Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterliche Überzeugung. medizinisches Gutachten. Verfahrensmangel

 

Orientierungssatz

Nimmt ein Gericht im angefochtenen Urteil zu einer Feststellung des medizinischen Gutachtens weder in bejahendem noch in verneinendem Sinne Stellung, so hat es den Sachverhalt in dieser Richtung überhaupt nicht gewürdigt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 128 SGG .

 

Normenkette

SGG § 162 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 17.03.1954)

 

Tenor

Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. März 1954 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger war im zweiten Weltkrieg bei einer Sanitätskompanie eingesetzt. 1947 beantragte er Versorgung wegen Lungenleidens, chronischer Bronchitis, Verkrümmung der Wirbelsäule, Leistenbruchs links, teilweiser Versteifung des linken Zeigefingers, Rheumatismus, Paradentose. Die Landesversicherungsanstalt als damalige Versorgungsbehörde erkannte 1949 Bronchitis, Zahnschaden, Gastroenteritis (Magen-Darmentzündung), Leistenbruch links, Verkrümmung der Brustwirbelsäule vorläufig als Leistungsgrund an und gewährte wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) um 60 v.H. eine vorläufige monatliche Zahlung. Auf Grund eines Gutachtens von Prof. R... und Dr. K... vom Wagner-Krankenhaus Bayreuth erkannte das Versorgungsamt (VersorgA.) Nürnberg mit Bescheiden vom 20. April 1951 chronische Bronchitis und Durchfallneigung nach Ruhr als Schädigungsfolge nach dem Bayerischen Körperbeschädigtenleistungsgesetz (KBLG) und Bundesversorgungsgesetz (BVG) an und gewährte Rente nach einer MdE. um 60 v.H. bis 31. Juli 1950 und um 30 v.H. ab 1. August 1950. Das VersorgA. verneinte den ursächlichen Zusammenhang der übrigen Leiden mit schädigenden Vorgängen des Wehrdienstes. Im Berufungsverfahren wandte sich der Kläger gegen die Ablehnung des ursächlichen Zusammenhanges der übrigen Leiden und begehrte Anerkennung einer inaktiven Lungen-Tbc., die er im Wehrdienst erlitten habe, sowie Gewährung von Rente weiterhin nach einer MdE. um 60 v.H. Das Oberversicherungsamt (OVA.) Nürnberg wies nach Anhörung des Gerichtsarztes Dr. S... mit Urteil vom 31. Januar 1952 die Berufung des Klägers gegen die Bescheide vom 20. April 1951 zurück.

Im Rekursverfahren vor dem Bayerischen Landesversicherungsamt (LVAmt) wiederholte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und stellte denselben Antrag wie in der Berufung. Das LVAmt zog Gutachten der Universitätsklinik Erlangen, und zwar der Inneren Abteilung vom 28. Juli 1953 (Dr. v. G... Prof. H... Dr. H...), und der Chirurgischen Abteilung vom 22. Juni 1953 (Dr. Z... Dr. R...) bei. Das Landessozialgericht (LSG.), auf das die Sache mit Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gemäß § 215 Abs. 3 SGG übergegangen ist, wies die Berufung des Klägers mit Urteil vom 17. März 1954 zurück. In den Gründen hat es ausgeführt, die Zahnschäden seien als Schädigungsfolge anzuerkennen, im übrigen sei es nicht wahrscheinlich, daß die inaktive Lungen-Tbc. mit den Verhältnissen des Wehrdienstes im ursächlichen Zusammenhang stehe. Daß bei der Einberufung 1940 kein krankhafter Lungenbefund festgestellt wurde, besage nichts für die Entstehung des Lungenleidens während des Wehrdienstes; denn damals sei keine Röntgenaufnahme gemacht worden. Der Leistenbruch links sei anlagebedingt, da schon 1928 ein Leistenbruch rechts operiert worden sei und der Kläger auch an Krampfadern und Senkfüßen leide. Ein Gewaltbruch liege nicht vor. Die verschiedenen Veränderungen an der Wirbelsäule seien durch einen Unfall nicht beeinflußt worden. Die Röntgenaufnahmen hätten keinen Anhaltspunkt für einen Bruch oder eine Kompression der Wirbelsäule ergeben. Am Brustbein sei kein krankhafter Befund festzustellen, der auf einen Hufschlag zurückgeführt werden könne. Der Zahnverlust gebe nur einen Anspruch auf Versorgungsheilbehandlung. Die anerkannten Leiden bedingten keine höhere MdE. als 30 v.H. Revision wurde nicht zugelassen.

Mit der Revision hat der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen LSG. vom 17. März 1954 und des Urteils des OVA. Nürnberg vom 31. Januar 1952, sowie Abänderung der Bescheide des VersorgA. Nürnberg vom 20. April 1951, nach den Anträgen des Revisionsklägers zu erkennen, hilfsweise, Zurückverweisung an das Bayerische LSG.

Die Revision wendet sich mit den am 8. Juni 1954 und 13. April 1956 eingegangenen Begründungen gegen die Tatsachenermittlung und Beweiswürdigung durch das LSG., soweit es weitere Leiden als Schädigungsfolge abgelehnt hat. Der Kläger sei wegen Verdachts einer Lungen-Tbc. in ein Kriegslazarett überwiesen worden. Daß die Tbc. vor der Einberufung nicht bestanden habe, ergebe sich aus dem Untersuchungsbericht des Vertrauensarztes der Lebensversicherung vom 2. Februar 1935. Der Leistenbruch sei auf mangelhafte Ernährung und Reizung durch starken Husten zurückzuführen. Die Gastroenteritis habe nach dem Gutachten des Wagner-Krankenhauses und des Betriebsarztes seines Arbeitgebers von 1951 weiter bestanden. Infolge des anerkannten Zahnverlustes könne sie nicht beseitigt werden. Es sei auch unverständlich und aus dem Urteil nicht ersichtlich, warum die von der Universitätsklinik Erlangen als Ruhrfolge und Wehrdienstschädigung festgestellte Leberzellschädigung nicht als Schädigungsfolge gemäß § 1 BVG anerkannt wurde. Daß röntgenologisch kein Bruch der Wirbelsäule festzustellen sei, besage nichts, da die Universitätsklinik Erlangen auch die 1946 erlittenen und röntgenologisch festgestellten Rippenbrüche 1953 nur noch teilweise im Röntgenbild feststellen könne. Die wegen des Herzfehlers vom Wagner-Krankenhaus vorgeschlagene Untersuchung habe nicht stattgefunden. Auch die weitere Verschlimmerung der chronischen Bronchitis sei als Schädigungsfolge anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Revision ist fristgerecht eingelegt worden. Sie konnte gemäß § 66 Abs. 2 SGG innerhalb eines Jahres seit Zustellung des angefochtenen Urteils, also bis zum 12. April 1955, eingelegt und innerhalb eines weiteren Monats begründet werden, weil die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil unvollständig und damit unrichtig ist. Es fehlt darin der Hinweis, daß die Revision auch bei Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels statthaft ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG), und die Aufzählung der nach § 166 Abs. 2 SGG als Prozeßbevollmächtigte zugelassenen Personen (vgl. BSG. Urteil vom 28.5.1957 in SozR. SGG § 66 Da 3 Nr. 13). Die Revision ist nicht mit dem als Revisionsbegründung bezeichneten Schriftsatz vom 5. Juni 1954, sondern erst mit dem am 13. April 1956 eingegangenen Schriftsatz vom 5. April 1956 substantiiert begründet worden; denn erst dieser enthält die Revisionsrügen. Diese Verspätung ist unschädlich, weil dem Kläger gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, § 67 Abs. 2, § 66 Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Kläger war verhindert, die Revision ordnungsgemäß zu begründen, solange sein Prozeßbevollmächtigter nicht die Akten mit den vollständigen, im angefochtenen Urteil bezeichneten Gutachten der ärztlichen Sachverständigen eingesehen hatte. Der Prozessbevollmächtigte hat innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 3. Juni 1954 die Übersendung der Akten zur Einsichtnahme beantragt, Sie sind ihm erst am 16. März 1956 zur Einsicht beim Amtsgericht Erlangen zur Verfügung gestellt worden. Der Kläger war infolge dieses Umstandes, der sich für ihn als höhere Gewalt im Sinne des § 66 Abs. 2 SGG darstellte, nicht in der Lage, die Revision vorher sachgemäß zu begründen. Mit dem Antrag auf Akteneinsicht hat er alles ihm Zumutbare unternommen, um die Voraussetzungen für eine rechtzeitige Revisionsbegründung zu schaffen. Da die Revisionsbegründung innerhalb eines Monats nach Erhalt der Akten nachgeholt wurde, war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch ohne Antrag gemäß § 66 Abs. 2, § 67 Abs. 2 SGG zu gewähren.

Die Revision ist auch formgerecht eingelegt, da der Antrag in der Revisionsschrift vom 7./10. Mai 1954 dem Erfordernis eines bestimmten Antrags nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGG noch genügt. Aus sich allein heraus verständlich ist zwar nur der Teil des Antrags, der die Aufhebung der Urteile des LSG. und des OVA. sowie der Bescheide betrifft. Der weitere Antrag "nach den Anträgen des Revisionsklägers zu erkennen" läßt nicht ohne weiteres ersehen, welche Ansprüche der Kläger erhoben hat (§ 123 SGG) und in der Revision geltend machen will. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG.), die insoweit der Auffassung des früheren Reichsgerichts folgt (RGZ. 110 S. 1; 134 S. 130, 141 S. 347), ist der Revisionsantrag als prozessuale Erklärung wie eine Willenserklärung auslegungsfähig. Zur Auslegung können auch Umstände außerhalb der Revisionsschrift herangezogen werden, wenn die innerhalb der Revisionsfrist eingegangenen Schriftsätze die wesentlichen Teile der formbedürftigen Erklärung enthalten (BSG. vom 24.5.1955 in SozR. SGG § 164 Da 3, Nr. 14, BSG. 1 S. 47, 50, 98). Dies ist hier der Fall. Die Revisionsschrift enthält die wesentlichen Teile eines bestimmten Antrags. Aus der Wortfassung "nach den Anträgen des Revisionsklägers zu erkennen" ist zu ersehen, daß der Kläger die Revision nicht beschränken, sondern die gleichen Anträge wie in der Vorinstanz stellen will. Welche Ansprüche im einzelnen geltend gemacht werden, konnte aus dem angefochtenen Urteil und den Prozeßakten entnommen werden. Im Schriftsatz vom 14. Dezember 1953 an das LSG., in dem der Kläger Stellung zu den Gutachten der chirurgischen und medizinischen Universitätsklinik Erlangen nimmt, hat er beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die durch den vorläufigen Rentenbescheid anerkannten Gesundheitsstörungen als Körperschäden im Sinn des § 1 BVG auch über den 1. August 1950 hinaus anzuerkennen und den Grad der MdE. von diesem Zeitpunkt an neu festzusetzen. Damit hat er seinen Anspruch auf höhere Rente, den er mit weiteren auf den Wehrdienst zurückzuführenden Leiden begründet, gemäß § 123 SGG genügend klar umrissen. Er hat zwar in diesem Zusammenhang die von der Universitätsklinik festgestellte Leberzellschädigung nicht eigens erwähnt, er brauchte jedoch die Leiden nicht im einzelnen mit ihrer medizinischen Bezeichnung anzugeben. Mit dem Hinweis auf die im vorläufigen Bescheid genannten Leiden, darunter Gastroenteritis, hat er den Komplex seiner Magen- und Darmbeschwerden, zu dem auch die Leberzellschädigung gehört, genügend bezeichnet.

Das LSG. hat die Revision nicht zugelassen. Sie ist deshalb nur zulässig, wenn ein wesentlicher Verfahrensmangel gerügt wird und vorliegt, oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs von Gesundheitsstörungen mit einer Schädigung im Sinn des BVG das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG; BSG. 1, 150 und 254).

Die Revision wendet sich gegen die Sachaufklärung und Beweiswürdigung des LSG., soweit es weitere Leiden nicht als Schädigungsfolge anerkannt hat (§§ 103, 128 SGG). Die gerügten Verfahrensmängel liegen nur zum Teil vor. In der Beurteilung der Lungen-Tbc. durch die Vorinstanz ist eine den Akteninhalt nicht erschöpfende oder ihm widersprechende Würdigung der erhobenen Vorgänge nicht zu erkennen. Das LSG. war nicht verpflichtet, auf den Untersuchungsbericht des Vertrauensarztes der Lebensversicherungsgesellschaft eigens einzugehen (BSG. 1 S. 91), zumal daraus nicht näher hervorgeht, auf Grund welcher Untersuchungsmethoden der Arzt zu seinen Feststellungen gekommen ist. Zwischen der damaligen Untersuchung und der Einberufung zur Wehrmacht liegt ein Zeitraum von 5 1/2 Jahren. Das LSG. mußte aus dem Fehlen eines krankhaften Lungenbefundes 1935 nicht den Schluß ziehen, daß die Erkrankung erst im Wehrdienst entstanden sein konnte. Auch die Überweisung am 13. Mai 1945 in ein Lazarett zur ambulanten Behandlung wegen Verdachts auf Tbc. steht der Auffassung des LSG. nicht unter allen Umständen entgegen. Das LSG. ist davon ausgegangen, daß bei dem Kläger eine alte inaktive Tbc. vorliegt. Dies steht im Einklang mit dem Zeugnis der Medizinischen Universitätsklinik Erlangen vom 22. Februar 1946, wonach ein alter, wohl inaktiver Befund erhoben wurde. Das LSG. hat nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wenn es auf Grund seiner Feststellungen einen ursächlichen Zusammenhang der Tbc. mit Einwirkungen des Wehrdienstes nicht als wahrscheinlich ansah (§ 1 Abs. 3 BVG, § 128 SGG).

Die allgemeinen Erwägungen der Revision über die Entstehung des Leistenbruchs durch Husten und mangelhafte Ernährung zeigen nicht auf, inwiefern das LSG. bei der Feststellung, es liege kein Gewaltbruch vor, die gesetzlichen Grenzen seines Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten hätte.

Auch die Einwendungen der Revision gegen die Ablehnung der Wirbelsäulenverkrümmung als Wehrdienstfolge greifen nicht durch. Das LSG. hat seine Entscheidung hierüber nicht allein auf das Fehlen röntgenologischer Zeichen einer Gewalteinwirkung gestützt, sondern auch darauf, daß der Kläger nach dem Unfall weiter Dienst leisten konnte und auf den großen Umfang und die Art der Veränderungen der Wirbelsäule, die nach den ärztlichen Gutachten nicht auf eine Verletzung bei einem Unfall hindeuten. Eine Gesetzesverletzung durch das LSG. ist bei dieser Beweiswürdigung nicht festzustellen. Gleiches gilt für die Folgerung des LSG., daß der Zahnverlust keine MdE. bedingt. Hinsichtlich eines Herzleidens hatte der Kläger im Berufungsverfahren nichts mehr vorgebracht. Das LSG. hatte daher keinen Anlaß, sich damit zu befassen. Eine ungenügende Sachaufklärung in dieser Richtung ist somit nicht aufgezeigt.

Die Erwägungen der Revision über eine etwaige Verschlimmerung der anerkannten Bronchitis als Schädigungsfolge liegen außerhalb dieses Verfahrens, da chronische Bronchitis anerkannt und höhere Berentung wegen etwa eingetretener Verschlimmerung dieses Leidens nicht im Streit ist.

Dagegen ist die Revisionsrüge, die Leberzellschädigung sei nicht als Schädigungsfolge anerkannt und berücksichtigt, begründet. Sie macht einen Verfahrensmangel des LSG. geltend, der auch vorliegt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, daß er noch erheblich an Gastroenteritis leide. Die Universitätsklinik Erlangen hat in dem Gutachten der Inneren Abteilung vom 28. Juli 1953 eine Leberzellschädigung festgestellt (S. 15) und sie als Folge der Ruhr und damit als Wehrdienstschädigung angesehen (S. 18, 19). Das LSG. nimmt im angefochtenen Urteil zu dieser Feststellung des Gutachtens weder in bejahendem noch in verneinendem Sinne Stellung, es hat den Sachverhalt in dieser Richtung überhaupt nicht gewürdigt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 128 SGG. Nach dieser Vorschrift hat der Tatsachenrichter alle maßgebenden Umstände sachentsprechend zu prüfen (BSG. 1 S. 91). Das Urteil muß erkennen lassen, daß das LSG. sich seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet hat (BSG. vom 24.10.1956 in SozR. SGG, § 128 Da 3 Nr. 8). Die Vorinstanz hat die Leberzellschädigung bei ihrer Entscheidung über die Wehrdienstleiden und über die aus dem MdE.-Grad sich ergebende Höhe der Beschädigtenrente des Klägers außer Acht gelassen. Hierin liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel. Daß die Versorgungsbehörde Durchfallneigung nach Ruhr anerkannt hat, rechtfertigt das Übergehen der Leberzellschädigung nicht; denn Leberzellschädigung kann als Erkrankung eines lebenswichtigen Organs nicht als von der anerkannten Durchfallneigung nach Ruhr mitumfaßt angesehen werden.

Da der gerügte Verfahrensmangel vorliegt, ist die Revision statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG, BSG. 1 S. 150). Sie ist auch begründet (§ 162 Abs. 2 SGG). Das LSG. hat der Bewertung der MdE. mit 30 v.H. nur die anerkannten Leiden, d.i. chronische Bronchitis, Durchfallneigung nach Ruhr, Zahnverlust, zugrunde gelegt. Es ist möglich, daß es bei Bejahung der Leberzellschädigung als Schädigungsfolge zu einer anderen Feststellung der MdE. und damit der Rente gelangt wäre. Das Urteil war daher aufzuheben. Der Senat konnte nicht selbst entscheiden; denn die Entscheidung, ob die Leberzellschädigung als Wehrdienstleiden anzuerkennen ist und inwieweit dadurch die Erwerbsfähigkeit des Klägers weiter gemindert wird, setzt noch tatsächliche Feststellungen voraus, die nur vom LSG. getroffen werden können. Auch die Auswirkungen etwaiger zusätzlicher Verdauungsbeschwerden, die nicht schon durch die anerkannte Durchfallneigung erfaßt sind, auf die MdE. können nur im Zusammenhang mit der in dem Gutachten der Universitätsklinik Erlangen festgestellten Leberzellschädigung vom Tatsachenrichter geprüft werden. Die Sache war deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2336624

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