Leitsatz (amtlich)
1. Eine Versicherte, die früher Arbeitnehmerin gewesen ist, zuletzt aber seit längerer Zeit nur noch Hausfrau war, tritt schon dadurch wieder in den Kreis derjenigen ein, die "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegen" (AVAVG § 75 Abs 1), daß sie den ernsthaften Entschluß faßt, wieder als Arbeitnehmerin tätig zu sein.
2. Zur Frage, welche Anforderungen an den Nachweis des ernsthaften Entschlusses, wieder als Arbeitnehmerin tätig zu sein, zu stellen sind.
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Anwendung des Begriffs "arbeitslos" in RVO § 1248 Abs 2 sind die AVAVG §§ 75, 76 zur Auslegung heranzuziehen.
Normenkette
RVO § 1248 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 75 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03, § 76 Fassung: 1957-04-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. März 1961 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. Juli 1959 und unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. Juni 1960 dem Grunde nach verurteilt wird, der Klägerin Altersruhegeld vom 1. Juni 1959 bis 30. November 1959 und vom 1. November 1960 an zu gewähren und daß die Klage im übrigen abgewiesen wird.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die am ... 1898 geborene Klägerin war von 1915 bis 1932 sowie von Ende 1944 bis Anfang 1945 versicherungspflichtig beschäftigt und hat insgesamt 807 Beitragswochen in der Rentenversicherung der Arbeiter zurückgelegt. Sie war seit 1924 verheiratet. Ihr Ehemann ist am 6. Dezember 1956 gestorben. Er bezog von der Beklagten zuletzt eine Rente in Höhe von monatlich 123,60 DM. Die Klägerin erhielt vom 1. Januar 1957 an eine Witwenrente in Höhe von monatlich 130,50 DM. Ein im Mai 1957 gestellter Antrag, ihr aus ihrer eigenen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren, blieb ohne Erfolg. Ihre Klage nahm sie am 11. September 1958 zurück. Bereits während des Laufes dieses Verfahrens, am 24. Juni 1958, meldete sich die Klägerin beim Arbeitsamt als arbeitsuchend und kam einmal im Monat bis zum 19. Juni 1959 der Meldepflicht nach. Am 12. Mai 1959 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes gemäß § 1248 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Von Anfang Dezember 1959 bis August 1960 war sie arbeitsunfähig krank und vom 22. August bis zum 5. Oktober 1960 war sie als Heimarbeiterin beschäftigt. Am 18. Oktober 1960 meldete sie sich wieder beim Arbeitsamt als arbeitsuchend und kam der monatlichen Meldepflicht nach. Außerdem bemühte sie sich auch mehrfach durch unmittelbare Bewerbungen eine Arbeitsstelle zu erhalten.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 7. Juli 1959 den Antrag der Klägerin auf Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht arbeitslos, weil sie seit Februar 1945 keine berufsmäßige Arbeitnehmerin mehr sei und auch der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Die Meldekontrollen beim Arbeitsamt seien bei Würdigung aller Umstände kein Prüfstein des Arbeitswillens.
Das Sozialgericht (SG) Itzehoe hat am 27. Juni 1960 diesen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin einen Bescheid mit der Maßgabe zu erteilen, daß diese seit dem 24. Juni 1958 arbeitslos sei. Als arbeitslos im Sinne des § 1248 Abs. 2 RVO seien diejenigen Versicherten anzusehen, die den ernsthaften Willen gezeigt hätten, in Zukunft als berufsmäßige Arbeitnehmer tätig zu sein, denen es aber nicht gelungen sei, einen Arbeitsplatz zu erhalten.
Auf die Berufung der Beklagte hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 24. März 1961 das Urteil des SG abgeändert; es hat die Beklagte in Abänderung ihres Bescheides vom 7. Juli 1959 verurteilt, der Klägerin über die Gewährung des Altersruhegeldes für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 1959 und vom 1. November 1960 an einen Bescheid zu erteilen; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.
Das LSG ist davon ausgegangen, daß zur Auslegung des in § 1248 Abs. 2 RVO enthaltenen Begriffs "arbeitslos" die Vorschriften des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung (AVAVG) heranzuziehen seien. Hierbei sei jedoch nicht von der jeweiligen Fassung dieser Vorschriften auszugehen, also im vorliegenden Falle nicht von der gegenwärtigen Fassung des § 75 AVAVG, nach welcher nur berufsmäßige Arbeitnehmer arbeitslos sein können, sondern von der bei Erlaß des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) - durch das § 1248 RVO seine jetzige Fassung erhalten hat - gültigen früheren Fassung, d.h. hier von den §§ 87, 87a AVAVG aF. Hiernach sei arbeitslos, wer dem allgemeinen Arbeitsmarkt subjektiv und objektiv zur Verfügung stehe. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin, die sich seit dem 24. Juni 1958 um eine Arbeitsstelle bemüht habe, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern, gegeben. Nur während der Zeit ihrer Erkrankung und ihrer Beschäftigung als Heimarbeiterin, also von Dezember 1959 bis Ende Oktober 1960, seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen. Da die Klägerin mithin vor Ablauf des Monats Juni 1959 ein Jahr arbeitslos gewesen sei und sie auch die übrigen Voraussetzungen des § 1248 Abs. 2 RVO erfüllt habe, stehe ihr das vorzeitige Altersruhegeld vom 1. Juni bis zum 30. November 1959 und vom 1. November 1960 an zu. Bei der Wiedergewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes sei im Gegensatz zum erstmaligen Entstehen dieses Anspruchs nicht vorgesehen, daß die Arbeitslosigkeit erneut ein Jahr lang bestanden haben müsse.
Gegen das ihr am 13. Juli 1961 zugestellte Urteil, in dem die Revision zugelassen ist, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. Juli 1961, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 1. August 1961, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22. August 1961, eingegangen beim BSG am 23. August 1961, begründet. Sie rügt Verletzung des § 1248 Abs. 2 RVO und meint, das LSG habe den in dieser Vorschrift enthaltenen Begriff der Arbeitslosigkeit zu Unrecht als erfüllt angesehen. Entgegen der vom LSG vertretenen Rechtsansicht seien zur Auslegung dieses Begriffs nicht die §§ 87, 87 a AVAVG aF, sondern die §§ 75, 76 AVAVG heranzuziehen. Die Klägerin sei 1945 aus dem Kreise der berufsmäßigen Arbeitnehmer ausgeschieden und könne daher im Zeitpunkt der Meldung beim Arbeitsamt im Jahre 1958 nicht als arbeitslos im Sinne des § 75 AVAVG und des § 1248 Abs. 2 RVO angesehen werden. Sie erfülle aber auch nicht die subjektiven Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit, weil die Umstände darauf hinwiesen, daß bei ihr kein ernstlicher Arbeitswille bestanden habe und sie sich nur deshalb arbeitslos gemeldet habe, um das vorzeitige Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO zu erhalten. Bei dem seit 1958 herrschenden Mangel an Arbeitskräften hätte die Klägerin bei wirklichem Arbeitswillen ohne weiteres eine Beschäftigung finden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 24. März 1961 sowie das Urteil des SG Itzehoe vom 27. Juni 1960 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 24. März 1961 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, sie sei auch dann als arbeitslos anzusehen, wenn dieser Begriff nach den §§ 75, 76 AVAVG beurteilt werden müsse.
Der zulässigen Revision mußte der Erfolg versagt bleiben. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Klägerin Anspruch auf vorzeitiges Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 2 RVO zusteht. Die Klägerin hat, nachdem sie bereits am 24. Oktober 1958 das 60. Lebensjahr vollendet hatte, am 12. Mai 1959 die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes beantragt. Mit 807 Beitragswochen, die nach § 1249 RVO voll zu berücksichtigen sind, und die nach § 1250 Abs. 2 RVO als 187 Kalendermonate anzurechnen sind, hat die Klägerin die Wartezeit von 180 Kalendermonaten nach § 1248 Abs. 4 RVO erfüllt. Entscheidend kam es daher nur noch darauf an, ob die Klägerin seit mindestens einem Jahr arbeitslos war. Da die RVO keine Bestimmung des Begriffs der Arbeitslosigkeit enthält, sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG (BSG 9, 74; SozR RVO § 1248 Aa 8 Nr. 8; Aa 11 Nr. 9) die entsprechenden Vorschriften des AVAVG zur Auslegung heranzuziehen, soweit sie mit dem Zweck des § 1248 Abs. 2 RVO zu vereinbaren sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist allerdings nicht die bei Erlaß des § 1248 Abs. 2 RVO, sondern die bei Eintritt des Versicherungsfalles geltende Fassung des AVAVG anzuwenden, wie das BSG in den o.a. Urteilen ebenfalls bereits entschieden hat.
Dies bedeutet, daß hier nicht die §§ 87, 87 a AVAVG aF, sondern § 75 AVAVG heranzuziehen ist. Obwohl der Begriff der Arbeitslosigkeit allein in § 75 AVAVG definiert ist, ist doch dem Zweck des § 1248 Abs. 2 RVO entsprechend Arbeitslosigkeit im Sinne dieser letzten Vorschrift nur dann als vorliegend anzusehen, wenn zusätzlich die in § 76 AVAVG genannten Voraussetzungen (subjektive und objektive Verfügbarkeit) erfüllt sind, wie ebenfalls vom BSG bereits entschieden ist (SozR SozVers RVO Aa 11 Nr. 9; Aa 12 Nr. 10. Denn dem Zweck des § 1248 Abs. 2 RVO entspricht es, daß nur diejenigen älteren Versicherten in den Genuß des vorzeitigen Altersruhegeldes gelangen, die lediglich infolge ihres Alters unverschuldet ohne Arbeit sind, nicht aber diejenigen, die aus anderen Gründen, etwa weil sie subjektiv oder objektiv der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen, ohne Arbeit bleiben.
Nach § 75 Abs. 1 AVAVG ist arbeitslos, wer berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und nicht im Betrieb eines Angehörigen mithilft. Es war zunächst zu prüfen, ob die Klägerin, die seit 1945 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stand, "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmerin tätig zu sein pflegt". Dieser Begriff stimmt nicht mit dem des "Arbeitnehmers" überein. Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, daß derjenige, der seinen Arbeitsplatz verloren oder aufgegeben, aber den Willen hat, bei nächster sich bietender Gelegenheit wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, z.Zt. zwar kein Arbeitnehmer ist, aber dennoch "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt". Andererseits ist derjenige, der seinen Arbeitsplatz verloren oder aufgegeben hat, aber nicht den Willen hat, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, aus dem Kreis derjenigen ausgeschieden, die "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegen". Die Klägerin ist daher seit 1945 sicherlich nicht mehr diesem Kreis zuzurechnen. Es fragte sich allerdings, ob eine solche Versicherte durch einen späteren ernsthaften Willensentschluß, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, erneut in diesen Kreis eintritt oder ob dies, wie die Beklagte meint, nur durch tatsächliche Arbeitsaufnahme möglich ist. Der erkennende Senat hält die erstere Auffassung für zutreffend. Die Dauer der seit dem Verlust oder der Aufgabe des Arbeitsplatzes verstrichenen Zeit ist nicht geeignet, ein Kriterium für die Beantwortung der Frage abzugeben, ob jemand zu diesem Kreis zu rechnen ist. Es bleibt daher nur, den unterschiedlichen Willen desjenigen, der bei Aufgabe oder Verlust seines Arbeitsplatzes nicht mehr abhängig tätig sein will, und desjenigen, der bei Aufgabe oder Verlust des Arbeitsplatzes den Willen hat, bei nächster Gelegenheit wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, als entscheidendes Kriterium hierfür anzusehen. Wenn dies aber richtig ist, so muß auch allein der spätere Willensentschluß, nunmehr wieder abhängige Arbeit aufnehmen zu wollen, genügen, um einen solchen Versicherten wieder in den Kreis derjenigen eintreten zu lassen, die berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegen. Jedenfalls entspricht diese Auslegung allein dem Zweck des § 1248 Abs. 2 RVO. Denn dieser geht, ebenso wie der des früheren § 397 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF dahin, älteren Arbeitnehmern, die lediglich wegen ihres Alters, nicht aber aus sonstigen Gründen keinen Arbeitsplatz mehr finden, das vorzeitige Altersruhegeld zu gewähren, damit sie nicht auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder der Fürsorge (Sozialhilfe) angewiesen sind. Eine Auslegung des § 75 Abs. 1 AVAVG aber, nach welcher diejenigen Versicherten, die zwar früher einmal Arbeitnehmer gewesen sind, aber seit längerer Zeit nicht mehr als solche tätig waren - etwa die Hausfrauen oder die Selbständigen - so lange nicht als von diesen Vorschriften erfaßt angesehen werden, wie sie nicht wieder Arbeit aufgenommen haben, würde auch diejenigen älteren Versicherten von der Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes ausschließen, die auf Grund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage gezwungen sind, wieder als Arbeitnehmer tätig zu sein, die aber wegen ihres Alters keinen Arbeitsplatz mehr finden und daher u.U. der Fürsorge zur Last fallen. Dies aber würde dem Zweck dieser Vorschriften nicht entsprechen.
Andererseits darf sicherlich - insoweit ist der Beklagten zuzustimmen - nicht außer acht gelassen werden, daß bei dieser Gruppe von Versicherten die Gefahr eines Mißbrauchs der in § 1248 Abs. 2 RVO gewährten Vergünstigung besteht. Diese Gefahr kann aber weitgehend ausgeschlossen werden, wenn bei dem Nachweis des ernsthaften Willens, wieder als Arbeitnehmer tätig zu werden, die unter diesen Umständen gebotenen strengen Maßstäbe angelegt werden. Bei Versicherten, die lange Zeit nicht mehr als Arbeitnehmer tätig waren und die sich nun in höherem Alter, d.h. vor, bei oder nach Erreichung des 60. Lebensjahres beim Arbeitsamt als arbeitsuchend melden, ohne daß in ihren persönlichen, vor allem in ihren wirtschaftlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist und ohne daß die Höhe ihres jetzigen Einkommens diesen Schritt für einen unbefangenen einsichtigen Betrachter naheliegend erscheinen läßt, spricht vieles dafür, daß sie dies nur tun, um in den Genuß des vorzeitigen Altersruhegeldes zu gelangen. Die Meldung beim Arbeitsamt als arbeitsuchend und auch sonstige Suche nach Arbeit wird in diesen Fällen daher alleine nicht ausreichen, um den Nachweis des ernsthaften Willens, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, als erbracht anzusehen. Eine andere Beurteilung wird dann angebracht sein, wenn sich die persönlichen, vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten vor der Meldung beim Arbeitsamt wesentlich geändert haben und die jetzigen Verhältnisse des Versicherten es jedem unbefangenen einsichtigen Betrachter naheliegend erscheinen lassen, daß ein solcher Versicherter noch einmal den Entschluß faßt, wieder als Arbeitnehmer tätig zu sein. In einem solchen Falle wird man davon ausgehen können, daß die Meldung des Versicherten beim Arbeitsamt dem ernsthaften Willen entspricht, wieder als Arbeitnehmer tätig sein zu wollen. Wenn unter Beachtung dieser Grundsätze dieser Nachweis nicht als erbracht angesehen werden kann, muß nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast der Anspruch abgelehnt werden. Denn nach diesem Grundsatz geht die Unmöglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs festzustellen, zu Lasten desjenigen, der diesen Anspruch erhebt.
Das Berufungsgericht hat, wenn auch bei der Anwendung der §§ 87, 87a AVAVG aF festgestellt, daß die Klägerin den ernsthaften Willen hatte, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen. Hieran ist der erkennende Senat nach § 163 SGG gebunden. Die Beklagte hat zwar diese Feststellung angegriffen. Diese Rüge greift jedoch nicht durch. Das Ergebnis einer Beweiswürdigung kann in der Revisionsinstanz nicht mit Ausführungen angegriffen werden, die dartun sollen, daß es von einem anders wertenden Standpunkt aus nicht gerechtfertigt erscheint. Das Revisionsgericht kann die Würdigung der Beweise durch die letzte Tatsacheninstanz nicht durch eine eigene Beweiswürdigung ersetzen, sondern die Feststellungen des Vorderrichters nur darauf hin nachprüfen, ob sie verfahrensrechtlich fehlerhaft zustande gekommen sind. Insoweit würde ein Mangel im Verfahren des LSG jedoch nur vorliegen, wenn das LSG z.B. Erfahrungssätze verletzt, gegen Denkgesetze verstoßen oder sonst die gesetzlichen Grenzen seines Rechts überschritten hätte. Für einen solchen Verfahrensmangel fehlt es hier jedoch an hinreichendem Anhalt um so mehr, als das Berufungsgericht sich nicht ausschließlich auf die Meldung der Klägerin beim Arbeitsamt und ihre privaten Bemühungen um einen Arbeitsplatz gestützt hat. Den Ausführungen auf S. 9 der Urteilsgründe ist vielmehr zu entnehmen, daß das Berufungsgericht auch den Umstand als bedeutungsvoll angesehen hat, daß die Klägerin ihre wirtschaftliche Lage verbessern wollte. Dies wiederum läßt, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt ist, doch erkennen, daß das Berufungsgericht das Einkommen der Versicherten als ergänzungsbedürftig angesehen hat. Dies sowie der Umstand, daß der Ehemann der Klägerin einige Zeit vorher gestorben ist, ist für den Schluß verwertet worden, daß die Klägerin ernstlich gewillt ist, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen. Auch wird, obwohl sich das Berufungsgericht damit nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat, doch nicht ganz unberücksichtigt geblieben sein, daß die Klägerin später tatsächlich abhängige Arbeit aufgenommen hat. Zwar hat es sich hierbei nur um eine kurzfristige Arbeitsaufnahme als Heimarbeiterin gehandelt, doch hat auch dieser Umstand immerhin insoweit Bedeutung, als er die Willensrichtung der Klägerin, bei passender Gelegenheit wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, unterstreicht. Die gegen die Feststellung, daß die Klägerin den ernsthaften Willen gehabt hat, wieder abhängige Arbeit aufzunehmen, gerichtete Rüge greift somit nicht durch. Wenn auch dahingestellt bleiben mag, ob die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts unbedingt in dieser Richtung liegen mußte, so kann doch jedenfalls nicht gesagt werden, daß sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstieße oder daß das Berufungsgericht das Gesamtergebnis des Verfahrens außer acht gelassen habe. Der erkennende Senat mußte daher davon ausgehen, daß die Klägerin den ernsthaften Willen gehabt hat, wieder als Arbeitnehmerin tätig zu sein.
Wenn man annimmt, daß der Versicherte, welcher längere Zeit nicht als Arbeitnehmer tätig war, durch erweislich ernsthaften Willensentschluß wieder in den Kreis derjenigen eintritt, die berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegen, so ist, solange dieser Wille noch nicht zur Aufnahme von Arbeit geführt hat, auch die weitere Voraussetzung des § 75 Abs. 1 AVAVG erfüllt, daß der Versicherte "vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht". Dieser Zustand dauert von dem Willensentschluß, wieder als Arbeitnehmer tätig zu sein, bis zur Aufnahme einer Arbeit, liegt also hier, abgesehen von der kurzen Zeit der Beschäftigung der Klägerin als Heimarbeiterin, vor. Die weitere Voraussetzung dieser Vorschrift, daß der Versicherte nicht im Betrieb eines Angehörigen mithilft, ist ebenfalls erfüllt. Die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 AVAVG sind also gegeben.
Wie bereits ausgeführt, muß der Versicherte nach den o.a. Entscheidungen des BSG subjektiv der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen, das heißt, er muß ernstlich bereit sein, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes aufzunehmen (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG). Die Feststellung des Berufungsgerichts geht, wenn auch bei Anwendung der §§ 87, 87a AVAVG aF dahin, daß dieser Wille gegeben ist, so daß auch diese Voraussetzung erfüllt ist.
Die weitere Voraussetzung, daß die Versicherte ungeachtet der Lage des Arbeitsmarktes nach ihrem Leistungsvermögen imstande ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG) ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls erfüllt.
Weiterhin steht die Klägerin dem Arbeitsmarkt auch objektiv zur Verfügung, wie sich aus den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt (§ 76 Abs. 1 Nr. 3 AVAVG).
Das Berufungsgericht hat der Klägerin daher zu Recht das vorzeitige Altersruhegeld zugesprochen. Wenn es abgelehnt hat, ihr dieses auch für die Zeit vom 1. Dezember 1959 bis zum 31. Oktober 1960 zu gewähren, weil sie während dieser Zeit krank war bzw. in Arbeit stand, so kann, da die Klägerin ihrerseits keine Revision eingelegt hat, nicht geprüft werden, ob diese Entscheidung der Rechtslage entspricht.
Da die Revision somit unbegründet ist, mußte sie zurückgewiesen werden. Hierbei war die Formel des angefochtenen Urteils der Fassung des Klageantrags anzupassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen