Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12.04.1960) |
SG Düsseldorf (Urteil vom 15.09.1958) |
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. April 1960 wird aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15. September 1958 wird zurückgewiesen.
Soweit die Revision der Beigeladenen den Ersatzanspruch nach §§ 1504 ff. der Reichsversicherungsordnung betrifft, wird sie zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtsmittelinstanzen zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I
Der Kläger, der als Maurer auf einer Baustelle in M. Gladbach-Großheide beschäftigt war, wurde am 6. Dezember 1956, gegen 18 Uhr, nach Beendigung seiner Arbeit auf dem Wege nach Hause von einem Verkehrsunfall betroffen. Er hatte keinen eigenen Hausstand; seine Frau wohnte noch bei ihren Eltern in M. Gladbach, Gierthmühlenstraße. Dort hielt sich der Kläger in seiner arbeitsfreien Zeit, vor allem zu den Mahlzeiten, regelmäßig auf. Seine Unterkunft im Kolpinghaus in der Aachener Straße in M. Gladbach diente ihm nur als Schlafstelle. Am Unfallabend legte er wie üblich den Weg von seiner Arbeitsstelle aus mit seinem Moped zurück. Auf der Künkelstraße unweit ihrer Kreuzung mit der Alsstraße versagte der Motor des Kraftrades. Der Kläger schob das Rad über die Straße auf den in seiner Fahrtrichtung linken Gehsteig, weil diese Stelle besser beleuchtet war, und behob durch das Reinigen der Zündkerze die Störung in kurzer Zeit. Er schob sodann das Moped auf dem Gehweg zur Straßenkreuzung und bog nach links in die Alsstraße ein. Dort brachte er den Motor in Gang. Bei der Rückkehr aus der Alsstraße stieß er einige Meter vor der Kreuzung zur Zeppelinstraße mit einem entgegenkommenden Kraftrad zusammen, stürzte und erlitt einen Schädelbasisbruch. An dem Abend herrschte regnerisches Wetter.
Die Beklagte, lehnte den Entschädigungsanspruch durch Bescheid vom 13. Mai 1957 mit der Begründung ab, der Unfall habe sich nicht auf dem direkten Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung, sondern auf einem mit der Reparatur des Mopeds zusammenhängenden und daher eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers dienenden Abweg ereignet.
Mit der Klage hiergegen hat der Kläger geltend gemacht: Die Alsstraße habe er nach dem Auswechseln der Zündkerze zum Ausprobieren des Mopeds aufgesucht, weil der Verkehr dort nicht so lebhaft gewesen sei wie auf der Kunkel-, Zeppelinstraße. Er habe befürchtet, daß das Moped, das mittels Pedale habe angetreten werden müssen, nicht sofort ansprang und dadurch Schwierigkeiten im Verkehr hätten entstehen können, zumal da er auf der Hauptstraße hintereinander zwei durch Verkehrsampeln gesicherte Straßenkreuzungen hätte überqueren müssen.
Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) für den Stadtbezirk Neuß ist auf ihren Antrag zum Verfahren beigeladen worden.
Nachdem das Sozialgericht (SG) am 15. September 1958 am Unfallort eine Augenscheinseinnahme durchgeführt hatte, wobei insbesondere festgestellt wurde, daß die Zeppelinstraße in der Fahrtrichtung des Klägers leicht ansteigt, verurteilte es entsprechend dem übereinstimmenden Antrag des Klägers und der Beigeladenen die Beklagte, den Unfall als versicherten Wegeunfall anzuerkennen und den Kläger nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen. Das SG ist der Ansicht, durch die kurzdauernde Reparaturarbeit des Klägers an dem Moped und das anschließende Wiederinbetriebsetzen des Fahrzeugs sei der Versicherungsschutz auf seinem Heimweg nicht unterbrochen worden, da die Beseitigung des Motorschadens und das Ausprobieren des instandgesetzten Mopeds auf der weniger belebten Alsstraße als eine vernünftige Handlungsweise des Klägers im Interesse der Zurücklegung seines an sich versicherten Heimwegs gelegen hätten.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 12. April 1960 die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Es sei unzweifelhaft, daß der Kläger bei seinen Schwiegereltern seine Wohnung, im Kolpinghaus dagegen nur eine Behelfsunterkunft habe. Der Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung der Schwiegereltern sei daher sein Heimweg im Sinne des § 543 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewesen. Dieser Heimweg sei am 6. Dezember 1956 auch nicht dadurch unterbrochen worden, daß unterwegs die Reparatur des Mopeds nötig wurde. Sie habe ausschließlich dazu gedient, den Heimweg fortsetzen zu können. Hingegen sei der geschützte Weg dadurch unterbrochen worden, daß der Kläger den direkten Heimweg nach der Ausführung der Reparatur verlassen habe und, um das instandgesetzte Fahrzeug auszuprobieren, in die Alsstraße eingebogen sei. Der Unfall sei auf einem Abweg eingetreten, der für die Zurücklegung des Heimwegs nicht erforderlich gewesen sei. Die Verkehrsverhältnisse hätten das Ausprobieren auf der Künkel-, Zeppelinstraße nicht gehindert. Nach dem Ergebnis, der Beweisaufnahme habe der Kläger nicht überzeugend dargetan, daß er in die Alsstraße ausschließlich deshalb abgebogen sei, weil er ungefährdet die reparierte Zündung habe ausprobieren wollen. Aus den verschiedenen, sich widersprechenden und daher unglaubwürdigen Erklärungen des Klägers über den Beweggrund seines Abbiegens in die Alsstraße habe mit Rücksicht darauf, daß der Abweg in diese Straße zur fahrtechnischen Überprüfung des reparierten Mopeds nach den gegebenen Umständen nicht geboten gewesen sei, nur der Schluß gezogen werden können, daß der Kläger ausschließlich aus persönlichen Gründen in die Alsstraße eingebogen sei, um entweder auf dieser Straße das Moped auszuprobieren oder auf der Alsstraße bzw. in deren Verlängerung eine andere private Besorgung zu machen, die in keinem Zusammenhang mit seiner Beschäftigung gestanden habe. Da der Kläger noch in der Alsstraße, also vor dem Wiedererreichen seines direkten Heimweges, gestürzt sei, habe sich der Unfall auf einer Wegstrecke ereignet, die nicht nach § 543 RVO geschützt gewesen sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Das Urteil ist dem Kläger und der beigeladenen AOK am 2. September 1960 zugestellt worden. Beide haben dagegen Revision eingelegt, und zwar der Kläger am 29. September 1960 und die Beigeladene am 28. September 1960.
Der Kläger hat seine Revision am 11. Oktober 1960 wie folgt begründet: Das LSG habe verkannt, daß die Abweichung in die Alsstraße erforderlich gewesen sei, um das Moped nach der Reparatur auszuprobieren. Die Kunkel-, Zeppelinstraße sei dafür nicht geeignet gewesen, da sie als Teil der Bundesstraße (Aachen-Düsseldorf) zur Unfallzeit wegen des Berufsverkehrs zwischen M. Gladbach und den außerhalb liegenden Wohnbezirken stark befahren, außerdem durch parkende und anhaltende Fahrzeuge verengt gewesen sei. Das Erproben des Fahrzeuges auf der Alsstraße sei als Fortsetzung der Reparatur anzusehen und ebensowenig wie diese als Unterbrechung des nach § 543 Abs. 1 RVO versicherten Heimweges zu werten.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, den Kläger aus Anlaß des Unfalls vom 6. Dezember 1956 nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen,
Die beigeladene AOK hat mit der Begründung ihrer Revision am 22. Oktober 1960 im wesentlichen auf dieselben rechtlichen Gesichtspunkte hingewiesen, die der Kläger geltend gemacht hat. Sie hebt besonders hervor: Der Kläger hätte damit rechnen Güssen, daß das Ingangbringen seines Mopeds Schwierigkeiten bereitete und auf diese Weise eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer auf der verkehrsreichen Künkelstraße zu gewärtigen gewesen sei. Er habe mit seinem Verhalten jedenfalls zweckmäßig und vorsichtig gehandelt; das LSG hätte seine Angaben nicht deshalb für unglaubwürdig halten dürfen, weil er sie im Laufe des Verfahrens substantiierter vorgebracht habe. Die Erprobung des Mopeds, die objektiv zweckmäßig auf dem Gehweg und der ruhigeren Nebenstraße ausgeführt wurde, sei rechtlich nicht von der vorangegangenen Reparatur zu trennen. Der gesamte Vorgang habe auch nur eine geringe Verzögerung des Heimweges gebracht. Eigenwirtschaftliche Interessen habe der Kläger unterwegs nicht verfolgt; er sei nur bestrebt gewesen, seine Wohnung zu erreichen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und festzustellen, daß die Beklagte den Kläger aus Anlaß seines Unfalls nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen und ihr, der AOK, nach §§ 1504 bis 1510 RVO Ersatz zu leisten hat.
Sie Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie meint: Der Versicherungsschutz entfalle schon deshalb, weil das Instandsetzen des schadhaften Motors als eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht der Zurücklegung des Heimwegs zugerechnet werden könne; die Reparatur und das anschließende Ausprobieren seien als einheitlicher Vorgang anzusehen, so daß auch die zum Unfall führende Fahrt auf der Alsstraße nicht dem Versicherungsschutz unterstanden haben könne. Die Bindungswirkung der Feststellung des angefochtenen Urteils, daß der Kläger nicht gezwungen gewesen sei, die Probefahrt auf der Alsstraße auszuführen, sei nicht durch wirksame Revisionsangriffe erschüttert worden.
Sämtliche Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Senat hat von dieser Entscheidungsmöglichkeit Gebrauch gemacht (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen AOK sind durch Zulassung statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie sind auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; beide Revisionen sind zulässig. Auch die AOK durfte selbständig das Rechtsmittel einlegen. Diese Befugnis folgt, wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat, aus ihrer Rechtsstellung als Beigeladener (BSG 6, 161; 8, 293; 9, 114; 11, 264). Bei dem „einfach” Beigeladenen ist diese Befugnis gegenüber dem „notwendig” Beigeladenen nach § 75 Abs. 4 SGG allerdings insofern eingeschränkt, als sich seine Verfahrenshandlungen im Rahmen der Anträge der übrigen Beteiligten halten müssen. Es ist ihm versagt, die Streitlage über die Anträge der anderen Beteiligten hinaus zu beeinflussen; das Ziel seines Rechtsmittels darf nur sein, ein Urteil zu erstreiten, welches sich im Rahmen eines der im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge einer Partei hält. Er darf also dem Rechtsstreit nicht eine von dem Willen beider Parteien abweichende Richtung geben. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben, da die beigeladene AOK in erster Linie die Verurteilung der Beklagten zur Entschädigungsleistung an den Kläger erstrebt. Ihr gleichzeitig, und zwar erstmals im Revisionsverfahren gestellter Antrag auf Feststellung, daß ihr die Beklagte Ersatz nach §§ 1504 ff. RVO zu leisten habe, ist unschädlich; denn auch dieser Antrag liegt in der Zielrichtung des Prozeßbegehrens des Klägers, so daß die Zulässigkeit der Revision der beigeladenen AOK nicht davon abhängt, ob ihre Beiladung nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 75 SGG geboten war.
Die Revisionen hatten auch Erfolg, diejenige der Beigeladenen allerdings nur, soweit sie den Entschädigungsanspruch des Klägers betrifft.
Der Auffassung des LSG, der Kläger habe nicht mehr unter Versicherungsschutz nach § 543 Abs. 1 RVO gestanden, als ihm der Verkehrsunfall auf der Alsstraße zustieß, ist der erkennende Senat nicht beigetreten. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei während einer Unterbrechung seines versicherten Heimweges verunglückt, ist nicht bedenkenfrei. Zwar ist es zunächst in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger auf seinem üblichen Heimweg von der Arbeitsstätte unterwegs war, als er etwa 50 m vor der Straßenkreuzung Künkel-/Alsstraße in M. Gladbach durch einen Motorschaden seines Mopeds an der Weiterfahrt gehindert wurde. Auch von der Beklagten wird nicht in Zweifel gezogen, daß der Kläger damals, den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse in der Wohnung seiner Schwiegereltern hatte und daß er sich dorthin von der Arbeitsstätte aus auf der zum Unfall führenden Fahrt begeben wollten. Die Vorinstanzen haben ferner zutreffend angenommen, daß der Kläger den Versicherungsschutz auf diesem Wege nicht durch die Behebung des Motorschadens, der nur im Reinigen der Zündkerze bestand, unterbrochen hat. Den eingehenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils hierzu ist in vollem Umfange beizupflichten. Sie stehen im Einklang mit der in Rechtsprechung und Schrifttum fast einhellig vertretenen Auffassung, daß Maßnahmen der Versicherten zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit eines Beförderungsmittels, das zur Zurücklegung des Weges von und nach der Arbeitsstätte benutzt wird, dem Versicherungsschutz nach § 543 Abs. 1 RVO unterstehen, wenn sie unvorhergesehen während der Zurücklegung eines solchen Weges erforderlich werden (vgl. LSG Niedersachsen in BG 1959, 262; Hess. LSG in Breith. 1958, 528 und 1961, 226; SG Kassel in SGb 1960, 52 sowie Fink in BG 1955, 251 und Podzun in ZfS 1960, 147). Schon das Reichsversicherungsamt hatte sich zu dieser Auffassung bekannt (Breith. 1935, 394), nachdem es in EuM 30, 320 noch der Ansicht gewesen war, daß die Reparatur eines Kraftrades als eine rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen sei. Maßnahmen der angeführten Art. sind vor allem Instandsetzungsarbeiten und – bei Kraftfahrzeugen – das Nachfüllen von Treibstoff, wenn diese Besorgungen unerwartet notwendig geworden sind, weil sonst mindestens der restliche Weg nicht in angemessener Zeit zurückgelegt werden könnte. Es dürfen keine Umstände vorliegen, nach denen den Versicherten zuzumuten wäre, den Weg ohne das betriebsunfähige Beförderungsmittel etwa zu Fuß oder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fortzusetzen. Auch darf die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit nach Art. und Zeitaufwand nicht in einem Mißverhältnis zur Dauer des Weges im ganzen stehen. Sie muß sich auf solche Verrichtungen beschränken, die nötig sind, um die Fortsetzung des gestörten Weges von oder nach der Arbeitsstätte zu ermöglichen. Diesen Erfordernissen ist im vorliegenden, Fall genügt, wie insbesondere aus dem Hinweis des erstinstanzlichen Urteils erhellt, daß der Kläger ohne Ausführung der nur wenige Minuten beanspruchenden Reinigung der feucht gewordenen Zündkerze das Moped an dem Unfallabend noch etwa eine halbe Stunde lang durch teilweise verkehrsreiche Straßen hätte schieben müssen. Die Instandsetzung des Mopeds diente somit der Zurücklegung des versicherten Heimweges und stand daher wie dieser im inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers im Unternehmen im Sinne des § 343 Abs. 1 RVO. Die abweichende Ansicht der Beklagten überzeugt nicht; sie wird insbesondere nicht durch die Entscheidung in BSG 7, 255 gestützt, die das Besorgen einer Arbeiterwochenkarte an einem arbeitsfreien Sonnabend betraf. Dort handelte es sich im grundlegenden Unterschied zu dem hier zu entscheidenden Falle um eine Verrichtung zur Vorbereitung der Arbeitsaufnahme (Zurücklegung des Weges von und nach der Arbeitsstätte mit der Eisenbahn) für die nächste Arbeitswoche.
Ebenso wie die Reparatur des Motors diente nach Ansicht des erkennenden Senats auch das anschließende Inbetriebsetzen des Mopeds wesentlich der Zurücklegung des versicherten Heimweges. Das LSG, das offenbar geneigt ist, das Ausprobieren eines instandgesetzten Kraftrades im allgemeinen der Reparaturarbeit zuzurechnen, verneint im vorliegenden Fall den Versicherungsschutz für das Ausprobieren der Maschine, aus dessen Anlaß der Kläger verunglückte, nur deshalb, weil er zu diesem Zweck nicht auf seinem eigentlichen Heimweg, der Künkel-, Zeppelinstraße, geblieben, sondern ohne zwingenden Grund in die Alsstraße abgewichen sei. Dieser Auffassung hat sich der erkennende Senat nicht angeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom LSG als erwiesen angesehene Geschehensablauf unter Berücksichtigung der Straßenverkehrsverhältnisse, die zur Unfallzeit bestanden, in jeder Hinsicht mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Auch wenn nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils der vom LSG gezogene Schluß gerechtfertigt wäre, daß es für den Kläger nicht unbedingt erforderlich gewesen sei, die Alsstraße zum Starten des reparierten Mopeds und zum Prüfen der Betriebsfähigkeit aufzusuchen, fehlte es bei dem gegebenen Sachverhalt nach Ansicht des erkennenden Senats gleichwohl nicht an den für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes notwendigen inneren Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers vom Abschluß der Reparatur bis zum Unfall und der Zurücklegung seines Heimweges.
Die rechtliche Bewertung der Umstände, die zu dem Entschluß des Klägers führten, für die Probefahrt die Alsstraße zu benutzen, ist dem Revisionsgericht durch folgende, im angefochtenen Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen ermöglicht: Die Motorpanne war in der verkehrsreichen, durch M. Gladbach führenden, Aachen mit Düsseldorf verbindenden Bundesstraße eingetreten. Die diese Straße kreuzende Alsstraße ist weniger belebt. Nachdem der Kläger den Motorschaden behoben und zu diesem Zweck wegen der besseren Beleuchtung die linke Straßenseite der Künkelstraße aufgesucht hatte, schob er das Moped dort auf dem Gehweg in die Fahrbahn der Alsstraße, um sich von der Betriebsfähigkeit des Kraftrades zu überzeugen.
Bei der bestehenden Verkehrslage bot sich dem Kläger geradezu an, zur Erprobung des reparierten Mopeds in der geschehenen Weise zu verfahren. Es ist nicht ersichtlich, daß er sich damit aus Gründen, die mit dem allein geschützten Zweck, nämlich den mit der vorangegangenen Arbeitstätigkeit zusammenhängenden Heimweg zurückzulegen, nicht mehr vereinbar wären, von diesem Wege abgewandt hätte. In diesem Sinne ist unschädlich, daß er verantwortungsbewußt das Starten auf dem belebteren direkten Heimweg zu Gunsten des geringeren Wagnisses unterließ. Vom Kläger, der noch nicht wußte, ob er sich mit dem reparierten Moped sogleich wieder in den Straßenverkehr einschleusen durfte, zu verlangen, daß er die ihm zu Recht günstiger erscheinende Probestrecke nicht wählte, sondern auf der Hauptstraße blieb, hieße, die Anforderungen an die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes in Fällen der vorliegenden Art. zu überspannen und sich überdies in Widerspruch zu den Erfordernissen verkehrssicheren Verhaltens von Kraftfahrern zu setzen. Da sich der Kläger auch nach den Feststellungen des LSG nicht unverhältnismäßig lange in der Alsstraße aufgehalten hat, trug der erkennende Senat keine Bedenken, die Versuchsfahrt, die im Zuge der Zurücklegung des Heimweges ausgeführt worden ist, als Bestandteil dieses Weges anzusehen. Ob der Kläger, wie das LSG vermutet hat, bei dieser Gelegenheit die Alsstraße noch aus einem anderen, nicht geklärten, aber rein privaten Zweck aufgesucht hatte, brauchte nicht näher geprüft zu werden, da nach den bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils keinerlei Anhalt dafür ersichtlich ist, daß ein derartiger Zweck so ausschlaggebend in den Vordergrund getreten wäre, daß die Unfallfahrt auf der Alsstraße nicht mehr wesentlich mit der Zurücklegung des Heimweges zusammenhing.
Nach alledem hat der erkennende Senat den Unfall, der den Kläger am 6. Dezember 1956 aus Anlaß seines Weges von der Arbeitsstätte betroffen hat, entgegen der Auffassung des LSG als einen zur Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung berechtigenden Wegeunfall im Sinne des § 543 RVO angesehen.
Auf die Revision des Klägers und die insoweit begründete Revision der Beigeladenen mußte daher das Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen werden.
Soweit der Revisionsantrag der Beigeladenen auch auf die Feststellung ihres Ersatzanspruchs gegen die Beklagte nach §§ 1504 ff. RVO gerichtet ist, konnte ihre Revision keinen Erfolg haben. Dieser Anspruch ist nicht Gegenstand des Streitverfahrens; über ihn haben die Vorinstanzen auch nicht entschieden. Er konnte daher als selbständiger, im Revisionsverfahren erstmalig geltend gemachter Anspruch vom BSG nicht geprüft werden (§ 168 SGG). Der Senat mußte die Revision insoweit als unbegründet zurückweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Brackmann, Demiani, Hunger
Fundstellen