des SG nach den zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen, insbesondere den Rechtsstreit an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen. Der Beklagte zu 1) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Der Beklagte zu 2) hält die Revision für offensichtlich unbegründet. Der Beklagte zu 3) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen bzw. als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger sei nicht in B. wohnhaft, sondern polizeilich in Berlin gemeldet, halte sich aber ständig in Braunschweig auf. Im übrigen sei er prozeßunfähig. Der Beklagte zu 4) trägt vor, der Vater des Klägers habe am 6. September 1963 angegeben, der Kläger sei in Berlin-Charlottenburg gemeldet, halte sich jedoch besuchsweise wegen seines Lungenleidens in Braunschweig auf. Das Verwaltungsgericht Hannover habe am 9. September 1964 die mehrfache Klage des Klägers an die Verwaltungsgerichte Frankfurt, Braunschweig und Berlin verwiesen.
Durch Beschluß des Präsidiums des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Juli 1964 ist die Zuständigkeit des 9. Senats für die vorliegende Streitsache bestimmt worden.
Die nicht zugelassene Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und auch statthaft, da der Kläger einen wesentlichen Verfahrensmangel gerügt hat, der vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Zutreffend rügt die Revision dem Sinne nach, daß das LSG nicht die Klageabweisung bestätigen, sondern den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Verwaltungsgericht hätte verweisen müssen. Zu den Verfahrensmängeln gehören auch Verstöße gegen Vorschriften, die die Zulässigkeit des Rechtsweges regeln. Verweist daher das LSG den Rechtsstreit zu Unrecht nicht an das zuständige Gericht, so liegt darin ein wesentlicher Mangel des Verfahrens im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG (vgl. BSG in SozR SGG § 52 Da 3 Nr. 3). Das trifft hier zu, weil das LSG dem Antrag des Klägers, den Rechtsstreit an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen, nicht entsprochen hat. Der Auffassung des LSG, die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit komme nicht mehr in Betracht, wenn schon die örtliche Zuständigkeit eines SG nicht gegeben sei, kann nicht zugestimmt werden. Die hierfür vom LSG gegebene Begründung, die örtliche Zuständigkeit sei Prozeßvoraussetzung und müsse daher von Amts wegen geprüft werden, bevor in eine Prüfung der sachlichen Zuständigkeit (hier der Zulässigkeit des Rechtsweges) eingetreten werden dürfe, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die Zulässigkeit des Rechtsweges ebenfalls eine Prozeßvoraussetzung ist. Letztere ist sogar von schwerwiegender Bedeutung als erstere, da die irrige Annahme der Zulässigkeit des Rechtsweges ein Mangel ist, der von Amts wegen und in jeder Instanz zu berücksichtigen ist (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Da 8 R Nr. 40), während bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten gem. den im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit entsprechend anwendbaren §§ 512a und 549 Abs. 2 ZPO (BSG 10, 236) die Berufung und Revision nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur SGb Anm. 1 zu § 57 SGG S.185/13 - 27 -). Demgemäß hat auch schon das BSG entschieden, daß ein Rechtsmittel, das lediglich darauf gestützt wird, das Gericht des ersten Rechtszuges habe seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen, nicht statthaft ist (BSG 10, 233). Schon diese Erwägung gebietet es, vor der örtlichen Zuständigkeit die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu prüfen, zumal die örtliche Zuständigkeit nach denjenigen Vorschriften zu bestimmen ist, die für die sachlich zuständige Gerichtsbarkeit gelten. Die Bestimmungen des SGG geben keinen Anhalt dafür, daß beim Fehlen sowohl der örtlichen als auch der sachlichen Zuständigkeit etwa zunächst nur die örtliche Zuständigkeit zu prüfen sei. Innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit gebietet § 98 Abs. 1 SGG die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht auf Antrag des Klägers, wenn sich das angerufene Gericht "für örtlich oder sachlich unzuständig" hält. Hier ist kein Unterschied zwischen den beiden Arten der Unzuständigkeit gemacht. Die Verweisung an das Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit ist in § 52 Abs. 3 SGG geregelt. Satz 1 dieser Vorschrift lautet: "Hält ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit den zu ihm beschrittenen Rechtsweg nicht für gegeben, so verweist es in dem Urteil ... die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs, zu dem es den Rechtsweg für gegeben hält". Die Verweisungsbefugnis ist hiernach ohne Einschränkung jedem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit eingeräumt entsprechend dem Vorrang, den die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges vor der örtlichen oder funktionellen Zuständigkeit hat. Aus der allgemeinen Formulierung "ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit" in § 52 Abs. 3 SGG ergibt sich, daß grundsätzlich jedes Gericht der Sozialgerichtsbarkeit bei Unzulässigkeit des Sozialrechtsweges den Rechtsstreit an die zuständige Gerichtsbarkeit verweisen kann und muß, sofern der Verweisungsantrag vom Kläger gestellt ist. Diese Regelung, die im sozialgerichtlichen Verfahren unabhängig von der Frage gilt, in welcher Reihenfolge im Zivilprozeß prozeßhindernde Einreden zu prüfen sind (vgl. Baumbach-Lauterbach ZPO, 26. Aufl., Einf. zu § 274 ff ZPO, B 3 und Rosenberg, Lehrb. d. Dt. Zivilprozeßrechts, 8.Aufl. § 89, IV, 5, S. 431), ist sinnvoll und entspricht prozeßökonomischen Grundsätzen. Denn es wäre sinnwidrig, wenn das SG den Rechtsstreit an ein anderes SG verweisen müßte, obwohl dieses ebenfalls zu einer Sachentscheidung nicht zuständig ist. Eine andere Auslegung des § 52 Abs. 3 SGG würde auch nicht mit dem Zweck der Verweisung in Einklang stehen, die Klage baldigst auf den richtigen Rechtsweg zu bringen (vgl. Baumbach-Lauterbach aaO Anm. 3 B zu § 17 GVG und Peters/Sautter/Wolf, Komm. z. Sozialgerichtsbarkeit Anm. 3 zu § 52 SGG).
Nach alledem hätte das LSG die Klagabweisung nicht deshalb bestätigen dürfen, weil es der Kläger abgelehnt hatte, einen Antrag auf Verweisung der Sache an das SG Braunschweig zu stellen; es hätte auf den Hilfsantrag des Klägers den Rechtsstreit an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 52 Abs. 3 SGG verweisen müssen. Insoweit genügte ein Hilfsantrag des Klägers (vgl. Peters-Sautter-Wolff aaO Anm. 3 a zu § 52 SGG S. 140).
Der dem LSG unterlaufene wesentliche Verfahrensmangel macht die Revision bereits statthaft, weshalb nicht mehr geprüft zu werden brauchte, ob auch die anderen Verfahrensrügen durchgreifen. Die Revision ist auch begründet, da nicht auszuschließen ist, daß das LSG bei richtiger Anwendung der Verfahrensvorschriften zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Daher war das Urteil des LSG aufzuheben; gleichzeitig war das vom LSG bestätigte Urteil des SG aufzuheben (vgl. Peters-Sautter-Wolf aaO S. 140).
Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden. Unter den Beteiligten ist unstreitig, daß für die Klage nicht die Sozialgerichtsbarkeit, sondern die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit sachlich zuständig ist. Der Kläger macht Ansprüche nach dem LAG und evtl. nach dem Gesetz über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden (Feststellungsgesetz) vom 21. April 1952 (BGBl I 237) geltend. Gegen Bescheide der LAG Behörden ist nach den §§ 336, 338 LAG Beschwerde an den Beschwerdeausschuß und anschließend Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht gegeben. Das Feststellungsgesetz verweist in § 38 auf die §§ 336 - 339 LAG (vgl. auch § 344 LAG). Auch für die Untätigkeitsklage gelten die Vorschriften der VwGO (vgl. § 75). Hiernach ist die Verweisung des Rechtsstreits an das sachlich zuständige Gericht der (allgemeinen) Verwaltungsgerichtsbarkeit geboten. Diese kann auch noch im Revisionsverfahren ausgesprochen werden (BSG 2, 29).
Der Kläger hat einen solchen Verweisungsantrag gestellt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 SGG); dabei war es unwesentlich, ob er das örtlich zuständige Gericht des ersten Rechtszuges der Verwaltungsgerichtsbarkeit zutreffend bezeichnet hat, denn die Verweisung hat nach § 52 Abs. 3 Satz 1 SGG an die Gerichtsbarkeit zu erfolgen, die das Gericht der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben hält (vgl. Peters-Sautter-Wolff aaO Anm. 3 a zu § 52 SGG S. 140). Hinsichtlich der Frage, welches Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit im vorliegenden Fall örtlich zuständig ist, bestehen eine Reihe von Unklarheiten. Nach § 52 VwGO ist bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen grundsätzlich das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen worden ist (§ 52 Abs. 3) bzw. bei einer Bundesbehörde das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk diese ihren Sitz hat (§ 52 Abs. 2). Erstreckt sich die Zuständigkeit einer Behörde auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke - wie im vorliegenden Fall beim Beklagten zu 2) -, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte - also der Kläger - seinen Wohnsitz hat (§ 52 Abs. 3). Es ist nicht geklärt, ob der Kläger bei Klageerhebung in Braunschweig, B., Berlin oder gar im Ausland oder in der Ostzone (vgl. Schriftsätze vom 28. Juni 1964 und 5. Juli 1964) wohnhaft war. Bei Wohnsitz in Berlin, im Ausland oder in der Ostzone wäre nach § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs.3 vorletzter Satz VwGO das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz hat. Der Senat hat diese strittigen Fragen, die noch dadurch kompliziert werden, daß nicht hinreichend klar ist, ob bzw. inwieweit der Kläger, der behauptet, nur Untätigkeitsklagen erhoben zu haben, gegenüber den 4 Beklagten anfechtbare Verwaltungsakte angreift, nicht entschieden. Im Berufungsschriftsatz des Klägers vom 16. Mai 1964 sind Ablehnungsbescheide vom 26. August 1963 und vom 3.Oktober/8.Oktober 1963 erwähnt, ferner "angefochtene Widerspruchsbescheide". Das abgebende Gericht braucht bei seiner Prüfung zu Streitfragen und Meinungsverschiedenheiten zur Zulässigkeit des Rechtsweges zur anderen Gerichtsbarkeit nicht abschließend Stellung zu nehmen, es genügt, wenn es (nach Verneinung des Rechtswegs zu ihm selbst) darauf hinweist und die Entscheidung darüber dem anzurufenden anderen Gericht überläßt. Eine abweichende Entscheidung des anderen Gerichts bezüglich dessen Gerichtsbarkeit würde durch eine Entscheidung des BSG nicht verhindert (BGHZ 38, 289, 294). Der Senat hat sich daher darauf beschränkt, den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Braunschweig zu verweisen, weil offenbar sowohl die Behörde, die den Bescheid über Lastenausgleichsansprüche des Klägers erlassen hat, als auch der Beklagte zu 3) in Braunschweig ihren Sitz haben und eine genauere Prüfung der Verhältnisse des Klägers möglicherweise ergibt, daß er bei Klageerhebung überdies auch seinen Wohnsitz in Braunschweig gehabt hat. Das Verwaltungsgericht Braunschweig ist nicht gehindert, die Sache an das von ihm für zuständig gehaltene Gericht weiterzuverweisen (vgl. BGHZ 38, 289; Eyermann/Fröhler Komm. zur Verwaltungsgerichtsordnung Anm. 15 a zu § 41 VwGO und Peters/Sautter/Wolff aaO Anm. 1 d zu § 52 SGG S. 138) bzw. eine mehrfache Klage des Klägers anzunehmen und eine Verweisung an mehrere Verwaltungsgerichte auszusprechen. Denn bei der hier ausgesprochenen Verweisung handelt es sich nicht um eine solche nach § 98 Abs. 2 SGG oder auch nach § 83 VwGO, die für das im Beschluß bezeichnete Gericht bindend ist.
Das LSG hat den Kläger für prozeßfähig gehalten. Der Senat sah sich unter den gegebenen Umständen daher zum Erlaß eines Zwischenurteils über diese Frage nicht veranlaßt. Die abschließende Beurteilung der Prozeßfähigkeit des Klägers war dem sachlich zuständigen Gericht zu überlassen, ebenso die Beurteilung der Rechtsfolgen, die aus dem etwa fehlenden Vorverfahren zu ziehen sind. Das gleiche gilt schließlich für die Frage, ob eine Beiladung des Vertreters des öffentlichen Interesses (VdÖ) bzw. der Interessen des Ausgleichsfonds notwendig, zweckmäßig oder rechtlich überhaupt möglich ist (§§ 65, 63 VwGO). Die Vorschriften der §§ 35, 36 VwGO, wonach dem VdÖ Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist, gilt nicht im sozialgerichtlichen Verfahren; auch bei einer Verweisungssache gilt das Prozeßrecht des angerufenen Gerichts (vgl. Peters-Sautter-Wolff aaO Anm. 2 zu § 52 SGG S. 139).
Nach alledem war unter Aufhebung des LSG- und des SG-Urteils, wie geschehen, zu erkennen. Die Entscheidung über die Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens bleibt in entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 3 SGG dem Verwaltungsgericht überlassen (BSG 2, 29).
Fundstellen