Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit (RKG § 45 Abs 2) als Hauer.
2. Ein vom Bergbaubetrieb als Neubergmann geführter Versicherter, der nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten, bleibt auch dann Neubergmann, wenn er den vollen Gedingelohn erhält.
Normenkette
RKG § 45 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1957-05-21; RKG § 45 Abs 2 Fassung: 1957-05-21
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 16.12.1980; Aktenzeichen L 15 Kn 158/78) |
SG Duisburg (Entscheidung vom 12.09.1978; Aktenzeichen S 2 Kn 1/78) |
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit gemäß § 45 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) zusteht.
Der 1940 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Von 1955 bis 1964 war er im türkischen Bergbau mit Unterbrechungen als Kohlenaussiebarbeiter, Beifahrer, Stempelumsetzer und Fahrzeugabschmierer tätig. Im Mai 1970 wurde er im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau angelegt. Dort war er bis Februar 1976 als Platzarbeiter, Schlepper, Gedingeschlepper und Neubergmann knappschaftlich versichert. Seinen Antrag vom 12. Oktober 1976, ihm Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Februar 1977 ab, weil der Kläger noch über Tage als Kantinenarbeiter, Maschinen- oder Lampenwärter eingesetzt werden könne.
Auch nach Beschränkung des Begehrens auf die Bergmannsrente hatten der Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 1977), vor dem Sozialgericht (SG) die Klage (Urteil vom 12. September 1978) und die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seiner Entscheidung vom 16. August 1980 im wesentlichen ausgeführt, "bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit" des Klägers sei nicht die Tätigkeit eines Hauers, sondern die des Neubergmannes. Im türkischen Bergbau habe er Hauerarbeiten nicht ausgeführt. Während der knappschaftlichen Versicherungszeit im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau sei er - abgesehen von kurzfristigen Arbeiten im Abbau - nur in einem Teilbereich bergmännischer Tätigkeiten bei Unterhaltungs- und Sicherungsarbeiten in Strecken und Gesteinsbergen eingesetzt und dementsprechend als Neubergmann geführt worden. Er habe weder einen Hauerschein erworben noch besitze er die Kenntnisse und Fertigkeiten die ihn befähigten, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlichen bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Solche Kenntnisse und Fertigkeiten seien ihm auch vom Arbeitgeber nicht bestätigt worden. Aus der Entlohnung im Kameradschaftsgedinge könnten keine Rückschlüsse auf den beruflichen Status des Klägers gezogen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen Neubergleuten und Hauern liege nicht in der Art der verrichteten Tätigkeit, sondern darin, daß der Neubergmann noch nicht die Qualifikation eines Hauers habe, weil er noch nicht alle im Gedinge vorkommenden Arbeiten verrichten und deshalb nicht selbständig arbeiten könne.
Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Er stimmt dem Berufungsgericht darin zu, daß verminderte bergmännische Berufsfähigkeit nicht besteht, wenn der Prüfung des Rentenanspruchs die Tätigkeit eines Neubergmannes zugrunde gelegt werde. Seiner Ansicht nach muß jedoch vom Beruf des Hauers ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung des LSG werde bei der heute praktizierten Arbeitsteilung vom Hauer nicht mehr verlangt, daß er alle im Gedinge vorkommenden Arbeiten beherrsche. Da er wie ein Hauer entlohnt worden sei und Hauerarbeiten ausgeführt habe, müsse ihm auch die Qualifikation eines Facharbeiters zugestanden werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und unter Abänderung der
Entscheidung des SG die Beklagte zu verurteilen, ihm
Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer
Berufsfähigkeit ab Antragstellung (Oktober 1976) nach
Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nicht zu. Aufgrund der nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG ist "bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit" des Klägers iS des § 45 Abs 2 RKG nicht die Tätigkeit eines Hauers, sondern die des Neubergmannes.
Der Hauer ist der typische Facharbeiter des Bergbaus. Früher war seine Ausbildung im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau bergrechtlich geregelt (vgl §§ 324a ff der Bergpolizeiverordnung -BPVO- für die Steinkohlenbergwerke im Verwaltungsbezirk des Oberbergamtes in Dortmund vom 1. Mai 1935 idF der BPVO vom 1. Juli 1953). Heute verwendet dagegen die Bergverordnung den Hauerbegriff nicht mehr. So sieht zB § 45 der Bergverordnung des Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen für die Steinkohlenbergwerke (BVOSt) vom 20. Februar 1970 für die Beschäftigung unter Tage nur noch vor, daß die betreffenden Personen für die Tätigkeit im Steinkohlenbergbau unter Tage in einem Lehrberuf oder nach einem Plan ausgebildet worden sind und den Abschluß der Ausbildung nachweisen können. Auch ohne bergrechtliche Regelung der Ausbildung zum Hauer und ohne entsprechende Berufsordnung gibt es indes den Facharbeiterberuf des Hauers im Steinkohlenbergbau auch jetzt noch.
Die tarifliche Einstufung ist ein geeignetes Mittel, die Qualität des "bisherigen Berufs" iS der §§ 46 Abs 2 RKG, 1246 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) und der "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" iS des § 45 Abs 2 RKG festzustellen (vgl Bundessozialgericht -BSG- in SozR 2200 § 1246 Nrn 70 und 75 jeweils mwN; SozR 2600 § 45 Nr 23). Nicht nur die Stellung des Berufs innerhalb des Lohngefüges ist von Bedeutung, auch für die Beurteilung der qualitativen Anforderungen an die erforderliche Ausbildung sowie für die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten die die "bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit" voraussetzt, kann auf die tarifvertraglichen Regelungen zurückgegriffen werden. So hat der Senat bereits aus einem seit der Neuordnung des Entlohnungswesens im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau ab 1. Juni 1971 in den Lohnordnungen enthaltenen Zusatzes entnommen, daß der Hauerberuf seiner Qualität nach ein einheitlicher Beruf geblieben ist (Urteil vom 23. November 1976 in SozR 2600 § 45 Nr 13). Nach diesem Zusatz ist Hauer iS der Lohnordnung, a) wer eine Knappen- oder Hauerprüfung abgelegt hat, b) wem der Betrieb nach 2-jähriger Tätigkeit unter Tage schriftlich bestätigt hat, daß er die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten.
Der Kläger hat weder eine Knappen- oder Hauerprüfung abgelegt noch die in der Lohnordnung vorgesehene schriftliche Bestätigung der Hauerkenntnisse vom Arbeitgeber erhalten. Auch ohne die für einen bestimmten Beruf vorgesehene Ausbildung kann dieser dennoch sein "bisheriger Beruf" sein, wenn der Versicherte ihn nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt hat (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 70 mwN). Diese Rechtsprechung erfaßt die Fälle, in denen der Versicherte ohne Ausbildung nach längerer Ausübung der Tätigkeit von seinem Arbeitgeber hinsichtlich des qualitativen Werts der Kenntnisse und Fähigkeiten zB als Facharbeiter angesehen und eingestuft worden ist. Davon unterscheidet sich der Fall des Klägers, weil seine Arbeitgeberin ihn gerade nicht als Hauer anerkannt und ihn lediglich als Neubergmann geführt hat.
Wie der Senat bereits im Urteil vom 22. August 1975 - 5 RKn 6/75 - ausgeführt hat, ist davon auszugehen, daß die Berufstätigkeit, unter der der Arbeitgeber den Versicherten geführt und für die er ihn entlohnt hat, grundsätzlich die bisherige knappschaftliche Arbeit des Versicherten ist. Ausnahmen können nur in ganz besonders liegenden Ausnahmefällen anerkannt werden, wozu der vom LSG im Rechtsstreit des Klägers festgestellte Sachverhalt keine Handhabe bietet. In aller Regel werden berufliche Qualifikationen als Facharbeiter durch eine besondere Prüfung nachgewiesen. Charakteristisch sind insoweit die Gesellenprüfungen im Handwerk. Vergleichbar damit ist im Bergbau ua die Knappenprüfung, der eine Berglehre vorangegangen ist. Die bergmännische Tätigkeit unter Tage - verbunden mit besonderen Erschwernissen und Gefahren - bedingt es jedoch, auch andere Qualifikationsnachweise zuzulassen. Häufig wird nämlich der Beruf des Gedingearbeiters unter Tage nicht schon nach Beendigung der Schulausbildung sondern erst später aufgenommen. Der Senat hat daher seit jeher als Facharbeiter nicht nur den Hauer angesehen, der den Hauerschein über die grundsätzlich vorgesehene Ausbildung (Berglehre, Knappenprüfung, Hauerlehrgang und Hauerprüfung) erworben hat, sondern auch den Neubergmann, der nach mehrmonatiger Anlernung und Eingewöhnung unter Tage die Gedingearbeit aufgenommen hat und nach längerer Einarbeitung und Bewährung sowie nach Teilnahme an einem Hauerlehrgang die Hauerprüfung abgelegt hat (so Urteil des Senats vom 25. März 1966 in SozR Nr 16 zu § 46 RKG). Diese Entwicklung hat nun dazu geführt, daß die tarifliche Regelung im Zusatz zur Lohnordnung als Mindestanforderung für den Qualifikationsnachweis des Hauers die schriftliche Bestätigung der wesentlich bergmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten durch den Betrieb vorschreibt.
Im Vergleich zu anderen Facharbeiterberufen ist damit beim Hauer im Steinkohlenbergbau ein Zustand erreicht, der es gestattet, unabhängig von Prüfungen den objektiven Wert der Berufstätigkeit des einzelnen für den Betrieb zu qualifizieren. Da die bloße schriftliche Bestätigung iS des Zusatzes zur Lohnordnung einerseits ausreicht zum Nachweis der wesentlich bergmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten des Hauers, andererseits aber auch erforderlich ist, um Hauer iS der Lohnordnung zu sein, kann ohne die Bestätigung als Mindestvoraussetzung grundsätzlich kein Gedingearbeiter als Facharbeiter angesehen werden. Wer nach den Regelungen des Tarifvertrages kein Hauer ist, kann auch bei der Beurteilung von knappschaftlichen Rentenansprüchen - von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen - nicht als Hauer anerkannt werden. Der 5b Senat des BSG hat im Urteil vom 27. Januar 1981 (SozR 2200 § 1246 Nr 77) allerdings betont, daß für die tarifliche Einstufung nicht rechtserheblich sein kann, ob der Arbeitgeber - im Gegensatz zu der objektiven Qualität der ausgeübten Tätigkeit - diese im Einzelfall subjektiv für gerechtfertigt hält. Folgerungen aus dieser Entscheidung könnten hier allenfalls dann gezogen werden, wenn dem Kläger nach dem objektiven Wert seiner im Bergbau ausgeführten Arbeiten der schriftliche Qualifikationsnachweis des Hauers hätte erteilt werden müssen. Dies ist indes hier nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und daher für den erkennenden Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG nicht der Fall. Danach verfügte der Kläger jedenfalls nicht über die Kenntnisse und Fertigkeiten, die ihn befähigten, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten.
Zwar ergibt sich der objektive wirtschaftliche Wert der im Rahmen des § 45 Abs 2 RKG zu vergleichenden Tätigkeiten in der Regel allein aus der tariflich vorgeschriebenen Vergütung, auf die der Arbeitnehmer auf jeden Fall Anspruch erheben kann (vgl Urteil des Senats in SozR 2600 § 45 Nr 23 mwN). Dagegen ist es bei der qualitativen Beurteilung de "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" nicht ausschlaggebend, daß dem Kläger ein Lohn gezahlt worden ist, wie ihn auch Hauer erhalten haben. Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß die Besonderheiten der Entlohnung im Kameradschaftsgedinge keine Rückschlüsse auf die - insoweit entscheidende - berufliche Qualifikation des Klägers zulassen. Die Höhe des Gedingelohnes war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dadurch bestimmt, daß der Kläger vollwertig Hauerarbeiten verrichtet hat. Vielmehr erhielten auf der Schachtanlage, auf der er als Neubergmann tätig war, alle Gedingearbeiter unter Tage - unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation und ihrer (Einzel-) Leistung - das volle Kameradschaftsgedinge. Die im Steinkohlenbergbau praktizierte Zusammenarbeit von Bergleuten im Gruppen- und im Kameradschaftsgedinge läßt es meist nicht zu, die Arbeit des Einzelnen gesondert bei der Entlohnung zu bewerten. Vielmehr richtet sich der vereinbarte bergmännische Leistungslohn nach der Gesamtleistung der Gruppe, der Kameradschaft. Gilt ein Gedinge dabei für Arbeiter verschiedener Lohngruppen, so sind sie entsprechend ihrem Tariflohn am Gedinge zu beteiligen (§ 48 Abs 3 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus, gültig ab 1. September 1973). Für den Neubergmann besteht bei der Vergabe bergmännischer Arbeiten unter Tage im Gedinge tarifvertraglich nicht jeweils ein Anspruch auf gleiche Entlohnung wie die zum Gedinge gehörenden Hauer. Allerdings kann der Neubergmann auch von der Entlohnung im Gedinge profitieren. Ohne Hauer, die befähigt sind, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten vollwertig zu verrichten, ist ein Kameradschaftsgedinge normalerweise nicht möglich (vgl die Vorschrift des § 52 BVOSt betreffend Ortsälteste). Werden Bergleute, die bei unterschiedlicher beruflicher Qualifikation eine einheitliche Leistung erbringen tatsächlich gleich entlohnt, so können sie allein deshalb bei der Bewertung der "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" iS des § 45 Abs 2 RKG nicht gleich behandelt werden. Ein abweichendes Ergebnis rechtfertigt auch nicht ein weiterer, seit dem 1. Juni 1971 in den Lohnordnungen des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus enthaltener Zusatz betreffend die "Bezahlung bergfremder Personen (Neubergleute)". Danach erhalten diese vom dritten Jahr der Untertagetätigkeit an den für die ausgeübte Tätigkeit festgesetzten Tariflohn, es sei denn, der Neubergmann besitzt nachweislich nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten, die von einem Hauer verlangt werden. Folglich kann zwar für den Neubergmann tariflich Anspruch auf die Hauervergütung bestehen, damit ist er aber noch nicht Hauer iS der Lohnordnung und er hat den Lohnanspruch nicht als Hauer. Um den Neubergmann als Hauer anzusehen reicht die dem Betrieb in dem Zusatz der Lohnordnungen über die Bezahlung bergfremder Personen auferlegte Beweislast hinsichtlich der nicht vorhandenen Hauerkenntnisse nicht aus. Für die qualitative Beurteilung der "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" iS des § 45 Abs 2 RKG muß vielmehr positiv feststehen, daß es sich um einen vollwertigen Hauer mit entsprechender beruflicher Qualifikation handelt. Anderenfalls bleibt er Neubergmann.
Das LSG hat festgestellt, der Kläger besitze nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten, die von einem Hauer verlangt werden. Er sei nur kurzfristig im Abbau und ansonsten bei Unterhaltungs- und Sicherungsarbeiten in Strecken und Gesteinsbergen eingesetzt worden. Gestützt auf die Entscheidung des Senats vom 22. mai 1975 - 5 RKn 29/74 - hat das LSG als wesentlich für die fehlende Hauerqualifikation des Neubergmannes angesehen, daß dieser nicht alle im Gedinge vorkommenden Arbeiten verrichten und deshalb nicht selbständig arbeiten könne. Das erwähnte Urteil betrifft einen ehemaligen Lehrhauer. Der Senat hat im Hinblick auf den Neubergmann bereits ausgeführt, es gebe auch nach den neuen Lohnordnungen solche Arbeiter im Gedinge, die weitgehend der Hauerarbeit entsprechende Arbeiten verrichteten, ohne daß diese Arbeiten aber in vollem Umfang die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzten wie die Hauerarbeit (Urteil vom 27. Juni 1974 in SozR 2600 § 45 Nr 5). Ferner heißt es in der Entscheidung vom 23. November 1976 (SozR aaO Nr 15), ein Hauer müsse grundsätzlich sämtliche der in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischer Arbeiten verrichten können.
Der Kläger ist nun der Ansicht, daß es für die Hauerqualifikation nicht erforderlich sei, alle im Gedinge vorkommenden Arbeiten zu beherrschen. Die Rechtsprechung des Senats ist nicht dahin zu verstehen, der Neubergmann müsse erst alle vorkommenden Hauerarbeiten tatsächlich verrichtet haben, ehe er als Hauer anerkannt werden kann. Auch erfordert die Hauerqualifikation keinen Stand des Wissens und Könnens, der sich umfassend auf sämtliche Hauertätigkeiten erstreckt. Eine gewisse Spezialisierung ist durchaus möglich, ebenso etwa eine Konzentration auf bestimmte Abbaumethoden, nach denen auf der jeweiligen Schachtanlage verfahren wird. Der Senat hat lediglich gefordert, der Hauer müsse grundsätzlich die wesentlich bergmännischen Arbeiten verrichten können. Dies bedeutet, er muß in dem Bereich, in dem er ausgebildet worden ist, eigenverantwortlich allein arbeiten können und eine gewisse "Bandbreite" der Einsatzfähigkeit als Facharbeiter insofern besitzen, als er wegen seiner allgemeinen bergmännischen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nach kurzer Einweisung und Einarbeitung auch an anderen Betriebspunkten in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung mit wesentlich bergmännischen Arbeiten beschäftigt werden kann. Nur wer diesen Anforderungen genügt, kann im Vergleich zu anderen Berufssparten, etwa Handwerkern, als Facharbeiter eingestuft werden. Ausgehend von der unangegriffenen Feststellung, daß der Kläger im wesentlichen nur bei Unterhaltungs- und Sicherungsarbeiten in Strecken und Gesteinsbergen tätig gewesen ist, konnte das LSG ohne erkennbare Rechtsverletzung der Einstufung durch den Betrieb folgen, wonach der Kläger als Neubergmann anzusehen ist, weil er nicht in ausreichendem Maße die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die von einem Hauer verlangt werden.
Soweit der Kläger rügt, das LSG habe den Akteninhalt nicht genügend berücksichtigt, ist nicht substantiiert dargelegt worden, inwiefern dies nicht geschehen sei und wieso die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann. Der Kläger meint zwar, anhand seiner tatsächlichen Arbeitsleistung und der Entlohnung hätte das Berufungsgericht ihn als Hauer ansehen müssen. Darin allein kann aber noch keine, den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG entsprechende Rüge von Mängeln des Verfahrens gesehen werden.
Ausgehend von der "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" des Klägers als Neubergmann muß er sich auf die vom LSG genannten, im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten in knappschaftlichen Betrieben als Lampen- oder Maschinenwärter sowie als Verwieger 1 im Rahmen der Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit verweisen lassen. Zwar hat das LSG nicht geprüft, ob es sich insoweit um Tätigkeiten handelt, die von Personen mit einer dem Neubergmann ähnlichen Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben ausgeübt werden. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht bedurfte es aber trotz dieser unterlassenen Prüfung nicht, weil der Senat bereits eine solche Gleichwertigkeit der Kenntnisse und Fähigkeiten bei einem ehemaligen Lehrhauer hinsichtlich des Maschinenwärters und des Verwiegers 1 bejaht hat (Urteil vom 26. Februar 1975 - 5 RKn 1/74 -). Was in diesem Zusammenhang früher für den Lehrhauer gegolten hat, kann nun entsprechend auf den Neubergmann übertragen werden. Auch lassen die Erläuterungen der genannten Tätigkeiten in den Lohnordnungen zwischenzeitlich keine Veränderungen erkennen, die es geboten erscheinen ließen, neue oder zusätzliche Feststellungen vom LSG zu fordern.
Die begehrte Bergmannsrente steht dem Kläger somit nicht zu, so daß seine Revision zurückgewiesen werden mußte (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1659620 |
BSGE, 69 |